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A
Vor Jahren dachte ich mal, eine gewisse Betrübtheit - oder Melancholie - wäre eine trostvolle Neigung für Kummer und Sorgen. Zum Beispiel beim Bahnfahren nach der Arbeit das vergängliche Vertraute und Fremde in der Abenddämmerung an sich vorbeiziehen zu lassen. Ein gewisses Schwelgen, irgendwie stoisch auch glaube ich, alles annehmen wie es kommt und nichts groß wollen. Denn nur wenn man Wünsche und Dränge hat, scheint mir, kann man Enttäuschung, Frust und allderlei empfinden. Im Idealfall macht man sich vielleicht frei von alldem - wenn man das als Mensch überhaupt kann.

Mittlerweile fällt mir das sehr schwer, da es Sachen gibt, die mir zu sehr die Aufmerksamkeit rauben, an denen ich mich entgegen besserer Vorsätze hochziehe, die mich innerlich aufwühlen. Die melancholischen Neigungen sind beiseite getreten und viel öfter spüre ich entweder Zorn, Trauer oder eine gewisse Verzweiflung über die tatsächliche oder geglaubte Machtlosigkeit gegenüber den von mir als problematisch empfundenen Dingen dieser Welt oder mein eigenes Leben, Handeln und Denken betreffend.

Trotzdem überlege ich manchmal, ob Melancholie nicht etwas ist, was sehr tröstend sein kann, wenn man sich ihr denn hingeben kann. Manchmal, frühmorgens auf dem Weg zur Arbeit, sehe ich manchmal den Mond und die Sterne, und finde noch sehr kurz etwas Trost im Gedanken daran, wie winzig wir irgendwo im Nirgendwo dahertreiben. Oder dass alles was wir kennen egal wie gut oder schlecht wir es empfinden scheinbar einmal von einem Punkt ausging - rührseliger formuliert: dass wir alle aus Sternenstaub bestehen und ein Produkt des Kosmos sind. Aus Altem entsteht immer wieder Neues, der Kreislauf des Lebens gilt für alles und jeden, niemand kann sich davon frei machen, egal wie verschieden wir sind oder glauben zu sein gibt es diesen universellen Nenner auf denen wir uns alle berufen können. Mein Leichnam wird vielleicht mal andere Lebewesen nähren und den Kreislauf intakt halten. Egal was ich falsch machen sollte - am Ende werde ich doch zumindest dort nicht versagen und Teil etwas Universellem sein.

Doch letztlich ist es schwer, irgendwas von diesen Gedanken auch nur ansatzweise irgendwie in das reale Handeln und Fühlen zu übertragen. Zu schnell verfällt man in andere, weniger tröstliche Gedanken. Zu schnell ist man im alten Trott, im alten Frust, ist man müde und am Ende mit allem Rat. In jeder Sekunde könnte man sein Leben ändern, alle anlächeln, sich wie neugeboren geben - aber das Leben ist oft nur im Rückblick zu kurz. Von meine Warte aus, hier und jetzt, ist es verdammt lang und kann man verdammt viel falsch machen. Und so verfällt man auch oft seinen Ängsten und Sorgen viel schneller als man es sich beim Aufstehen womöglich noch anders vorgenommen hat.

04.12.2014 23:11 • 07.12.2014 #1


3 Antworten ↓


F
Grüss dich Arbiter...

Die Gedanken, Einstellungen und Auffassungen, die du hast, sind mir sehr wohl bekannt! Genauso sehen ein Teil meiner Gedanken auch aus und ich bin froh, dass es
scheinbar noch andere Menschen gibt, die so denken und fühlen...und daraus auch das gleiche Resultat erleben. Eben immer wieder zu schnell in den Alltag zu verfallen
und viele positive Vornehmungen wieder im eigenen Gedanken- und Gefühlstrott verschwinden!

Melancholie tut manchmal gut...immer dann, wenn man es mit dem Leid Anderer verbindet und somit auch Anteil nimmt! Aber Selbst-Melancholie ist eher schädlich für
die eigene Psyche und das eigene Wohlbefinden. Ich habe gelernt...und zum Glück es auch verinnerlicht...mit innerer Stärke und Positivsein den eigenen Problemen und
den Dingen, die mich persönlich stark stören, die ich aber leider nicht änderen kann, zu begegnen. Und es funktioniert tatsächlich sehr gut!
Ich interessiere mich unter anderem auch sehr für das Universum und was damit alles zusammenhängt...und es hängt alles damit zusammen. Somit bin ich ein ganz winziger
Teil eines Ganzen, welches mich den ganzen Tag umgibt...

Danke und Gruss

Frank

06.12.2014 20:18 • #2


A


Melancholie als Universaltrost?

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L
Das hat weniger etwas mit Melancholie zu tun, als mehr mit Sinnesreizungen.

Wenn du den Mond und Sterne siehst, werden deine Sinne gereizt und du denkst daran wie klein und unbedeutend unsere Welt im Laufe der Galaxien ist.
Was ja auch richtig ist.

Nur werden unsere Sinne durch viel zu viele Dinge im Alltag gereizt, um dies noch zu verstehen. Unsere Gesellschaft ist unruhig und ständig auf Anschlag.
Schaffen, machen, arbeiten. Keine Zeit für Pause.
Sogar im Privatbereich muss man engagiert sein. Immer mit den Augen am Display des Smartphones.

Wer sich diesem Wahnsinn entzieht gilt dann als faul, dumm oder unsozial.

Mein Tipp Meditieren. Gedanken schweifen lassen und zur Ruhe kommen. Auch mal deinen komplett überreizten Körper zur Ruhe kommen lassen.
Dann kann aus der Melancholie, eine kleine Glückseligkeit werden. Dinge die vergehen, müssen vergehen, damit neue Dinge entstehen können.

06.12.2014 20:21 • #3


F
Ja, natürlich...Aber die Melancholie entsteht wiederum aus den Sinnesreizungen, die Anbiter auch im 3. Absatz so beschreibt!

Jeder, der diesem Sinnesüberflutungswahnsinn auf die Schliche gekommen ist und sich dem entziehen möchte...und wenn es nur für einige Momente in regelmässigen Abständen ist, der meditiert
auf seine Art und Weise und versucht der Informationsschwemme Einhalt zu gebieten. Helfen tut aber mit Sicherheit die Erkenntnis, dass wir alle so winzig und unwichtig im Universum sind und das
Schöne wieder mehr in den Vordergrund zu stellen. Das wird von mir auch mit Melancholie in Verbindung gebracht, da ein Innehalten immer etwas melancholisches mit sich bringt...

Einen schönen Abend...

07.12.2014 19:25 • #4