Sorry, ich finde deine Schilderungen schwer zu lesen, schwer zu ertragen Vielleicht weil es mir im Kern ähnlich geht. Was immer die Mechanismen sind, es gibt Menschen, die zehn Mal hören, dass sie - jetzt nur mal als Beispiel - nett aussehen. Ich finde, du siehst nett aus. Beim elften Mal sagt aber jemand, du siehst total daneben aus. Und man nimmt dann nicht die zehn positiven Beispiele für die eigene Selbstbestätigung, sondern hört nur auf den elften. Aus irgendeinem Grund rechnen wir uns negative Rückmeldungen immer besonders intensiv an - es könnten vermutlich zehn Frauen vorbeikommen und dir sagen, dass du ein heißer Typ bist - wieder nur ein Beispiel, bitte nicht überbewerten - und du würdest es trotzdem nicht glauben.
DAS kenne ich. Nicht zehn Frauen, die auf mich stehen, sondern diese Art, Rückmeldungen auf diese Art zu filtern. Und dagegen hilft aus meiner Sicht auch fast nichts. Vielleicht eine Therapie. Wenn ich das richtig gelesen habe, hast du das bereits versucht. Der Therapeut kann dir tausend Dinge erzählen, auch wenn sie wahr sind, glaubst du sie ihm erstmal nicht. Ein guter Therapeut kann noch mehr als das, hoffe ich Wie man dieses Muster, das Negative immer sehr stark anzurechnen, und das Positive fast gar nicht, durchbricht, ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel.
Aber was hältst du von dem Prinzip der kleinen Schritte? Also, wenn jemand z.B. Angst davor hat, oder sich davor scheut - wieder nur: ein Beispiel -, joggen zu gehen. Man kann dieses Vorhaben in lauter kleine Schritte aufteilen. Z.B. ist der erste Schritt, sich Sportkleidung anzuziehen. Oder vor die Tür zu gehen und zu gucken, wie sich die Luft anfühlt. So mache ich das, wenn ich mich nicht richtig aufraffen kann. Erstmal schnuppern. Kleine Schritte in die Richtung machen. Gucken, wie es sich anfühlt. Wenn eine Aufgabe zu schwierig ist, sie wieder in kleine(re) Schritte einteilen. Das Verrückte ist, das es meistens funktioniert. Du stehst dann irgendwann in Sportklamotten und mit Turnschuhen draußen vor deinem Laufweg. Dann nimmst du dir vor: Erst mal nur 5 Minuten. Mehr nicht. Das geht. Das funktioniert. Du kommst ins Laufen. Meist hast du nach 5 Minuten dann die Müdigkeit ein bisschen abgeschüttelt, oder was immer dich vom Laufen abhielt. Ich mag dieses Prinzip. Weil es weich ist. So weich, wie du es dir wünscht. Die Herausforderung in kleinere Aufgaben aufteilen. Die Machbarkeit der kleineren Teilaufgaben bringt ziemlich schnell Erfolgserlebnisse. Du musst dich allerdings von der Illusion verabschieden, dass du von heute auf morgen Marathon laufen kannst. Aber du kommst in Bewegung. Und das ist der Punkt.
Das Beispiel auf die Einsamkeitssituation zu übertragen, überlasse ich dir. Wenn dir das was sagt: Ich finde wirklich, du siehst nett aus. Hinter deinem Text steht ein einfühlsamer und interessanter Typ. Glauben wir daran! Tun wir zumindest so. So zu tun als ob, ist manchmal gar nicht so übel. Halten wir uns für liebenswert. Ein bisschen, zumindest. Und das Ganze klärt sich tatsächlich ein wenig auf.
15.10.2019 15:53 •
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