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M
Hallo Zusammen,

ich möchte mal kurz meine aktuelle Situation schildern, vielleicht habt Ihr ja ein paar Tipps für mich. Ich frage mich nur wo ich anfangen soll und hoffe das ist hier die richtige Rubrik.

Ich befinde mich gerade in einer für mich gefühlt extremen schlimmen Phase nach einem Berufswechsel. Mir ist klar, dass ich eigentlich seit meiner Kindheit unter Depressionen, Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Ziellosigkeit usw. leider, aber irgendwie hatte ich es meist gut im Griff. Natürlich mit den üblichen Methoden diesen Gefühlen zu entkommen: zu viel Arbeit, Alk., Extremsport, eine gefühlsmäßige Mauer um mich aufbauen etc.

Vor 12 Jahren ist meine Ehe in die Brüche gegangen und damit musste ich auch beruflich neue Wege gehen. Ich habe also mit 38 Jahren eine Umschulung begonnen, mich extrem überfordert um als einer der besten den Abschluss zu bekommen. Glücklicherweise habe ich auch gleich eine Firma gefunden, in der ich mich fast 10 Jahre um alles gekümmert habe, beinahe Tag und Nacht. Ich war immer erreichbar, dachte ich muss noch mehr machen um mir selbst und anderen zu beweisen, dass ich etwas kann. Ich bekam Schlafstörungen, Herzrhythmusstörungen usw. Ich habe immer weiter gemacht, mein Einsatz für die Firma wurde jedoch nie belohnt. Ganz im Gegenteil, mir wurden beim Aufbau der Abteilung immer wieder externe, neue Mitarbeiter vorgesetzt, die nie lange blieben. Irgendwann wurde mir klar, dass ich gehen muss, was ich auch getan habe.

Ich habe nun im öffentlichen Dienst eine Stelle gefunden und komme überhaupt nicht mehr mit mir zurecht. Es ist wenig zu tun, es gibt keinen Stress, ich werde wertgeschätzt, aber ich habe auch null Verantwortung und somit viel Zeit mit mir selbst. Offensichtlich zu viel, denn mein Kopf spielt seit Ende Juli komplett verrückt. Jetzt holt mich ein, was ich jahrelang versäumt hatte: ich habe mein Leben lang nur für andere gelebt, wollte akzeptiert werden, wollte gefallen, hatte nie darüber nachgedacht was ich im Leben wirklich will. Ich hatte das immer mit Sport, der Arbeit und Alk. kompensiert. Sport kann ich aufgrund körperlicher Probleme (vermutlich auch wegen der beruflichen Überlastung) nicht mehr in dem Maße machen, Alk. habe ich mehr oder minder zu Corona-Zeiten aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben und mit der aktuellen Arbeit kann ich auch nichts mehr kompensieren. Ich fühle mich einfach nur noch hilflos meinen Gefühlen ausgesetzt.

Nach außen hin sind es Zwänge die ich entwickelt habe. Alles Dinge, die ich auch vorher schon hatte, mich aber maximal gestört haben. Nun eskaliert alles manchmal so, dass ich denke verrückt zu werden, nächtelang nicht schlafen kann usw. Natürlich weiß ich, dass diese Zwänge nur der Ausdruck meiner inneren Verzweiflung sind. Aber ich weiß nicht wo ich ansetzen soll.

Einen Termin bei einer Verhaltenstherapie hatte ich bereits, wurde aber nicht übernommen. Ich solle dringend eine tiefenpsychologische Therapie beginnen. Aber wann? In einem Jahr? Und wie bis dahin die Zeit überbrücken? Im Moment schlage ich mich so durch. Aber ich kann mit der Arbeit nichts anfangen, sonstige Interessen verfolge ich auch nicht mehr, weil ich nur noch versuche den Job irgendwie zu halten und daneben keine Kraft mehr habe.

Medikamente möchte ich nicht nehmen. Ich denke über einen Klinikaufenthalt nach oder mich für längere Zeit krank schreiben zu lassen. Klar habe ich mich teilweise in den letzten drei Monaten an die Situation gewöhnt, aber geändert hat sich ja nichts. Ich kenne meine Probleme und das Puzzle kann ich inzwischen auch ganz gut zusammensetzen. Ich weiß wo das alles herkommt, dass ich null Vertrauen in mich habe, mich auf nichts und niemanden einlassen kann und seit Jahren unter Angststörungen und Panikattacken leide. Irgendwie habe ich immer alles selbst in den Griff bekommen. Aber diesmal? Meine Schutzmechanismen funktionieren nicht mehr. Vielleicht soll das aber auch so sein. Eigentlich habe ich ja gerade jetzt die Chance die Probleme anzugehen, vielleicht zum ersten Mal im Leben.

Wo kann ich ansetzen? Reden mit meiner Freundin hilft sehr. Ich bin ihr gegenüber viel offener geworden, das hat uns viel näher zusammengebracht. Aber es ist auch eine Belastung für sie. Und ich merke wie ich immer wieder meine Mauer aufbauen muss, um mit mir selbst klarzukommen. Ich möchte das aber nicht mehr, ich möchte endlich ich selbst sein. Und wenn es bedeutet ein völlig neues Leben anzufangen. Dazu müsste man jedoch wissen was man überhaupt will. Und das weiß ich leider nicht.

Liebe Grüße
Michael

29.10.2023 20:15 • 08.11.2023 #1


32 Antworten ↓


-IchBins-
Zitat von mike1973:
etzt holt mich ein, was ich jahrelang versäumt hatte: ich habe mein Leben lang nur für andere gelebt, wollte akzeptiert werden, wollte gefallen, hatte nie darüber nachgedacht was ich im Leben wirklich will.

guten Morgen. Da hast du quasi deine Antwort. Mir ging es ähnlich. Ich wusste auch nie genau, was ich wollte, aber ich wusste zumindest, was ich nicht wollte. Leider hat mich das nicht weitergebracht. Konnte nie richtig empfinden, was ich wollte.


Zitat von mike1973:
Ich solle dringend eine tiefenpsychologische Therapie beginnen. Aber wann? In einem Jahr? Und wie bis dahin die Zeit überbrücken?

Vielleicht mit einer Selbsthilfegruppe, bestenfalls in deiner Nähe?
Du könntest aber schon mal an dir arbeiten. Die Ursache ist dir bekannt, ein guter Ansatz, um daran arbeiten zu können.


Zitat von mike1973:
Ich denke über einen Klinikaufenthalt nach oder mich für längere Zeit krank schreiben zu lassen.

Klinikaufenthalt kann helfen, krank schreiben lassen nur bedingt. Wenn man die Zeit dann nicht für sich selbst nutzt, um an sich zu arbeiten meine ich damit.


Zitat von mike1973:
Klar habe ich mich teilweise in den letzten drei Monaten an die Situation gewöhnt, aber geändert hat sich ja nichts.

Ja, es kann sich auch nur etwas ändern, wenn du bei dir selbst beginnst. Ist leider so, am Ende kann sowieso nur jeder sich selbst helfen. Unterstützung in Form von Therapien, Klinikaufenthalten und Medikamenten können dir helfen, anzufangen, einen Weg zu finden, da raus zu kommen. Aber der erste muss nicht gleich der richtige sein.


Zitat von mike1973:
. Irgendwie habe ich immer alles selbst in den Griff bekommen. Aber diesmal? Meine Schutzmechanismen funktionieren nicht mehr.

Ja, aber nur oberflächlich würde ich sagen. Nicht an der Wurzel gearbeitet. Irgendwann funktioniert das nicht mehr.
Mir selbst ging es jahrzehntelang ähnlich bis ich erkannt habe, dass das so leider langfristig nicht mehr funktioniert.


Zitat von mike1973:
Wo kann ich ansetzen?

Mir hatte dir Frage damals geholfen: Was genau ist eigentlich mein Problem. Ich habe angefangen, mir alles aufzuschreiben, weit zurück zu gehen und eins nach dem anderen abgearbeitet.
Da ja jeder eine andere Prägung, Erlebnisse und Erfahrungen mitgenommen hat, kann ich nur für mich sprechen. Bei mir geht es weit zurück (Epigenetik).

Achtsamkeit hat mir sehr geholfen und auch das Verständnis warum ich diese Ängste, Depressionen und Panikattacken bekam. Hatte damals durch Hörbücher und Videos einige an Erkenntnis erlagen dürfen, wie und warum das alles irgendwie zusammenhängt und was ich tun kann und zwar nicht dagegen sondern dafür. Manche Menschen denken, mit Kampf wird eine Besserung erreicht werden können, mich eingeschlossen, aber das machte alles nur noch schlimmer und ich habe es dann mit Annahme versucht, mir eingestanden, dass es ok ist und dann mit mir gearbeitet, z. B. das innere Kind, Selbstfürsorge, Achtsamkeit (Emotionen beobachtet, Gedanken beobachtet möglichst ohne Wertung - nach dem Motto: aha, dieser Gedanke, ist das die Wahrheit oder nur mein Gedanke? Ich kann das heute ziemlich gut an mir beobachten, wenn ich irgendeinen Gedanken hatte, der mir dann bewusst wird oder dann, wenn eine Emotion bei mir aufkommt, weiß ich: ach so, klar, das war dieser oder jener Gedanke - nicht realistisch. Dann fokussiere ich mich wieder auf das Hier und Jetzt oder auf das Tun, was ich gerade tue ohne abzuschweifen im besten Fall.

30.10.2023 08:41 • x 1 #2


A


Schlimme Phase seit drei Monaten

x 3


M
Hallo IchBins,

vielen dank für Deine ausführliche Antwort!

Ich sehe das genauso, ändern muss man die Dinge selbst. Es gab in der letzten Zeit einfach nur Tage bzw. Nächte in denen ich nicht mehr weiterwusste und einfach nicht daran glauben konnte da noch irgendwie selbst herauszukommen.

Nein, natürlich habe ich nicht an der Wurzel gearbeitet die ganzen Jahre, obwohl ich mich seit 25 Jahren mit meiner Psyche beschäftige Immer nur nach den Ursachen gesucht aber nie nach Lösungen.

Finde ich interessant, dass Du das auch so beschreibst. Man weiß nicht was man will und wer man ist, nur was man nicht will oder wer man nicht ist. Hast Du Dich dann durch das Aufarbeiten mit der Zeit selbst finden können? Ich habe durch meine Erziehung nie wirklich darüber nachdenken dürfen wer ich wirklich bin und irgendwann war es völlig normal so zu sein wie man hingebogen wurde.

Das mit der Achtsamkeit ist interessant und ich habe auch schon beobachtet, dass es mir hilft. Klar, das ist verdammt harte Arbeit. Und das mit dem Kämpfen (ich kann wenn ich nur richtig will) ist auch in großes Thema bei mir. Vielleicht habe ich mich sogar komplett darüber definiert.

Ich danke Dir für Deine Ausführungen die mir wirklich sehr geholfen haben!

Einen schönen Abend und Liebe Grüße
Michael

30.10.2023 20:06 • x 1 #3


-IchBins-
Zitat von mike1973:
Hast Du Dich dann durch das Aufarbeiten mit der Zeit selbst finden können?

Ich konnte zumindest herausfinden, warum ich so bin wie ich bin. Das mit dem Wollen ist so eine Sache. Ich bin jedenfalls jemand, der gern reduziert, etwas ablegt an Ballast, nur das Nötigste braucht. Ich fühle mich beim Ausmisten einiger Dinge immer erleichtert und wohl. Das sind zwar materielle Dinge, aber es überträgt sich auch auf mein psychisches Befinden.

Zitat von mike1973:
Ich habe durch meine Erziehung nie wirklich darüber nachdenken dürfen wer ich wirklich bin und irgendwann war es völlig normal so zu sein wie man hingebogen wurde.

Das ist ja bei den meisten so, da man als Kind nicht wissen kann, was gut oder was schlecht ist, sondern durch die Prägungen und Erziehung der Eltern sowie Erlebnisse und Erfahrungen quasi weiterentwickelt wird. Ich habe das auch nie hinterfragt und funktioniert, obwohl ich immer dieses ungute Gefühl in mir hatte. Aber mein Leid hatte dann ein Ende, als ich eine für mich schlimmste Panikattacke bekam. Zu jenem Zeitpunkt arbeitete ich intensiv an mir und denke, auch wenn sich das echt blöd klingt, es war ein Zeichen jener. Und die Sache mit dem Kampf ist eigentlich: dagegen. Ich habe es dann mit Annahme, also dafür, geschafft.

Der Kampf gegen meine Emotionen (schlechte Emotionen weg haben wollen) haben nur noch mehr Leid gebracht und ich wunderte mich, warum es nicht wirklich auf längere Sicht hin besser wurde.


Achtsamkeit ist meiner eigenen Erfahrung nach das einzige, was mir geholfen hat. Ich habe so gut wie nur für mich möglich mit der Vergangenheit abgeschlossen, denn diese ist vorbei und ich kann mich jeden Tag neu entscheiden, wie ich mit mir selbst umgehen möchte, so dass ich mir nicht mehr schade (Selbstfürsorge).

Aber jeder darf seinen eigenen Weg finden. Manchmal gilt es herum zu probieren, bis man merkt: ah ok, jetzt fühle ich mich etwas besser, also bleibe ich dabei und weite es aus. So ungefähr.


Ich konnte zumindest herausfinden, warum ich so bin wie ich bin. Das mit dem Wollen ist so eine Sache. Ich bin jedenfalls jemand, der gern reduziert, etwas ablegt an Ballast, nur das Nötigste braucht. Ich fühle mich beim Ausmisten einiger Dinge immer erleichtert und wohl. Das sind zwar materielle Dinge, aber es überträgt sich auch auf mein psychisches Befinden.

31.10.2023 11:21 • #4


-IchBins-
@mike1973

Der letzte Absatz ist doppelt, weil ich mal wieder raus geflogen bin. Konnte ihn auch nicht mehr löschen. Einfach ignorieren.

31.10.2023 11:33 • #5


Icefalki
Zitat von mike1973:
Ich weiß wo das alles herkommt, dass ich null Vertrauen in mich habe, mich auf nichts und niemanden einlassen kann


Wer so lange, so extrem gut war, der kriegt auch wieder die Kurve in die andere Richtung.

Dieses null Vertrauen in dich stimmt nicht wirklich, es liegt an der Situation:

Man ist eben nur darin geübt, dass man Leistung bringt, um zu gefallen. Und wenn das wegfällt, ist da ein Loch und man weiss überhaupt nimmer, wo vorn, wo hinten ist. Und weiss nur eines, dass man etwas ändern muss.

Dieses Ändern ist aber kollosal schwer, da einem die Panik und Depri im Weg stehen, die Wertschätzung der Arbeit fehlt. Sprich.... man befindet sich im freien Fall.

Ich habe das damals so geregelt, dass ich sehr viel Denkarbeit geleistet habe. Mich ganz extremst hinterfragt und dann, über meine vorhandene Leistungsbereitschaft, mich dermassen in den Po getreten habe, dass ich tatsächlich viel umdenken konnte.

Als Tipp nur am Rande, lass mal deine B- und D-Vitamine überprüfen. Wenn deine Speicher leer sind, ist eh alles nochmals übler.

Und manchmal braucht es Medis und eben Therapie.

Aber ohne Arbeit an sich wird das alles nichts, aber die lohnt sich wirklich. Ich würde behaupten, dass eine durchgemachte Angsterkrankung unheimlich viele Chancen bereithält.

Mein Lieblingsspruch dazu:

Das Universum liebt uns Ängstler ganz besonders, denn wir bekommen alles eine 2. Chance.

Und als Tipp, ich arbeite immer mit Plan B, C, D.....

Angst darf sein, aber nur im Extremfall wird vermieden. Und deswegen wird alles getan, ABER, ich darf dann flüchten, wenn es gar nimmer geht. Und flüchten entweder mit Ausreden, oder mit der Wahrheit.

Dann wissen, was mir denn wirklich Angst macht? Es ist nicht der Supermarkt um die Ecke bei Panik gewesen, es war die Scham, dass ich u.U. ohnmächtig umfallen könnte. Und das Entsetzen, negativ aufzufallen, hilflos und den Blicken anderer ausgesetzt zu sein.

(Kindheitstraumata)

Und mit Plan B heisst es: Ich verlasse den Ort, oder will doch mal wissen, ob so eine Ohnmacht tatsächlich peinlich wäre, oder eher nicht.

Im Prinzip gibt es viele Möglichkeiten, aufkommende Angst zu zügeln.

Irgendwann habe ich begriffen, dass es bei mir zur Panik kommt, wenn ich ungerecht behandelt wurde, oder negative Kritik zu ertragen hatte.
Dann hab ich gelernt, mich sachlich und vernünftige zu artikulieren.

Und zu akzeptieren, dass weniger auch gut sein kann.

....

Letztendlich sind Angsterkrankungen nichts anderes als ein Hilferuf unserer Seele, die dermassen Gas geben muss, weil wir nicht zuhören wollen oder können. Und bevor der Körper den Geist aufgibt, wird eben auf anderer Ebene eingegriffen.

Keine Angst, du kriegst auch wieder die Kurve.

31.10.2023 11:54 • x 2 #6


Kermit
@mike1973 Warum setzt Du eigentlich immer noch Leistung ein um die Liebe zu bekommen die Du in Deinem Elternhaus nicht bekommen hast ?

Lebst doch inzwischen Dein eigenes Leben . Haste Dich bald kaputt geschafft und bekommst immer noch keine Liebe ?

Arbeit ist nicht alles. Was willst Du Dir beweisen ? Das man sich kaputt schaffen kann und sich ständig überfordert und sich dann noch wundert woher all diese Bescchwerden kommen ?

Bevor Du los wetterst. Frag erstmal deinen Therapeuten ob ich richtig liegen könnte. Du Perfektionist.

Gute Besserung

31.10.2023 12:04 • #7


M
@-IchBins-

das mit dem Ballast ist auch ein interessantes Thema. Mir geht es da ähnlich. Innerlich und Äußerlich. Ich habe so viel an materiellem Ballast all die Jahre angesammelt. Dinge die ich überhaupt nicht mehr benötige, aber loslassen kann ich sie dennoch nicht. Vor knapp vier Jahren ist dann auch noch mein Vater gestorben, seitdem habe ich noch mehr an alten Gegenständen (hauptsächlich Dinge aus meiner Kindheit/Jugend). Mir geht es auch so, dass ich mich nur frei fühle wenn ich im Prinzip nur mich selbst habe. Auf der anderen Seite kann ich nicht loslassen vom alten. Genau dieses Chaos spielt sich tatsächlich auch in meinem Kopf ab.

Du hast also quasi durch eine extreme Panikattacke begonnen, Dich auf den Weg zu Dir selbst zu machen? Ich hatte dieses einschneidende Erlebnis vor ca. 23 Jahren. Todesangst, ein Jahr lang nicht mehr aus dem Haus gegangen usw. Aber was habe ich gemacht? Mich nur darum gekümmert, dass alles wieder wird wie vorher. Ich wollte einfach nur keine Panikattacken mehr haben, also Kampf: dagegen. Muss weg. Ich bin eigentlich auch ziemlich stolz darauf, dass ich es tatsächlich geschafft habe, geblieben sind aber Herzängste, Anflüge von Panik im Zug/Flugzeug und Extrasystolen.

Ich glaube bei mir stehen gar nicht mal so sehr die negativen Gefühle im Vordergrund. Oder standen. Ich habe tatsächlich erst vor wenigen Wochen gemerkt, dass die Gefühle der Angst und Verzweiflung auch alleine stehen können und das vermutlich auch die ganze Zeit taten. Ich habe sie eben nur IMMER mit meinen körperlichen Symptomen wie Herzstolpern, Tinnitus und Zwängen gebracht. Bis vor kurzem dachte ich tatsächlich z.B.: ist der Tinnitus erst mal weg, dann bin ich wieder normal usw. Aber das ist nicht der Fall wie ich gerade merke.

Das ist im Moment mein Dilemma. Z.b. bin ich heute nicht zur Arbeit gefahren weil ich die ganze Nacht nicht geschlafen habe. Warum? Weil seit einiger Zeit einer meiner Zwänge manchmal die komplette Kontrolle über mich hat. Im Moment ist die Angst nicht einschlafen zu können weil ich auf die Toilette muss extrem. Es ist ein Kontrollzwang den ich nicht abstellen kann. Was ist so schlimm daran einzuschlafen wenn die Blase nicht zu 100% leer ist? Ich kann mir das alles vom Kopf her nicht erklären, aber es macht mir panische Angst wegen ein paar Tropfen. Mir ist schon klar, dass es eigentlich um etwas ganz anderes geht. Auch hier wäre das Thema Akzeptanz, loslassen. Stattdessen habe ich jetzt nur noch Angst vor den nächsten Nacht.

Ich sehe schon, ich werde die aktuelle Situation akzeptieren müssen. Aber was hat das zur Konsequenz? Also rein praktisch? Ich habe meine aktuelle Situation zwar schon bei meinem Arbeitgeber angesprochen und er hat auch super reagiert. Wir wollen beide sehen wie wir eine gute Lösung finden können, so dass meine Arbeitskraft erhalten bleibt. Im Moment bin ich aber immer noch in der Phase in der ich wieder normal sein will, bzw. mit den Symptomen umgehen können möchte usw. Alles andere macht mir wahnsinnige Angst. Ein Ausflug in unbekannte Gebiete. Auf der einen Seite will ich so nicht mehr und weiß, dass es auch nicht mehr geht. Ich zwinge mich dazu, es geht aber nicht, das ist mir vollkommen klar. Auf der anderen Seite habe ich wahnsinnige Angst vor all den Konsequenzen wenn ich mich selbst und vor allem meine aktuelle Situation akzeptiere. Das ist komplett gegen mein bisheriges Selbstverständnis.

Ich weiß, ich bin nicht der erste der mit dem Kopf durch die Wand will und eigentlich genau weiß, dass es schief gehen wird. Vielleicht kriege ich ja aber auch die Kurve. Wenn ich ehrlich bin habe ich ja auch schon einiges dafür getan: z.B. hier im Forum geschrieben, mit dem Arbeitgeber geredet, mich meiner Freundin geöffnet (was ich 18 Jahre lang bei meiner Frau aus Angst nicht getan hatte), in der Familie angedeutet, dass es mir nicht gut geht usw. Ich suche mir Hilfe statt alles mit mir alleine auszumachen. So kenne ich mich eigentlich auch nicht

Liebe Grüße und einen schönen Tag
Michael

31.10.2023 13:09 • x 1 #8


M
@Kermit
Zitat von Kermit:
Warum setzt Du eigentlich immer noch Leistung ein um die Liebe zu bekommen die Du in Deinem Elternhaus nicht bekommen hast ?

Ok, ich gebe zu, Du hast es erfasst Es ist genauso, aber warum das so ist, kann ich Dir nicht wirklich sagen.

Danke, ich wettere sicher auch nicht los, ich weiß ja was los ist, da brauchts auch keinen Therapeut. Obwohl es vielleicht doch nicht ganz so einfach ist. Ich bin mir nicht ganz sicher ob ich anderen oder mir selbst etwas beweisen will. Wobei das ja am Ende doch wieder aufs gleiche rauskommt. Naja.

Danke!

31.10.2023 13:17 • #9


M
@Icefalki

vielen Dank für Deine Antwort!

ich denke auch, dass es an der Situation liegt, Du beschreibst es ziemlich gut. Mir ist eigentlich alles weggefallen über was ich mich identifiziert habe. All die Probleme wie Ängste, Zwänge etc. hatte ich ja auch vorher schon, gefühlt eben jetzt nur tausendmal stärker. Freier Fall, genau das trifft es.

Du hast also Deine nach wie vor vorhandene Leistungsbereitschaft genutzt um Dich zum Umdenken zu bewegen? Das klingt ziemlich gut, denn Du hast ja damit die vorher vielleicht negativ genutzte Kraft begonnen positiv zu nutzen.

Oh ja, bei meiner ersten Panikattacke weiß ich schon gar nicht mehr genau, ob ich mehr Angst hatte zu sterben oder negativ aufzufallen Zumindest war ich bemüht sie zu verstecken. Das kommt bei mir auch aus der Kindheit. Funktionieren und nichts hinterfragen ist das oberste Gebot...

Im Moment belasten mich aber eher meine Zwänge, die aber ebenso von einer diffusen Angst begleitet werden. Ich denke man kann das alles austauschen, es sind alles wie Du sagst Weckrufe der Psyche. Innerliche fühle ich mich momentan wie ein Pulverfass vor dem Explodieren.

Ich habe heute Morgen auch einen Ersttermin für eine tiefenpsychologische Therapie erhalten! Mitte November.

Ich nehme wirklich vieles aus den Antworten hier im Forum mit: Achtsamkeit, Akzeptanz und persönliche Charaktereigenschaften positiv statt destruktiv nutzen.

Liebe Grüße
Michael

31.10.2023 15:01 • x 1 #10


Icefalki
Zitat von mike1973:
Funktionieren und nichts hinterfragen ist das oberste Gebot...


Genau. Deswegen ist es wichtig, dass man erkennt, ok, hier liegen die Ursachen. Und nun gilt es zu überprüfen, ob der alte Mist von früher wirklich richtig war.

Man muss gar nicht einen Schuldigen suchen, aber etwas mehr Verständnis für sich selbst entwickeln. Heutzutage würden frühere Erziehungsmethoden vor dem Kadi enden, mit Recht, denn siehe, was passiert, wenn man Kindern so übel mitspielt.

Und genau deshalb darf man Akzeptanz lernen. Akzeptieren, dass man seine Defizite hat, akzeptieren, dass man falsche Muster lebt und akzeptieren, dass man auch mal Schwäche haben und zeigen darf.

Je mehr Selbstliebe vorhanden ist, desto weniger Angst. Ein bisschen Gaga werden wir immer bleiben, aber das macht uns ja interessant.

Und was deine Therapie anbelangt, super. Ich hab auch diese tiefenpsychologische Therapie durch und habe sie als für mich richtig empfunden.

Immer dran denken, alles darf, nichts muss.

31.10.2023 15:35 • #11


-IchBins-
@mike1973
Akzeptieren bedeutet nicht nichts tun, sondern einfach die Situation so annehmen, wie sie gerade ist, denn sie ist ja sowieso schon so, aber zeitgleich überlegen, was kann ich JETZT DAFÜR tun? Weißt du wie ich es meine?

Ich kann das schon nachvollziehen, wie es dir geht. Tut mir leid, dass dein Papa verstorben ist.
Du weißt ganz genau, was dich da im Griff hat, wenn ich das richtig lese. Genauso kannst du den Prozess wieder umkehren: bekomme das, was sich im Griff hat wieder in den Griff. Also auch so gesagt: werde wieder Herr über deine Gedanken. Momentan bist du der Diener. Aber Gedanken sollen dir ja dienen, also nützlich sein und nicht schaden. Vielleicht kannst du die Sache mit der Toilette einfach mal ausprobieren. Was sollte dir passieren, wenn du dann doch zur Toilette musst?
Ich weiß, es ist immer einfach gesagt als getan. Das weiß ich, denn ich habe Jahre leider mit ähnlichen Dingen verplempert, ja wirklich verschwendet, wenn ich es mal besser gewusst hätte damals schon. Leider nein.


Zitat von mike1973:
Du hast also quasi durch eine extreme Panikattacke begonnen, Dich auf den Weg zu Dir selbst zu machen?

Ja, das war der Auslöser, weil ich die Nase so voll hatte von dem Leid zuvor und niemand in irgendwelchen Therapien, Klinikaufenthalten konnte mir mal ansatzweise mitgeben, was ich mir allein erarbeitet hatte

Zitat von mike1973:
Weil seit einiger Zeit einer meiner Zwänge manchmal die komplette Kontrolle über mich hat.

Genau und auch hier wieder: hab du wieder die Kontrolle.



Zitat von mike1973:
Ich habe heute Morgen auch einen Ersttermin für eine tiefenpsychologische Therapie erhalten! Mitte November.

Toll, das ging schnell. Dann wünsche ich dir, dass du da weiterkommst und viel für dich mitnehmen kannst.

31.10.2023 15:44 • #12


M
@Icefalki

Der alte Mist von früher ist sicherlich nicht richtig, das ist mir soweit klar. Ich denke ich bin in einer Art Übergangsphase und fühle mich momentan vor allem meinen Ängsten und Zwängen ziemlich schutzlos ausgeliefert. Das macht es schwer über den Tellerrand zu blicken. Heute z.B. bestehe ich praktisch nur aus Angst und habe wie so oft Panik wegen meinen Zwängen nicht schlafen zu können. Das ist halt schwer zu akzeptieren. Aber ich weiß was Du meinst. Auch in dieser Situation kann man an sich arbeiten anstatt sich komplett in der Angst zu verlieren. Irgendwann geht's auch wieder aufwärts.

31.10.2023 19:35 • x 1 #13


M
@-IchBins-

Ja, ich weiß was Du meinst. Die Situation für den Moment annehmen aber nicht resignieren. Das mache ich aber wohl gerade ein wenig, zumindest heute.

Hm, mein aktuelles Problem ist, dass ich zwanghaft überprüfen muss ob ich auf die Toilette muss und wenn man sich nur oft genug damit beschäftigt, dann muss man das alle paar Minuten. Ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll, es klingt ja auch alles so albern. Ich habe Panik davor in dem Zustand einzuschlafen und weiß nicht warum. Ich kann nicht loslassen solange ich nicht das Gefühl habe da unten drückt nichts mehr. Natürlich habe ich auch noch eine Reizblase, was das Ganze nicht einfacher macht. Ich habe keine Kontrolle mehr, das macht mir wahnsinnig Angst.

Und das super Lustige an der Sache ist, das ist nur einer meiner Zwänge bzw. körperlichen Symptome. Ich hatte in den letzten drei Monaten immer wieder ein Wechselspiel zwischen ihnen. Wenn ein Zwang im Vordergrund steht gehe ich komplett in ihm auf. Die anderen spielen KEINE Rolle mehr. Du wirst es nicht glauben, aber als alles angefangen hat bin ich wegen meinem Tinnitus fast wahnsinnig geworden. Ich wusste manchmal nicht mehr weiter. Das ging zwei Monate lang so. Und dann passierte folgendes: ich war alleine in München und wollte mir zwei schöne Tage machen, hab mich auch super gefühlt, war essen, drei Helle getrunken und alles war gut. Meine Freundin meinte noch zu mir so fröhlich hätte sie mich seit zwei Monaten nicht mehr erlebt. In der Nacht im Hotel hat das dann begonnen, dass ich alle paar Minuten auf die Toilette musste. Nicht dass es schon öfter der Fall war, aber diesmal hat es mich so wahnsinnig gemacht, dass ich die ganze Nacht nicht geschlafen habe. Da ich absolut kein Vertrauen mehr in meinen Körper (Schlaf) hatte, bin ich dann am nächsten Mittag die 300 km nach Hause gefahren und habe sie Sache abgebrochen aus Angst vor einer weiteren schlaflosen Nacht und einer anschließenden Autofahrt. Und jetzt kommt es: seit dieser Nacht interessiert mich der Tinnitus NICHT mehr, ich höre ihn schon gar nicht mehr. ABER: ich mache mich wahnsinnig wegen dem Problem mit der Blase. Ist das nicht krass?

Trotz diesem Hintergrundwissen bin ich nicht in der Lage den Teufelskreis zu durchbrechen...

31.10.2023 20:17 • x 1 #14


MariaManchester
Ich glaube jeder mit einer Angsterkrankung kennt diese diffusen Ängste. Die die rational einfach super dämlich sind und uns trotzdem quälen.
Ich hatte vor 2 Jahren ständig die Angst keine Luft mehr zu bekommen. Diese wechselte sich dann damit ab, dass ich Angst hatte Herzrhythmusstörungen zu haben. Diese beiden Ängste konnte ich wieder ablegen. Keine Ahnung wie das ging.
Letztlich sind die Ängste ja eher ein Hinweis auf etwas. Aber Theorie ist immer wunderbar. Praktisch funktioniert es bei mir auch nicht.

31.10.2023 20:26 • #15


M
@mariamanchester

Ja, es ist wahnsinn. Bei mir gehen die Ängste nur wenn sie durch andere abgelöst werden

Herzrhythmusstörungen sind auch super lästig. Viele, viele meiner Tage mit Angstzuständen waren früher darauf zurückzuführen. Hattest Du nur Angst welche zu haben oder hattest Du tatsächlich welche? Ich hatte schon teilweise ein paar krasse, aber die meiste Zeit hatte ich natürlich Angst welche zu bekommen, was dann so gut wie nie passiert ist.

Die genaue Ursache meiner Ängste suche ich auch noch.

Dein Motto finde ich übrigens klasse: Bis jetzt hast du alle miesen Tage überstanden. Diesen schaffst du jetzt auch noch. Wie oft habe ich versucht mir zu sagen, hey ich lebe immer noch, obwohl ich schon seit x Wochen... Und trotzdem hat man das Gefühl heute eskaliert es völlig...

31.10.2023 20:50 • x 1 #16


MariaManchester
@mike1973 ich hatte tatsächlich nie Probleme mit dem Herzen oder mit dem Körper allgemein. Es war immer nur Einbildung.

Ja das kenne ich. Wenn es einem gut geht, schöpft man Kraft und nimmt sich vor alles anzugehen. Und dann gibt es Tage (wie bei mir heute) wo man aus der Spirale der Angst nicht rausis kommt und denkt, es endet heute.
Ich Versuche mir dann immer folgendes einzureden: Wir bekommen vom Universum nur die Last auferlegt, die wir auch stemmen können.

31.10.2023 21:29 • x 1 #17

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-IchBins-
Zitat von mike1973:
klingt ja auch alles so albern.

Für mich nicht, sondern als Problem, was behandelt werden kann.


Zitat von mike1973:
Natürlich habe ich auch noch eine Reizblase, was das Ganze nicht einfacher macht.

Ich auch und zwar schon seit meiner Kindheit. Das ist bis heute so geblieben. War erst vor ein paar Wochen bei der Urologin um ihr mein Miktionstagebuch vorzulegen. Am Tag muss ich zwischen 13 wenn es gut läuft und 23 Mal wenn es nicht so gut läuft, nachts muss ich auch immer raus. Aber ich gebe dem keine Bedeutung mehr, weil es gar nicht anders möglich ist. Ich trinke aber auch viel. Die Blasenspiegelung war aber völlig in Ordnung.


Zitat von mike1973:
Wenn ein Zwang im Vordergrund steht gehe ich komplett in ihm auf. Die anderen spielen KEINE Rolle mehr.

Kann ich nachvollziehen, hatte in der Vergangenheit auch Zwänge, die ich heute als Hobby zähle und mich nicht mehr weiter belasten, sondern ich mich freue, wenn ich dies und das erledigt habe. Aber ich denke heute, das es keine Zwänge waren, denn dann würde es mich belasten oder ich will es nicht, muss es aber tun, damit sich mein Geist beruhigt. Je nach Ausprägung und Zwang. Wenn man einen Waschzwang hat, so dass die Hände schon blutig geschrubbt sind, ist das sicher ein Zwang - als Beispiel von vielen.
Allerdings musste ich zunächst bestimmte Dinge erledigen und dann kamen die anderen.

Zwänge können sich vielleicht auch verlagern? Meine damalige Psychiaterin meinte, dass manche Zwänge durch Ängste entwickeln können, muss aber nicht sein.

Ja, es ist krass, denn es schränkt im Leben ein und es ist schwierig, das Leben an sich genießen zu können.

Vielleicht hast du einfach noch nicht den richtigen Weg für dich gefunden, wie du es schaffen kannst, die Schleife durchzuschneiden. Ich wünsche dir jedenfalls, dass du es irgendwann schaffst, da raus zu finden.

01.11.2023 08:57 • x 2 #18


M
@-IchBins-

sorry für die späte Reaktion, im Moment ist bei mir wirklich der Wurm drin. Ich schlafe seit drei Tagen nicht gut und letzte Nacht fast gar nicht. Alles wieder mal nur aufgrund meiner Ängste und den Zwängen.

Ja, so eine Reizblase ist unangenehm, aber es eskaliert halt im Normalfall nicht. So oft wie Du muss ich eigentlich gar nicht mal auf die Toilette. Bis vor kurzem hab ich über das Thema gar nicht mal nachgedacht. Es hat mich halt nur immer gestört, dass ich öfter auf die Toilette muss als andere, dass ich extrem aufpassen muss wenn ich unterwegs bin und dass es nachts mal extrem werden kann wenn ich zu viel getrunken oder Angst habe.

Meine Angstspirale hat schon gestern Nachmittag eingesetzt. Nach zwei relativ kurzen Nächten bin ich natürlich während eines Meetings müde geworden. Eigentlich ein schönes Gefühl und früher hätte ich mich auf die Nacht gefreut. Ich hab es natürlich geschafft, diese Müdigkeit mit Angst zu besetzen. Was ist wenn ich nicht mehr schlafen kann? Dazu muss ich sagen, dass ich im September mal eine Phase von zwei Wochen hatte, in der ich tatsächlich nur oberflächlich gedöst habe. Auf der Heimfahrt von der Arbeit habe ich mich dann in richtige Angstzustände versetzt. Und daheim natürlich den ganzen Abend meine Müdigkeit beobachtet, die dann plötzlich nicht mehr da war.

Wie meistens habe ich dann das Schlafengehen nach hinten hinausgezögert. Meine Ängste hatte ich zu diesem Zeitpunkt eigentlich zumindest oberflächlich unter Kontrolle. Das ist übrigens das Positive an der aktuellen Situation: ich bin emotional viel näher mit meiner Freundin zusammengerückt. Sie hat am frühen Abend für einige Minuten meine Hand gehalten und ich bin ganz ruhig geworden. So etwas habe ich ehrlich gesagt in meinem bisherigen Leben noch nie erleben dürfen.

Wie auch immer, ich mache das Licht aus, die Ängste kommen sofort hoch. Ich beruhige mich nach ein paar Minuten und denke wird schon werden wie immer. Aber dann spüre ich, ich muss wieder auf die Toilette obwohl ich gerade erst war. Somit war der Teufelskreis in Gang gesetzt. Halbe Stunde gedöst, Toilette. Fünf Minuten später nochmal. Eine Stunde gelesen, Toilette. Bisschen gedöst, wieder Toilette. Irgendwann ging dann halt gar nichts mehr. Angstzustände, Puls dauerhaft um 30 Schläge erhöht usw. Alles nur weil ich Panik vor dem Druckgefühl der Blase habe! Tagsüber habe ich es zweimal unter diesen Angstzuständen geschafft zweimal ca. eine halbe Stunde zu schlafen. Durch das zweite Mal ist dieser tranceartige Zustand tatsächlich besser geworden und hält bis jetzt an.

Aber jetzt habe ich halt unendlich Panik vor der heutigen Nacht. Ich Moment bin ich wieder ruhig, aber vorhin habe ich meiner Freundin mehrfach gesagt ich schaffe das alles nicht mehr, ich kann nicht mehr. Sie ist überfordert, klar. Ich versuche viel mit ihr zu reden, ihr zu erzählen was in mir vorgeht. Sie ist immer für mich da, aber ich will ihr auch nicht zu viel zumuten. Es belastet sie ja auch, sie leidet mit mir mit.

Also ehrlich gesagt, habe ich meine nähere Zukunft seit heute Nacht abgeschrieben. Ich bin mit meinem Alltag überfordert und mein Bauchgefühl sagt mir seit Wochen, dass ich nicht einfach so weitermachen kann. Also irgendwie zur Arbeit gehen und dann keine Kraft mehr zu haben um an mir zu arbeiten. Aber wo ich genau ansetzen soll weiß ich auch nicht. Zunächst muss ich halt wieder ein wenig Vertrauen in meinen Schlaf bekommen. Ich habe hier eine Schachtel Diazepam. Seit sicher 10 Jahren trage ich dieses Medikament für den Notfall mit mir herum, habe es aber noch nie genommen, weil es immer irgendwie ging mit der Angst. Heute bin ich vielleicht soweit, dass ich trotz Panik vor dem Medikament an sich und der Befürchtung, dass es mir eh nicht hilft dazu greifen muss. Falls es wieder nicht klappen sollte mit dem Schlafen. Ich weiß, dass ich mich gerade in dieser Situation in eine Abhängigkeit bringen kann wenn der Schlaf nicht besser wird. Mit meiner aktuellen Panik kann ich mir aber echt nicht vorstellen zu schlafen. Zumindest nicht im normalen Berufsalltag. 24 h im Bett liegen und irgendwie 3-4 Stunden dösen trifft es eher. Und alles nur wegen der Blase! Weil ich Angst habe, dass sie drückt und ich so nicht schlafen kann. Was ist das nur? Ein verdammter Teufelskreis.

Mir ist aber tatsächlich etwas aufgefallen. Ich kann mich nicht daran erinnern in meinem Leben schon mal keine Probleme gewälzt zu haben. Insbesondere beim Einschlafen. In den letzten 10 Jahren sowieso nicht. Nur Arbeit, Ärger über die Arbeit, immer mit diesen Gedanken eingeschlafen. Und den ganzen Tag natürlich auch diese Gedanken im Kopf. Nach meinem Berufswechsel hatte ich erstmal keine richtige Aufgabe mehr. Aber auch keinen Ärger. Mit anderen Worten, eigentlich war mein Leben ok, ich hätte glücklich sein können, es gab keine Probleme. Im neuen Job hätte ich sicherlich aufgehen können wenn ich es zugelassen hätte, ich habe dort keinen Stress, die Leute sind ok, der Kollege nervt nicht, mein privates Umfeld ist in Ordnung. Und plötzlich hat der Kopf nichts mehr zu tun! Könnte das mein aktuelles Problem sein? Ich bin es nicht gewohnt im Einklang mit mir zu sein. Ich war immer auf 100%. Jetzt ist nichts mehr da über was ich mich aufregen oder grübeln kann. Da kommen doch die kleinen Zwänge die ich immer hatte gerade recht um zu eskalieren, oder? Ist so meine Theorie.

@mariamanchester

Heute sollte ich daran denken: Bis jetzt hast du alle miesen Tage überstanden.Diesen schaffst du jetzt auch noch. Bis jetzt bin ich noch immer heil aus den miesen Tagen heraus gekommen.

Danke fürs Zuhören und einen schönen Abend an alle!

04.11.2023 20:22 • x 2 #19


MariaManchester
Zitat von mike1973:
@-IchBins- sorry für die späte Reaktion, im Moment ist bei mir wirklich der Wurm drin. Ich schlafe seit drei Tagen nicht gut und letzte Nacht fast ...

Hallo Mike.
Auch die anderen Tage wirst du noch überstehen.
Wenn dir das Hand halten deiner Freundin so etwas wie Ruhe bringt, könnte sie es nicht auch beim Einschlafen machen ? Ich kann mich erinnern, dass ich das als Kind auch brauchte bzw. Schlafen meine Kinder auch besser wenn sie begleitet werden. Es ist vermutlich ein innerer Wunsch nach Sicherheit und Nähe.

Ansonsten vielleicht den Ängsten einfach Mal Raum geben? Ich weiß ist leichter gesagt als getan. Was sollte denn schlimmstens passieren ? Irgendwann ist der Körper so müde, dass er sich den Schlaf holt. Du wirst also nicht bis zum Ende deines Lebens wach bleiben. Alternativ könntest du dir ein leichtes Schlafmittel verschreiben lassen. In der Tagesklinik habe ich einige kennengelernt die das brauchten. Gerade durch zu wenig Schlaf ist ja unser Nervensystem überreizt, wir grübeln mehr als gewöhnlich, die Ängste haben noch mehr Spielraum.
Ich drücke dir nach wie vor die Daumen.

05.11.2023 10:32 • x 1 #20


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