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Hallo,

ich habe 2010 nach 15 Jahren schwerer Abhängigkeit einen stationären Benzidiazepam-Entzug gemacht. Der Entzug war grausam und die Entwöhnungsphase dauerte meines Empfindens nach seeehr lange.

Aufgrund einer psychischen Notlage habe ich fatalerweise letzte Woche mal eine Tavor 1,0 mg genommen (gewirkt hat es leider kaum).

Seither habe ich extreme, nahezu unerträgliche Erregungszustände, die auffälligerweise abends zu der Zeit am stärksten sind, als ich früher immer das Diazepam genommen habe.

Ist es möglich, dass man nach 14jähriger Abstinenz von einer einzigen Tavor wieder Suchtdruck und Entzugserscheinungen bekommt?

Ich kann mir das medizinisch fast gar nicht vorstellen, aber die Symptomatik ist erschreckend identisch wie damals.

Oder wäre es theoretisch auch denkbar, dass man sich psychisch so sehr sorgenvoll auf die Symptomatik konzentriert, dass die Symptomatik eher psychisch und weniger körperlich ausgelöst wird?

Ich habe gelesen, dass die Erregungszustände daher kommen, weil der Körper nach langjähriger Einnahme die körpereigene GABA-Produktion sehr reduziert und es lange dauert bis der Körper das GABA wieder normal produziert. Aber wäre es anatomisch/chemisch tatsächlich denkbar, dass der Körper nach einmaliger Gabe die körpereigene Produktion dieses Stoffes wieder eine Zeitlang so dramatisch reduziert?

Wenn ja, hält dieser neue Entzug wieder wochenlang an? Was könnte man tun? Ich fühle mich, als ob es mich vor Aufregung fast zerfetzt und als ob ich an Strom angeschlossen bin.

Für Tipps und Ratschläge wäre ich sehr dankbar. Viele Grüsse

25.01.2024 20:30 • 01.02.2024 #1


26 Antworten ↓


Ich könnte mir vorstellen dass es eine psychische Abhängigkeit Vll noch ist die sich so zeigt? Körperlich kann ich mir kaum vorstellen. Andererseits bekommen Alk. ja auch Probleme wenn sie mal trinken wieder. Ich hatte auch über fast zehn Jahre eine Tavorabhängigkeit und hatte nach anderen Benzos danach große Probleme…

A


Entzugssymptome bei einer Tavor 14 Jahre nach Entzug?

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Ich kann mir vorstellen dass es sowas wie eine paradoxe Reaktion sein könnte. Nach einem Entzug kann es passieren dass man auf die selben Medikamente plötzlich ganz anderes reagiert und sie ggf. überhaupt nicht mehr verträgt. Wie geht es dir jetzt?

War selber auch mal abhängig und bin seit 2 Jahren clean. Genau vor sowas hätte ich Angst, daher hab ich es nie mehr angefasst

Das Suchtgedächtnis bleibt natürlich, das ist wie wenn ein Alk. der trocken ist wieder zum Glas greift. Dein Körper reagiert darauf und will wieder mehr, ich würde dir raten einen Arzt aufzusuchen so schnell wie möglich.

Ich habe auch mal Tavor genommen längere Zeit mit Entzug hatte gar keine Probleme. Jetzt nehme ich es seit Mai wieder relativ hoch dosiert jeden Tag die erste Tablette war aber eher wie eine Rettung. Ich glaube jeder Körper ist da anders.

Danke für die Rückmeldungen. Es ist ziemlich hart, egal ob psychisch oder körperlich bedingt. Und besonders erschreckend: Man bekommt nirgendwo geeignete Unterstützung. Das Einzige wäre ein stationärer Aufenthalt, was aber aus verschiedenen Gründen völlig kontraproduktiv wäre (Mehrbettzimmer bei massiven Schlafstörungen, Arbeitsplatz-Problematik etc). Ambulant gibts nirgendwo Unterstützung, Facharzttermine, Sozialberatungs- oder Psychologen-Termine erst weit in der Zukunft.

Tipp von Bereitschaftsarzt und Sozialpsychatrischem Dienst: Ich solle die Telefonseelsorge anrufen :O

Telefonseelsorge wow toller Ratschlag. Du bist praktisch mit diesem Zustand den ganzen Tag auf Arbeit? Hilft es dir wenn du dich ablenkst? Wenn ich starke Übererregungszustände habe, hilft mir nur noch Ablenkung und trickse meine Körper aus in dem ich meinem Alltag weiter nachgehe als wäre nichts und mich wirklich komplett mit etwas anderem beschäftige, selbst wenn die Anspannung kaum auszuhalten ist. Es kann sein dass dein Zentralnervensystem gerade total irritiert ist aber sich der Zustand von alleine wieder legt. Wichtig ist nur sich nicht reinzusteigern sondern versuchen den Kopf über Wasser zu halten mit Ablenkung und sich selbst gut zureden dass alles in Ordnung ist um das Nervensystem nicht noch mehr zu triggern. Sozusagen Ablenkung und versuchen sich irgendwie zu entspannen. Habe leider 13 Jahre Erfahrung in solchen Zuständen.

@-Andreas-
Also in der Psychiatrie kann man mit genügend Wartezeit doch eigentlich immer mit dem Diensthabenden Arzt sprechen, was ich in Deiner Situation machen würde...

Zitat von -Andreas-:
Oder wäre es theoretisch auch denkbar, dass man sich psychisch so sehr sorgenvoll auf die Symptomatik konzentriert, dass die Symptomatik eher psychisch und weniger körperlich ausgelöst wird?

So stelle ich mir das vor. Ein heftiger Entzug, der sich bei Dir traumatisch eingeprägt hat. Leider machen Kliniken Entzüge viel zu schnell. Es würde mich nicht wundern, wenn Du sowas wie ein Flashback hast. Die Verbindung zwischen dem was Du erlebt hast und der erneuten Einnahme so einer Tablette als Trigger. Dissoziation.
Dazu noch dieses sogenannte Suchtpotential, was bei den Menschen mal mehr mal weniger stark ausgeprägt ist.
Versuche Dich abzulenken, Sport oder irgendetwas anderes und nimm das wirklich nur in absoluten Notlagen, besser gar nicht. Lieber was pflanzliches zur Beruhigung nehmen.
Wenn die Gedanken aufkommen (Uhrzeit der Einnahme?) gleich gegensteuern. Es gibt eine Menge Tricks, mit denen man sich ablenken kann. Gummiband ums Handgelenk, Atemtechniken, Bodenhaftung finden, eine Runde um den Block gehen oder irgendetwas anderes. Vielleicht hast Du ja auch seinerzeit irgendetwas in der Therapie gelernt, was Dir in dem Moment nur nicht eingefallen ist?
Ich habe ungeheuren Respekt vor dem Medikament und nehme das auch nur noch in Notfällen. Die Entzugssymptomatik ist bei mir aber nur so winzig, dass ich sie gedanklich wegschieben kann.
Ich habe ohne Klinik seinerzeit selbst extrem langsam entzogen. Es war aber auch keine große Dosis.
Was ich hier schreibe, sind nur meine eigenen Erfahrungen. Ob das bei Dir auch so ist, weiß ich nicht.
versuche es einfach mal. Ausatmen nicht vergessen.

Zitat von -Andreas-:
Ist es möglich, dass man nach 14jähriger Abstinenz von einer einzigen Tavor wieder Suchtdruck und Entzugserscheinungen bekommt?


Körperlich auf keinen Fall. Aber vielleicht hat dich die Not, eine Tavor nehmen zu müssen, so verängstigt (i.S.v. ob es jetzt wieder anfängt), dass du jetzt ganz normale Angst- Paniksymptome bekommen hast. Es reicht ja bei anderen auch eine Situation, um voll drin zu sein.

D.h. du musst jetzt vorgehen wie bei einer Angststörung, nicht wie bei einer Benzos Abhängigkeit.

Ich glaube eher dass es die Psyche ist - Angstreaktion, weil du eine genommen hast und deswegen der Entzug wieder präsent ist.
Vielleicht macht es aber Sinn, dass du dir ein anderes Bedarfsmedi organisierst und Tavor außer Reichweite bringst.

Ich glaube auch dass es eher die Angst vor der Angst ist und die eine Tablette eigentlich nix ausmachen sollte.

Spannungszustände habe ich eigentlich rund um die Uhr außer wenn ich schlafe. Der Körper kann relativ viel aushalten.

Wie geht es dir?

Gleichbleibend.

@Britta35

Woher weißt du wie es ihm geht ?

Achso dachte du meinst mich
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Danke an euch alle für die lieben und hilfreichen Kommentare, Tipps und Ratschläge. Ich habe derzeit extrem zu kämpfen, war mehrfach bei Bereitschaftsärzten in der Klinik, hab Telefonate geführt. Das Erschreckende: Man bekommt kaum konstruktive oder hilfreiche Unterstützung. Klinikaufenthalt wäre kontraproduktiv, was ich genauso sehe, aber draussen bekommt man keine Unterstützung oder nur mit Terminen in mehreren Wochen. Inzwischen haben mir auch mehrere Psychiater gesagt, körperliche Symptome können das nicht sein - aber dennoch fühlt es sich so extrem wie zu schlimmsten Entzugszeiten an.

Wenn du Entzugserscheinungen hast sehe ich einen psychiatrischen Aufenthalt mit Kontrolle der Blut und Körperparameter durchaus für angebracht.

@-Andreas-

Kann dir kein Arzt etwas zur Beruhigung geben zb Atosil ? Das war immer mein Notfall Medikament neben Benzos. Es gibt auch so Öl zum Riechen von der Löwenstark Manufactur Löwenstark, was bei mir tatsächlich beruhigend wirkt.
Irgendwie muss man diese Spirale doch unterbrechen können.

A


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Dr. med. Andreas Schöpf
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