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Ich hoffe, dass diese Kategorie die richtige ist. Vielleicht auch eher Depressionen, aber wir werden sehen.

Seit gestern Abend fühle ich mich, als wenn man mir ein Brett vor den Kopf gehauen hat.

Mein Mann bat mich um ein Gespräch, ich dachte, vielleicht irgendwas terminliches oder sowas.

Aber er sagte mir, dass es in unserer Familie bzw. unserer Ehe so viele Missverständnisse gebe und er das Gefühl habe, als wenn ich ihn aus der Familie drängen wolle. Ich bringe den Kindern komische Sachen bei, Absprachen werden nicht eingehalten, Aufgaben erledige ich nicht. Er müsse sich neben der Arbeit noch um soviel kümmern oder Sachen korrigieren und geradebiegen. Er nannte mir viele konkrete Beispiele.

Das erschreckende daran ist, er hat recht! Aber mir war das gar nicht bewusst. Ich merke meine Fehler im Alltag gar nicht. Das haut mich echt um.

Bin ich verrückt? Nicht Herr meiner Sinne? Mache ich gefühlt 80% am Tag gar nicht bewusst?

Bis hier hin würde mich interessieren, ob es jemandem auch so ähnlich geht und er darauf hingewiesen wurde. Vielleicht auch vom Chef im Job.

Ich muss zu mir noch schreiben, dass ich nicht berufstätig bin und seit vielen Jahren zu Hause für die Kinder da bin.

Letztes Jahr wurde bei mir ein Hirntumor diagnostiziert und erfolgreich entfernt.
Ich hatte vor der OP noch keine Symptome und nach der OP ist bis auf Konzentrationsschwäche und Lärmempfindlichkeit alles gut. Ich kann meinen Alltag aber wieder meistern.

Im Juni war die OP 1 Jahr her und bei der Kontrolle alles in Ordnung und unauffällig. Das glaube ich auch und habe damit erstmal abgeschlossen. Kapitel beendet.

Schlimm fand ich schon, dass mein Mann immer sagte, dass ich nach der OP irgendwie klarer gesprochen habe. Meine Wortwahl war bedachter und ich habe langsamer gesprochen.
Mir war nicht bewusst, dass es vor der Tumor Geschichte anders war.

Gestern sagte er, dass es seit Anfang des Jahres viel schlimmer ist als vorher. Er habe schon vermutet, dass der Tumor wieder da ist, noch schlimmer als vorher. Als dann im Juni der unauffällige Befund kam, war er sehr verwundert.

Er weiß, dass es mir wegen meines Kindheitstraumas seit der OP nicht gut geht. Er weiß auch, dass ich deshalb neben mir stehe und nachts schlecht schlafen, wodurch ich in meinem Alltag sicherlich eingeschränkt bin.

Aber das ich Dinge tue, wovon ich nichts weiß, macht mich total fertig.
Ich stecke mitten in einer Depression. Diese Diagnose hat doch eigentlich jeder, der psychisch nicht gut drauf ist oder?

Ich würde mich am liebsten auf eine einsame Insel wünschen. Da kann ich wenigstens niemandem Schaden zufügen.

Danke fürs Lesen!

05.08.2020 17:37 • 05.08.2020 #1


2 Antworten ↓


Änäynis
Zitat von Maimaus80:
Bis hier hin würde mich interessieren, ob es jemandem auch so ähnlich geht und er darauf hingewiesen wurde

Ich kenne das auch sehr gut. Wie haben zwar getrennte haushalte aber meine freundin wohnt direkt nebenan, sodass ich die meiste zeit dort bin. Immer wieder kommen da auch streitigkeiten weil ich etwas nicht sehe oder vergesse. Bad wischen zum beispiel. Sowas sind sachen die ich im tagestress nicht sehe bzw gar nicht dran denke. Ein weiteres Beispiel ist, Nimmst du später den müll mit wenn du rüber gehst? ich sage na klar. Sie sagt es mir ca 15min vorher nochmal wenn ich so langsam am starten bin. Will dann los und was vergess ich? den müll. Und das nichtmal mutwillig oder weil ich kein bock drauf hab, einfach weil ich n kopf wie n sieb hab, ist dann einfach weg. In soweit kann ich mich damit identifizieren.


Zitat von Maimaus80:
Diese Diagnose hat doch eigentlich jeder, der psychisch nicht gut drauf ist oder?

Ab hier schrillen meine alarmglocken.
Psychisch nicht gut drauf sein oder Depressionen ist ein riesen unterschied. Depressionen sind ein anderes kalliber. Wenn du psychisch schlecht drauf bist fühlst du dich vielleicht etwas schlecht, hast schlechte gedanken oder sowas. Hast du aber depressionen bist du innerlich leer aber dennoch nervös. Hast kein Hungergefühl und auch noch schmerzende symptome.
Psychisch nicht gut drauf ist eine stimmungslage. Depressionen ist eine ernste diagnose.

05.08.2020 18:00 • x 2 #2


Icefalki
Naja, das könnte schon mit deiner Tumorerkrankung zusammenhängen. Sagst ja selbst, Konzentrationsschwäche und Lärmenpfindlichkeit. Und natürlich musst du überhaupt das Trauma einer solchen Diagnose verarbeiten.

Und was @anäynis zur Depri schreibt, habe ich auch erlebt. Ist heftig.

Ich habe eine Bekannte, die nach einem Hirnaneurisma immer noch mit den Folgen zu kämpfen hat. Merkt man nicht, aber belastbar ist anders und das nach 10 Jahren. Meine Kollegin nach Brustkrebs und Chemo, das Gleiche. Ich denke, dass das normal ist.

Nicht normal ist, dass du denkst, dass jetzt alles wieder gut ist und du durchstarten kannst. Dazu noch dein Kindheitstrauma und und und.

Versuche mal akzeptieren, dass du enormen Stress hast. Alleine da macht man schon Fehler und merkt es nicht. Auch normal.

Bleib mal im Gespräch mit deinem Mann, aber auf eine gute Art. Also nicht glauben, du wirst jetzt verrückt, sondern mal darauf achten, was dir entgeht. Aber mehr in Richtung, mal sehen, was so ist. Bitte nicht noch mehr Stress machen, sondern eher neugierig sein.

Und dir mal zugestehen, dass im Moment alles zuviel ist. Suche dir bewusst Inseln, die alleine dir gehören.

05.08.2020 19:24 • x 2 #3