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Hallo zusammen,
ich schreibe hier, weil ich gerade das Gefühl habe, ich halte es allein nicht mehr aus. Ich leite 2 Gruppen musikalische Früherziehung und habe heute mit meinen Gruppen eine Aufführung gemacht. Eigentlich lief alles sehr gut – aber ich habe vergessen, dass ein Kind wegen einer chronischen Krankheit an der Hüfte nicht rennen darf. Seine Mutter hat es mir gesagt, ich wusste das, aber in all dem Trubel habe ich es nicht mehr präsent gehabt. Die Aufführung hatte bewusst Elemente mit Rennen. Nach der Aufführung sprach sie mich darauf an – mir ist das Herz in die Hose gerutscht. Ich habe mich sofort entschuldigt. Und nun lässt es mich nicht mehr los.

Ich bin am Boden zerstört. Ich mache mir Vorwürfe, fühle mich unfähig, obwohl ich mich wirklich reingehängt habe.
Ich habe ADHS, litt auch schon an Depressionen und Situationen wie diese bringen mich dann oft wieder in eine Schleife rein, die ich gerne endlich mal ablegen würde. Es ist auch so, durch die Reizüberflutung - viel Material, viele Kinder die gleichzeitig etwas wollen -habe ich das vermutlich ausgeblendet, was keine Entschuldigung sein soll. Die Mutter hat mir bestätigt, dass es nicht schlimm wäre und dass ich in Zukunft bitte darauf achten soll. Vielleicht aber auch nur weil sie gesehen hat, wie sehr mich das belastet. Ich habe mich natürlich sofort und mehrmals entschuldigt. Ich fühle mich trotzdem nun wie eine Versagerin. Es haben ja auch alle mitgekriegt, dass kommt noch dazu. Ich habe mich mal wieder in etwas reingehängt und am Ende bleibt ein schlechtes Gefühl, obwohl die Anführung wirklich schön war.

Hat jemand von euch sowas schon erlebt? Wie würde ihr damit umgehen?

Ich würde es gerne irgendwie abhaken und sehe wie es mich seit Tagen komplett runterzieht. Ich wäre dankbar für Austausch.
Liebe Grüße

Gestern 11:13 • 20.07.2025 #1


6 Antworten ↓


Ohja, dass kenne ich zu gut! Ich bin Erzieherin in einem Kindergarten, sobald ich vermeintlich einen „Fehler“ begangen habe, frisst es mich auf. Ich hab eine solche Situation auch schon hinter mir, ich habe permanent hinterfragt ob ich richtig gehandelt habe und es lässt mich bis heute nicht richtig los und behindert mich in vielen Handlungen nachhaltig. Ich habe auch adhs. Also gleiche Problematik!

A


Ich habe so ein schlechtes Gewissen

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Hallo,
ja was kann man dir sagen damit dein Gedankenkarussell aufhört?
Ich arbeite selbst im sonderpädagogischen Bereich und mir sind im Laufe der vergangenen 20 Jahre einige Verreißer passiert.

Wer nix tut der macht auch keine Fehler - und der Rest macht eben welche....

Natürlich ist immer das Totschlagargument - von Anderen - aber hauptsächlich von einem Selbst , das man mit Menschen arbeitet und deshalb viel, viel mehr Verantwortung trägt.

Als sagen wir mal eine Finanzbeamtin, die vielleicht eine Steuernachzahlung falsch berechnet.

Ja stimmt . Aber selbst die Tatsache dass Fehler vielleicht dramatischere Konsequenzen haben als in anderen Berufen : passieren trotzdem.

Wenn du deinen Beruf ein paar Jahre ohne Magengeschwüre oder Herzinfarkt überleben willst: mache dir das einfach mal klar. Es wird sonst nicht funktionieren.

Und überlege mal ob nicht auch ein völlig unrealistischer Wunsch nach Perfektion und damit verbundener Unangreifbarkeit dahinter stecken könnte.
Das war/ist es nämlich bei mir. Ich möchte mir keinerlei Schwäche leisten und auf keinen Fall kritisiert werden.
Tja. Leider klappt das so gar nicht.

Es ist alles gut gegangen. Das Kind hat keinen Schaden genommen und die Mutter ist nicht trotzdem völlig ausgerastet. Kenne ich auch anders.
Also sei zufrieden. Hast bestimmt trotzdem alles gut gemacht.
Und darauf achten dass in deinem Arbeitsbereich oftmals eine Person zuviel auf einmal im Blick haben muss.
Das ist ein strukturelles Problem und nicht dein persönliches!

Wer arbeitet, der macht Fehler.

Wer sicher vor Fehler sein möchte, darf also nicht arbeiten. Wer arbeiten möchte, der darf aus Fehler lernen. (Sind meine Schlussfolgerungen von dem mir zitierten Spruch).

Wir alle machen Fehler, vergessen mal was...., das ist menschlich und da dem Kind deswegen nichts passiert ist, darfst du dir das auch locker verzeihen., zumal sogar die Mutter dir wohl verzeiht.

Alles hat seinen Sinn.

Ist auch ein Spruch, dem ich gerne vertraue, auch wenn ich den Sinn nicht immer erkennen kann. Vielleicht war es notwendig, dass du es vergessen hast, damit du jetzt, durch dein schlechtes Gewissen, immer daran denkst. Vielleicht war es bei der Aufführung ein Maß, das das Kind gut wegsteckte und gleichzeitig sich auch nicht ausgeschlossen fühlen musste. (Alle dürfen rennen, nur ich nicht).
Und deine jetzige Aufmerksamkeit schützt es vielleicht vor einer Anstrengung, die es nicht so gut wegstecken könnte.

Mit solchen Lebensweisheiten versuche ich mir zu helfen. Sie verdeutlichen mir unser Menschsein und unsere Unvollkommenheit, aber eben auch, dass wir es sein dürfen und dass es so gewollt ist (auch wenn es manchmal schwer fällt das zu glauben).

Da fällt mir noch ein Spruch ein, der mir Halt gibt.

Jeder bekommt das, was er braucht, nicht das, was er möchte. (um sich entwickeln zu können und weise zu werden)

https://www.spruechetante.de/sprueche-s...h-brauchte

Zitat von Lillima:
Hallo zusammen, ich schreibe hier, weil ich gerade das Gefühl habe, ich halte es allein nicht mehr aus. Ich leite 2 Gruppen musikalische Früherziehung und habe heute mit meinen Gruppen eine Aufführung gemacht. Eigentlich lief alles sehr gut – aber ich habe vergessen, dass ein Kind wegen einer chronischen ...

Wir sind alles Menschen, mit Fehlern. Fehler passieren, manche dürften nicht passieren, aber na und?
Es ist passiert, Du hast es vergessen, Du kannst es nicht rückgängig machen und es ist war schön, dann
ist doch gut. Mach Dich nicht selber so fertig und verzeihe Dir selbst.

Vielen lieben Dank für eure aufbauenden Worte. Ich nehme sie mir zu Herzen und sie helfen mir sehr!

Zitat von Lillima:
Hallo zusammen, ich schreibe hier, weil ich gerade das Gefühl habe, ich halte es allein nicht mehr aus. Ich leite 2 Gruppen musikalische Früherziehung und habe heute mit meinen Gruppen eine Aufführung gemacht. Eigentlich lief alles sehr gut – aber ich habe vergessen, dass ein Kind wegen einer chronischen ...

Die Mutter des Kindes hat dir eine Verantwortung auferlegt, die nicht deine ist sondern ihre! Du brauchst so eine Verantwortung nicht zu übernehmen. Dass du sie angenommen hattest, ändert daran gar nichts! Du bist nicht verantwortlich! Ein Feuerwehrmann kann dir nicht sagen, dass du darauf achten sollst, dass es in der Wohnung neben deiner nicht brennt. Werfe diese Verantwortung und das schlechte Gewissen ab! Du bist eine tolle Lehrerin (das Projekt und die Aufführung sind super!) und keine Orthopädin oder Sonderpflegerin für Behinderte. Wenn das Kind nicht rennen darf, muss es selbst dafür sorgen, nicht zu rennen, oder die Erziehungsberechtigten. Nicht Du!
LG





Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl
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