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I
Hallo zusammen,

ich bin neu hier und hoffe, ich habe das richtige Forum gewählt – mir kamen mehrere Unterthemen richtig vor...

Mein Problem kommt mir selbst ziemlich blöd vor, und wahrscheinlich wird sich dieses Gefühl eher verstärken, wenn ich es aufschreibe, aber vielleicht geht es einigen hier ja ähnlich. :')

Erstmal zu mir. Ich bin weiblich, 18 Jahre alt, schwere depressive Episode und Schülerin.

Schon seit ich denken kann lese ich sehr gerne und viel, mit der Zeit habe ich dann auch noch so einen Spleen für Filme und Serien entwickelt (was ich auch gerne durch Rollenspiele im Internet und Filmmusik hören aufgreife). Allerdings merke ich immer mehr, wie lesen/Filme schauen für mich zu einer Flucht aus der Realität wird, was natürlich eigentlich auch der Sinn dahinter ist – aber bei mir wird es langsam aber sicher so schlimm, dass ich die Realität immer weniger mag und immer weniger auf die Reihe bekomme. Wahrscheinlich ist das für Depressive gar nicht so unüblich, könnte ich mir vorstellen? Ich habe auch große gesundheitliche Probleme (also physisch) und manchmal schaffe ich es einfach nicht mehr, mich damit auseinanderzusetzen...

Ich habe ein besonders großes Faible für Harry Potter, Marvel und Star Wars, wie ihr seht also alles, was möglichst weit vom echten Leben weg ist. :'D Nur habe ich eben gemerkt, dass es mir nicht gut tut, mich ständig in eine Fantasiewelt zu verkrümeln – bzw. es tut mir gut, und das ist das Problem. Morgen geht die Schule wieder los und ich fühle mich einfach nicht imstande, da hin zu gehen. Kontakt zu Gleichaltrigen, zu Autoritätspersonen, Stress.

Wie befürchtet klingt das Ganze nun wirklich lächerlich, ich hoffe, ihr versteht halbwegs, was ich meine. Mein Leben kommt mir einfach unbedeutend und langweilig vor, Freundschaften halten sich in Grenzen, einen Freund hatte ich auch noch nie... Dabei bin ich eigentlich echt umgänglich, mir wurde schon oft gesagt, dass ich einen guten Humor habe etc., als hässlich würde ich mich auch nicht beschreiben... Nur pack ich einfach den ganzen Wirbel, den ich momentan in meinem Leben habe, nicht. Ehrlich, keine Ahnung, wie ich morgen in die Schule gehen soll, es fühlt sich einfach total komisch an. Wahrscheinlich werd ich mir prompt ein Buch mitnehmen und in jeder freien Minute lesen...

Gut, ich weiß selbst nicht, was genau jetzt meine Frage ist, aber wenn jemand diese Situation kennt oder anderweitig Tipps für mich hat, wäre ich sehr dankbar. Ich habe ja nichts gegen diese eigene Welt in meinem Kopf und mein Nerdsein, aber langsam habe ich das Gefühl, mein normales Leben bleibt dabei auf der Strecke.

Grüße :')

10.09.2017 16:40 • 18.09.2017 #1


11 Antworten ↓


T
Ach ich wünschte ich hätte als ich 18 war (bzw. eher) jemanden wie dich kennengelernt. Da hätte vieles angenehmer sein und einiges anders laufen können.
Mit 14 habe ich mit Nur-Text-Rollenspielen per eMail angefangen, das Setting war Star Trek, und hey, wie könnte man Marvel und Star Wars nicht mögen. Filmmusik höre ich unglaublich gern, denn ich verbinde damit immer die Handlung des Films. Auch die Lieder mit denen Fans ihre Tribute-Videos auf Youtube unterlegen gehören dazu.
Findest du, dass das alles so weit weg vom normalen Leben ist? Was uns an vielen Erzählungen anspricht, ist ja, dass sie Themen unseres Lebens behandeln. Wenn nicht schon längst geschehen, lies mal die Unendliche Geschichte, müsste dir gefallen.

Es gibt Rollenspielgruppen, die setzen sich über Jahrzehnte hinweg an einem Abend im Monat zusammen und leben in einer Fantasiewelt. Manchen gehen mit mittelalterlich anmutenden Gewandungen in den Wald oder auf eine Burg und tun das Gleiche. Die schüchterne Schülerin wird zur anmutigen Elben-Priesterin und was körperliche Gebrechen angeht, so kann mit der richtigen Gruppe auch ein Rollstuhlfahrer zu einem der mächtigsten Manipulatoren des Geistes werden.
Such dir doch solche Leute. Oder einen Lesezirkel. Du liebst das Abtauchen in die fremden Welten, die uns unser Geist bietet? Gut! Das heißt, du bist ein kreativer Mensch, fürchte dich nicht davor, sondern nutze es. Und vielleicht geht es dir dabei am Ende genau wie einem Bastian Batlhasar Bux.

Leider hätte ich in deinem Alter wahrscheinlich Angst gehabt dich anzusprechen, wenn ich eine junge Frau gesehen hätte, die sich immer hinter einem Buch versteckt. Heute weiß ich zumindest, dass ich das dann unbedingt tun sollte.
Wichtig ist, dass du trotzdem das tust, was man im Leben eben so tun muss um über die Runden zu kommen. Wenn dir dabei hilft, dich an einem Buch festzuhalten, gut! Daran ist nichts schlecht.

In wie fern hast du denn das Gefühl, das normale Leben bleibe auf der Strecke? Ist das nur so, weil du eben etwas anders machst als andere Menschen? Oder vernachlässigst du über's Lesen und die Filme/Serien z. B. das Lernen für die Schule? Oder Bewerbungen für eine Ausbildung oder Vorbereitung auf die Uni?
Viele Schüler kurz vor dem Abschluss sind mit solchen Sorgen konfrontiert, wissen nicht, wie es weitergehen soll, flüchten sich in ihren Vereinssport oder Computerspiele oder Dro.. Würde es dir vielleicht helfen, eine Geschichte über die Dinge in deinem Leben zu schreiben, die du bewältigen musst? Mit einer Heldin in der Hauptrolle, die sich ihrer neuen Umgebung stellen und dafür verschiedene Aufgaben lösen muss? Das ist nämlich nicht so viel anders als womit Harry Potter konfrontiert ist. Neue Aufgaben, neue Menschen und wie man mit ihnen umgeht.
Luke ist auch nicht einfach los gegangen und konnte alles sofort. Ob es hilft, das weiß ich nicht, aber wenn du anfängst dich als Held deiner Geschichte zu sehen, statt Angst davor zu haben dich in Geschichten zu verlieren, ist das m. E. eine gute Sache. Wenn du morgen nicht in die Schule gehst, sondern nach Dagobah, fällt es dir vielleicht leichter. Als Kind habe ich mir im Urlaub beim Wandern mit meinen Eltern vorgestellt, ich sei Teil eines Star Trek Außenteams und würde einen fremden Planeten erkunden. Wandern hat mir nie viel Spaß gemacht, aber die Erinnerungen daran sind schön.

10.09.2017 17:12 • #2


A


Sich ständig in Fantasiewelten verziehen

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P
Hallo liebe infinity stone,

Das ist überhaupt nicht lächerlich, genau dasselbe habe ich in meiner Schulzeit auch gemacht. Habe mir sogar extra dicke Bücher rausgesucht, damit ich länger lesen kann...

Dass du so schnell erkannt hast, dass du es als Vermeidungsstrategie verwendest, ist schon mal super, hat bei mir ein bisschen länger gedauert. Also, mein Rat: such dir einen Therapeuten und gehe deinen Ängsten auf den Grund! Wenn sie solches Vermeidungsverhalten auslösen dann ist es wahrsecheinlich, dass irgendwas dahintersteckt und dass sie nicht einfach von alleine weggehen werden. Es einfach durch Willenskraft wegzuwünschen ist auch schwierig. Je länger du wartest desto mehr werden die Ängste wahrscheinlich wachsen und irgendwann kommt die Angst vor der Angst dazu...

Für morgen ist es denke ich wichtig, dass du dich nicht zu sehr unter Druck setzt. Nimm dir ruhig dein Buch mit und halt dich im Hintergrund, und dann kannst du dich in Situationen die dir erträglich vorkommen nach vorne wagen. Sei nett zu dir selbst und geh dein Problem Stück für Stück und mit Hilfe an, dann wird es auch Stück für Stück besser werden.

Alles Gute!

10.09.2017 17:48 • #3


I
@Tymalous

Wow, ich erkenne mich in deinem Text so gut wieder, es ist fast schon erschreckend... aber gut zu wissen, dass ich doch nicht so bekloppt bin wie ich dachte, ich danke dir. :')

Zitat:
Filmmusik höre ich unglaublich gern, denn ich verbinde damit immer die Handlung des Films. Auch die Lieder mit denen Fans ihre Tribute-Videos auf Youtube unterlegen gehören dazu.

Amen! Für jedes Fandom eine Playlist auf dem Handy.

Zitat:
Findest du, dass das alles so weit weg vom normalen Leben ist?

Jein. Im Prinzip schon, so als Ganzes, aber wenn man sich vereinzelte Charaktere so anschaut (Spiderman, Captain America, Harry oder eben auch Luke), dann stimmt es schon, dass sie alle mal ganz normale Menschen waren wie du und ich. Nur habe ich keinen Hogwarts-Brief bekommen und werde vermutlich auch nicht so schnell von einer verseuchten Spinne gebissen. Deinen Ansatz, der Held der eigenen Geschichte zu werden, finde ich sehr gut, ich hatte da auch schon solche Denkansätze. Dass bspw. meine verkorkste Gesundheit eben mein Voldemort ist. Aber wenn ich da dann zu viel drüber nachdenke, fällt mir wieder ein, dass bei den Waisen/Außenseitern was auch immer in Filmen dann immer irgendein Wunder passiert, mit dem sich alles ändert, und da warte ich irgendwie schon entschieden zu lange drauf. Aber ich werde das so im Hinterkopf behalten. Hab auch schon öfter darüber nachgedacht, mein Leben mal schriftlich festzuhalten, ich schreibe allgemein sehr gerne und viel und eigentlich müsste es ja die perfekte Lösung für mich sein, wenn ich aus meinem eigenen Leben etwas pseudo-Fiktives mache *am Kopf kratzt* Das lass ich mir auch mal durch den Kopf gehen. Lesezirkel und Live-Rollenspiele genauso, danke nochmal. :')

Zitat:
In wie fern hast du denn das Gefühl, das normale Leben bleibe auf der Strecke?

Ach, ich mache schon, was nötig ist. Bin gut in der Schule und hatte da nie Probleme. Ich denke jeder Schüler kennt das, dass er lieber den Hobbies nachgehen will als zu lernen. Ob das nun Lesen ist oder mit den Kumpels Shisha rauchen, spielt da ja auch keine so große Rolle. Also sogesehen bekomme ich das, wenn ich auch depressionsbedingt oft ziemlich antriebslos bin, schon hin. Aber ich mache eben alles nur halbherzig, genieße es nicht. Bin mit den Gedanken immer bei der nächsten Freizeit, wenn ich mich wieder in eine fiktive Welt zurückziehen kann. Oder brauche, wie du auch schon geschrieben hast, immer diese Vergleichssituationen. Also z. B. beim Lernen nicht im eigenen Zimmer sondern in der Bibliothek in Hogwarts sein (da gibt es ja auch diese Audios, hach). Beim Wandern war ich glaube ich immer mit Pferden unterwegs... Da fällt mir erst auf, wie lange das schon so geht! :'D

@PhoenixG

Ja, dicke Bücher sind was Feines :')

Vielen Dank für deine Tipps für morgen.

Eine Therapie fange ich demnächst an und werde das dann auf jeden Fall ansprechen.

10.09.2017 19:24 • #4


T
Ja, darauf, dass etwas weltveränderndes passiert wie den Helden im Film darf man natürlich nicht warten. Ich hab auch letztens wieder den Witz gemacht wenn mich die Spinne jetzt beißt.... Ich denke mir auch manchmal was wäre es nicht toll, wenn jetzt... und dann spinne ich mir aus, wie ich zum Superhelden werden könnte. Aber dann denke ich mir: Die meisten dieser Helden waren zwar vorher normale Menschen, aber sie haben auch hart gearbeitet um dort hin zu kommen wo sie sind. Peter Parker wurde nicht einfach von ner Spinne gebissen, sondern er ist auch so schon ein genialer Kopf und Erfinder, der den größten Teil seiner Zeit mit Wissenschaft verbringt. Steve Rogers hat alles dran gesetzt, seinem Land zu dienen, er hätte sich sogar für andere geopfert.
Wer großes erreicht, der vorher auch hart an sich gearbeitet. Man muss nicht auf ein Wunder warten, sondern kann alle Energie die man hat in das stecken was man schaffen will.
Wenn man kann, ich habe diesen Elan leider nicht. Natürlich ist das keine Garantie für Erfolg, aber zumindest hat man dann die Gewissheit, dass man getan hat was man konnte. So wie eben unsere Helden auch. (Ich weiß, groß daher quatschen ist immer leicht.)

Dass man in Gedanken eher bei der nächsten Freizeit ist, geht aber auch vielen so, denke ich. Mehr als genug leben eigentlich nur von Wochenende zu Wochenende.

10.09.2017 19:42 • #5


I
Zitat:
Man muss nicht auf ein Wunder warten, sondern kann alle Energie die man hat in das stecken was man schaffen will.

Also, faul bin ich nicht, nur geht's bei mir eben nicht um so große Dinge wie Krieg oder Wissenschaft. Mein Ziel ist momentan nicht mehr, als den Tag rumzubringen, möglichst ohne Tabletten oder Selbstverletzen, 'nen Schulabschluss machen, solche Dinge. Natürlich hab' ich auch größere Träume, aber... kein aber. Jedes aber wär jetzt eine Ausrede. Vielleicht muss ich einfach bisschen geduldiger sein. ^^

11.09.2017 20:06 • #6


G
Ich kann nicht viel zum Thema beitragen, weil ich diese “Flucht“ selber nicht kenne,- möchte aber sagen, mach weiter mit dem Schreiben. Ich glaube wenn du dich da richtig rein hängst, kannst du damit was reißen. Denn oft sind die scheinbar “wirren“ Köpfe die, die tiefes Potenzial in sich tragen. Und so kannst du auch der Realität entfliehen, bloß mit dem Unterschied, dass DU die Realität bestimmst.

14.09.2017 09:04 • #7


T
Also..ich bin 29 und benutzte dieses fliehen in andere Welten schon immer. Ich habe mit einem Neurologen darüber gesprochen. Er hat ein bisschen gelächelt und meinte es ist völlig ok. Ich spinne mir eigene Abenteuer und Geschichten aus. Besonders wenn ich nicht schlafen kann oder ich einfach nix zu tun habe. Bin ich weit weg. Mach dir darüber keine Gedanken. Was denkst du denn warum die Autoren bei mancher so wundervollen Bücher selber drunter leiden wenn die Geschichte zu Ende ist? Oder sie selber sagen sie haben sich mit ihnen immer mehr angefreundet.
Manche Menschen sehen die Welt nur auf technischen Weg. Andere träumen sich ihre Welt zurecht und wieder andere sind harte Realisten.
Der Neurologen meinte sogar dass man sowas auch wirklich bei Therapien erfragt. Weil eben nur manche z.b auf solche Sachen eingehen können wie: fühlen sie die Sonne auf ihren Bauch( Entspannung CDs) bei anderen geht das nicht so. Die brauchen wiederum andere Wege

14.09.2017 22:58 • x 1 #8


I
@Galgenmännchen
Das auf jeden Fall, ist ja quasi ein Hobby von mir. Und eines der wenigen Dinge, dass ich halbwegs kann. Tatsächlich bin ich ein ziemlich wirrer Kopf, und beim Schreiben kann ich meine Gedanken ordnen.

@tarav
Klar machen das ganz viele Menschen. Ich denke nur, wenn es wie in meinem Fall dazu führt, dass man immer unzufriedener mit dem eigenen Leben wird und/oder sich zurückzieht, dann ist das nicht mehr so toll. Der Arzt, mit dem du gesprochen hast, hat vermutlich nicht an diese Seite gedacht...

17.09.2017 16:37 • #9


L
Zitat von Galgenmännchen:
Ich kann nicht viel zum Thema beitragen, weil ich diese Flucht selber nicht kenne,- möchte aber sagen, mach weiter mit dem Schreiben. Ich glaube wenn du dich da richtig rein hängst, kannst du damit was reißen. Denn oft sind die scheinbar wirren Köpfe die, die tiefes Potenzial in sich tragen. Und so kannst du auch der Realität entfliehen, bloß mit dem Unterschied, dass DU die Realität bestimmst.



Hm..... Da könnte mehr dran sein als man denkt.

17.09.2017 16:47 • #10


I
Zitat von Lockenkopf73:
Hm..... Da könnte mehr dran sein als man denkt.

Ich denke bereits, dass da viel dran ist. :'D Schreiben ist für mich einfach therapeutisch und sicher nicht nur für mich.

17.09.2017 16:54 • #11


T
Hmm doch eigentlich hab ich das schon mit dem Arzt besprochen. Weil ich nämlich dachte es ist nicht normal dass ich lieber im meinen Gedanken eine andere Person bin.
Und ich es eben auch gerne als Beruhigungmittel nehme.
Ach keine Ahnung. Ich denke so lange du noch am normalen Leben teilnimmst, also wenn deine Freunde um dich rum sind oder Grad etwas unternimmst und du dabei richtig bist mit Kopf und Herz dabei bist und nicht in die Fantasiewelt abdriftest, ist sicher alles ok

18.09.2017 23:46 • #12


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Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl