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Ich bin noch relativ neu hier und möchte mal wissen, ob jemand ähnliche Erfahrungen gemacht hat.

Als Kind wurde ich jahrelang von meinem Vater mißbraucht, mit 19 Jahren habe ich auf Drängen meines damaligen Mannes es in der Familie öffentlich gemacht. Die Reaktion meiner Mutter war sehr komisch: Sie hat sich sofort verteidigt und gesagt, sie hätte davon nichts mitbekommen, es ging ihr ja selber sooo schlecht. Meine vier Geschwister haben mir nicht geglaubt. Seit Jahren habe ich keinen Kontakt mehr zu meinen Geschwistern und zu meiner Mutter nur noch telefonisch. Meine Mutter ist mittlerweile von meinem Vater geschieden, sie leben aber in der gleichen Stadt. Und bei Familienfeiern etc. sind sie immer beide mit dabei. Meine Geschwister haben sowohl zum Vater, als auch zur Mutter einen sehr engen Kontakt.

Voriges Jahr habe ich dann von meiner Mutter erfahren, dass mein Vater einen Schlaganfall hatte und sich meine Geschwister sehr liebevoll um ihn kümmern. Nun, seitdem hatte er noch zwei Schlaganfälle und hat sich jedes mal wieder gut erholt. Der Mann ist -seit ich denken kann- Alk. und steckt drei Schlaganfälle einfach so weg mit 74 Jahren.

Was mich total fertig macht ist, dass sich alle um ihn kümmern und ich bin denen so was von egal. Ich steh als Lügnerin da und keiner hat sich je die Mühe gemacht zu fragen, wie es mir geht. Was aus mir geworden ist. Die haben ihre eigene heile Welt und ich steh ganz alleine da. Das finde ich so ungerecht. Meine Panikattacken begannen kurz nachdem ich vom ersten Schlaganfall meines Vaters erfahren habe.

Hat jemand Ähnliches erlebt?

30.03.2016 17:20 • 31.03.2016 #1


8 Antworten ↓


Vergissmeinicht
Liebe Sonja,

kann Dich verstehen, weil ich mich in Deinen Zeilen wiederfinde. Mein Stiefvater hat mich auch missbraucht und meine Mutter reagierte ähnlich. Erst vor kurzem sagte ich es meiner Schwester, da war er aber schon tot. Um ihn kümmerte sich meine Schwester auch bis zum Tod. Auch ich stand lange als Lügnerin da und es tat weh.

Du kannst die Menschen nicht verändern und davor macht auch Dein näheres Umfeld nicht halt. Gehe Deinen Weg und lebe Dein Leben. Hast Du bereits eine Therapie in Erwägung gezogen und was für Probleme bekommst Du?

30.03.2016 17:57 • x 1 #2


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Alle kümmern sich um meinen Vater

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Hallo Sonja,
es berührt mich sehr was du schreibst. Meinst du deine Mutter/ evtl auch deine Geschwister haben evtl doch mehr mitbekommen als sie vorgeben?
Wäre für mich jetzt eine gute Erklärung, warum du vielleicht nicht in ihre heile Welt passt?
Sonst müsste man sich ja mit dem Thema auseinander setzten? Wann hast du deine Mutter das letzte mal drauf angesprochen?
Meine große Schwester und ich wurden von unserer Mutter sehr stark geschlagen und verprügelt was gerade so da war.... Kochlöffel, Reitgerten usw. Mein Vater hat es auch teilweise mitbekommen und halt nichts unternommen. Den Kontakt zu meiner Mutter habe ich sehr früh abgebrochen. Mit meinem Vater habe ich früher sehr oft Gespräche darüber geführt. Anfangs war es eher ein leugnen so schlimm war´s nicht kann ja garnicht sein ect. Irgendwann hat er es dann zugelassen, und wir konnten uns auch drüber unterhalten.

30.03.2016 18:38 • x 1 #3


S
Zitat von Vergissmeinicht:
Hast Du bereits eine Therapie in Erwägung gezogen und was für Probleme bekommst Du?


Ich habe mehrere Therapien hinter mir die letzten 20 Jahre, aber irgendwie lässt mich das Thema trotzdem nicht los. Voriges Jahr begann das eben mit den Angstzuständen, sobald mein Mann das Haus verlassen hatte bekam ich Panik, dass ich sterben müsste, Herzinfarkt etc. Ebenso beim Einkaufen ging plötzlich gar nichts mehr. Habe mehrfach den Notarzt gerufen. Körperlich war immer alles ok. Hatte dann eine Zeitlang hohen Blutdruck, klar weil ich mich so aufgeregt habe. Dies habe ich dann mit Hilfe der Meditation alles gut in den Griff bekommen. Aber es ist natürlich nicht weg.

Ich bin überzeugt, dass meine Mutter alles mitbekommen hat, die Hilfeschreie meinerseits waren mehr als deutlich.Es ging über vier Jahre. Weil ich so schwierig war bekam ich damals sogar vom Arzt Schlaftabletten verschrieben mit 10 Jahren! Meine Geschwister haben sicher nichts mitbekommen.

Mit meiner Mutter habe ich erst bei unserem letzten Telefonat darüber gesprochen, als sie mir erzählt hat, dass es meinem Vater wieder so gut ging, wurde ich wütend und habe ihr gesagt, dass ich das ungerecht finde. Sie fing dann gleich an zu weinen und hat Ihren Standardsatz gesagt:Ich habe davon nichts mitbekommen.

31.03.2016 08:29 • #4


S
Hallo Sonja,
da dein Vater ja noch lebt, gäbe es auch die Möglichkeit dich direkt an ihn zu wenden?!
Dies muss ja kein Gespräch sein, aber es könnte auch ein Brief sein, in dem du dir alles was dich bewegt von der Seele schreiben kannst?
Was empfindest du genau als ungerecht und nicht fair?
Ich könnte mir vorstellen, das sich dein Vater auch noch an anderen Kindern vergangen hat? Könntest du dir das auch vorstellen, oder hast
du eine Idee dazu? Wäre natürlich einfacher wenn es noch jemanden geben würde.

31.03.2016 18:25 • #5


S
Liebe Seifenblase,

da mein Vater es natürlich auch abstreitet, wäre ein Brief keine Möglichkeit. Denn er interessiert sich seit über 20 Jahren nicht für mich, da würde ich mich mit einem Brief nur lächerlich machen. Wenn ich ihm schreiben würde, dann kann ich davon ausgehen, dass der Brief in der ganzen Verwandtschaft veröffentlicht wird.

Ungerecht empfinde ich es, dass ich aufgrund des Mißbrauchs große Schwierigkeiten im Leben mit Männern hatte und der Rest der Familie steht nicht mal dazu.

Ich bin mir sicher, dass er sich nur an mir vergangen hat. Das hat er mir damals gesagt, als ich den Mißbrauch beendet habe und er hätte sonst auch keine Möglichkeiten gehabt.

31.03.2016 18:45 • #6


S
Hallo,
kann dich da voll verstehen, dass du es sehr ungerecht empfindest. Aber da die Familie eh zu deinem Vater steht, kann es dir ja egal sein, wenn er den Brief von dir rumzeigt? Weiß deine Verwandtschaft auch von dem Missbrauch?

31.03.2016 19:05 • #7


S
Für mich wäre das eine erneute Demütigung. Erst der Mißbrauch und dann steh ich nur als Lügnerin da. Da wäre ein Brief für die Familie ja eine Bestätigung, dass ich verrückt bin.

Ich versteh nicht ganz, wie Du das meinst mit dem Brief. Wieso soll ich ihm meine Empfindungen, meine Gefühle schildern, wenn ich ihm egal bin?

31.03.2016 19:12 • #8


S
Sonja,
weil ich nicht glaube das du ihm egal bist, bzw ich glaube du bist für ihn eher ein Problem.
Wenn er mit dir Kontakt hätte, dann müsste er sich auch mit seinen Taten auseinander setzen.
So wie er es jetzt hat, ist es für ihn ja sehr bequem, er kann die Vergangenheit verdrängen. Ich weiß
nicht ob du darüber schon mit anderen Familienmitgliedern gesprochen hast, aber ich tat es wegen unseren
Misshandlungen schon. Zwar erst Jahre später. Zuerst dachte ich auch naja wer glaubt dir das schon, und es war
sehr schwer, und auch sehr Belastend für mich. Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht dass es auch viele
Menschen gab, die es damals geahnt oder mitbekommen haben und voll hinter mir standen. Sie konnten uns
damals nur nicht schützen, hatten keine Ahnung was sie machen sollen.

31.03.2016 19:33 • #9





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