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Robert14
Eine ganz schlechte Eigenschaft unseres Gehirns ist, dass man im Panikmodus automatisch auf Standby geschaltet wird. Alles, das dem Gehirn nicht wichtig scheint, wird auf ein Minimum heruntergefahren. Das mag sehr hilfreich sein, wenn ein Löwe hinter einem her ist, bei einer Panikattacke ist das, aber kontraproduktiv.
Man wird allein auf das Gefühl der Panik konzentriert und die gebloggten Gedankengänge verhindern ein konstruktives Denken. Wie will man etwas nüchtern analysieren, wenn der ganze Körper mit Adrenalin überschwemmt und im Prinzip nur rennen oder schreien im Gehirn erlaubt?
So bleibt scheinbar nichts, außer in der Panik auszuharren, bis diese sich verabschiedet. Und das immer und immer wieder. Einer meiner Lieblingssätze von Therapeuten, du musst dich der Angst stellen, dich in diese hineinfühlen und standhaft bleiben. Aha, was glauben diese Leute, wie oft in den letzten 42 Jahren, ich das gemacht habe?
Es verändert nichts an der Panik. Die kommt und geht wie diese will.
Verändern kann ich nur mein Verhalten und meine Sicht auf die Panikattacken. Diese müssen mir egal werden. So habe ich es geschafft, das ich bei Panik-Attacken nur noch einen bedingt schnelleren Herzschlag bekomme. Das kann ich kontrollieren, mich davon abwenden.
Aber das Gehirn ersetzt dann eben diesen Teil der Panikattacke,durch ein anderes Symptom, das es dann deutlich hervorhebt. Dann muss man wieder mit diesem Symptom in den Kampf ziehen, lernen das es einem egal wird. Das geht tatsächlich. Es ist eine Sache des Willens furchtlos zu werden. Leider gibt es keine Garantie, das dies immer funktioniert. Viel hängt von der körperlichen und geistigen Verfassung ab, die man gerade in sich trägt. So bleibt es ein ewig wehrender Kampf in dem man mal der Verlierer und dann wieder der Gewinner ist.
Ich denke der wichtigste Punkt ist der Kernfaktor der Agoraphobie. Heißt, wie bereits ist man, anzunehmen, das Agoraphobie mit Panikattacken ein lebenslanger Prozess ist. Mal einfacher,mal richtig vernichtend. Aber nie wirklich weg. Was heißt, dass man sich immer weiter entwickeln muss, möchte man den größten Teil seines Lebens, ohne Panikattacken leben, die einem ein normales Leben verwehren.

02.07.2023 11:23 • 14.07.2023 x 3 #1


14 Antworten ↓


Beebi
Ich finde Panikattacke ja wirklich auch extrem schlimm und kann da wirklich nichts mehr anderes außer mich auszuziehen, mich auf dem Boden legen oder in Bewegung bleiben. Horror Minuten sind das. Aber Kontinuierliche Angststörung , finde ich um einiges schlimmer. Diese kontinuierlichen und andauernden Symptomen sind für mich so Kräfte zerrend, das ich fast förmlich durchdrehe.

02.07.2023 12:34 • x 4 #2


A


Im Panikmodus fällt das Denken schwer

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Angsthummel
Zitat von Beebi:
Ich finde Panikattacke ja wirklich auch extrem schlimm und kann da wirklich nichts mehr anderes außer mich auszuziehen, mich auf dem Boden legen ...

Ich sehe das ganz genauso!

02.07.2023 12:44 • x 2 #3


Angstmaschine
Was ist an einer Panikattacke denn eigentlich so schlimm?

Schlimm ist sie doch eigentlich nur, wenn ich nicht weiss ob es wirklich eine ist. Ansonsten ist sie doch nur nervig und anstrengend und man muss eigene Strategien finden bzw. ausprobieren, wie man mit ihnen am besten umgeht.

Ich hatte seinerzeit etwa 1 Jahr Panikattacken ohne zu wissen was eigentlich los ist. Das war schlimm, weil ich wirklich jedesmal dachte das war's jetzt aber. Von dem Moment an, wo ich wusste was das ist und was da passiert, konnte ich wesentlich gelassener und ruhiger damit umgehen. Und es wurden auch wesentlich weniger und wenn, dann konnten sie schnell gedämpft werden.

Ausser in den Momenten, wo mir Zweifel kommen: ist es wirklich eine Panikattacke oder jetzt doch ein [Herzinfarkt, Schlaganfall, Embolie, Kreislaufkollaps ...]?

Wesentlich schlimmer habe ich immer die Dauerangst empfunden: morgens wach werden, 5 Sekunden Ruhe haben und dann geht die Angst vor nichts und vor allem los. Vor Angst noch eine Stunde im Bett liegen und dann den halben oder ganzen Tag mit Angst und Unruhe verbringen.

02.07.2023 15:03 • x 4 #4


Schlaflose
Zitat von Robert14:
Einer meiner Lieblingssätze von Therapeuten, du musst dich der Angst stellen, dich in diese hineinfühlen und standhaft bleiben. Aha, was glauben diese Leute, wie oft in den letzten 42 Jahren, ich das gemacht habe?
Es verändert nichts an der Panik. Die kommt und geht wie diese will.

Bei mir hat es funktioniert.

Zitat von Robert14:
Verändern kann ich nur mein Verhalten und meine Sicht auf die Panikattacken. Diese müssen mir egal werden.

Genau so habe ich es gemacht. Nachdem ich nach 2 Wochen mit mehrmals täglich Panikattacken gemerkt habe, dass ich nicht in Ohnmacht falle oder sterbe, auch wenn sich das jedesmal so anfühlte, wurden mir die Attacken egal. Andere Symptome wie Herzrasen, Schweißausbruch usw. hatten mich von vornherein nicht gejuckt. An irgendeine ernsthafte körperliche Erkrankung dachte ich nur ganz am Anfang. Ein Besuch bei meinem Hausarzt, einem Orthopäden und einem HNO hat für mich gereicht um zu glauben, dass es psychisch ist. Nach ein paar Monaten wurden die Attacken seltener und schwächer und nach 6 Monaten war der Spuk vorbei. Nur der Tinnitus, der bei der ersten PA auftrat, ist mir bis heute (35 Jahre später) erhalten geblieben.

02.07.2023 18:19 • x 1 #5


koenig
Zitat von Robert14:
Aber das Gehirn ersetzt dann eben diesen Teil der Panikattacke,durch ein anderes Symptom, das es dann deutlich hervorhebt. Dann muss man wieder mit diesem Symptom in den Kampf ziehen, lernen das es einem egal wird. Das geht tatsächlich. Es ist eine Sache des Willens furchtlos zu werden.


Die Angst und deren Symptome sind nicht grundlos da, auch wenn es so scheint. Du gehst gegen die Symptome an, hast gelernt, dich immer wieder zu regulieren oder auch zu kontrollieren. Das mag zeitweise funktionieren.
Aber am Ende geht es um Akzeptanz und zu schauen warum überfällt mich immer wieder Angst. Der Körper reagiert ja einfach immer wieder über. Das klären und zu lernen, mit den Symptomen umzugehen, hat mir gut geholfen.


Zitat von Robert14:
Dann muss man wieder mit diesem Symptom in den Kampf ziehen, lernen das es einem egal wird.

Mit Kampf hat es wenig zu tun, sondern mit Akzeptanz.

Warum den Körper nicht mal ausreden lassen? Hört sich komisch an, ist aber was dran.

03.07.2023 05:55 • x 1 #6


Robert14
Es ist ein Kampf und jeder der mit Panikattacken lebt und glaubt das Akzeptanz an ihnen etwas verändert macht sich etwas vor. Man kann die Angst akzeptieren, man kann auch die Panik versuchen zu akzeptieren, aber es ändert nichts daran, das sie bleibt. Mag sie sich auch zurückziehen für eine Zeit, sie kommt wieder, egal wie sehr man sie auch zu akzeptieren vermag. Da diese Panik nichts mit Verstehen und Akzeptanz zu schaffen hat. Sie ist eine Warnung vor was auch immer und kann man den Grund für diese Warnung nicht beseitigen, dann bleibt sie, egal ob man sie akzeptiert oder nicht. Schau dich in diesem Forum um. Denkst du sie alle brauchen nur zu akzeptieren und schon sind sie geheilt? Den Körper ausreden lassen? Was macht man den bei jeder Panikattacke? Man durchlebt sie wieder und wieder und wieder. Was geschieht bei diesem durchleben? Man lässt den Körper und den Geist sprechen, da man gar nichts anders machen kann. Und weder Körper noch Geist sagen dir warum du schon wieder eine Panikattacke hast. Da sie nur eines machen wollen, dich vor einer Gefahr warnen, deren Grund keiner kennt. Ich spreche hier nur speziell von Agoraphobie mit Panikattacken. Und, wenn man es genau nimmt, akzeptiert man mit jedem durchleben einer Panikattacke, genau diese. Ansonsten wäre man gar nicht fähig weiterzuleben, in der Hoffnung auf Besserung.

03.07.2023 10:15 • #7


koenig
Zitat von Robert14:
Denkst du sie alle brauchen nur zu akzeptieren und schon sind sie geheilt?


Habe ich das behauptet? So ein Quatsch.

Es geht darum, die Angstsymptome, die Angst als solches, dass man sie hat, dass man sie in diesem Moment hat, zu akzeptieren. Denn das Ankämpfen dagegen, bewirkt - und das ist meine Erfahrung - das Gegenteil.

Warum man Angst hat oder Stresssymptome zeigt, hat ja Ursachen. Die kann man ergründen oder auch nicht. Und an ihnen arbeiten oder auch nicht.

03.07.2023 14:35 • #8


Angsthummel
Genau mein Thema gerade...

Ich bin vor kurzem wieder in eine übelste Angst und Panik gestolpert. Jetzt zum Abend wirds schlimmer. Ich versuche mich ab zu lenken, hab zwei Kids zu Hause...
Aber es klappt nicht..... Die Symptome nehmen langsam zu aber ich will es nicht. Ich will hier im jetzt sein und mit meinen Kids Freude haben.....

03.07.2023 18:50 • x 1 #9


Robert14
@koenig Das war eine Frage und keine Feststellung. Aber, was genau meinst du mit akzeptieren und ankämpfen dagegen? Wie kämpft man gegen eine Panikattacke an? Wie verhält man sich, wenn man diese akzeptiert? In dem Moment in dem man eine Panikattacke hat.

04.07.2023 06:14 • #10


moo
Zitat von Robert14:
Es ist ein Kampf und jeder der mit Panikattacken lebt und glaubt dass Akzeptanz an ihnen etwas verändert macht sich etwas vor.

Wer über vierzig Jahre davon überzeugt ist, dass es ein Kampf ist, hat m. E. die Waffe noch nie beiseite gelegt.

Zitat von Robert14:
Da sie nur eines machen wollen, dich vor einer Gefahr warnen, deren Grund keiner kennt.

Keiner? Zum Ausredenlassen des Körpers gehört auch das Zuhören und Verstehen.

Zitat von Robert14:
Sie ist eine Warnung vor was auch immer und kann man den Grund für diese Warnung nicht beseitigen, dann bleibt sie, egal ob man sie akzeptiert oder nicht.

Bist Du der Ansicht, dass der Grund für die Warnung gleichzeitig das Objekt der Angst/Panik ist?

Aus meiner Erfahrung kann man Panikattacken weder bekämpfen noch muss/sollte man sie akzeptieren. Zwar neige ich zu Zweiterem, aber letztlich ist Akzeptanz aus meiner Sicht immer noch eine Art Kampf. Etwas, das man akzeptieren zu müssen (!) meint, erschafft und erhält eine Verlierer- oder zumindest Erduldungsperspektive. Wir objektivieren also Angst und Panik in eine Position, die über uns Macht ausübt und der wir sozusagen ausgeliefert sind.

Wir vergessen durch diese Objektivierung leicht, dass wir selber ängstlich bzw. panisch sind. Weder kommt Angst, noch geht sie weg (= räumlich). Weder fängt sie an, noch hört sie auf (= zeitlich). Das einzige, was stetig veränderlich bleibt, ist das Erleben. Und das Erleben bezieht sich nur scheinbar auf die Dinge im Außen sondern bringt uns in eine scheinbar von uns getrennt existierende Welt.

Es ist also lediglich ein ängstliches, panisches Sein bzw. Erleben. Der Grund für die Panik sind also wir. Das Objekt hingegen (Agoraphobie, Hypochondrie etc.) ist beliebig.

04.07.2023 07:09 • x 2 #11


Robert14
@moo Ich denke es gibt einen Grund für Agoraphobie. Gäbe es keinen, hätte sie niemand. Nur ist der Grund eine Fehlinterpretationen des Gehirns. Daher denke ich, dass der Grund für eine Agoraphobie, immer in frühster Kindheit entsteht, wenn man selbst noch keinen Einfluss auf die Geschehnisse im Leben hat und unser Gehirn autonom Entscheiden muss Durch die Annahme des Gehirns man könnte mit einer Situation, einem Ereignis, einem Vorfall nicht umgehen, versucht das Gehirn den Menschen zu schützen. Ich denke, was auch immer vorgefallen, das Gehirn selbst nicht weiß, wie es das Geschehen einordnen soll. Daher ist der Grund schwammig und nicht spezifisch und wird immer mehreren Umständen zugeordnet, was in einer Agoraphobie mit Panikattacken endet. Daher ist diese Erkrankung an keinen Grund gebunden, den man finden könnte und von daher kann man diese Erkrankung auch nicht los werden. Man muss lernen damit umzugehen und versuchen die Situationen in denen die Panik auftritt, so gut wie möglich zu analysieren, damit man Möglichkeiten finden kann, damit bestens umzugehen.

04.07.2023 08:39 • #12


koenig
Zitat von Robert14:
Daher ist diese Erkrankung an keinen Grund gebunden


Doch das ist sie. Und das hast du auch gesagt. Vieles liegt in der Kindheit. Gründe können Gewalt, Trauma, Vernachlässigung, Bindungsextreme etc. sein, und das in unterschiedlichen Ausprägungen. Mich hat ein Erlebnis in der Kindheit sicher geprägt. Das führte bei mir oft dann zu Ängsten, wenn ich das Gefühl des Verlassenwerdens habe. Da sitzt bei mir eine tiefe Unsicherheit.

Und dann hat eben auch vieles mit Vertrauen zu tun. Wenn das Urvertrauen schon gestört ist, dann kann es gut passieren, dass man Ängste oder Depressionen bekommt.

04.07.2023 09:11 • #13


Angstmaschine
Zitat von Robert14:
Daher ist diese Erkrankung an keinen Grund gebunden, den man finden könnte und von daher kann man diese Erkrankung auch nicht los werden.

Es gibt schon einen Grund, d. h. eine (oder auch mehrere) Grundursachen, die die Krankheit in uns ausgelöst haben. Die einzelnen Panikattacken werden aber in der Regel nicht direkt durch diesen Urgrund ausgelöst, sondern durch einen jeweiligen aktuellen Auslöser (der was ganz anderes sein kann).

Deswegen hilft die Ermittlung der Grundursache m. M. n. - sofern sie weit in der Vergangenheit liegt und nicht mehr beeinflussbar ist - allenfalls beim Verstehen und Akzeptieren der eigenen Erkrankung. Was natürlich auch helfen kann, aber die PA / Angst heute nicht unbedingt beeinflusst.

Die Panikattacken die wir heute erleben haben irgendwelche Auslöser, die nichts mehr mit der Grundursache zu tun haben müssen. Diese Auslöser zu finden und zu vermeiden oder anders mit ihnen umzugehen oder sich ihnen bewusst zu werden, ist meiner Meinung nach das große Geheimnis und die Herausforderung.

Zitat von Robert14:
Viel hängt von der körperlichen und geistigen Verfassung ab, die man gerade in sich trägt.

Genau. Das ist der Punkt, an dem wir eingreifen und über den wir vorsorgen können.

04.07.2023 11:24 • x 1 #14


Robert14
Es erscheint mir wichtig zu unterscheiden, zwischen einer Panikattacke und der Angst vor etwas Relevanten. Denn in der Psychologie wird da scheinbar kein Unterschied gemacht. Da die Wissenschaft und die Psychologie keinen Unterschied zwischen den beiden kennt. Die Symptome sind gleich und das Gehirn reagiert scheinbar gleich, also werden beide gleich behandelt. Mit welchem Erfolg?
Keinen. Immernoch gibt es keine Heilung und die wird es nie geben, sollte man nicht anfangen die beiden Zustände getrennt zu behandeln. Agoraphobie mit Panikattacken haben nichts mit einer Angst vor etwas zu schaffen. Es ist eine Verhinderung vor etwas. Es soll ein unbekanntes Ereignis oder auch ein bekanntes Ereignis kaschieren. Dabei löst das Gehirn einen Panikmodus aus, wenn das Ergebnis in irgendeiner Art berührt wird. Da das Gehirn das Ereignis, sollte es in der Kindheit oder im Baby bzw. Kleinkindalter liegen, selbst nur schlecht oder auch fast gar nicht zuordnen kann, ein weites Feld zum Absichern benutzt. Daher ufern diese Panikattacken im Laufe der Zeit immer weiter aus Die Behandlungsmethoden sind daher nicht brauchbar. Es müsste ein völlig neues Behandlungskonzept erstellt werden.
Eines, dass die Ausweitung eindämmt. So weit eindämmt, das ein Leben möglich wird, das die Panikattacken weitgehend verschwinden lässt. Ich habe diese Agoraphobie schon seit 42 Jahren und selbst in Zeiten in denen es mir weitgehend möglich war, ohne Panikattacken zu leben, waren diese doch latent jeden Tag in mir anwesend. Sie haben gewartet, gewartet auf den Moment, in dem sie sich selbst wieder in den Vordergrund bringen konnten.
Weil das Gehirn nicht fähig ist diese Kontrolle zu unterlassen. Daher muss ein völlig neuer Ansatz bei Agoraphobie mit Panikattacken gefunden werden.

14.07.2023 12:10 • #15


A


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