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B
Servus miteinander,

ich würde gerne mal zu folgendem Selbst-Versuch anregen:

An einem relativ ruhigen Tag nimm Dir vor, so oft Du dazu in der Lage bist, zu prüfen, welche Gedanken gerade jetzt (!) Dein aktuelles Tun oder Erleben begleiten.

Hört sich einfach an, ist es aber nicht. Am eindrucksvollsten kann man das während relativer Untätigkeit erkennen. Zum Beispiel beim Sitzen auf einem Stuhl. Im Grunde gibt es dabei nichts weiter zu denken bzw. gedanklich zu gestalten oder zu formulieren: Betroffen sind hier vorwiegend Tastsinn und ein wenig der Sehsinn. Das Erleben ist relativ allumfassend Berührung.

Wenn es einem dann öfter und länger gelingt, stellt man fest, dass die Begriffe Ich und Stuhl nicht wirklich der Wahrheit entsprechen. Mit den Gedankenworten zerstückeln wir sozusagen einen unbeschreibbaren Vorgang: Nämlich dieses absolut subjektive Erleben.

Was kann man nun aus dieser Übung schlussfolgern?

Möchte hierzu folgende Fragen vorschlagen:

- Ist auf meine Gedanken wirklich Verlass?

- Warum diversifiziert der Geist ständig?

- Versucht der Geist vielleicht, durch diese Verbegrifflichung ein Selbst zu schaffen oder zu erhalten?

- Ist es dann nicht bedenklich, dass wir und Gedanken über die Gedanken der Anderen machen?

- Wären wir nicht besser (weil realistischer) dran, wenn wir uns in vielen Alltagsbereichen das Hinzu- bzw. Drumherumdenken ersparen würden?

usw.

01.09.2019 15:40 • 02.09.2019 x 4 #1


6 Antworten ↓


Gaulin
Das Thema finde ich sehr gut. Regt zum an sich arbeiten an.
Also ich habe gleich mal ein Beispiel.
Ich sitze auf meiner Couch und fühle mich irgendwie verloren, einsam. Habe 2 meiner Freunde angeschrieben. Von der einen kam gar keine Antwort, von der anderen, dass sie keine Zeit hat.
Gedanken: warum meldet sich keiner? Keiner hat Zeit. Und überhaupt sind die Kontakte nicht mehr das was sie mal waren. Alle kümmern sich nur noch um sich. Ich interessiere keinem.
Weitere abschweifende Gedanken:
Mein Leben ist sinnlos. Ich bin unglücklich. Nichts bekomme ich hin. Usw.
Die Gefühle dabei kann sich wahrscheinlich jeder denken.
Da ich es aber nicht bei solchen Gedanken belassen will, forme ich etwas daran in Gedanken wie:
Das hat gar nix mit mir zu tun. Es wird Gründe geben, die mit mir nix zu tun haben. Ich weiß doch, dass sie mich mögen und gern Zeit mit mir verbringen.
Ich bin doch zufrieden mit meinem Leben und stolz darauf, was ich leiste ohne Wert auf andere negative Meinungen zu legen. Ich habe Ziele, kann mich gut durchsetzen. Habe so viel geschafft. Usw.
Besseres Gefühl stellt sich ein, Motivation und neue Ideen.
Ich erhebe mich von der Couch und probiere nach Anleitung etwas zu zeichnen und sehe, dass es gar nicht so schlecht geworden ist.
Der Text ist abgekürzt, es gab mehr Gedankengänge. Aber der Prozess war gut im Nachhinein.
Meine Frage: kann man generell diesen ganzen Gedankenprozess abkürzen? Indem man sich stoppt zb.? Oder einfach etwas tut? Wobei ich nur auf Ideen komme, wenn ich nicht negativ denke. Da ja die Motivation fehlt in dem Moment.
Wie meinst du das genau mit dem Drumherumdenken ersparen?

01.09.2019 17:37 • x 1 #2


A


Selbstversuch - Übungsvorschlag / subjektives Erleben

x 3


M
@Gaulin Würde dieses Abkürzen dann nicht einem Überspringen des negativen Teils entsprechen? D.h. anstelle zu denken, dass sich niemand für dich interessiert, alles sinnlos ist usw. gleich den Gedanken denken, dass es bestimmt Gründe gibt, die nichts mit dir zu tun haben, dass du wertvoll bist etc., Motivation und Ideen stellen sich ein und du kommst ins Tun?

01.09.2019 17:50 • x 2 #3


Gaulin
Ja das wäre natürlich die ideale Lösung. Aber ist es realistisch, nie negativ zu denken? Deshalb meine ich, wenn ich merke, dass ich negativ denke, diese Gedanken gleich zu stoppen. Und dann eben fortzufahren, bis sich das dann eventuell automatisiert und dementsprechend verkürzt.

01.09.2019 17:56 • #4


B
Hallo Gaulin,

die Übung sollte nicht auf das Hervorbringen positiver Gedanken abzielen. Lediglich auf die Einsicht (!), dass der Geist grundsätzlich dazu neigt, dem tatsächlichen Erleben (!) gedanklich etwas dazu- oder drumherum zu fügen.

Bei der Übung geht es praktisch nur darum, sich der begleitenden Gedanken bewusst zu werden und dann zu versuchen, wieder davon abzulassen und in das direkt aktuell vorhandene Erleben zu kommen.

02.09.2019 06:50 • x 1 #5


Gaulin
Aber wie lasse ich denn von diesen Gedanken ab? Einfach aufhören zu denken? Funktioniert das?

02.09.2019 15:42 • #6


B
Klar geht das, Gaulin. Aber eben dadurch, dass man sich auf das aktuelle Erleben konzentriert. Schau genau: Was passiert denn gerade wirklich?

Meistens passiert nämlich sehr wenig... Wenn Du deswegen Probleme hast, kannst Du Dich immer auf die Ein- und Ausatmung konzentrieren, da die stets vorhanden ist. Die wirklich aufmerksame Untersuchung des Atmens ist in der Tat eine im wahrsten Sinne vollständige Angelegenheit.

Anfangs denkt man noch in Worten wie aufgeregt, kurz, lang, tief, beruhigend usw. Nach einiger Zeit verbinden sich Objekt und Subjekt, also die körperlichen Eindrücke beim Atmen und Du (der Beobachter). Was bleibt, ist reines Beobachten, ohne einen Beobachter.

Das Interessante daran ist, dass es sich hierbei um nichts mystisches o. ä. handelt, sondern einfach um direktes Erleben. Nur ist dies in der heutigen Zeit nicht mehr üblich, deshalb erachtet man das als unerreichbar. Es bedarf lediglich steter Übung, immer wenn man Zeit hat und sich daran erinnert. Irgendwann wird es zum Normalzustand bzw. man kann jederzeit Gedanken, die grade unangemessen sind, sofort erkennen und in Relation setzen.

02.09.2019 17:31 • x 1 #7





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