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B
Hallo liebes Forum,

ich bin neu hier, habe mich extra hier angemeldet um hoffentlich gute Meinungen / Ratschläge zu erhalten. Ich hoffe ich poste im richtigen Unterforum, habe kein passendes gefunden...
Kurze Info zu mir:
Ich bin 22 Jahre alt und bin Anfang letzten Jahres von zuhause ausgezogen (ca 20km weit weg, war mindestens 1x pro Woche zuhause).
Ich bin Student und stehe meiner Meinung nach relativ gefestigt im Leben. Ich weiß wer ich bin und wohin ich gern möchte.

Nun zu meinem Problem:
Vor ca. 3 Monaten ist meine Mutter an Krebs verstorben. Sie hat 8 Jahre lang gegen insgesamt 5 Arten von Krebs angekämpft, dieses Mal konnte sie leider nicht gewinnen. Die Leidenszeit war dieses Mal extrem kurz, von der Diagnose bis zum Todestag sind gerade einmal vier Wochen vergangen. Die letzten zwei Wochen hat sie im Krankenhaus verbracht, dort habe ich sie jeden Tag mit meinem Vater (und oft auch mit meiner 14-jährigen Schwester) besucht. Es war grausam zu sehen wie sie von Tag zu Tag immer stärker leiden musste, ich möchte euch die Details ersparen.
Während dieser zwei Wochen in denen feststand dass es keine Hoffnung mehr gibt habe ich (das erste Mal in meinem Leben) wirklich intensiv über den Tod nachgedacht, habe viel Zeit im Internet, vor allem auf YouTube, verbracht und alles in mich aufgesogen was es zum Thema Tod und Trauer gibt. Und schon in der Zeit hatte ich das Gefühl in gewisser Weise abzustumpfen oder den Gedanken an den nahenden Tod meiner Mutter zu verdrängen. Nach ihrem Tod habe ich einfach funktioniert und mit meinem Vater alles geregelt was zu regeln war. Aber nun sind drei Monate um und ich habe immer noch nicht das Gefühl wirklich getrauert zu haben. Ich bin wieder zuhause eingezogen um meinem Vater im Haushalt etwas zur Hand zu gehen und einfach da zu sein, ansonsten hat sich mein Leben aber absolut nicht verändert. Ich denke nur selten an meine Mutter (nichtmal jeden Tag), ich weine eigentlich nie und bin auch ansonsten selten traurig. Die Momente in denen ich trauere sind entweder bewusst eingeleitet oder durch die Musik getriggert, die meine Mutter mochte.
Nun fühle ich mich schuldig weil meine Mutter es absolut verdient hat dass ich ihr nachtrauere und verstehe einfach nicht, warum ich nicht trauere, wir hatten ein sehr gutes Verhältnis.
Ich frage mich ob ich ansonsten irgendwie psychische Probleme hab die mich davon abhalten zu trauern, finde auch im Netz so gut wie nichts zu dem Thema. Eine Millionen Beiträge darüber dass Menschen zu viel / zu lange trauern, null Beiträge über Leute die zu wenig trauern.
Ich habe Angst den Tod bzw. die Gedanken daran zu verdrängen und es nicht zu verarbeiten, man sagt ja dass es einen irgendwann einholt.

Ansonsten ist evtl noch wichtig zu sagen:
Anfang letzten Jahres ist mein Opa gestorben, auch mit ihm hatte ich ein gutes Verhältnis, auch dort dauerte meine Trauer nur kurz an.
Gegen Ende letzten Jahres ist der Vater meiner Freundin gestorben, dort habe ich den Prozess vom (plötzlichen) Todestag bis zur Beisetzung komplett miterlebt.


Nun zu meinen Fragen:
Gibt es andere Personen die ähnliches fühlen / gefühlt haben wie ich?
Kann mir jemand (evtl sogar psychologisch fundiert) erklären warum das bei mir so ist wie es ist?
Hat jemand Tipps für mich wie ich gut aus der Sache rauskomme bzw. lerne, mich mit der Situation zu arrangieren?
Haltet ihr es für sinnvoll, einen Psychologen o.ä. aufzusuchen? Wenn ja, übernimmt so etwas die Krankenkasse (Habe als Student leider nicht viel Geld)?

Vorab schonmal vielen Dank an jeden, der diesen Text bis hierhin gelesen hat.
Viele Grüße
Marc

06.11.2017 01:25 • 15.11.2017 #1


6 Antworten ↓


Alexandör
Hallo Marc,

ich kenne besagtes Gefühl sehr gut. Man fühlt sich zwar niedergeschlagen und fertig, aber man trauert einfach nicht wirklich. Ich kann das vollkommen nachvollziehen. Ich würde mir da an deiner Stelle nicht zu viele Gedanken drum machen, jeder Mensch hat seine eigenen Arten und Weisen um traumatische Ereignisse zu verarbeiten. Übrigens, mein herzliches Beileid zu deinem Verlust.

Liebe Grüße,
Alex

06.11.2017 01:41 • #2


A


Tod meiner Mutter - Habe Angst es zu verdrängen

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Schlaflose
Als mein Vater unerwartet starb, war ich 21. Um ihn habe ich überhaupt nicht getrauert. Wir hatten aber auch keine enge Bindung. Beim Tod meiner Oma war ich sogar froh, als sie starb. Sie war lange ein Pflegefall bei uns zuhause.
Meine Mutter starb vor knapp 2 Jahren recht unerwartet im Alter von 79 an den Folgen eines Schlaganfalls innerhalb von einer Woche. Wir hatten eine sehr enge Beziehung, wohnten immer zusammen und liebten uns sehr. Die Vorstellung, dass sie mal stirbt und mich allein zurücklässt war für mich seit Jahren unerträglich. Aber als es dann tatsächlich passierte, ging es mir so ähnlich wie dir. Die ersten paar Wochen war ich wie betäubt. Danach kam der Schmerz gelegentlich durch, aber so richtige Trauer war das nicht. Sie fehlt mir ganz einfach.

Ich kann mir vorstellen, dass es bei dir wegen ihrer langen Krankheit nicht zur Trauer kommt. Du hast dich schon jahrelang darauf vorbereitet.

06.11.2017 12:23 • x 1 #3


Luna70
Für Trauer gibt es meiner Meinung nach kein richtig oder falsch. Jeder geht unterschiedlich damit um. Und du hast ja tatsächlich einen Teil der Trauerarbeit schon gemacht, solange deine Mutter krank war. Noch dazu waren es einige Todesfälle in relativ kurzer Zeit, ich denke eine gewissen Abstumpfung oder Gewöhnung (so schlimm das klingt) ist da normal. Und du hast wahrscheinlich außerdem das Gefühl, für die kleine Schwester stark sein zu müssen.

Wenn du deine Mutter um Rat fragen könntest, was würde sie dir wohl sagen? Sie würde dir vermutlich sagen, das ist in Ordnung so, wie es ist. Wenn du dich liebevoll an sie erinnerst, ist das absolut okay. Ich würde an deiner Stelle für deine Mama immer ein bisschen Zeit reservieren, wo du dich an schöne Erlebnisse erinnerst. Spontan, wenn dir gerade etwas in Erinnerung kommt oder auch geplant wie ein Besuch am Grab.

Meine Eltern sind beide schon gestorben (bin aber auch etwas älter als du), ich habe auch selten geweint in der Trauerzeit. Meine Eltern sind irgendwie noch bei mir, mit guten Erinnerungen. Natürlich auch mit Traurigkeit, dass sie nicht mehr da sind, aber ohne Trauer die mich völlig gelähmt hätte und aus der Bahn geworfen hätte.

Hast du das Gefühl, der Schmerz kommt nicht zu dir durch, weil du da irgendwie blockiert bist oder dich unbewusst dagegen wehrst? Dann wäre vielleicht Hilfe ganz gut, damit du dich dafür öffnen kannst. Danach hört sich dein Bericht aber eigentlich nicht an.

06.11.2017 13:07 • x 1 #4


kalina
Von mir auch erstmal mein herzliches Beileid.

Beileid, dass Du so jung schon Deine Mama verloren hast und durch die lange Krankheit von ihr anscheinend auch jahrelang

schon eine Menge mitmachen musstest, in einer Zeit, in der man eigentlich hoffnungsvoll und zuversichtlich und unbeschwert ins Leben ziehen sollte.

Das tut mir leid für Dich.

Dass Du nicht so trauern kannst, das solltest Du nicht überbewerten (außer, Du würdest gerne mehr trauern). Brauchst auch keine Schuldgefühle haben. Damit hilfst Du eh niemanden.

Oft ist man nach dem Tod geschockt und die Gefühle kommen vielleicht erst viel später. Das macht doch nichts, ist auch in Ordnung, vielleicht schützt Dich jetzt Dein Nicht-Trauern. Vielleicht ist jetzt nicht die richtige Zeit dafür. Manches kommt vielleicht später in Häppchen.
Hab Geduld mit Dir selbst und akzeptiere Dich und Deine Gefühle so wie sie jetzt sind.

Du hast schon genug durchgemacht in den letzten Jahren, vielleicht deshalb der Selbstschutz. Wenn man einen lieben Angehörigen so leiden sieht, ist das seelisch sehr belastend. Kann sein, dass man dann den Tod auch als Erlösung empfindet, weil der Angehörige nun nicht mehr leiden muss.

Das Vermissen und trauern kann später noch kommen.

Wenn Dich Deine Gefühlslage zu sehr irritiert, dann geh zu einem netten Psychologen und sprich Dich dort aus.

06.11.2017 13:10 • #5


L
Hallo
Mein Vater ist vor 5 Jahren ganz plötzlich verstorben....vorm Fernseher...einfach eingeschlafen....so hatte er sich das immer gewünscht
Die erst Woche war schlimm...mein Vater wurde verbrannt....da dauert es etwas länger bis zur Beerdigung...er war auch ein paar Tage in der Leichenhalle...das zu wissen,das er da so alleine liegt,fand ich schrecklich...dann wurde er eingeäschert und wie trugen eine Urne zum Grab...ab diesen Zeitpunkt gings dann wieder aufwärts und ich habe mich auch gefragt : wie? das war alles an Schmerz und Trauer?
Das hat mich auch erschreckt,wie schnell man wieder im Alltagsgeschehen ist.
Vermisst habe ich ihn natürlich,aber es tat nicht weh...schlimmer fand ich,meine Mutter so leiden zusehen...das tat mir in der Seele weh
Meinem Bruder erging es auch so....vermissen ja ,aber lange trauern nicht.

06.11.2017 13:38 • #6


Oktewia
Hallo, ersteinmal mein Herzliches Beileid an den Verlust.
Ich habe gerade dein Beitrag gelesen und mir ging es genauso was meine Oma betrifft. Sie ist damals 2012 gestorben und ich hatte zu meiner Oma eine sehr enge bindung.
Aber mir fiel es sehr schwer, zu trauern obwohl ich endlos traurig war.
Ich kann mich sogar noch Erinnern das ich auf Ihrer Beerdigung gewesen bin und nicht weinen konnte, ich hab mich geschämt dafür, aber es kam einfach nichts. Dieses Gefühl war wirklich schlimm.
Außerdem hab ich bis heute nicht geschafft sie zu besuchen an ihrem Grab und das nicht weil ich nicht will, sondern ich habe Angst damit konfrontiert zu werden.
Irgendwann habe ich dann für mich selbst ausgemacht wie ich für meine Oma trauere und in Gedanken bei ihr bin.

Momentan geht es meinem vater gesundheitlich nicht gut, wir haben wenig Kontakt, da er schon seit über 10 Jahre nach Norwegen gezogen ist.
ich hab auch da schon mir gedanken gemacht und Angst das es mir falls er nicht mehr da sein sollte, genauso nicht richtig trauern könnte...
an was es genau liegt, weis ich auch nicht.

Ich glaube bei dir war es vll auch einfach so das du ja von dem Leid deiner Mutter wusstest und schon innerlich damit dich irgendwie verabschieden konntest und auch trauern. Ich denke auch das es da kein richtig oder falsch gibt. jeder trauert auf seine weise .

15.11.2017 15:30 • #7





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