Sich auszutauschen, wenn die Angst da ist, ist gut - aber warum müssen es immer und immer wieder Symptome in epischer Breite sein?
Ihr macht unterm Strich nichts anderes, als eureren miesen Zuständen und damit der Angst unglaublich viel Raum zu geben. Damit festigt ihr sie immer und immer wieder, weil ihr nicht aufhören wollt, euch permanent auf genau diese Gedanken zu konditionieren.
Ihr pflegt schlechte Gedanken und Gewohnheiten wie ein liebes Haustier und wundert euch, dass es euch an anderer Stelle schwer fällt, Gedankenhygiene zu betreiben und gute und gesunde Gedanken zu pflegen.
Warum macht ihr das? Es führt zu nichts und das wisst ihr längst. An sich arbeiten bedeutet, das rund um die Uhr zu tun - auch und gerade dann, wenn es einem schlecht geht.
Was ihr tut ist so, als würde ein Übergewichtiger ein paar Tage diszipliniert essen, um dann in einen Fressanfall zu verfallen und sich alle eingesparten Kalorien wieder drauffuttern. Am nächsten Tag fängt er wieder mit Diät an - bis zur nächsten Fressattacke.
Abnehmen wird er auf diese Weise niemals, weil er nicht wirklich etwas verändert, sondern immer nur die selben ungesunden Verhaltensweisen trainiert. Jeder Fressanfall ist ein Rückfall und jeder Rückfall festigt falsches Verhalten, weil man dem Unterbewusstsein immer wieder bestätigt, dass es auf diese Weise laufen und enden muss.
Nichts anderes tut ihr. Ihr glaubt, es wäre hilfreich, aber ihr betreibt nur spontane Druckentlastung. So wie der Fressanfall für den Moment den Fressdruck mindert, mindert ihr für den Moment die Angst. Dabei gebt ihr euch nicht die Chance, neue und gesunde Verhaltensweisen einzuüben, mit der Angst umzugehen.
Ihr macht das, was ihr lange geübt habt und was am Bequemsten ist und am Schnelllsten funktioniert. Wie beim Fressanfall pfeift ihr auf alles, was ihr wisst und was ihr wollt, um JETZT GANZ SCHNELL eine Erleichterung zu erfahren.
Und wie der Dicke sich mit Unmengen ungesunder Kalorien vollstopft, stopft ihr euch mit Unmengen ungesunder Gedanken voll. Wenn zwei Dicke gemeinsam fressen, ist das viel netter und bequemer, denn man muss sich nicht allein fühlen und hat die wunderbare Ausrede, dass andere das ja auch tun. Mit einem Schlanken mag man diese Anfälle gar nicht so gern teilen, weil er einem die eigene Maßlosigkeit und Unvernunft vor Augen führt. Und das kann man überhaupt nicht leiden, wenn man gerade einfach nur bequem fressen will.
Mit diesem Verhalten helft ihr euch nicht. Weder euch selbst noch dem anderen. Ihr watet nur ein Stück gemeinsam durch den stinkenden Morast, der euch nicht freigeben wird, weil ihr zu mehreren noch schwerer seid und noch tiefer einsinkt.
Ihr müsst aufhören, bequem zu handeln. Auch und gerade dann, wenn ihr nach schneller und einfacher Bedürfnisbefriedigung giert. Und ja: Das ist s.cheiße viel Arbeit und viel mühsamer, als gemeinsam rumzujammern. Man kommt schnell auf Entzug, wenn man sich die Instant-Entlastung nicht mehr zugesteht. An diese Stelle muss etwas Neues, Gesundes treten.
Also redet über das Paarungsverhalten von Kellerasseln, über Shakespeares Sommernachtstraum oder darüber, was ihr alles auf eurer Wunschliste der wunderbaren Dinge stehen habt, die ihr gerne noch tun wollt. Macht Pläne, habt wilde Phantasien - aber hört auf, euch die immer wieder gleichen Symptome vorzuheulen.
Übernehmt Verantwortung füreinander, wenn ihr gemeinsam wach gegen die Angst kämpft, indem ihr nicht zulasst, dass der andere sich in seine Gedankenschleifen fallen lässt. DAS wäre echte Unterstützung. Gemeinsam fressen macht euch nicht schlank.
Und nein: Man muss nicht *auch mal jammern dürfen*. Das dürfen Gesunde, denn nur die tun das *auch mal*. Wir hingegen tun das ständig und immerzu. Und das ist nichts anderes als ein bescheuerter Fressanfall nach dem anderen.
13.09.2020 07:59 •
x 8 #10647