Kant ist keine Vollendung, sondern ein mehr als vortrefflicher Anfang (und mehr...). Kant ist gleichsam die Wurzel des Übermenschlichen. Seine ethischen Ausführung über S.ualität sprechen eine klare Sprache, die vor dem Hintergrund seiner eigenen Abstinenz als einmalig authentisch gelten dürften. In gleicher Weise, wie er in seiner Ausführung über die wollüstige Selbstschändung die Mastu. in höchstmöglichen Verruf bringt, bringt er hier indirekt, da direkter auch die Verächtlichkeit des S.ualtriebes zum Ausdruck. Dem Naturzwecke (der Fortpflanzung) tut das selbstredend keinen Abbruch, aber ein Idiot versteht sich nunmal nicht auf die Schule des Differenzierens - evtl. könnte es guttun solche Betrachtungen unter bestimmten Gesichtspunkten zu analysieren, sich nicht von der gemeinen Auffassung von dem exotischsten aller Standpunkte ablenken zu lassen und das Gesamtwerk und die Gesamtheit aller einschlägigen Bemerkungen SEINERSEITS dazu abzuwägen und zu verstehen zu versuchen...
So wie die Liebe zum Leben von der Natur zur Erhaltung der Person, so ist die Liebe zum Geschlecht von ihr zur Erhaltung der Art bestimmt; d.i. eine jede von beiden ist Naturzweck[...]
Hier aber ist die Frage: ob in Ansehung dieses Genusses eine Pflicht des Menschen gegen sich selbst obwalte, deren Übertretung eine Schändung (nicht bloß Abwürdigung) der Menschheit in seiner eigenen Person sei. Der Trieb zu jenem wird Fleischeslust (auch Wohllust schlechthin) genannt. Das Laster, welches dadurch erzeugt wird, heißt Unkeuschheit, die Tugend aber, in Ansehung dieser sinnlichen Antriebe, wird Keuschheit genannt, die nun hier als Pflicht des Menschen gegen sich selbst vorgestellt werden soll. Unnatürlich heißt eine Wohllust, wenn der Mensch dazu, nicht durch den wirklichen Gegenstand) sondern durch die Einbildung von demselben, also zweckwidrig, ihn sich selbst schaffend, gereizt wird. Denn sie bewirkt alsdann eine Begierde wider den Zweck der Natur, und zwar einen noch wichtigem, als selbst der der Liebe zum Leben ist, weil dieser nur auf Erhaltung des Individuum, jener aber auf die der ganzen Spezies abzielt.
Daß ein solcher naturwidrige Gebrauch (also Mißbrauch) seiner Geschlechtseigenschaft eine und zwar der Sittlichkeit im höchsten Grad widerstreitende Verletzung der Pflicht wider sich selbst sei, fällt jedem, zugleich mit dem Gedanken von demselben, so fort auf, erregt eine Abkehrung von diesem Gedanken, in der Maße, daß selbst die Nennung eines solchen Lasters bei seinem eigenen Namen für unsittlich gehalten wird; welches, bei dem des Selbstmords, nicht geschieht, den man, mit allen seinen Greueln der Welt vor Augen zu legen im mindesten kein Bedenken trägt; gleich als ob der Mensch überhaupt sich beschämt fühle, einer solchen ihn selbst unter das Vieh herabwürdigenden Behandlung seiner eigenen Person fähig zu sein: so daß selbst die erlaubte (an sich freilich bloß tierische) körperliche Gemeinschaft beider Geschlechter in der Ehe im gesitteten Umgange viel Feinheit veranlaßt und erfodert, um einen Schleier darüber zu werfen, wenn davon gesprochen werden soll.
In Kants S.ualkonzeption existiert nur eine Legitimationsbasis. Kurzum:
Der Zweck der Natur ist in der Beiwohnung der Geschlechter die Fortpflanzung, d.i. die Erhaltung der Art; jenem Zwecke darf also wenigstens nicht zuwider gehandelt werden.
Die S.uelle Inklination birgt in seinem Kosmos anderenfalls immer etwas zutiefst Verächtliches in sich.
Dass in Ansehung der Befugnis zweier Personen beiderlei Geschlechts sich fleischlich zu vermischen jeder derselben vornehmlich aber dem Weiblichen Theil im Zustande der kaum anhebbaren Cultur eine Scheu über den besorglichen Verstoß wider die Würde der Menschheit Scham genannt mithin etwas Moralisches sich unvermeidlich einfindet und jene selbst in der Ehe immer noch Verborgenheit verlangt ist gnugsamer Beweis, dass der Mensch durch dieses Hingeben seines Leibes zum Sachengebrauch immer etwas thue dessen er sich schämen müsse weil es an sich wirklich unter der Würde des Menschen ist[...]
Ob nun der gemeine Abschaum sich nur ansatzweise widerfindet im Gesagten sei dahingestellt. Kant ist sowohl in seiner Diktion als auch in der Schlagkraft, die seine Texte - insbesondere zwischen den Zeilen - inhaltlich entfalten immerzu ein Radikalist ohnegleichen. Dass er auch in der Ehe nicht des Rätsels Lösung gesehen haben kann, das zeigen bereits die obigen Ausführungen durch ihre Härte in betreff der Sache selbst. Doch Kant hat sich offenbar dazu hinreißen lassen, der heiligen Ehe ein Sonderrecht einzuräumen. Eines, das er unmöglich hat ernst nehmen können, mal ganz davon abgesehen dass er an die Ehe als Legitimationsbasis für S.uelle Interaktion einen TATSÄCHLICHEN dinglichen Übertragungsakt in fast rechtlich anmutendem Sinne gesehen hat, der wiederum bedeutet, dass eine unumkehrbare Abtretung seiner selbst an seinen Ehegatten stattgefunden haben muss - bevor der Gedanke an S.uelle Interaktion überhaupt in Betracht kommt. Das ist absurd und widerstreitet seinen allgemeinen Auffassungen zum Thema. Denn der eheliche Bund und insbesondere die eheliche Geschlechterliebe unterscheiden sich nicht in ihrer Art und ihrem Umfang der Verwerflichkeiten vom vorehelichen S.ualakt. Die Inklination, die Kant als zutiefst unmoralisch betrachtet bleibt in ihrer Qualität vollkommen unberührt vom Eheschluss. Selbiges impliziert er gar selbst in einem der obigen Zitate. Es scheint mir, dass Kant von der Undenkbarkeit seiner Auffassung und dem damit notwendigerweise einhergehenden Inferno, das ihn wohl erwartete - in letzter Sekunde (rein äußerlich) zurückgewichen ist und in rein materieller Hinsicht einen Legitimationsgrund angeführt hat, mit dem zumindest derjenige leben konnte, der in der Ehe einen heiligen Gegenstand sieht. Die Bedingungen die er daran jedoch knüpft und die Tatsache, dass er von einer vollständigen Besitzübertragung spricht - nun, diese untermauern eigentlich nur wie unausweichlich seine vorangehende Argumentation GEGEN S. ist und wie armselig der Weg zur Auflösung des Problemes geartet sein muss um Legitimation zu erzielen - nämlich in der vollständigen Aufgabe und Übergabe seiner selbst, gleichsam als sachenrechtlicher Gegenstand an eine andere Person, die sich dieser Sache universell (also auch S.) ermächtigen darf. Dies ist rein gedanklich nicht nur absurd. Kant hat damit letztlich nicht einmal eine hinreichende Gegenargumentation gegen sein eigenes Verdikt der S. gegenüber geführt. Denn: Die überwiegend oberflächliche und auf S. Lustbefriedigung geknüpfte Sinnenlust bleibt dieselbe. Der S.ualtrieb lässt sich nicht heilig weihen.
Letztlich bleibt zu sagen, dass dieser Legitimationsgrund den grundsätzlichen Standpunkt Kants gegenüber S.ualität vollkommen unberührt lässt. Dieser dürfte widermenschlicher kaum ausfallen können (wie so gut wie alles, was er geschrieben hat - allein Deontologie als solche kennt kein vergleichbar widermenschliches Äquivalent, was anscheinend niemand zu erkennen vermag). Vor dem Hintergrund seiner eigenen ehrwürdigen Lebensart weiß ich, dass all seine Fehler seiner (natürlichen) Unvollkommenheit und seiner Zeit geschuldet sein müssen oder könnten. Kant ist der Größte. Wo er an mancher Stelle revidiert und herabmildert, ist gewiss, dass er an anderer Stelle umso resoluter und rigoroser schilt, was zu schelten ist. Ich möchte erst gar nicht von seiner Konzeption um geistige Freiheit anfangen. Welchen Grundstein im Grunde für (fügliche) Degradierung bestimmter Individuen er damit gelegt hat (ja gerade auch gegenüber geistig Behinderten) und welche Härte er durchblitzen lässt (wenn man ihn richtig interpretiert - wie beispielsweise ein Heine das zugegebenermaßen tat - Grüße an dieser Stelle an Heine, die mindermenschliche Made). Dass Kants Werk das Relikt eines Übermenschen ist heißt nicht, dass er nicht unfehlbar war. Zumindest bin ich fest davon überzeugt, dass diverse Passagen schlichtweg seiner Zeit und der Publikationstauglichkeit geschuldet waren. Seine wirkliche Meinung ist an anderer Stelle hinwiederum vielmals nachzulesen. Nicht jedes seiner Worte trifft bei mir auf schallende Zustimmung. Doch das Positive überwiegt hier in einmaliger Weise. Dass seine AntiS.ualität und generell seine widermenschliche Philosophie in der literarischen Rezeptionshistorie die Gemüter dadraußen besänftigen soll, ist doch vollkommen klar. Natürlich war Kant antiS. uell. Natürlich war Kant ein höchst mechanischer und von Vernunft durchdrungener Mann - allem voran war er ein Prinzipienreiter. Und seine Prinzipien lassen sich mit der menschlichen Natur nicht vereinbaren.
Seine Glückseligkeitsethik mal eben in a nutshell runterbellen zu glauben ohne ihn überhaupt gelesen zu haben, ist schon ziemlich fragwürdig. Als Randnotiz: Von Sekundärliteratur sollte man zwingend absehen. Warum sollte man der mindermenschlichen Resonanz auf einen Übermenschen lauschen? Konsequent zu sein, ist die größte Obliegenheit eines Philosophen, und wird doch am seltensten angetroffen. Aber gut, Kants Glückseligkeitsphilosophie lässt sich zumindest im engeren Sinne (also auf das Anstreben der eigenen Glückseligkeit betrachtet) allein auf ein zu erhoffendes Diesseits beschränken. Denn im Jenseits BLEIBT es beim der Glückseligkeit würdig werden. Der Rest ist Hoffen dürfen. Wir sind nicht auf der Welt, um glücklich zu werden, sondern um unsere Pflicht zu tun. Kants Glückseligkeitsphilosophie ist ein weiteres WIDERMENSCHLICHES Beispiel seiner Exzellenz. Kant ist das größte Beispiel des Übermenschen, des Vernunftmenschen.
01.08.2017 10:54 •
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