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B
Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal Tagebuch geschrieben habe...
Nun fange ich damit wieder an, in der Hoffnung, die schrecklichen Erlebnisse aufzuarbeiten und nicht zu verdrängen.

Mein lieber Papa, als ich gestern gehört habe, dass die Leber-OP so lange dauert, weil es Komplikationen gab, habe ich mir nichts sehnlicher gewünscht, dass du überlebst. Dieser Wunsch wurde mir vom lieben Gott erfüllt. Ich habe zum Erzengel Michael gebetet.... Hatte noch deinen Pulli dazu in der Hand, den du mir vorgestern im Krankenhaus zum Waschen gegeben hast. Hab ihn natürlich nicht gewaschen, weil er so schön nach dir riecht und ich denke, dass das Gebet dadurch stärker wirkt.

Stell dir vor, ich bin gläubig geworden. Ich, die sonst immer Fakten, Statistiken und Beweise für alles braucht. Was jetzt aber nicht bedeutet, dass ich jeden Sonntag die Kirchenbank drücken werde und mich in die vorderste Reihe stellen werde. Außer, du möchtest das... Dann geh ich halt mit.

Als ich dich dann gestern Abend so liegen sah mit all den Schläuchen... Und obwohl du sehr viel Blut verloren hast, hast du wirklich toll ausgesehen. Besser als manche, die nicht im Koma sind. Als ich dir die Hände und Füße gewärmt habe, Witze über Mutti gerissen habe, und mit dir gesprochen habe, ist sogar dein Puls von 105 auf 118 hochgesprungen. Ja du hörst mich. Du nimmst mich wahr... Das hat einfach nur gutgetan.

Heut Nacht überkam mich das Bild... Ich verglich dich mit früher... Ein Mann, der immer auf Achse war und viel mit mir und meinem geliebten Enkel unternommen hat... Liegt jetzt krank im Bett und spricht nicht mehr mit mir. Ein Mann, der früher teilweise 3 Jobs gemacht hat, nur damit ich später weniger arbeiten muss... Hättest mal lieber weniger gearbeitet und wärst mir dafür gesund jetzt... Du weißt, dass ich genügsam bin und nicht viel brauche... Deshalb liebe ich dich auch so abgöttisch, weil wir uns sogar ohne Worte verstehen. Mama will ja immer jedes Thema eeeewig ausdiskutieren unsere süße Labertasche...

Ich will damit nicht sagen, dass ich dich mehr liebe als sie... Aber mit dir verstehe ich mich einfach besser. Du hast immer alles so unkompliziert gemacht... Deswegen bricht es mir jetzt das Herz, dich so zu sehen.

Es ist unfair... Du warst immer sehr fleißig, hilfsbereit und ehrlich. Mit jedem gut... Und jetzt haben sich so viele von dir abgewendet, weil das dumme Volk sich lieber mit Fernsehen beschäftigt, statt such zu informieren, dass Krebs nicht ansteckend ist. Aber weißt du was? schei. auf die! Mich, Mutti, deinen Schwiegersohn, dein Enkel, meine Schwiegereltern und deine Geschwister... Uns wirst du für immer haben. .

Tut mir leid, dass ich mich die letzten 4 Jahre wie ein Diktator aufgeführt habe.

Heute komm ich wieder zu dir. Diesmal mit Mutti. Falls Sie mir da wieder rum weinen sollte, werde ich sie sanft rauswerfen. Ich Kümmer mich natürlich auch um sie. Zuhause bei euch läuft der Laden... Mach den Papierkram, gehe einkaufen und koche auch manchmal für deine Frau mit.

Ich hoffe, dass ich diesmal länger bei dir bleiben kann. Werd mir ne Tüte griffbereit halten.

Bis später Allerbestervaterundopa der Welt!

22.11.2017 11:42 • 23.11.2017 x 2 #1


4 Antworten ↓


B
Mein lieber Papa,
heute waren Mutti und ich bei dir. Zwei Ärzte kamen raus und meinten, dein Zustand wäre sehr kritisch... Mutti war am Boden zerstört. Ich hab ihr gesagt, sie soll aufhören, zu weinen, weil man nur um Tote weint und du lebst!

Ich glaub Ihnen nicht. Mutter hat dich leicht geschüttelt und dir gesagt, du sollst aufwachen. Dann hab ich ihr erklärt, sie soll das gefälligst lassen, weil du sonst nicht die Schmerzen erträgst. Es zerriss mir das Herz, wie sie nach 48 Jahren Ehe so an dir hängt, obwohl sie sonst immer rumgemeckert hat.

Mutti hat mich arg mit ihrem Weinen genervt, deshalb sind wir nach ner Stunde gegangen.

Später fiel mir ein, dass ich die Patientenverfügung, die du mir ausgestellt hast, vergessen habe, abzugeben. Bin dann nochmal um halb 12 in der Nacht zu dir gefahren und durfte kurz zu dir rein.

Deine wunderschönen weißen Haare wirken gelblich... Warum nur? Auch dieser Arzt will mir weiß machen, dass wir froh sein können, wenn du heute Nacht überlebst. Aber auch ihm glaube ich nicht.

Ich bin noch nicht soweit. War vorgestern Abend etwa unsere letzte Umarmung? Bitte verlass mich nicht. Ich brauch dich noch, obwohl ich schon fast 33 werde. Ich wollte jetzt im Dezember deinen Geburtstag noch ganz groß feiern. Eine Überaschungsparty soll es sein. Bitte nimm hier noch teil und wenns nicht anders geht, feiern wir halt im Krankenhaus.

Hab keine Angst, ich werd die Maschinen nicht ausschalten lassen. Erst wenn der letzte Prozent an Hoffnung weg ist, erst dann lass ich dich gehen. Bitte komm wieder zurück. Dein Enkel vermisst dich sehr, stellt nur Blödsinn im Kindergarten an... Er braucht dich auch!

23.11.2017 02:24 • #2


A


Mein Tagebuch - Mein Papa liegt im Koma

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B
Guten morgen lieber Papa,
ich hoffe, dir geht's gut! Die doofe Tante am Telefon hat gesagt, ich soll um 9 nochmal anrufen, weil die Intensivstation dafür da ist, um Patienten zu versorgen und nicht um ans Telefon zu gehen.

Entweder macht sie ne Diät und ist deshalb so schlecht drauf oder sie hat einfach viel zu tun.

Deine schöne kette und deinen Ehering hab ich Mutti gegeben, sie soll drauf aufpassen. Ist ja deine Frau und nicht meine

Ich fange an, die ganze Welt zu hassen. Ich verändere mich und kanns nicht verhindern. Das tut mir nicht gut...

Heute fahr ich zum Toller und bezahl den Rest der Couch, die kommt nächste Woche. Ich hab dich angelogen. Die Lieferung kostet 100 Euro mehr und die Mitnahme der alten Couch ebenfalls noch was... Musst ja nicht alles wissen. Sonst regst dich wieder nur auf. Ich will euch auch mal was kaufen, aber du lässt mich ja nie.

Dein Enkel entwickelt sich zum Popelesser und klebt mir die Dinger auf die Wand Ekelhaft...

Später komm ich wieder mit Mutti. Dein Schwiegersohn kommt vorher. Er leidet so... Im stillen. Du kennst ihn ja. Er sagt immer wieder, dass er dich mindestens wie seinen eigenen Papa liebt. Du fehlst ihm sehr.

Bis später. Ich liebe dich!

23.11.2017 10:03 • #3


kopfloseshuhn
Tut mir Leid das zu lesen. Ich wünsche dir ganz viel Kraft und wünsche natürlich nur das Beste.

23.11.2017 12:31 • x 1 #4


B
Zitat von kopfloseshuhn:
Tut mir Leid das zu lesen. Ich wünsche dir ganz viel Kraft und wünsche natürlich nur das Beste.

Danke :*


Lieber Papa,
die Idioten vom Klinikum haben dir jetzt auch noch eine Blutvergiftung verpasst. Die sagen, es gibt keine Hoffnung mehr.
Ich hab um Bedenkzeit gebeten, und dass sie dich erstmal bitte weiterhin behandeln wie bisher. Ich lass dich nicht im Stich...
Die setzen mich unter Druck... Behandlung abbrechen keine Chance bla bla bla...
Ich hab schon die Allianz angerufen. Wir zwei haben ja Rechtsschutz. Werde hier einen Anwalt einschalten... Mir stinkt deren komisches Getue bis zum Himmel... Irgendwas passt da nicht... Heute kommt dein Schwiegersohn und Mutti und reden nochmals mit den Ärzten. Er wird mir dann schon sagen, ob ich mir dieses komische Getue nur einbilde oder ob eventuell was ist...
Sei stark ich bin bei dir und glaube an dich! Ich las dich nicht in Stich!
Herzallerliebst deine Tochter :*******

23.11.2017 14:21 • #5





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