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Hallo liebe Foren-Gemeinde.

Seit ungefähr einem dreiviertel Jahr lese ich in Foren wie diesen, ohne mich angemeldet bzw. zu Wort gemeldet zu haben. Das Internet ist voll mit Typen wie mir, so scheint mir zumindest. Mein „Problem“ ist nicht neu, aber ich bemerke an mir Veränderungen, die mir so langsam Sorge bereiten und ich mir die Frage stelle, ob ich langsam abdrifte in meine eigene, gar eigenbrödlerische Welt. Ich habe den Eindruck da in etwas rein geraten zu sein und weiß nicht so recht, wie ich ausbrechen soll.

Angefangen hat es bereits im Jahr 2008. Mit meiner damaligen Freundin zog ich 50 Km von meinem Heimatort weg. Ich war 25. Meinem Bekanntenkreis erging es ähnlich, viele lebten und erlebten ihre ersten intensiven Beziehungen. Die junge „wilde“ Zeit schien vorüber.
Ich war jedoch mit dem Pech gesegnet, dass mich meine Ex betrog. Neben dem für mich unerwarteten Beziehungsende bekam ich da schon irgendwie „einen weg“. In meinem Bekanntenkreis hielten die Beziehungen größtenteils, was zur Folge hatte, dass ich bereits 2010 anfing die Wochenenden allein zu verbringen und mich irgendwie durch zu wurschteln.
Ich hatte Glück, lernte Ende 2010 wieder eine Partnerin kennen und driftete zunächst ab in eine rosarote Welt, in dem der Himmel voller Geigen hing. Wie es leider so oft vorkommt versäumte ich in dieser Zeit eher lose Bekanntschaften zu pflegen und zu festigen. Jeder ging seines Weges, man verlor sich.

Meine damalige Freundin hatte jedoch eine sehr ausgeprägte psychische Störung, was mir erst nach der rosa-roten-Brillen-Phase schleichend bewusst wurde. Sie war höchstgradig eifersüchtig. Hinter allem und jedem sah sie eine Gefahr. Wer schon einmal solch einen Partner hatte und liebte, weiß, dass sozialer Rückzug einher geht. Meine sozialen Kontakte gingen den Bach runter, bis auf zwei Freundschaften und die ganzen säßhaft gewordenen Bekannten war da nichts mehr. Die Aktivitäten unter Freunden tendierten gen Null, meine Unzufriedenheit wuchs, was auch meine eifersüchtige Freundin spürte. Im Herbst 2013 trennten wir uns. Merkwürdigerweise hatte ich das Gefühl, dass da jemand anders bei ihr im Hintergrund Gewehr bei Fuß stand. Und so war es auch. Nachdem wir uns wie Kriegsgeneräle am runden Tisch friedlich einigten getrennte Wege zu gehen hatte sie bereits neun Tage später einen neuen. Daher war es für sie auch einfach mich gehen zu lassen, ich war ja ohnehin ihrer Eifersucht wegen unzufrieden. Dennoch, um einen weiteren „Schlag weg“ kam ich nicht drum rum, es fühlt sich schon merkwürdig an, wenn die Person, die einem fast drei Jahre lang vorwirft nach anderen Mädels Ausschau zu halten plötzlich selbst Täter wird. Ich war Treu, bei ihr kann ich mir hinterher gar nicht mehr so sicher sein, zu viele Ungereimtheiten.

Es war also Herbst, 2013. Ich war Single, kam zurück in meine Heimat. Ich war voller Tatendrang und Vorfreude, hatte ich doch in gewisser Weise meine Freiheit zurückgewonnen. Ich sah mich schier endlos meinem Hobby nachgehen, meine Freunde und Kontakte wieder auffrischen und einfach nur optimistisch gen Zukunft zu blicken. Und irgendwo, zwischen Herbst und Winter 2013 habe ich den „finalen Schlag weg“ bekommen.

Es entwickelte sich anders als ich es erwartet habe. Ich stellte fest, dass meine Freunde gar nicht mehr so aktiv waren, wie ich es immer vermutet habe. Es sind säßhafte Familienväter geworden, denen es ausreicht, wenn alle sechs bis acht Wochen mal „irgendwas“ „irgendwo“ stattfindet. Meist wird dann bei A gegrillt, oder B feiert Geburtstag. Häuslichkeiten eben, die zwar manchmal ganz lustig sind, mir als Single aber kein Stück weiterhelfen, da ich auf diese Weise kaum neue Leute kennenlerne, und schon gar keine eventuelle Partnerin.
Es kam noch dicker. Mein bester Kumpel, ebenfalls lange auf der Suche nach seinem Liebesglück wird genau dann fündig, wenn ich wieder frei bin. Klar freue ich mich für ihn, aber warum ausgerechnet jetzt, wo wir doch hätten die Welt auf den Kopf stellen können. Und er wurde zu einem richtig extremen Verliebten, der seit inzwischen acht Monaten sein „Ich“ verloren hat und nur noch im „wir“ mit seiner neuen Freundin denkt. Klar, wir stehen weiterhin in Kontakt, in dem wir mal nen Kaffee trinken gehen oder manchmal auch ein B.. Aber von einer ausfüllenden sozialen Bindungen ist das weit entfernt.

Ich kann kaum zählen, wie viele Wochenenden ich in 2014 allein zu Hause verbracht habe. Was daran schlimm ist ist, dass mein Antrieb und meine Motivation auf der Strecke bleibt. Mein Hobby, dass jedoch eher ein einzelgängerisches Hobby ist, füllt mich nicht aus. Jetzt hätte ich die Zeit dem mit aller Intensivität nachzugehen, doch fehlt der Antrieb.

Bis Juni fand ich mich immer öfters an den Wochenenden vorm Rechner, mein Schicksal mit ein paar Bieren besiegelnd und dem Vorsatz bald möglich was an der Situation zu ändern.Irgendwann kam so ein Klick-Effekt. Ich sprach auch mit meinen Eltern über meine mir drohende Einsamkeit. Zwar konnten sie mir nicht richtig helfen, aber mir zumindest ein offenes Ohr bieten, was mir schon sehr half. Meine Mum hat dann sogar in der Zeitung Ausschau nach „Single“-Stammtischen gehalten und wurde sogar fündig und hat mir den Schnipsel ausgeschnitten. Ich ging nicht hin, so nötig hatte ich es in meine Augen nun doch nicht.

Ich unternahm einen Versuch aus der Misere raus zukommen und kaufte mir ein Ticket für ein Musikfestival Anfang August. Mittels Internet suchte ich nach Anschluss an eine Alleinreisenden-Gruppe und wurde auch fündig. Ich freute mich auf diese spannende Treff und war mir auch sicher, dass das das Richtige wäre um meine Situation zu verbessern.

Es kam jedoch anders. Meine Mum wurde in einem ernsten Zustand ins Krankenhaus eingeliefert und ich sagte die Teilnahme ihr zu Liebe ab, ich wollte bei ihr sein. Im Nachhinein die richtige Entscheidung. In der Nacht, in der ich auf dem Festival gewesen wäre verstarb meine Mum. Ich konnte bei ihr sein.

Das ist jetzt vier Wochen her, mir hat es den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich bin erst 31, meine Mum ist viel zu jung um schon gehen zu müssen, aber sie musste. Der einzige Mensch in meinem Leben, in dessen Armen ich auch einfach mal hemmungslos heulen konnte, auch wenn es nicht männlich scheint. Sie ist nicht mehr da. Aber sie hätte gewollt, dass ich weiter mache, mir meinen Weg zum Glück suche. Aber ich weiß nicht mehr wie ich das anstellen soll. Ich funktioniere, gehe arbeiten, komme nach Hause. Aber mehr ist das nicht. Der Antrieb und die Motivation etwas verändern zu wollen ist erloschen.
Und irgendwie stehe ich jetzt da, ein Stück weit einsamer, als zuvor. Ich weiß nicht, wie ich jetzt weitermachen soll. Ich weiß nicht, wie ich aus dieser Abwärtsspirale ausbrechen soll. Ich habe Angst, irgendwo unterzugehen. Ich will trotz der Rückschläge der letzten 12 Monate weitermachen. Ich habe nur keine Idee mehr wo ich ansetzten soll.

Ich habe ein Hobby, dass ich seit vielen Jahren betreibe und es als meine Leidenschaft betrachte, aber ich find trotz vorhandener Zeit die Motivation nicht um mein Hobby zu leben. Ich habe etliche Idee, was ich gerne können würde, oder gerne mal ausprobieren würde. aber ich krieg den Ar. nicht hoch. Z.B. würde ich gerne Zeichnen lernen und Keyboard spielen und auch noch Satire schreiben. Das sind neben meinem vorhandenen Hobby Dinge, die ich noch nie getan habe, aber seit Monaten drüber nachdenke, wie gerne ich es können wollen würde. Aber selbst der solideste Ich-Will-Gedanke hilft nicht aus um die ersten Schritte (die tatsächlich stattfanden), zu intensivieren.

Ich fühle mich machtlos. Ich weiß nicht wie ich es anpacken soll. Ich sitze zu Hause und erstelle hunderte von Listen, wie ich mich nun neu orientiere. Das sind quasi unscheiterbare ausgearbeitete Pläne, doch wenn sie erstmal auf Papier gebracht sind liegen sie da, neben denen der Monate davor. Und sie gleichen sich, Woche für Woche, Monat für Monat. Ich bin mir daher recht sicher zu wissen was ich will, aber wie ichs anpacke, dass weiß ich nicht.


Ging es jemandem ähnlich? Und kommt man aus diesem Loch wieder raus?


Danke für das Lesen und liebe Grüße

30.08.2014 17:34 • 01.09.2014 #1


5 Antworten ↓


F
Frage:
Fühlst du dich müde...erschöpft vom Leben?

Willkommen im Forum

30.08.2014 17:47 • #2


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Die Einsamkeit ergreift Besitz - ich komm nicht raus

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Hallo Flocke.

Zitat von Flocke_79:
Frage:
Fühlst du dich müde...erschöpft vom Leben?


Erschöpft fühle ich mich gar nicht. Ganz im Gegenteil, kopfmäßig bin ich dem Leben gegenüber sehr aktiv eingestellt. Ich merke, dass sich gewisse Ansichten verschieben und ich irgendwie eine andere Einstellung dem Leben als solches gegenüber eingenommen habe. Aber, keine Negative, ganz im Gegenteil. Ich denke viel über den Sinn, Dinge die wirklich wichtig sind, und Banalitäten des Lebes nach. Möchte mehr mehr mein Leben leben, als ein Leben fürs System.

Ich bin ja auch schon zu immer wiederkehrenden Wünschen gekommen. Aber die Umsetzungen scheitert am mangelndem Antrieb. Ich sitze irgendwie im Jetzt und grüble drüber, was ich ab morgen anders machen werde und treffe auch durchaus Entscheidungen....morgen mach ich das selbe...............

30.08.2014 18:08 • #3


F
Hm...dann weiß ich leider auch keinen Rat für dich.
Von mir selbst weiß ich, wenn ich viele Sachen im Kopf habe, die gerne machen würde, dann hilft mir, eines in Angriff zu nehmen und somit zu checken ob es nur Kopfkino war oder was handfestes. Und es fühlt sich gut an zu machen- nicht nur zu denken.

30.08.2014 20:59 • #4


T
http://www.wissenschaft-aktuell.de/arti ... 86517.html

Menschen, die einsam sind, geben dieses Gefühl an andere weiter

Chicago (USA) - Menschen, die auf dem Weg der Vereinsamung sind, geben ihre Einsamkeit weiter wie eine Grippe. Dies fanden amerikanische Forscher beim Auswerten der Daten einer Langzeitstudie heraus. Der Ansteckungseffekt liege wohl zum einen daran, dass diese Menschen mit der Zeit immer weniger beziehungsfähig werden, erläutern die Forscher im Journal of Personality and Social Psychology. Zum anderen halten sich aber auch andere Menschen eher von ihnen fern.

Wir haben ein außerordentiches Muster der Ansteckung entdeckt, durch das Leute an die Ecken des sozialen Netzwerks bewegt werden, sobald sie einsam werden, erklärt John Cacioppo von der University of Chicago. An den Rändern der sozialen Netzwerke haben die Menschen weniger Freunde, also führt ihre Einsamkeit dazu, auch noch die wenigen Verbindungen zu verlieren, die ihnen geblieben waren.

Cacioppo und seine Kollegen werteten Daten aus der so genannten Framingham Heart Study aus, die seit 1948 die Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersucht. Ursprünglich nahmen mehr als 5.200 Menschen an dieser Studie teil. Heute sind es, unter Einbeziehung ihrer Kinder und Enkel, rund 12.000. Mittlerweile werden in der Framingham Heart Study auch Tests für Einsamkeit und Depressionen eingesetzt. Alle zwei bis vier Jahre nehmen die in diese Studie involvierten Forscher persönlichen Kontakt zu den Studienteilnehmern auf und erheben die neuesten Daten.

Die Forscher fanden nun heraus, dass sich Einsamkeit auf ähnliche Weise verbreite wie Infektionen und man insofern durchaus von Ansteckung sprechen könne. Wenn man Einsamkeit zum Beispiel daran festmacht, an wie vielen Tagen in der Woche jemand Kontakt zu seinen näheren Mitmenschen hat, dann ist jeder Tag, der ohne Sozialkontakte verbracht wird, ein weiterer Schritt zur Einsamkeit. Leben beispielsweise zwei alleinstehende Menschen Tür an Tür, wobei jeder erlebt, dass es pro Woche durchschnittlich einen weiteren Tag ohne Sozialkontakte gibt, dann führt dies auch zu einer Abnahme der persönlichen Beziehungen dieser beiden Nachbarn. Die zunehmende Einsamkeit eines jeden der beiden Nachbarn führt dazu, dass die beiden, die vielleicht früher einmal gute Bekannte oder gar Freunde waren, weniger Zeit miteinander verbringen. Das liegt zum einen daran, dass Menschen auf dem Weg in die Vereinsamung auch misstrauischer gegenüber anderen Menschen werden. Dadurch werden sie immer weniger fähig, Beziehungen zu anderen aufzubauen oder aufrechtzuerhalten. Zum anderen gibt es aber auch einen gesellschaftlichen Mechanismus, sich vor Menschen, die einsam sind, abzuschotten. Auch hier ist die Ähnlichkeit mit einer ansteckenden Krankheit gegeben. Mit Menschen, die einsam sind, will keiner etwas zu tun haben. Dadurch werden diese Menschen natürlich noch einsamer. Ein Teufelskreis.

Quelle: Alone in the Crowd. The Structure and Spread of Loneliness in a Large Social Network, John Cacioppo et al.; Journal of Personality and Social Psychology, Dezember 2009

31.08.2014 18:23 • #5


T
Hallo Infidel,

das Gefühl des Funktionierens kenne ich nur zu gut. Man erfüllt seine Pflichten und als Belohnung hat man trotzdem nichts zu erwarten als wiederkehrende und neue Pflichten, nicht das was man sich erhofft.
Als ich gelesen habe, dass du deine fertig ausgearbeitenden Pläne liegen lässt, dachte ich an ein bestimmtes Wort: Streik. Du streikst gegen dich selbst. Wenn du dich zwingen würdest, 2 Tage ohne Trinken radzufahren, würdest du auch irgendwann streiken. In deinem Fall fehlt dir nicht das Trinken, aber mindestens etwas genauso wichtiges. Bevor du an deine Pläne denkst, die mindestens genauso anstrengend sind wie das Radfahren, finde heraus was dir fehlt. Mache einen Plan, wie du es bekommst. Dieser Plan soll keine Pflichten enthalten sondern nur Belohnungen und das Aufladen von deinen Ressourcen. Der ist dann bestimmt mal etwas anderes. Die Übrigen Pläne kannst du schrittweise anpacken, wenn du dich stark genug fühlst. Beginne mit kleinen Schritten und nimm dir erst mal maximal 1 Stunde am Tag Zeit für die Umsetzung. Steigere diese Zeit auch nur in kleinen Schritten, so dass du es kaum merkst. Also von 1 auf 1,25, dann 1,5 1,75 2 ... 3 in ausreichend großen Zeitabständen. Ich nenne das mal stetige Beschleunigung. Mit einem schwachen Motor kommt man nicht 0 auf 100 in kürzester Zeit, dass muss man akzeptieren. Verlangst du dem Motor zuviel ab, wird er auch stottern bzw. streiken. Wenn du diese kleinen Etappen erfolgreich meisterst, hast du auch regelmäßige Erfolge. Und kleine stetige Schritte sind immerhin besser als der Stillstand.

Gruß

31.08.2014 23:31 • #6





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Dr. Reinhard Pichler