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C
Hallo ihr Lieben,

dies ist mein erster Beitrag und ich muss zur Erklärung etwas weiter ausholen. Vielleicht habt ihr ja eine Idee oder ein paar aufmunternde Worte für mich Ich bin derzeitig in der Psychiatrie und soll bald in eine Tagesklinik entlassen werden. Leider geht es mir noch sehr sehr schlecht.

Mir machen derzeitig zu schaffen
- extreme Anspannung und Unruhezustände (kann kaum ruhig sitzen)
- meist stärker Dauerschwindel und Derealisation
- Generalisierte Angststörung
- soziale Ängste (vor allem vor Kritik)
- Depressionen (kein Zugriff auf Emotionen wie Traurigkeit, Freude, Wut)
- Hoffnungslosigkeit (ich kann mir nicht vorstellen, dass das wieder besser werden kann )
- Angst vor Medikamenten

Ich habe seit meinem letzten Psychiatrieaufenthalt im Jahr 2012 Venlafaxin in verschiedenen Dosierungen eingenommen (meist 150mg aber auch eine zeitlang 225mg) und es hat mir damals gut gegen meine Depression und generalisierte Angst mit ähnlichen Symptomen wie jetzt geholfen. Allerdings war ich nie beschwerdefrei. Ich konnte aber wieder lachen, hatte Interesse an Menschen und konnte arbeiten gehen. Ich hatte allerdings langfristig mit Muskelverspannungen (vor allem Nacken, Waden und Blasenmuskulatur), schlechtem Gedächtnis und Benommenheit zu tun. In dieser Zeit hatte ich auch ein übersteigertes Schlafbedürfnis, das mich als Single und Student allerdings nicht sehr beeinträchtigt hat.

Das alles änderte sich 2016, da habe ich dann meine jetzige Partnerin kennen gelernt. Es ist eine Patchwork-Beziehung, weil sie eine Tochter im Alter von damals 6 Jahren hat. Ich habe mich dem Familienrhythmus angepasst und wir haben 2018 eine gemeinsame Tochter bekommen. Ich habe mich dabei wohl über lange Zeit übernommen (Fertigstellung des Studiums bzw. der Masterarbeit vor der Geburt meiner Tochter, zwei Nebenjobs). Nach der Geburt meiner Tochter konnte ich dann gar nicht mehr abschalten. Sie war sehr aktiv, häufig krank und ich wollte die Vaterrolle gut ausfüllen. Leider ist es wohl so, dass ich mit mir selbst allein schon genug zu tun habe. Die ständige Sorge alles richtig zu machen, hat mich ziemlich erschöpft und irgendwann konnte ich gar nicht mehr abschalten. Ich habe auch laufend das Gefühl meiner Partnerin alles recht machen zu müssen (geht von mir aus) und habe Angst verlassen zu werden, wenn ich Sachen falsch mache. Dazu muss ich sagen, dass ich vorher eine sehr lange Beziehung hatte und von heute auf morgen verlassen wurde, was ich wohl nie richtig verarbeitet habe. Im Laufe der Zeit kippte also meine Dauermüdigkeit in eine Daueranspannung um.

Zu dem Venlafaxin erhielt ich dann von meinem Psychiater Mirtazapin (15-45mg) und ich konnte wieder schlafen, war aber dennoch die meiste Zeit des Tages nervös. Ich funktionierte in der Familie und auf Arbeit eher schlecht als recht und habe mich viel abgelenkt und habe eine Beschäftigung mit meinem Zustand vermieden. Ich habe mich dennoch oft auf Arbeit geflüchtet, da ich dort noch am ehesten abschalten konnte. Ich hatte auch Verhaltenstherapie, die mich aber nicht weiterbrachte. Im Laufe der Zeit bin ich zu einem gefühllosen Zombie geworden, der das Leben erträgt, aber eigentlich keine große Lebensqualität hat. Irgendwann hat mein Opa in einer Zeitung einen Artikel zu einer Medikamenten-Studie bei Therapieresistenten Depressionen gefunden. Ich habe daran teilgenommen, aber es ging mir danach nicht besser.

Die Studienärztin hat mich aber zur Institutsambulanz weiterverwiesen, von wo ich relativ schnell Vollstationär geschickt wurde. Jetzt kommt der aktuelle Teil. In der Klinik wurde meine Medikation abgesetzt (Venlafaxin 150, Mirtazapin 45). Der Oberarzt fragte mich, ob es für mich in Ordnung wäre, wenn wir schnell absetzen. Also Venlafaxin 150 -- 0 und Mirtazapin je 3Tage 30, 15, 7,5, 0. Ja, ich weiß um die Absetzsymptome. Aber ich habe das schnelle Absetzen sogar ganz gut vertragen (Brainzaps, viel Weinen bei Nichtigkeiten, aber ich hatte noch Interessen und konnte Dinge unternehmen).

Dann kam Corona. Ich hatte es nicht, aber Halsschmerzen und Husten (eigentlich schon seit zwei Monaten, aber vorher hatte es keinen interessiert ) Und was soll ich sagen, ich wurde instant aus der Klinik entlassen als unbegründeter Verdachtsfall. ohne Medikation. . Ich wurde in der Institutsambulanz weiterbehandelt. Es sollte Escitalopram angesetzt werden 10mg. Ich habe es zwei Wochen genommen und hatte extreme Nebenwirkungen. Kaum Schlafen können, extreme Anspannung und Sitzunruhe (musste morgens um 5 vor Unruhe in den Park gehen, Dauerübelkeit,etc.) Dlopram nach 14 deshalb wurde Escitalopram nach 14 Tagen wegen Unverträglichkeit abgesetzt. Ich bin dann nach einem Monat wieder in die Klinik gekommen und wurde auf Valdoxan 50 und Seroquel 200 eingestellt. Ich war (bin) immernoch unter Dauererregung und bin abends einmal vom Seroquel ohnmächtig geworden. Seit der Einnahme von Escitalopram (und dem Absetzen von Venlafaxin + Mirtazapin) habe ich imense Ängste vor nahezu allem entwickelt . auch vor Medikamenten. Da Valdoxan auch nach drei Wochen keine positive Wirkung hervorgerufen hat, wurde es abgesetzt und wir schleichen jetzt wieder Venlafaxin ein (augmentiert mit dem Seroquel 200).

Ich habe eine Woche 37,5mg genommen und nehme nun heute den vierten Tag 75mg. Ich wünsche mir auf jeden Fall ein abnehmen der extremen Ängste, die den ganzen Tag über anhalten und das meine Unruhe und der Schwindel (der mich damals nicht so gestört hat) abnehmen, oder mir nicht mehr so nahe gehen. Ich will wieder für meine Familie da sein und arbeiten gehen können. Momentan merke ich aber nur Nebenwirkungen vom Venlafaxin: starke Hitzewallungen und Muskelschmerzen. Ich fühle mich täglich wie im falschen Film, wache morgens auf und nach zwei Minuten geht die Anspannung los, kann trotzdem erst nach einer Weile aufstehen (Angst vor dem Tag). Ich fühle mich so schlecht und kann nicht einmal weinen. Ich kann nicht einmal mehr Fernseh schauen (zuviele Reize) oder ein Buch lesen - aber auch schon seit dem Escitalopram-Drama. Eigentlich soll die Dosis nach 7 Tagen auf 150mg erhöht werden. Das traue ich mir derzeit nicht zu. Ich weiß gar nicht, was Nebenwirkungen sind und was von meiner Psyche kommt. Ich habe Angst, dass mir das Venlafaxin außer Nebenwirkungen nichts mehr bringt. Inzwischen lese ich auch schon zwanghaft auf Seiten wie Sanego oder Meamedica nach, was passieren könnte. Ich komme aus der Angst-Sorgen-Grübelspirale nicht heraus. Nichts lenkt mich ab. Habt Ihr eine Idee, was ich tun könnte oder ein paar aufbauende Worte für mich?

PS: ich mache auch Schematherapie und übe abends PMR. Ansonsten versuche ich es mit Aceptance und Commitment Therapie. Aber das Achtsame Annehmen klappt nur an besseren Tagen.

Vielen Dank für eure Geduld mit dem langen Text und eure Hilfe

29.05.2020 21:53 • 23.08.2020 x 3 #1


15 Antworten ↓


C
Hat denn keiner eine Idee oder ist mein Text zu lang ?
Ich fühle mich vollkommen handlungsunfähig. Könnten 75mg Venlafaxin ausreichen, um die Angst wieder etwas runterzufahren?

30.05.2020 06:47 • #2


A


Der harte Weg zurück zu Venlafaxin - was sagt ihr?

x 3


N
Hallo!
Ich würde auf die Dosis gehen, wo ich stabil war und dann einmal das ganze System zur Ruhe kommen lassen.
Du hast die medis viel zu schnell abgesetzt, da kracht es leider meistens recht bald.
Wenn es dir besser geht kannst du ganz langsam Abdosieren, ich setze gerade escitalopram mit der wasserlösemethode ab.
Liebe Grüße

30.05.2020 09:16 • x 1 #3


C
Danke für deine Antwort liebe Nektarine
Ja, das extreme Absetzen war definitiv ein Fehler

Diese Erhöhung wären dann 150 mg. Dazu müsste ich noch einmal die Dosis erhöhen. Ich hatte zuvor leider nie 75 mg ausprobiert sondern wir sind damals schnell auf 150 mg hochgegangen. Ich bin momentan so matschig im Kopf und habe starke Schweißattacken bzw. Hitzewallungen und Muskelschmerzen. Ich habe Angst, dass sich diese Symptome nach dem Erhöhen verstärken. Ich möchte gern auf 150 mg hoch, aber es ist wohl besser noch etwas zu warten, bis mein Körper die 75 mg angenommen hat. Weiß jemand ob erst die antidepressive oder erst die angststillende Wirkung eintritt oder kann man das gar nicht trennen? Ich will endlich wieder weniger Grübeln müssen

30.05.2020 09:40 • #4


N
Hallo!
Die momentanen Symptome können auch absetzerscheinungen sein, die mit der wiedereinnahme verschwinden sollten.
Sind die Symptome erst beim wiedereindosieren gekommen oder waren sie schon davor da?
Liebe Grüße

30.05.2020 18:44 • x 1 #5


D
Hy venlaflaxin (effectin) hatte ich vor jahren ind war defentiv das beste Medikament was ich je hatte!
Nur musste ich es absetzen da es den Blutdruck erhöht hat was nicht so schoimm war jedoch war ich damals sehr hoch generell unterwegs..lg

30.05.2020 19:32 • x 1 #6


C
Hi Nektarine, abgesetzt wurde schon im Februar. Vor dem Absetzen hatte ich schon die Gefühlskälte und körperliche Angstsymptome ohne die Angst geistig zu spüren. Nach dem Absetzen haben sich dann zusätzlich die ganzen Ängste auf psychischer Ebene eingeschlichen (oder ich nehme sie jetzt erst wahr) und nun habe ich vor fast allem Angst und bin nur noch am Grübeln/Sorgen machen über die blödesten Themen (z. B. wenn waren wir indisch essen und ich musste die ganze Zeit darüber nachdenken, ob das Essen noch gut war..., ob ich die Medikamente wieder vertrage, etc). Zusätzlich ist die Unruhe, der Schwindel und die Derealisation viel schlimmer geworden .

Zusätzlich merke ich seit der Erhöhung von Venlafaxin auf 75mg auch wieder Nebenwirkungen, die ich damals hatte und die nach dem Absetzen weg waren. Mir war vorher gar nicht bewusst, dass das Nebenwirkungen vom Venlafaxin waren: Muskelverspannungen kehren zurück (Probleme beim Wasserlassen, Nackenschmerzen, stark verspannte Waden), starke(s) Schwitzen/Hitzewallungen mit unreiner Haut am Rücken.

In Absprache mit dem Stationsarzt bleiben wir wohl noch etwas länger bei 75mg *phew*
Nachdem ich heute morgen mit starker Angst in der Samstagsvisite meine Stimmung auf 1-2 eingeschätzt hatte, muss ich sagen, dass ich einen richtig schönen Nachmittag mit meiner Familie hatte. Ich habe immer Angst sie mit meinem Zustand stark herunter zuziehen. Aus diesem Grund hat mich die Psychologin ermutigt mich zu konfrontieren und am Wochenende hinzufahren. Und es wahr sogar ein sehr angenehmer Tag mit wenigem Grübeln, das ich unter Kontrolle hatte. Ich war die meiste Zeit im Hier und Jetzt. Ich hoffe, dass ich das morgen so wiederholen kann und dass ich öfter mal wieder meine Angst annehmen und damit zurecht kommen kann.

30.05.2020 21:55 • #7


C
Naja, es gab viel Schwindel und Derealisation heute, aber ich habe es ganz gut überstanden. Meine Familie hat sich gefreut.

Eine andere Sache: hat noch wer Probleme mit hoher Muskelanspannung (vor allem Waden und Nacken) und beim Wasserlassen mit Venlafaxin?

31.05.2020 20:28 • #8


C
Hat denn keiner diese Art von Muskelproblemen unter Venlafaxin?

03.06.2020 13:04 • #9


K
Hast Du es denn mal mit einem Trizyklikum probiert? Es könnte bei deiner Symptomatik besser wirken, z.B. Amitriprylin, Nortriptylin, Clomipramin...

08.06.2020 21:35 • x 1 #10


C
Nein, würde mir noch nicht vorgeschlagen. Verträgt sich das denn mit dem Quetiapin? Davon (oder wegen meiner Angst) bin ich in der Einstellungsphase ja leider ohnmächtig geworden und hatte starkes Herzrasen zu Beginn. Sind wohl die Anticholergenen Nebenwirkungen, die es bei den Trizyklische ADs auch geben soll.

08.06.2020 21:40 • x 1 #11


K
Zitat von Chrizzle:
Nein, würde mir noch nicht vorgeschlagen. Verträgt sich das denn mit dem Quetiapin? Davon (oder wegen meiner Angst) bin ich in der Einstellungsphase ja leider ohnmächtig geworden und hatte starkes Herzrasen zu Beginn. Sind wohl die Anticholergenen Nebenwirkungen, die es bei den Trizyklische ADs auch geben soll.

Ja, verträgt sich mit Quetiapin. Von seinem pharmakologischen Profil ist Quetiapin eine Art mini-Trizyklikum. Viele Ähnlichkeiten, nur dass Trizyklika stärker antidepressiv wirken.

Quetiapins Metabolit ist ein moderat potenter Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer. Es müssen also nicht zwingend die anticholinergen Eigenschaften gewesen sein, vor allem da es nur mild anticholinerg wirkt.

08.06.2020 23:00 • x 1 #12


C
Achso, meinst du das könnte eher an der noradrenalinergen Wirkung gelegen haben?

08.06.2020 23:07 • #13


K
Zitat von Chrizzle:
Achso, meinst du das könnte eher an der noradrenalinergen Wirkung gelegen haben?

Könnte, aber muss nicht. Ist immer schwer zu sagen, da einzelne Medikamente paradox wirken können. Ich kenne Leute, die mit Mianserin gut klargekommen sind, aber Mirtazapin nicht vertragen haben, obwohl beide nahezu identisch sind...

10.06.2020 11:00 • #14


Herr76
Zitat von Chrizzle:
Hat denn keiner diese Art von Muskelproblemen unter Venlafaxin?


OH doch, ganz starke sogar. Muskeltonus stark erhöht, Zuckungen, Muskelschwäche, Muskelvibrationen, abnormales Schwitzen und starkes Zittern. Setze es gerade ab, ist nicht wirklich toll muss ich sagen.
habe 6 Monate 300 mg genommen und bin nun bei 37, 5 mg und die NW sind trotz der geringen Dosis alle noch da

23.08.2020 17:47 • #15


Herr76
Zitat von Chrizzle:
Naja, es gab viel Schwindel und Derealisation heute, aber ich habe es ganz gut überstanden. Meine Familie hat sich gefreut. Eine andere Sache: hat noch wer Probleme mit hoher Muskelanspannung (vor allem Waden und Nacken) und beim Wasserlassen mit Venlafaxin?


Und das mit dem Wasserlassen hatte ich auch stark, also Probleme. War sogar beim Urologe deswegen, natürlich wurde nichts festgestellt, nur auf das Venlafaxin geschoben.
Des Weiteren hatte ich jedoch auch starke Spannung in den Hoden, als würden diese sich den ganzen Tag zusammenziehen

23.08.2020 17:55 • #16


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Dr. med. Andreas Schöpf