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Hallo,
das hier ist mein erster Beitrag in diesem Forum, da ich mich niemandem perönlich anvertrauen kann und einfach nicht mehr weiter weiß.
Aber erst einmal möchte ich eine TRIGGER-Warnung aussprechen!
Trigger



Heute Nachmittag musste ich in den Unterlagen von meiner Mutter etwas für meinen BAföG-Antrag heraussuchen und bin dort auf einige Briefe, Arztberichte und Notizen von ihr gestoßen. Ich weiß schon lange, dass sie einen Ordner bestizt, indem sie alle ihre Geheimnisse aufbewahrt. Ich habe mich nie getraut, diesen Ordner zu öffnen (einerseits aus Respekt vor ihrer Privatsphäre und andererseits aus Angst, die ganze Wahrheit über sie und ihr Leben zu erfahren).
Auf der Suche nach den benötigten Unterlagen ist mir dann ein Arztbericht und ein Brief, der vermutlich nur als Entwurf galt, in die Hände gefallen. Was ich dort gelesen habe, hat mich einfach nur schockiert und mir eine ganz andere Seite meiner Mutter und ihrem Leben offenbart.

Seitdem ich denken kann, weiß ich, dass meine Mutter psychisch krank ist und sehr damit zu kämpfen hat. Jedoch war mir nie klar, dass es wirklich so schlimm ist, wie sich jetzt rausgestellt hat.
Immer mal wieder, erzählte mir meine Mutter von ihrer grausamen Kindheit. dass ihr Erzeuger (Vater wäre hier der falsche Begriff) sehr gewaltätig, narzisstisch und einfach nur grausam ihr gegenüber war. Als ihre Mutter verstarb wurde ihr Martyrium nur noch schlimmer, bis sie schließlich in ein Kinderheim kam.
Ihre Schwester starb vor einigen Wochen und in ihrer Trauer erzählte sie mir, dass er ihre Schwester auch so graumsam behandelte, sie begrapschte und so. und die beiden am meisten unter ihm litten. Zudem erzählte sie mir, dass er, als ich ca. 10 Jahre alt war, angefangen hat auf meinen Hintern zu starren und sie darauf hin den persönlichen Kontakt zu ihm abgebrochen hat. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Ahnung davon, aber es hat mich sehr erschüttert.
Schon als ich das erste Mal so richtig realisierte, was für ein Mensch er eigentlich ist, hatte ich die Vermutung, dass meine Mutter von ihm nicht nur misshandelt und gedemütigt wurde, sondern auch sexuell missbraucht wurde. Das bestätigte sich heute durch den Arztbericht.
In dem Brief an ihren Erzeuger laß ich, was wirklich alles in vorgeht, was ich bisher gar nie so wahrgenommen habe. Sie schreibt von Stimmen in ihrem Kopf, der Entwicklung von mehreren Persönlichkeiten (weil eine einzige Person, das alles nicht überlebt hätte), das Verlassen ihres Körpers, Angst davor verfolgt zu werden, Wahnvorstellungen, Suizidgedanken, Selbstverletzendes Verhalten usw.

Ich weiß einfach nicht, wie ich das alles nie bemerken konnte. Ich bin mit ihren depressiven Phasen aufgewachsen und weiß deshalb immer, wann es wieder soweit ist.
Aber wie konnte ich nie bemerken, dass sie mehrere Persönlichkeiten hat? Ich habe schon ein mal eine Dokumentation von Personen mit einer dissoziative Persönlichkeitsstörung gesehen, aber meiner Mutter merke ich das einfach nicht an. In der Dokumentation wurde gezeigt, dass die unterschiedlichen Persönlichkeiten (wie durch einen Switch) zum Vorschein kommen und dann sich auch dementsprechend verhalten, z.B. wie ein Kind, ein Teenager oder eine männliche Person mit jeweils unterschiedlichen Namen. Ich kenne mich damit natürlich nicht aus, aber außer, dass sie öfters starke Kopfschmerzen hat und sehr vergesslich ist, weist sie keine erkennbaren Symptome auf.

Einerseits wünschte ich, dass ich das alles niemals erfahren hätte aber andererseits bin ich froh, dass ich nun ein bisschen mehr Klarheit habe.
In meinem Kopf kreist die ganze Zeit, die Frage, ob ich sie darauf ansprechen soll und wenn ja, wie? Was soll ich sagen und wie würde sie darauf reagieren?
In den letzten Monaten hatte ich das Gefühl, dass es ihr besser geht als sonst. Aber seit dem Tod ihrer Schwester geht es eher wieder bergab und ich habe Angst, dass wenn ich das Thema anspreche, dass sie das zu sehr triggert.

Das hier zu schreiben, hat mich sehr viel Kraft gekostet aber es ist auch erleichternd, sich alles von der Seele schreiben zu können. Ich hab meine Mutter einfach so lieb (wir hatten immer nur uns beide, was uns wahrscheinlich noch mehr verbindet als normalerweise) und ich ertrage es wirklich nur sehr schwer, sie so zu sehen - so gebrochen und zerstört.

Ich hoffe sehr, dass ihr mir weiterhelfen könnt.
Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht?
Habt ihr vielleicht ein ähnliches Krankheitsbild und könnt mir sagen, wie ich damit umgehen soll?
Würdet ihr an meiner Stelle sie darauf ansprechen? Wenn ja, wie?

Vielen Dank schon einmal im Voraus.
Liebe Grüße!

13.08.2020 20:01 • 13.08.2020 x 2 #1


4 Antworten ↓


Perle
Hallo Lenchen,

es ist schwierig, Dir hier konkret Rat zu geben.

Hast Du Deine Mutter im Vorwege gefragt, ob es ihr Recht ist, wenn Du an den Ordner gehst?

13.08.2020 21:02 • #2


A


Umgang mit einer psychisch kranker Mutter

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Sonja77
Das einzige was ich dir dazu sagen kann ist,sag deiner Mutter nichts davon...das wäre ein zu grosser vertrauensbruch und würde ihr zu sehr weh tun...

Ich persönlich finde es absolut nicht in Ordnung das du die Sachen gelesen hast

Hätte deine Mutter gewollt das du es weist,hätte sie es dir gesagt...

Also lass die Dinge so wie sie sind

13.08.2020 21:08 • x 2 #3


L
Danke für eure Antworten.

Ich war nicht an ihrem Ordner, der Brief und der Arztbericht lagen lose bei den anderen Unterlagen, vermutlich ausversehen. Ich habe die Sachen vorerst lediglich überflogen, weil ich ja auf der Suche nach anderen Unterlagen war.

13.08.2020 21:17 • #4


Perle
Ok, das ging nicht ganz eindeutig aus Deinem Text hervor. Insofern würde ich Dir ebenso raten, Deine Mutter darauf nicht anzusprechen. Das ist ihre ganz persönliche Angelegenheit und ich denke, die Zeit wird es zeigen, ob sie irgendwann vielleicht beginnt, Dir in kleinen Schritten von ihrem Erlebten zu erzählen, wenn sie es möchte.

Ich kann verstehen, dass Du Dir Gedanken und auch Sorgen machst. Bitte denke dennoch daran, dass Deine Mutter ein erwachsener Mensch ist, der sein Leben in erster Linie alleine regeln kann und soll. Genau das tut sie unter Zuhilfenahme von Ärzten.

Es ist ok, wenn Du Mitgefühl hast, jedoch bist Du nicht verantwortlich für sie und ihr Leben. Du wärest damit auch überfordert, das würde jedem anderen übrigens genau so gehen. Selbst wenn Du helfen möchtest, so kannst Du es nicht, denn es ist ihr Leben und ihre Geschichte. So tragisch all diese Geschehnisse auch sind.

Alles Gute wünsche ich Dir.

LG Perle

13.08.2020 21:32 • x 2 #5





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