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C
Hallo

Ich bin 30 Jahre alt und soweit kerngesund. Habe auch keine psychische Erkrankung und bin mit meinem Leben sehr glücklich und zufrieden.

Leider habe ich seit meiner Kindheit ein großes Problem. Immer wenn am nächsten Tag etwas besonderes angestanden ist, konnte ich schlecht schlafen. Also beispielsweise wenn ich mich auf meinen Geburtstag gefreut habe oder ähnliches, konnte ich kaum einschlafen.

Mit 20 wurden die Schlafstörungen dann immer stärker. Mit 25 musste ich vor Prüfungen bzw. am Tag davor Zopiclon nehmen um schlafen zu können.

Leider kamen dann über die Jahre immer mehr Nächte an denen ich überhaupt nicht schlafen konnte.

Was ich alles ausprobiert habe:

- Mich untersuchen lassen beim Arzt bezüglich Erkrankungen (Schilddrüse etc.). Alles negativ. Habe auch keine Depressionen oder so.
- Kognitive Verhaltenstherapie bei zwei Psychologen. Fand ich weitestgehend wirkungslos. Die Tipps bezüglich der Schlafhygiene habe ich auch davor schon umgesetzt und Methoden wie Gedankenstopp etc. hatte ich mir schon über Bücher angeeignet.
- Hypnose bzw. Selbsthypnose. War leider auch wirkungslos.
- Medidation ausprobiert, leider ohne Wirkung.
- Alles meiden was den Schlaf stören könnte (Kaffee, Tee, Koffein, zu warmer Raum, Mittagsschlaf, zu spät aufstehen etc.)
- Ich versuche mich immer viel zu bewegen und mache 5x die Woche mittags oder morgens Sport. Zwar bin ich dann abends körperlich müde, aber kann trotzdem nicht schlafen
- Yoga, progressive Muskelentspannung nach Jacobson etc.
- Natürliche Mittel wie Baldrian (auch sehr hoch dosiert). Überhaupt keine Wirkung.
- schlafreduktion. Wenn ich den Schlaf deutlich reduziere, merke ich schon eine leichte Wirkung. Aber nur, wenn ich den Schlaf soweit reduziere, dass ich dann den ganzen Tag müde bin. Müsste also den Schlaf jeden Tag auf weniger als vier Stunden reduzieren, aber das kann ja nicht das Ziel sein. Nur 3 - 4 Stunden am Tag schlafen, dasss man dann besser einschlafen kann, ist eben keine Lösung.

Da die Schlafprobleme immer größer wurden, nehme ich leider seit einem Jahr täglich Zopiclon bzw. Eszopiclon. Zopiclon 7.5 mg. Mir ist bewusst, dass das keine Dauerlösung ist. Mein Psychiater meint auch, dass ich langfristig natürlich wieder wegkommen soll von dem Zeug. Ich merke auch langsam wie die Wirkung weniger wird und ich will keinesfalls die Dosis erhöhen. Nebenwirkungen habe ich überhaupt keine und ich kann damit sehr gut schlafen bzw. ein normales Leben führen.

Ohne ist es leider eine Qual. Nachts drei Stunden zum einschlafen brauchen. Eigentlich ist immer nur das Einschlafen ein Problem. Sobald ich mal schlafe, schlafe ich gut.

Der Psychiater hat mir Atosil empfohlen. Damit sollte ich langsam das Zopiclon ausschleichten. Leider hat mich Atosil null müde gemacht.

Danach habe ich es mit 15 mg Mirtazapin versucht. Hat mich ebenfalls überhaupt nicht müde gemacht.

Mein Psychiater meinte ich könnte auch noch Quetiapin niedrigdosiert versuchen. Ebenfalls hat er gemeint, ich könnte einen Versuch mit dem neuen Medikament zum schlafen Daridorexant versuchen. Quetiapin will ich ungerne versuchen. Der Beipackzettel klingt wenig einladend und es gibt Studien die auch recht gut belegen, dass es bei einer primären Insomnie wenig hilft. Daridorexant klingt sehr interessant, soll auch nicht süchtig machen. Langzeitstudien dazu fehlen aber leider noch.

Was hättet ihr für Ideen? Was kann ich machen?

Mein Problem ist, dass ich einfach nicht einschlafen kann. Ich habe nie einen großen Schlafdruck. Auch nicht, wenn ich nur sehr wenig schlafe und viel Sport mache etc. Ich habe nie wirklich das Gefühl richtig müde zu sein. So ein gefühl wie ich es als Kind hatte oder Freunde von mir Abends haben, einfach müde zu sein, habe ich nie wirklich. Würde mir wünschen, dass ich einfach mal wieder natürlich müde werde und schlafen kann.

Schlafprobleme sind extrem belastend und eine Qual. Damit will ich nicht dauerhaft leben müssen. Da ich ansonsten ein sehr schönes und glückliches Lebnen führe, will ich mir davon auch nicht mein Leben zerstören lassen und bin auch bereit Medikamente zu nehmen. Aber bisher waren die außer Zopiclon kein Erfolg und das ist (leider) keine Langzeitlösung.

Danke euch

08.02.2023 20:41 • 11.02.2023 #1


17 Antworten ↓


P
Zitat von Californa23:
Hallo Ich bin 30 Jahre alt und soweit kerngesund. Habe auch keine psychische Erkrankung und bin mit meinem Leben sehr glücklich und zufrieden. ...


Da hast du ja schon richtig viel probiert und machts sehr viel richtig.
Wieviel Atosil hast du genommen? Das ist mit Zopiclon nicht zu vergleichen, das weißt du vermutlich. Mich haben 25mg nach 1,5h müde gemacht. Es gab aber auch Nächte, in denen ich selbst mit 35mg nur 45 Minuten schlafen konnte. Es gibt Menschen, die 50mg und mehr nehmen.

Eine Freundin von mir nimmt Pipamperon. Vielleicht ist das ausprobierenswert?
Hast du eine Abendroutine, die dich auf schlafen programmiert?

08.02.2023 20:51 • x 1 #2


A


Kann nie einschlafen - Was machen?

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E
Ich hatte ca. 1 Jahr Quetiapin 25 mg zum schlafen genommen. Das hat mich so umgehauen, dass ich 10 Stunden durchgeschlafen habe.

Ich habe dann einfach halbiert und 12,5 mg haben immer noch gereicht.

Mittlerweile nehme ich es nicht mehr.

In der Minidosis hat es keine Nebenwirkungen.

08.02.2023 20:55 • x 1 #3


N
Zitat von Californa23:
Quetiapin will ich ungerne versuchen. Der Beipackzettel klingt wenig einladend und es gibt Studien die auch recht gut belegen, dass es bei einer primären Insomnie wenig hilft.

Bei mir hilft tatsächlich nur Quetiapin auf Dauer zum Schlafen.
Habe auch Einschlafstörungen und habe mich jahrelang nur Hin und Hergewälzt.
Habe erst Quetiapin unretadiert probiert. 25 mg und 50 mg. Kein Erfolg.
Jetzt nehme ich 200 mg retadiert und davon kriege ich einen super Schlaf. Darf aber auch nicht höher und nicht niedriger dosiert sein. Da ist wirklich jeder Körper unterschiedlich, wollte nur auch beitragen, das Quetiapin mir geholfen hat.

08.02.2023 20:57 • x 3 #4


C
Vielen lieben Dank für eure Antwort.

Atosil habe ich immer 25 mg genommen. Dadurch wurde ich nicht müde. 50 mg haben bisschen mehr müde gemacht, aber dafür war ich am nächsten Tag wie besoffen.

Quetiapin scheint ja wirklich gut zu helfen. Sollte das wohl auch mal versuchen.

Bin nur überrascht, dass die Dosis sehr unterschiedlich ist. Manch einer schläft mit 12,5 mg Quetiapin die komplette Nacht und jemand anderes braucht 200 mg....

Eine Einschlafroutine habe ich. Höre immer entspannende Musik und mache es mir bequem. Aber das ändert am Schlafdruck kaum etwas.

Pipamperon kann ich auch mal meinem Arzt vorschlagen.

08.02.2023 21:09 • x 3 #5


N
Zitat von Californa23:

Bin nur überrascht, dass die Dosis sehr unterschiedlich ist. Manch einer schläft mit 12,5 mg Quetiapin die komplette Nacht und jemand anderes braucht 200 mg....

Ich bin aber tatsächlich kein gutes Paradebeispiel, weil bei mir viel nicht in geringen Dosierungen wirkt. Nach reinen Schlaftabletten laufe ich noch 5 Stunden durch die Gegend und merke nix.
Ich würde dem Quetiapin einen Versuch geben. Wenn es nichts ist, setzt du es eben wieder ab. Gerade die schlafanstoßende Wirkung sollte relativ schnell eintreten ohne lange Einschleichzeit.
Ich hatte auch keine NW vom Quetiapin, nehme es jetzt in unterschiedlichen Dosierungen seit 2019.

08.02.2023 21:13 • x 2 #6


C
Zitat von Narima:
Ich bin aber tatsächlich kein gutes Paradebeispiel, weil bei mir viel nicht in geringen Dosierungen wirkt. Nach reinen Schlaftabletten laufe ich noch 5 Stunden durch die Gegend und merke nix. Ich würde dem Quetiapin einen Versuch geben. Wenn es nichts ist, setzt du es eben wieder ab. Gerade die schlafanstoßende ...

Danke dir, Quetiapin klingt wirklich gut. Hast du bei einer so großen Dosis keine NW?

Ich scheine auch nicht sehr stark auf Schlafmittel zu reagieren. Habe damals bei einer kleinen OP ein Beruhigungsmittel bekommen und habe selbst nach der doppelten Dosis kaum was gemerkt....

08.02.2023 21:15 • x 1 #7


N
Nein, keine Nebenwirkungen.

Aber auch da bin ich ein untypischer Mensch, da ich auch von 100 auf 0 Medikamente absetzen kann ohne was zu merken. Und das mit dem Beruhigungsmittel kenne ich. War bei mir im KH genauso und die Ärzte haben mir gesagt, dass das gar nicht sein kann.

08.02.2023 21:19 • x 1 #8


E
Ich habe das Quetiapin immer gegen 21 Uhr genommen und 21.30 hab ich geschlafen

Die ersten paar Mal war ich auch wie betrunken, kein Witz Und das bei der Dosis.

Da ich morgens aber voll den Hänger hatte, hab ich dann halbiert. Damit lief es super und hatte morgens keinen Hänger.

Ich bin aber auch kein Paradebeispiel, ich seh bei Ibuprofen 600 bereits lila Elefanten

Es hilft wirklich gut zum schlafen, ich würde es versuchen.

08.02.2023 21:19 • x 2 #9


E
Was mir einfällt, wurde jemals Vitamin D bei dir getestet? Vitamin D Mangel kann starke Schlafstörungen auslösen. Gleichfalls Vitamin B Mangel und Magnesium Mangel.

Ich nehme tgl. einen Vitamin B Komplex, tgl. Magnesium und 1 x Woche Dekristol 20.000 ie und seitdem habe ich einen wirklich guten Schlaf.

Vitamin D wird nicht von der Kasse übernommen, kostet um die Euro 22.

Bei einem nachgewiesenen Mangel verordnet der Arzt meist Dekristol.

08.02.2023 21:28 • x 2 #10


C
Vielen Dank für den Hinweis mit Vitamin D. Das werde ich mal testen lassen

08.02.2023 22:15 • x 1 #11


Schlaflose
Zitat von Californa23:
Hallo Ich bin 30 Jahre alt und soweit kerngesund. Habe auch keine psychische Erkrankung und bin mit meinem Leben sehr glücklich und zufrieden. Leider habe ich seit meiner Kindheit ein großes Problem. Immer wenn am nächsten Tag etwas besonderes angestanden ist, konnte ich schlecht schlafen. Also beispielsweise ...

Dss ist ja fast meine Geschichte
Also ich nehme seit 24 Jahren schlafanstoßende Antidepressiva, mit denen ich im großen und ganzen schlafen kann. Bei mir halfen nur Amitriptylin und Doxepin, es gibt aber noch einige weitere, die man ausprobieren kann. Zuvor hatte ich auch jahrelang Zopiclon und andere Schlafmittel (Benzos) genommen, weil das aber immer häufiger notwendig wurde und ich Angst vot Abhängigkeit hatte, war ich sehr froh, dass mir das AD angeboten wurde. Zopiclon und Alprazolam nehme ich Bedarfsfall auch dazu, aber durchschnittlich nur 3-4 im Monat wegen der Suchtgefahr. Bei mir wurden Schlafstörungen ganz schlimm als ich meine erste Stelle als Lehrerin antrat. Als ich schließlich nach 20 Jahren den Beruf aufgab und in die Verwaltung wechselte wurde es sehr viel besser und ich konnte die Dosis des AD stark reduzieren.

09.02.2023 08:13 • x 1 #12


Kruemel_68
@Californa23 Als ich mal eine Zeit lang Einschlafprobleme hatte, wollte meine Psychiaterin mir Vald8xan verschreiben. Das hatte sie damals in der Studie mit begleitet. Ich habe es dann aber nie genommen, kann also nix über die Wirkung sagen. Es kann allerdings die Leberwerte verschlechtern,

09.02.2023 08:35 • x 1 #13


C
Vielen lieben Dank für eure Antworten.

War heute beim Arzt und habe mir Blut abnehmen lassen, wird auf Vitamin D überprüft.

Valdoxan, Amitriptylin und Doxepin werde ich bei meinem nächsten Termin beim Psychiater ansprechen

09.02.2023 15:57 • x 1 #14


moo
Hallo @Californa23,

von den ganzen Tipps bzgl. Medikamenten abgesehen, wäre doch mal die Tatsache interessant, dass sich Deine Schlafprobleme mit zunehmenden Alter bzw. Erwachsenwerden verstärkt haben.

Sagen wir, die ersten Probleme, die Du zu Beginn Deines Eingangsposts schilderst, begannen mit ca. 8 Jahren. Dann hätten wir eine Entwicklung dieser Probleme in einer Zeitspanne von 22 Jahren, ja? Wenn Du Dir ein Diagramm aufmalst, wärst Du in der Lage, eine entsprechende Schlaflosigkeitskurve einzuzeichnen? Also: senkrecht = Schlafprobleme 0-100%, waagrecht: 8.-30. Lebensjahr.

Fallen Dir dann, wenn Du diese Kurve anschaust, spontan irgendwelche Aspekte ein, deren Kurve entweder einen halbwegs parallelen oder absolut entgegengesetzten Verlauf haben? Es können in diesen Begleitkurven auch starke Anstiege oder Abfälle vorhanden sein, die z. B. einschneidende Erlebnisse darstellen (z. B. Verlust einer wichtigen Person, Krise im Beruf, Geburt eines Kindes etc.).

10.02.2023 13:35 • x 2 #15


C
Zitat von moo:
Hallo @Californa23, von den ganzen Tipps bzgl. Medikamenten abgesehen, wäre doch mal die Tatsache interessant, dass sich Deine Schlafprobleme mit zunehmenden Alter bzw. Erwachsenwerden verstärkt haben. Sagen wir, die ersten Probleme, die Du zu Beginn Deines Eingangsposts schilderst, begannen mit ca. 8 Jahren. Dann ...

Eine sehr interessante Antwort. Danke dir! Ich denke es ist eine Mischung.

Mit steigendem Alter steigen auch die Verpflichtungen. Beruflich beispielsweise. Mehr Druck im Studium als beispielsweise in der Grundschule. Mehr Verantwortung im Job, Druck etc.

Außerdem steigert man sich mit der Zeit immer mehr in die Schlafproblematik rein. Außerdem lernt man Schlafmittel und deren Vorzüge kennen. Irgendwann entwickelt sich eine psychische Abhängigkeit.

10.02.2023 22:14 • x 1 #16


K
Schlaftabletten langsam ausschleichen und dafür Melatonin als Ersatz nehmen. Das Melatonin kann man auch auf rosa Rezept verordnet bekommen.

Mein Hausarzt hat das vorgeschlagen.

Und bei so einer komplizierten Geschichte würde ich mal in ein Schlaflabor bzw. zu einem Schlafmediziner gehen. Das ist doch nicht normal, dass ein Mensch einfach nicht müde wird. Das kann mal vorkommen. Aber das es jeden Tag so ist, das ist komisch. Es gibt Menschen, die haben seltene Erkrankungen, einen Gendefekt..... Bei den Schilddrüsenwerten bin ich auch reingefallen. Schau' mal bei der Website Hormon Selbsthilfe, was da bei den Referenzwerten steht. Da gibt es nämlich zum Teil verschiedene ärztliche Meinungen.

Datteln vor dem Schlafengehen essen hilft auch ein wenig.

Aber wenn es so krass abläuft, da hilft nur eine bessere Abklärung. Irgendwo muss das herkommen.

11.02.2023 00:43 • x 1 #17

Sponsor-Mitgliedschaft

moo
Zitat von Californa23:
Ich denke es ist eine Mischung. Mit steigendem Alter steigen auch die Verpflichtungen. Beruflich beispielsweise. Mehr Druck im Studium als beispielsweise in der Grundschule. Mehr Verantwortung im Job, Druck etc.

Ja, darauf wollte ich hinaus. Und ich bin mir bewusst, dass diese Idee bzw. Entwicklung nicht neu ist. Aber:

Zitat von Californa23:
Außerdem steigert man sich mit der Zeit immer mehr in die Schlafproblematik rein. Außerdem lernt man Schlafmittel und deren Vorzüge kennen. Irgendwann entwickelt sich eine psychische Abhängigkeit.

Wirklich nur eine psychische Abhängigkeit?

Alles was Du hier erkennst und was Du bereits hinsichtlich Diagnose- und Therapieverfahren veranlasst und geleistet hast, kommt übrigens noch on top, vergiss das nicht. Dieser Zusatzweg in Deinem noch relativ jungen Alter ist a) eine zusätzliche mentale und logistische Belastung und b) eine insgesamt entnervende Erfahrung: Alles bringt nix, hilft nicht.

Die (vermeintliche) Abkürzung , also die Medis, schaffen m. E. im Laufe der Zeit auch eine gewisse Resignation und etablieren - bewusst oder unterbewusst - die Überzeugung, dass es halt ohne nicht (nie mehr!) geht. Daraus folgt jedoch die Tatsache, dass Du ein ernstes Problem bekommst, wenn Du diese(s) Medikament - aus welchen Gründen auch immer - mal nicht mehr nehmen kannst. Nicht jeder Charaktertyp ist für diese Gewissheit ausgelegt.

Dieser Aspekt, kombiniert mit stetig ansteigenden Verantwortungen und Herausforderungen in Beruf und Privatleben schafft einen sich über einen langen Zeitraum chronifizierenden Konflikt. Da dieser Konflikt sehr allumfassend verfängt, beeinflusst er mit hoher Wahrscheinlichkeit auch das Selbst-Bild, das wir von uns haben. Er wird zum Lebenskonflikt bzw. Konflikt mit sich selbst.

Zitat von Schlaflose:
Bei mir wurden Schlafstörungen ganz schlimm als ich meine erste Stelle als Lehrerin antrat. Als ich schließlich nach 20 Jahren den Beruf aufgab und in die Verwaltung wechselte wurde es sehr viel besser und ich konnte die Dosis des AD stark reduzieren.

Bei mir war es sehr ähnlich. Der Burnout zwang mich, meinen Beruf hinzuschmeißen und die Firma zu übergeben. Danach fiel ein - vorher nie für möglich gehaltener - Haufen an Belastung von mir ab! Zwar kamen dann noch ein paar lavierte Nebensächlichkeiten zum Vorschein, die jedoch im Vergleich zu dem Berufswechsel lediglich leicht zu bearbeitende Nebengeräusche waren.

Wie bei den meisten chronischen Krankheiten, führte ein langer Prozess dorthin. Man könnte flapsig sagen, unser ganzes Leben sei dafür verantwortlich, doch das sehe ich inzwischen viel differenzierter. Es ist eher die Struktur, die wir im Leben anwenden, also eine Erlebensstruktur, die diese Entwicklungen (eigentlich Verwicklungen... ) begleitet.

Nun könnte man fragen: Was war zuerst da - die Struktur oder die chronische Entwicklung? Naheliegend ist die Struktur, aber ich bin inzwischen überzeugt, dass die Entwicklung selber irgendwann strukturierend wirkt. Das nennt man schlicht Suchtentwicklung.

Das bedeutet konkret in Deinem Fall, dass die Einnahme von Medikamenten (die ja eigentlich die schlafanstoßende Wirkung eher per Off Label Use liefern sollen) nicht nur die mentale Abhängigkeit fördert, sondern zugleich einen substitutionsfreien Schlaf perspektivisch verunmöglicht. Diese These wird m. E. gestützt durch

Zitat von Californa23:
Ich bin 30 Jahre alt und soweit kerngesund. Habe auch keine psychische Erkrankung und bin mit meinem Leben sehr glücklich und zufrieden.


Danach folgt eine durchaus respektable Liste von nahezu lebenslangen Schlafproblemen und Deinen bislang vergeblichen Bemühungen, diese zu beheben. Stelle Dir bitte mal - rein hypothetisch - die Frage, wie man diese Gemengelage als physisch und mental kerngesund, glücklich und zufriedenstellend bewerten kann!?

Du stellst - vereinfacht gesagt - Dein Schlafproblem als einziges Manko in Deinem ansonsten perfekten Dasein dar. Damit schaffst Du ein Objekt, das Teil Deines Selbst-Bildes ist. Strukturell gehört es ebenfalls zu Deinem Selbstbild, gar nicht daran zu denken, dass genau dieses perfekte Leben die Ursache Deiner Schlafprobleme sein könnte.

Ich will Dir kein verkehrt gelebtes Leben o. ä. einreden, bitte nicht falsch verstehen. Doch ich hatte selbst lange Zeit eine sehr ähnliche Lebenseinschätzung und als sich langsam zuerst Schlaf- und dann psychische Probleme einstellten, wäre mir nie in den Sinn gekommen, dass z. B. mein Beruf Schuld daran sei. Ich war vermeintlich einfach nicht fleißig, hart, zielstrebig genug, um damit ein glückliches Leben zu führen... Tja, weit gefehlt - erst ohne damit konnte ich die jahrzehntelange Ignoranz (die viele Ursachen hatte) erkennen, die eben zum Lebenskonflikt führte. Und aufgrund dieser Erfahrung kann ich auch extrem gut nachvollziehen, weshalb man nur sehr schwer (und idR ungern) dieser Hypothese nachgeht, denn um ihre Tragfähigkeit zu erleben, muss man sie tatsächlich auch irgendwann in die Praxis umsetzen. Und das ging in meinem Fall nur nach einem Zusammenbruch. Insgesamt nicht selten, was wiederum bezeichnend für unsere Gesellschaft ist.

11.02.2023 07:40 • x 2 #18


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Dr. med. Andreas Schöpf