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A
Hallo,

mein Name ist AJ und ich habe fünf Jahre an einer generalisierten Angststörung gelitten. Seit ungefähr zwei Jahren, einer Verhaltenstherapie und viel Beschäftigung mit mir selbst geht es mir heute sehr viel besser.

Auf das Forum bin ich durch Zufall gestoßen. Habe beim googeln nach etwas ganz anderem gesucht. Psychic ist ein Wort aus meiner Muttersprache und hat übersetzt nur sehr am Rande mit einer psychischen Erkrankung zu tun.
Psychic - englisch für Medium, jemanden, der vorgibt eine übersinnliche Begabung zu haben.

Bin Mitte Dreissig, bin weiblich und lebe in Berlin.

MfG,
AJ

29.12.2013 22:33 • 06.01.2014 #1


16 Antworten ↓


M
Hallo AJPsychic,

herzlich willkommen hier im Forum und Gratulation das du deine Angst überwinden konntest.

vielleicht hast du ja noch ein paar Tipps für uns Angsthasen.

LG

30.12.2013 14:03 • #2


A


Angst überwunden!

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A
Als erstes hat es mir geholfen das ich kann nicht aus meinem Wortschatz zu streichen.
Und die Erkenntnis, dass es meinen Willen braucht, um wieder gesund zu werden. Es wird niemand kommen, der mich heilt. Dafür kann ich, wenn ich denn will, sehr viele Hilfsangebote in Anspruch nehmen, die mich dabei unterstützen, meinen Weg zu gehen.

Sport hat mir ausserdem geholfen und ich war wirklich nie sportlich, aber mittlerweile ist mir klar, wie wichtig Bewegung ist, gerade auch die draussen, an frischer Luft. Meditation, Achtsamkeit, Muskelentspannung. Also eigentlich all das, was einem immer empfohlen wird und wozu man sich nie aufraffen kann... aber nachdem ich ich kann nicht ersatzlos gestrichen hatte, blieb mir nichts anderes mehr übrig. Die Verhaltenstherapie hat mir auch in Verbindung mit allem unglaublich geholfen.

Und, was ich auch sehr sinnvoll fand und immer noch finde: die Beschäftigung mit dem Tod. Bei mir zumindest war die Angst vor dem Tod der Start für eine Abwärtsspirale, die ich nicht stoppen konnte, und ohne zu wissen, dass der Tod eigentlich der Auslöser war. Es hat ein wenig gedauert, bis ich dahinter kam, was mich eigentlich wirklich beschäftigte und dann habe ich erkannt, dass ich dem nur die Stirn bieten kann, denn wenn ich diese Angst immer weiter ignoriere, wird nichts besser. All die anderen Ängste waren lediglich (bei mir) Stellvertreter für die Angst vor dem Tod, die ich auch hatte, aber eigentlich immer als Symptom wahrgenommen habe, nicht als Ursache.

Was mir auch geholfen hat: mein Leben auf den Kopf stellen. Ziele, Wünsche neu formulieren. Heute arbeite ich nur Teilzeit. ich habe viele Interessen und reise so gerne, dass mir ein Vollzeitjob zu anstrengend wäre. Ich richte heute mein Augenmerk eher darauf, was mir guttut und unterlasse einfach, was ich nicht brauche.

Und ich habe das Gefühl, seitdem ich mehr in mir ruhe, hat mein Körper es gar nicht mehr nötig, Ängste zu produzieren um auf sich aufmerksam zu machen. Stattdessen höre ich auf mich.

Vielleicht kann der eine oder andere aus meinem wirren Geschreibsel ja was mitnehmen. Ich wünsche allen gute Besserung!

30.12.2013 22:29 • x 6 #3


P
Hallo AJPsychic,

auch von mir ein herzliches Willkommen hier im Forum.

„...aus meinem wirren Geschreibsel ja was mitnehmen“

Erstens, dass finde ich ganz und gar nicht und zweitens, ja, wahnsinnig viel, insbesondere mit dem, was Du hier an anderen Stellen geschrieben hast. Vieles deckt sich mit meinen Erfahrungen und nach und nach herauskristallisierten Lösungen der letzten 9 Jahre. Grob gesagt ist es bei mir zwar ein anderes ursächliches Thema (hilflos fühlen gegenüber - oberflächlich betrachtet – Autoritäten) jedoch erst eine analytische Herangehensweise an mich selbst und speziell an bestimmte Gegenüber aus dem Spektrum eines Gruselkabinetts (was sind sie an sich?) in Verbindung mit meinen Erfahrungen aus der Jugend, hat dazu geführt, dass aus einem nicht zielführenden, ständig kreisenden und pauschalen „Warum, warum nur?“ ein für mich sehr gut nachvollziehbares Muster entstehen konnte und schließlich wieder heraus aus der abwärts führenden Kaskade. Kurz gesagt, rational betrachtet verstehe ich sehr gut mein Unterbewusstsein. Da mir, bewusst betrachtet, das Reagieren mit Angstsymptomen, um ein Stopp (wer will schon auf ewig hilflos an der Wand stehen) zu erreichen, als die nahe liegendste und logischste Konsequenz erscheint.

Dachte eigentlich seit ca. 4 Jahren, insbesondere da ich viele Dinge in meinem Leben angepasst hatte und mit Unterstützung von tollen Helferlein, ich sei mit dem Thema durch. Leider wurde ich wohl (aus Bequemlichkeit, falsch verstandenem Versprechen bricht man nicht, etc.) vor ein paar Monaten zu unvorsichtig. Anders gesagt, bin wieder zu tüdelig geworden und hab an entscheidenden Stellen zu oft ein Komma gesetzt, wo ein Punkt bitter nötig gewesen wäre.

Nachdem es sich zwischenzeitlich, durch Zeitablauf und mein kategorisches Stopp gegenüber bestimmten Menschen und Situationen, schon wieder (Psyche meint, keine Gefahr mehr) gut reguliert. Die nächsten Wochen werde ich noch ein paar grundlegende Änderungen vornehmen. Positiv betrachtet sind sie mir ja erst jetzt mit dem neuerlichen intensiven Beschäftigen klar geworden.

Was ich Dir eigentlich damit sagen will, ist: Danke Dir, danke Dir für das Teilen Deiner Gedanken hier im Forum. Die irgendwie genau passend waren um ins Nachdenken und Überprüfen zu kommen. Insbesondere um die bereits eingeleiteten Veränderungen in naher Zukunft zum Abschluss zu bringen, da mir jetzt noch klarer erscheint, dass diese dann dazu führt, dass ich wieder Herr auf der eigenen Jolle bin.

Hoffe, dass ich mit meinem verschwurbelten Zeilen, jetzt nicht Deinerseits für (zu große) Verwirrungen gesorgt habe, dass Du hier im Forum auch für Dich selbst positiven Input ziehen kannst und ein sehr entspanntes 2014.

Liebe Grüße PP

31.12.2013 19:22 • #4


M
Zitat von AJPsychic:
..........


Du hast im Alleingang ein kognitives Verhaltens-Training gemacht und wunderbare Erfolge erzielt.
Herzlichen Glückwunsch.

Vor ein paar Jahren konnte ich mir auf diese Weise auch in einigen Punkten helfen.
Leider schaffe ich es jetzt aber nicht mehr, meine generalisierten Angstzustände in den Griff zu bekommen.

31.12.2013 20:01 • #5


C
Doch medicus auch du schaffst das vor einem halben Jahr dachte ich auch noches geht gar nix mehr
Aber mein heilpraktischer Psychologe auch mit Hypnose hat mich sehr gut begleitet und mir Wege aufgezeigt auch hat er mich Verhaltenstherapeutisch begleitet mal beim Autofahren mal in die Therme
zu gehen...nimm dir jeden Tag einen kleinen Schritt vor und belohne dich dafuer erkenne die kleinen Fortschritte an .

Mach auch regelmaessig autogenes Training und Atemuebungen viel Glueck

31.12.2013 20:11 • #6


kyra96
Aj,
ich hab das mit der Angst vor dem Tod nicht ganz richtig verstanden.
Wie bist Du diese Angst los geworden?
Sorry

31.12.2013 21:03 • #7


M
Zitat von cooky45:
Doch medicus auch du schaffst das ...


Leider fehlt mir die Begleitung.
Im Alleingang ist das ziemlich hoffnungslos.

Zitat:
Mach auch regelmaessig autogenes Training und Atemuebungen

Ja. Das mache ich statt Medikamenten-Einnahme. Manchmal hilft es auch ein bißchen: insbesondere Akupressur.

Zitat:
viel Glueck


Danke!

31.12.2013 23:03 • #8


C
Wo kommst du denn her kann dir eventuell die Adresse geben

Happy new year

01.01.2014 01:23 • #9


A
Danke, Passe-partout, gut, also nicht völlig wirr.
Schön, dass du das ähnlich erlebst, siehst! Ich finde, die Krankheit fühlt sich fast an, wie eine Sucht. Vielleicht besiegt, aber immer da. Und genau wie du, merke ich ebenfalls, wenn ich anfange zu schlampen, mich und meine Bedürfnisse vernachlässige. Dann weiss ich, dass ich mich wieder mehr mit mir beschäftigen und Stress reduzieren muss.

Hier im Forum muss ich zum Beispiel Threads meiden, in denen sich die Mitglieder zu sehr über ihre Symptome austauschen. Das tut mir nicht gut. Fand ich auch nicht hilfreich, in den Selbsthilfegruppen. Ich glaube, da steigern sich dann alle munter in ihre Ängste erst richtig hinein.


Hallo medicus,
das klingt zynisch, was du schreibst. Wenn du meinst, ich hätte es allein geschafft, dann hast du nicht richtig gelesen. Ich war sehr wohl in Therapie und habe auch andere Hilfsangebote in Anspruch genommen. Privat dagegen stand ich eher allein da. Kein Kontakt zur Familie - das hätte es nur noch schlimmer gemacht - meine Mutter gerade gestorben, Freunde weg, bis auf einen, der ca. 7000km weit weg war und mit dem ich emails tauschen konnte. Mein damaliger Freund/Lebensgefährte hat mich verlassen, als es mir dreckig ging. Ich war nicht allein und fühlte mich doch allein.
Aber am Ende zählt nicht, wer bei dir ist, sondern ob du selbst bei dir bist und was du willst. Für immer ein Leben in Angst? Hier im Forum und auch da draussen in der Welt gibt es so viele Angebote, aber niemand wird kommen und dir den Kopf tätscheln. Bringt auch nichts. Mir jedenfalls hat der Kuschelkurs nichts gebracht. Ich brauchte klarere Worte. Aber am Ende musst du selbst den Hintern hochkriegen und tun.



Hallo kyra96,
Die Angst vor dem Tod geht nicht sofort weg, aber mir hat die Auseinandersetzung damit sehr geholfen. Ich habe viel darüber gelesen, mich mit Religionen und Kulturen auseinandergesetzt, mit der Geschichte und mich an den Gedanken herangetastet, dass wir alle sterblich sind und auch ich selbst. Dann habe ich Vorsorge getroffen, für meinen Tod. Mit allem drum und dran. Beerdigung, Testament usw. Das tat mir gut. Der Tod wurde für mich begreifbarer, akzeptierbarer.
Nicht zuletzt kam für die pragmatische Überlegung dazu, ob ich mir denn mein ganzes restliches Leben mit der Angst versauen sollte. Der Angst vor einem Augenblick, der irgendwann absolut unvermeidbar ist, aber niemand, und ich auch nicht weiss, wie lange ich mir das Leben mit der Angst zur Hölle mache.



Frohes neues Jahr allerseits!

01.01.2014 13:22 • #10


M
Zitat von AJPsychic:
Hallo medicus,
das klingt zynisch, was du schreibst.


Eine häßliche Unterstellung.

Was ich gestern um 19:01 h schrieb, sollte meine Bewunderung für Dich ausdrücken.

(In der Folgezeit werde ich mich vorsichtshalber mit Kommentaren aus Deinen Threads heraushalten.)

01.01.2014 14:17 • #11


A
Zitat von medicus:
Zitat von AJPsychic:
Hallo medicus,
das klingt zynisch, was du schreibst.


Eine häßliche Unterstellung.

Was ich gestern um 19:01 h schrieb, sollte meine Bewunderung für Dich ausdrücken.

(In der Folgezeit werde ich mich vorsichtshalber mit Kommentaren aus Deinen Threads heraushalten.)


Ich schrieb das klingt zynisch, nicht das es zynisch ist. Es tut mir leid, dass du das als Unterstellung aufgefasst hast - wir haben wohl aneinander vorbei geschrieben.

Mein Beitrag an dich sollte dir Mut machen, nicht aufzugeben! Niemand hat es leicht, im Kampf mit/gegen die Angst - ich hatte auch keine Begleitung. Versteif dich nicht darauf. Rede dir nicht ein, dass du sie brauchst. Du limitierst dich selbst. Hab Mut! Schau, was du in deiner Umgebung hast, was dir helfen kann. Schau, was du bekommen kannst. Eine Therapie, eine Gruppe usw...

Und warum willst du dich aus Threads mit mir heraushalten? Weil wir ein Missverständnis hatten, das hoffentlich jetzt aus der Welt geräumt ist? Ach komm, sei nicht so empfindlich.

01.01.2014 14:29 • #12


P
Hallo AJPsychic,

interessanter Gedanke, wie Vergleicht man nun eine Angsterkrankung. Auch um es einem wirklich interessierten Gegenüber verständlicher erklären zu können – wozu man selbst meist Jahre gebraucht hat.

Analog Sucht trifft es meiner Meinung nach nicht ganz, da die wenigsten von uns Betroffenen, in der Vergangenheit, die dahintersteckende/n Ursache/n freiwillig gewählt haben oder gar dadurch jemals einen Kick, Flow, etc. erlebt haben.

Eher i. S. einer Allergie. Nimmt man mal grob an, dass das Unterbewusstsein wie ein Immunsystem funktioniert und uns ab einem bestimmten Zeitpunkt durch diffuseste, nicht zuordenbare Symptome signalisiert: Es reicht, zu viel von XY oder Z – wenn sich nicht massiv was ändert bzw. in der BeWERTung der „Sache“ wird es unweigerlich zu einer massiven Überbelastung/-forderung kommen. Da man keine logische Kausalität erkennt, zwischen Symptomen und tatsächlichen Ursachen, macht man sich (zumindest ich damals) auf eine zeitlich viel zu lange Suche nach einer körperlichen Verursachung (rückblickend betrachtet wäre ein paralleles Suchen der richtige Weg gewesen – *hätte, hätte, Fahrradkette).

Erschwerend kommt hier meist noch dazu, dass die Allergene bei den meisten Normopathen sowie, die ersten Jahrzehnte, bei einem selber gar keine sind/waren. Ähnlich wie bei einem, der wöchentlich ne Familienpackung Nussnougatcreme verspeist hat und zum 30igsten Geburtstag plötzlich Hautausschläge bekommt, obwohl er nur an einer Tafel Vollmilchschoki geknabbert hat.

Also oft ähnlich schwierig und langwierig die richtige (Eigen-) Diagnose (Angsterkrankung/Allergie), dann die Unterkategorie (gegen Spuren von Nüssen/Agoraphobie, etc.) zu finden und vor allem zu akzeptieren. Ggf. auch unterbrochen durch Gedanken an, ist es nicht doch was ganz anderes (körperliches)? - Schleifeschleifeschleife!

Hiernach bleibt es, meist viele Jahre, schwierig eine passende, individuelle Therapie für sich zu finden mit entsprechenden Hilfsmitteln (welche Cortisolsalbe/ welches Ads schlägt bei mir an – Erfahrungswerte anderer – Versuch und Irrtum, etc.).

Welche Therapierichtung und welcher Therapeut hat in meinem Fall die größte Aussicht auf Erfolg (hier auch wieder meist längerer Versuch nach dem Ausschlussverfahren). Welche Menschen aus meinem Umfeld können mich unterstützen und welche sind gar hinderlich (da erlebt man so manche Überraschung mit einem UPPPPS-Reflex).

Welche unterstützenden Maßnahmen, ähnlich wie beim Immunsystem bei einer Allergie, sind bei mir die Richtigen (Auspowersport vs. Entspannung). Absolute Karenz von Triggersituationen oder Konfrontation? Und wenn ja, in welcher Dosis zu welchem Zeitpunkt (vergl. Therapieverfahren bei Nussallergikern)?

Des Weiteren, wie weit ist es unabdingbar aber nicht schädlich sich in die Materie der Hauptursache, welche in der Vergangenheit liegt, intensiver Wissen anzueignen. Das scheinen wir ja beide, bei unseren unterschiedlichen Themen, getan zu haben. Das man dem Grunde nach dies tun sollte um die Wahrscheinlichkeit stark zu erhöhen, dass man aus der gruseligen Angstschleife und all ihren Symptomen, zumindest ein gutes Stück weit, wieder heraustreten kann, denke ich auf jeden Fall. Da erst mit neu angeeignetem Wissen, mehr Hintergrund, sich die abgeschlossene „Sache“ an sich von diversen anderen Seiten betrachten, erst eine bewusste neue (nicht mehr so ängstigende) BeWERTung vornehmen wird können (ggf. hierzu googlen nach „Wertstarrheit, Robert M. Pirsig, südindische Affenfalle“) – die Tatsache an sich ist ja unveränderbar in der Vergangenheit gesetzt.

Und wenn man das ganze dann endlich rational gewuppt hat, muss man es „NUR“ noch seinem Unterbewusstsein klar machen. Und selbst danach ist es als Angstallergiker sehr ratsam aufmerksam und achtsam zu bleiben, selbst bei Situationen, etc. wo man oberflächlich betrachtet gar keine Gefahr wittert (siehe Analogie zu Raviolifüllungen kann Spuren von Nüssen enthalten – Sachen gibt’s!).

Fazit: (Angst-) Allergiker! Maximal zu erreichender Status: Symptomfrei!

Was ich persönlich aber völlig in Ordnung finde, bei mir aktuell aber sicherlich noch eine Zeit dauern wird. Mein Unterbewusstsein traut dem Frieden zwar schon ein großes Stück weit wieder aber noch nicht so, wie die letzten ca. 3 Jahre.

Nebenbei, nach meinen ganzen Erfahrungen mit dieser Krankheit, wäre ich der erste, welcher auf eine Anzeige „tausche temporäre Diarrhoe gegen Angsterkrankung“ mittels Eilzustellung antworten würde - *sicherbin!

Gruß PP

02.01.2014 10:13 • x 1 #13


A
Uh, den Vergleich mit dem Allergen, eine Angst-Allergie finde ich sehr treffend! So habe ich das noch gar nicht gesehen, aber das macht ungemein Sinn. Gerade zu Beginn macht die Dosis das Gift. Oder andersherum, die Spuren von Nüssen sind kein Problem, aber der Berg von Nussnougatcreme, den man sonst vielleicht regelmäßig schaufelt, ist auf einmal gefährlich. Plötzlich und unerwartet.

Was die Suchterkrankung betrifft, ist es eher das Habachtgefühl nach der eigentlichen Erkrankung. So wie eine lebenslange Anfälligkeit, die zurückbleibt. Nie wieder das Suchtmittel analog zu nie wieder mich selbst vernachlässig. Dran bleiben, das was mir gut tut, nicht schleifen lassen, immer wieder innehalten und mich fragen: was brauche ich jetzt? wie geht es mir? So ungefähr.
Ich merke, wenn ich meine Achtsamkeit schleifen lasse, tut mir das nicht gut, ich merke aber auch, jeder symptomfreie Tag bringt eine neue Leichtigkeit.

Und ich bin immer wieder überrascht und erfreut, wenn ich mich normal verhalte. Vor Weihnachten hatte ich Ohrenschmerzen. Die Zeit mal schnell zurückgedreht: vor fünf Jahren wäre das der Auslöser einer Panikattacke gewesen, der Gedanke an Hirntumore hätte mir den Schlaf geraubt und ich wäre von MRT zu MRT gepilgert ohne Beruhigung, nur mit dem Gefühl im Hinterkopf, dass jemand etwas übersehen hat oder mir die schlimme Wahrheit nicht sagen will, weil ich eh morgen tot umfalle.

Heute sind es für nur Ohrenschmerzen und es war eine fiese Entzündung, die ich mit einem Besuch beim HNO und Antibiotika schnell in den Griff bekommen habe, ohne mich dem Tode nahe zu fühlen.
Quasi ein Zustand nach erfolgreicher Desensibilisierung.

Vielen Dank für deine Gedanken! Übrigens nehme ich auch den temporären Durchfall, trotz allem.

02.01.2014 15:35 • #14


P
„...ich merke aber auch, jeder symptomfreie Tag bringt eine neue Leichtigkeit...und...ich bin immer wieder überrascht und erfreut, wenn ich mich normal verhalte...“

Klasse ausgedrückt!

Deine Ausführungen hierzu (HNO-Geschichte, etc.) hab ich jetzt mal auf meine aktuelle Situation und meine (Angst-) Unterkategorie gespiegelt. Danke Dir für den Gedankenanstoß. Es geht schon wieder wahnsinnig viel, von dem was selbstverständlich war die 3 Jahre vor letzten Herbst, welche bereits ein Grad der Normalität erreicht haben, dass ich nur ab und an im Nachhinein überlege: He, da war ja nicht mal der Anflug eines Spannungsgefühls.

Irgendwie fragt man sich viel zu wenig mal selbst: Wie geht’s, was läuft denn längst wieder super gut, im Vergleich zu einem bestimmten Punkt in der eigenen Vergangenheit (9 Jahren bzw. 5 Monaten).

youtube, Ode an die Freude - Chor ohne Grenzen

Genau diese Situationen, welche ich noch vor 8 Wochen für immer und ewig als von mir nicht mehr zu überstehen erachtet hatte. Beispiel: Ich freu mich hinterher wie Bolle darüber, dass ich am Tag davor in einer 7 Personen Kassenschlange stand und über hundert Dinge nachdachte, nur nicht über Anspannungen und seine Artverwandten. Ähnlich wie bei Deiner Ohrentzündung. Normalos würden über uns wohl den Kopf schütteln.

Gut, einige klappen noch nicht so fluffig bzw. ich meine zu spüren, dass die Zeit dafür noch nicht reif ist (Friseurbesuche werden eh viel zu überbewertet -*find!). Kommt ja immer auf die richtige Dosis (Konfrontation) zum entsprechenden Zeitpunkt an.

Bin auch der Meinung, dass dieses Stück um Stück bereits erfolgte verschieben der Grenzen (die bei mir aktuell ja erst wieder selbige geworden waren) zu einem Leichtigkeitsgefühl und einem positiven Dankbarkeitsgefühl führen. Zu mehr WERTschätzung?! Und Nachsicht mit sich selbst, wenn (noch) nicht alles wieder im Lot ist.

Nebenbei: Sogar die Tage werden wieder länger (das geht doch gar nicht) - juhu!

Wünsche Dir ein entspanntes, positives Wochenende

youtube, Féloche - Silbo

P.S. Wegen der gewählten Ausweichtauschkrankheit bin ich jetzt doch etwas verunsichert, ob das so ganz optimal ist. Ich werd mal eingehender recherchieren und bastle die Tage dann an meiner Wunsch-Topp-Five-Liste!

04.01.2014 09:45 • #15


A
Zitat von Passe-partout:

Gut, einige klappen noch nicht so fluffig bzw. ich meine zu spüren, dass die Zeit dafür noch nicht reif ist (Friseurbesuche werden eh viel zu überbewertet -*find!). Kommt ja immer auf die richtige Dosis (Konfrontation) zum entsprechenden Zeitpunkt an.



Haha! Das ist gut! So geht es mir auch. Friseurbesuche finde ich auch überbewertet. Aber nicht, weil ich Angst habe, sondern weil ich es so langweilig finde. Ich mag mich nicht unterhalten (nicht weil ich Angst davor hätte, sondern weil ich dieses oberflächliche blabla Wetter, Beruf, sozialpolitische Lage im Bezirk usw... nicht leiden kann. Sage immer gleich: ich mag nicht reden. Lesen kann ich nicht, weil ich die Brille absetzen muss. Also stare ich so vor mich hin. Auf die Umrisse, die ich im Spiegel erkennen kann, immer kitzeln die Haare in der Nase...

Nein, aber sonst geht es mir auch so. Nicht jeder Tag ist der richtige für eine Konfrontation. Ich kann das mittlerweile ganz gut schon beim Aufstehen einschätzen. Aber insgesamt fühlt es sich normal an.
Senn selbst mein Freund, der keine Ängste hat, findet manche Situationen an bestimmten Tagen unangenehmer als an anderen. Also alles im grünen Bereich...

05.01.2014 22:00 • #16


A
Zitat von AJPsychic:
Als erstes hat es mir geholfen das ich kann nicht aus meinem Wortschatz zu streichen.
Und die Erkenntnis, dass es meinen Willen braucht, um wieder gesund zu werden. Es wird niemand kommen, der mich heilt. Dafür kann ich, wenn ich denn will, sehr viele Hilfsangebote in Anspruch nehmen, die mich dabei unterstützen, meinen Weg zu gehen.

Meditation, Achtsamkeit, Muskelentspannung. Also eigentlich all das, was einem immer empfohlen wird und wozu man sich nie aufraffen kann... aber nachdem ich ich kann nicht ersatzlos gestrichen hatte, blieb mir nichts anderes mehr übrig. Die Verhaltenstherapie hat mir auch in Verbindung mit allem unglaublich geholfen.

Und, was ich auch sehr sinnvoll fand und immer noch finde: die Beschäftigung mit dem Tod. Bei mir zumindest war die Angst vor dem Tod der Start für eine Abwärtsspirale, die ich nicht stoppen konnte, und ohne zu wissen, dass der Tod eigentlich der Auslöser war. Es hat ein wenig gedauert, bis ich dahinter kam, was mich eigentlich wirklich beschäftigte und dann habe ich erkannt, dass ich dem nur die Stirn bieten kann, denn wenn ich diese Angst immer weiter ignoriere, wird nichts besser. All die anderen Ängste waren lediglich (bei mir) Stellvertreter für die Angst vor dem Tod, die ich auch hatte, aber eigentlich immer als Symptom wahrgenommen habe, nicht als Ursache.

Was mir auch geholfen hat: mein Leben auf den Kopf stellen. Ziele, Wünsche neu formulieren. Heute arbeite ich nur Teilzeit. ich habe viele Interessen und reise so gerne, dass mir ein Vollzeitjob zu anstrengend wäre. Ich richte heute mein Augenmerk eher darauf, was mir guttut und unterlasse einfach, was ich nicht brauche.

Und ich habe das Gefühl, seitdem ich mehr in mir ruhe, hat mein Körper es gar nicht mehr nötig, Ängste zu produzieren um auf sich aufmerksam zu machen. Stattdessen höre ich auf mich.

Vielleicht kann der eine oder andere aus meinem wirren Geschreibsel ja was mitnehmen. Ich wünsche allen gute Besserung!


06.01.2014 06:50 • #17


A


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