Pfeil rechts
54

Spaceman
Es tauchen hier immer wieder Fragen auf, bei denen die Fragesteller*innen Krankheitsängste nach einer Google-Suche haben. Deshalb möchte ich einmal ein wenig genauer erklären, wie Google und anderen Suchmaschinen sowie die Content-Produktion für Webseiten funktionieren. Das ist ein Thema, mit dem ich mich sehr gut auskenne, da ich einerseits Computer-Nerd bin und andererseits als Texter (also in der Content-Produktion) arbeite.

Um das Fazit vorwegzunehmen: Eine eigenständige Diagnose - oder auch nur Verdachtsdiagnose - per Online-Recherche ist in etwa so sinnvoll wie schamanisches Hühnerknochenwerfen! Es funktioniert einfach nicht!


Wie funktionieren Google und andere Websuchmaschinen?

Google und Co. beantworten normalerweise keine Fragen. Sie listen einfach nur Webseiten auf, die zu den eingegebenen Suchbegriffen am besten zu passen scheinen. Bei der Auswahl und der Reihenfolge der Webseiten spielen vor allem zwei Aspekte die Hauptrolle:

1. Inhaltliche Qualität: unter anderem gute Rechtschreibung und saubere Textformatierung.

2. Externe Links. Je mehr andere (möglichst hochwertige) Webseiten auf die fragliche Webseite verlinken, desto mehr betrachten die Suchmaschinen sie als ihrerseits hochwertig. Diese sogenannten Backlinks gelten nämlich als Empfehlungen für die verlinkte Seite. Es gibt verschiedene Tricks, mit denen sich hochwertige Links kaufen lassen.

Eine Analyse der faktischen Korrektheit von Webseiten-Inhalten findet kaum statt! Es gibt nur sehr, sehr wenig manuelle Qualitätskontrollen bei Google und Co.! Das ist fast alles automatisiert. Es sind Computerprogramme, die - immer noch mit sehr groben Methoden - versuchen, die Qualität von Webseiten zu berechnen.


Content-Produktion: Wie entstehen Webseiten-Texte?

Es geht also eigentlich nicht um Suchmaschinen wie Google, sondern um die Webseiten, die sie auflisten.

Viele - sehr viele, nein wahnsinnig viele! - der Texte auf Webseiten werden von externen Autor*innen (wie mir) geschrieben. Externe Autoren finden sich hauptsächlich bei Texting-Agenturen oder auf Plattformen wie Textbroker, Content.de, Pagecontent, etc. Die Qualität - und damit die Kosten - dieser Autoren variiert extrem. Die Preisspanne für einen Text wie diesen hier kann zwischen 1, 2 Euro und mehreren Hundert Euro - in Einzelfällen sogar Tausend Euro - betragen.

Professionelle - und vor allem kompetente - Texterstellung ist sehr teuer. Deshalb versuchen viele Seitenbereiter mit weniger guten Autoren Geld zu sparen. Das ist absolut alltäglich geworden und macht vor keiner Branche halt!

Das bedeutet: Nicht einmal den Ratgebertexten von Apotheken oder Kliniken könnte Ihr vorbehaltlos vertrauen. Auch die werden aus Kostengründen oft von Autoren geschrieben, die ebenso günstig wie fachfremd sind. Es geht nämlich auch bei diesen Texten vor allem darum, möglichst hoch in der Google-Liste zu stehen - denn dadurch besuchen mehr User die Webseite.

Wenn also eine beispielsweise eine Apotheke einen Ratgebertext enthält, geht es in erster Linie nicht um die Hilfe für Betroffene, sondern um Online-Marketing!

Eine wichtige Information, die Webseiten regelmäßig überhaupt nicht erwähnen, ist die Wahrscheinlichkeit der Erkrankungen, die zu bestimmten Symptomen passen. Ja, der rote Fleck auf der Haut mag ein Anzeichen für eine schwere Erkrankung sein - oder es ist einfach nur ein Mückenstich. Ich schätze, dass 90% der Krankheitsängste gar nicht erst entstehen würden, wenn auf den Webseiten zu lesen wäre, dass nur 0,0001 % solcher Flecken tatsächlich mit einer schweren Krankheit in Verbindung stehen.

Fazit

Selbst eine sehr schlechte Webseite kann bei Google ganz oben stehen, wenn die anderen Seiten zu dem Thema noch schlechter sind.

Google und das Web sind zweifellos nützlich, um sich zu informieren und um sich für den Arztbesuch vorzubereiten. Aber, einen Dr. Google gibt es nicht. Höchstes einen Dr. Web - und der ist so unzuverlässig und inkompetent wie es nur geht.

Bitte hört auf, ihn zu nutzen!

P.S.: Ich schreibe ausschließlich in Fachbereichen, in denen ich mich gut auskenne. Nicht, dass ich jetzt mit den Web-Verpestern verwechselt werde.

04.08.2021 22:03 • 07.08.2021 x 27 #1


16 Antworten ↓


Icefalki
@Spaceman , super, danke, dass du uns dein Wissen zur Verfügung stellst. Das wusste ich auch nicht, bin aber dank Fachwissen immun gegen Cyperhypochondrie.

04.08.2021 22:14 • x 2 #2


A


Warum Ihr "Dr Google" nicht vertrauen könnt und dürft!

x 3


Sümy
@Spaceman ich frage mich manchmal warum in Google alles eine schwere Krankheit ist .. zum Beispiel man schreibt Kopfschmerzen es kommt Hirntumor raus . Ich finde das sollte verboten sein. Somit entwickeln manche Menschen dann auch keine Krankheitsängste mehr

05.08.2021 03:08 • #3


H
Zitat von Sümy:
@Spaceman ich frage mich manchmal warum in Google alles eine schwere Krankheit ist .. zum Beispiel man schreibt Kopfschmerzen es kommt Hirntumor

Genau so hat das bei mir alles angefangen, so mit 14 circa. Jetzt bin ich 18 und habe das alles mehr oder weniger hinter mir, aber die Hypochondrie hat auch andere Ängste und Depression ausgelöst. Im Grunde hat es mein Leben zerstört. Diese eine einzige Google Suche hat so ein Unheil über mich gebracht, unglaublich eigentlich.

05.08.2021 03:31 • x 3 #4


Frühlingsblume2
Das mag ja alles sein.

Aber wenn ich vor ca. 6 Jahren nicht meine Symptome gegoogelt hätte, wäre ich nicht hier zum Forum gekommen, welches mir sehr geholfen hat.

Ein User hier hatte echt super Infos, was man da machen kann und mir hat es gut geholfen.

Weiß nicht, ob @la2la2 noch hier ist.

Grüße
FB

05.08.2021 04:02 • x 3 #5


Spaceman
Zitat von Sümy:
ich frage mich manchmal warum in Google alles eine schwere Krankheit ist .. zum Beispiel man schreibt Kopfschmerzen es kommt Hirntumor raus . Ich finde das sollte verboten sein.


Wie gesagt, es ist nicht Google selbst, sondern die Webseiten, die Google zu dem Thema findet. Die Situation wird langsam besser, da Google bei ernsthaften Themen wie Gesundheit noch mehr auf Qualität achtet. Aber es ist nach wie vor zu stark automatisiert. Hier sind die Webseiteninhaber gefragt, eine bessere Qualitätssicherung zu machen.

Zitat von Frühlingsblume2:
Aber wenn ich vor ca. 6 Jahren nicht meine Symptome gegoogelt hätte, wäre ich nicht hier zum Forum gekommen, welches mir sehr geholfen hat.


Selbstverständlich. Wie gesagt, Google und das Web sind gut Informationsquellen. Aber ich halte es für absolut notwendig, kritischen Abstand zu den gefundenen Informationen zu wahren.

05.08.2021 07:31 • x 3 #6


Robinson
Ausserdem gibt es Foren wo man in einer Blase ist zu einem Thema und sich gegenseitig hochschschaukelt, wer nun am meisten betroffen ist von einer Krankheit obwohl man sie garnicht hat.

05.08.2021 07:46 • x 1 #7


Schlaflose
Zitat von Sümy:
@Spaceman ich frage mich manchmal warum in Google alles eine schwere Krankheit ist .. zum Beispiel man schreibt Kopfschmerzen es kommt Hirntumor raus . Ich finde das sollte verboten sein. Somit entwickeln manche Menschen dann auch keine Krankheitsängste mehr

Tut es nicht. Es werden zig andere Möglichkeiten für Kopfschmerzen angegeben, unter anderem auch Hirntumor. Wenn man dann Hirntumor googelt, kann man nachlesen, wie die Kopfschmerzen genau aussehen und welche anderen Symptome auch noch gleichzeitig auftreten, um die Kopfschmerzen einem Hirntumor zuzuordnen.

05.08.2021 13:24 • x 2 #8


S
Zitat von Frühlingsblume2:
Das mag ja alles sein. Aber wenn ich vor ca. 6 Jahren nicht meine Symptome gegoogelt hätte, wäre ich nicht hier zum Forum gekommen, welches mir ...


Wohl eher nicht.

Letzter Eintrag: 28.11.2016 01:28 von la2la2

05.08.2021 15:10 • #9


Minkalinchen
Zitat von portugal:
Wohl eher nicht. Letzter Eintrag: 28.11.2016 01:28 von la2la2

Das kann nicht stimmen.

Der letzte Beitrag von la2la2 ist vom 30.04.2021, siehe hier:

member/la2la2/posts/

05.08.2021 15:22 • x 1 #10


Sonja77
Mein Gott bin ich froh noch nie gegoogelt zu haben.und bestimmt werde ich das auch niemals tun..wenn ich fragen hab wo ich mir nicht selber beantworten kann so frage ich meinen Hausarzt

05.08.2021 17:21 • x 1 #11


Spaceman
Zitat von Schlaflose:
Tut es nicht. Es werden zig andere Möglichkeiten für Kopfschmerzen angegeben, unter anderem auch Hirntumor. Wenn man dann Hirntumor googelt, kann man nachlesen, wie die Kopfschmerzen genau aussehen und welche anderen Symptome auch noch gleichzeitig auftreten, um die Kopfschmerzen einem Hirntumor zuzuordnen.


Richtig. Wenn man in der Lage ist, sorgfältig zu recherchieren, hochwertige Fachtexte von minderwertigem Geschreibsel zu unterscheiden, auch bei Fachtexten kritische Distanz wahren kann und sich nicht durch die reine Möglichkeit einer Erkrankung verrückt machen lässt, dann kann das Internet eine wertvolle Informationsquelle sein.

Und dennoch, eine Diagnose ist so nicht möglich.

05.08.2021 20:02 • x 4 #12


Sümy
@Schlaflose ja ich weiß.. aber immer steht da Tumor egal was man googelt

06.08.2021 01:45 • x 1 #13


Schlaflose
Zitat von Sümy:
@Schlaflose ja ich weiß.. aber immer steht da Tumor egal was man googelt

Natürlich, weil das auch sein KANN. Aber ein Tumor verursacht nicht nur einziges bestimmtes Symptom, sondern mehrere, die zusammen auftreten, und das ist das Entscheidende, um es von harmlosen Ursachen zu unterscheiden.

06.08.2021 06:58 • x 2 #14


marialola
Recherche im Internet hat mir schon oft geholfen und ich konnte anderen helfen. Etwa was Wirkungen bestimmter Medikamente angeht, Alternativen, Gefahr von Überdiagnostik und vieles mehr. Entscheidend ist, einen kühlen Kopf zu bewahren.
Und das fällt schwer, wenn man gerade akut in einer Angst steckt.
Man googelt, weil man hofft, Entwarnung zu finden, beruhigt zu werden, dass etwas doch nicht so schlimm ist.
Leider liest man aber natürlich eine Aufzählung sämtlicher Möglichkeiten, von harmlos, bis, in ganz seltenen Fällen, tödlich.
Und dann fährt es einem siedendheiß in Körper und Seele, man fixiert sich nur auf diese eine, ganz seltene, aber vernichtende Möglichkeit.
Man steigert sich dann hinein und plötzlich passen die eigenen Symptome zum Schlimmsten.
Wenn es jedoch gelingt, sachlich in sehr qualifizierten Quellen zu lesen, dann hilft Google tatsächlich.
Immer die Quellen prüfen: stehen medizinische Fachseiten dahinter, Wie Ärzteblatt, Apotheker - Zeitung (und nicht Apothekenzeitung, feiner Unterschied..), es gibt Leitlinien für Ärzte und Patienten usw.
Unbedingt meiden: Plattformen die alternative Produkte an den Mann, die Frau, bringen wollen.
Auch Foren sind zu meiden (dieses natürlich ausgenommen) wo Laien ihr Halbwissen verbreiten oder gar Leute in Angst stürzen (Du könntest dies und das haben und wirst vielleicht sterben, wenn du nicht sofort zum Arzt gehst)
Gewürzt wird das noch mit ausführlichen Leidensgeschichten.
Finger weg!

06.08.2021 16:07 • x 2 #15


Spaceman
Zitat von marialola:
stehen medizinische Fachseiten dahinter, Wie Ärzteblatt, Apotheker - Zeitung (und nicht Apothekenzeitung, feiner Unterschied..),


Dass es strengere gesetzlich Vorgaben für die Webseiten-Inhalte von Ärzten sowie auch Juristen gibt, ist mir bekannt. Dass es einen Unterschied zwischen Ärzteblatt, Apotheker - Zeitung und Apothekenzeitungen gibt, wusste ich nicht.

Kannst Du den Unterschied genauer erklären?

06.08.2021 20:49 • #16


marialola
@Spaceman Ich meinte es eher in der Hinsicht, dass die Apotheken - Zeitungen eher populärwissenschaftlich, einfach, für Laien gemacht werden. Natürlich enthalten sie keine falschen oder unseriösen Informationen, das wollte ich damit nicht sagen, keinesfalls.
Ich bin dazu übergegangen, fast ausschließlich Seiten für Ärzte oder Apotheker selbst zu lesen. Das deutsche Ärzteblatt, Ähnliches gibt es für Aporheker.
Dort findet man definitiv sehr weitgehendere Aufklärung.
Zum Beispiel ist mir aufgefallen, dass in der für Patienten gedachten Apotheken - Zeitung, nicht intensiv auf Wirkmechanismus und Nebenwirkungen und deren Zusammenhänge eingegangen wird. Die Apotheken- Zeitung möchte ja die Leute nicht verunsichern oder abschrecken, ein Medikament zu nehmen. Viele Nebenwirkungen fand ich erst auf den Fachseiten für Ärzte.
Sehr interessant sind auch die Leitlinien für Ärzte, im Vergleich zu den Patientenleitlinien.
Ich persönlich möchte so tiefe und fundierte Informationen.
Allerdings muss ein Mensch mit Neigung zu Ängsten generell vorsichtig sein, bevor er sich entscheidet, über bestimmte Themen zu lesen.
Wenn man in einer sensiblen Phase ist, können Begriffe triggern.
Mir hat es allerdings im Endeffekt immer geholfen, wirklich zu lesen und zu verstehen und mehrheitlich hatte ich im Anschluss weniger Angst, eben weil man das, was man versteht, nicht mehr fürchtet.
Trotzdem ein zweischneidiges Schwert

07.08.2021 10:34 • x 2 #17


A


x 4





Auch interessant

Hits

Antworten

Letzter Beitrag


Dr. Matthias Nagel