Zitat von Lottikarotti:Aber manchmal braucht man auch ein trösten oder ?!
Ich brauchte das hier auch, Leute die Verständnis haben, weil sie wissen wie ich mich gerade fühle.
Ich sage mal Jein . Verständnis kriegt ein klares Ja - aber Trost? Kinder brauchen Trost, weil sie noch nicht ausreichend Erfahrungen gesammelt haben, um schwierige Situationen und Rückschläge alleine und selbstwirksam lösen zu können. Dann nimmt der lebenserfahrene, starke Erwachsene das schwache Kind in den Arm und hält es fest. Und das Kind ist getröstet, weil es darauf vertraut, dass ein Stärkerer da ist, der ihm zu Hilfe kommt.
Aber was tröstet uns denn als Erwachsene? Wenn ein geliebter Mensch oder ein Haustier stirbt und viele andere ihr Beileid aussprechen, dann nimmt man die Anteilnahme vielleicht als wohltuend wahr - aber ist man dadurch getröstet? Nimmt es den Schmerz weg, den der Verlust auslöst, wenn andere ihr Mitgefühl aussprechen? Ich behaupte, es macht ihn noch nicht mal kleiner. Es gibt einem nur das Gefühl, nicht allein zu sein. Durch den eigentlichen Schmerz des Verlustes muss man ganz alleine gehen.
Was wir als wohltuend empfinden ist, zu sehen, dass wir nicht die Einzigen sind, die sich mit irgendeinem Mist herumschlagen. Als ich dick war, fühlte ich mich in der Gesellschaft von Dicken wohler als in der von Schlanken, weil ich mich nicht mit meiner Unzulänglichkeit konfrontieren musste. Ich konnte ausweichen, musste mich nicht der Tatsache stellen, dass ich maßlos und faul war. War ich mit Schlanken, Sportlichen zusammen war mir in jeder Sekunde unangenehm bewusst, dass ich dick war. Solange ich geraucht habe, ging es mir ebenso mit der Gesellschaft von Rauchern.
Menschen zu finden, die die gleichen Schwächen haben, macht es leichter, mit den eigenen zu leben. Das ist erst mal nicht so schlecht. Das Problem ist, dass es es auch bequemer macht. Wenn alle dick sind und gerne zu viel essen, gibt es keine Veranlassung, sich selbst zu mäßigen. Und wenn die Dicken um mich herum mir versichern, dass es okay ist, zu viel zu essen, kann ich mich gemütlich in meiner Komfortzone zusammenrollen und weiterfuttern.
Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Jeder Dicke will schlank sein. Dazu unternimmt er entsprechende Versuche, die aber oft scheitern, weil es eine elende Plackerei ist, schlank zu werden. Sich in Gesellschaft von anderen Dicken zu befinden, denen es genauso geht, macht das Scheitern erträglicher. Zumal da ja meist auch welche sind, die noch dicker sind, als man selbst. Blöderweise gibt es aber immer wieder Dicke, die die Kurve kriegen und schlank werden. Und zack! kriegt man knallhart vor Augen geführt, dass andere schaffen, was man selbst nicht hinbekommt.
Das führt nicht zur Freude für diese Personen. Das führt zu Neid. Natürlich gibt man diesen niemals zu, aber es stört die eigene Kuschellaune doch stark, sehen zu müssen, dass etwas am eigenen Verhalten vielleicht doch nicht so optimal läuft. Glücklicherweise sind da die anderen erfolglosen Dicken, die einem versichern, dass man gut so ist, wie man ist. Nicht selten solidarisiert man sich gegen den erfolgreich Erschlankten, indem man Gründe findet, warum diesem gelang, was man selbst nicht schafft. Diese Gründe haben nichts damit zu tun, dass er sich mehr Mühe gegeben hat, sondern finden die Ursache darin, dass seine Bedingungen besser, sein Leben einfacher, seine Probleme geringer waren als die eigenen.
Das alles kann Trost bewirken. Getröstet werden kann dazu führen, sich der Verantwortung zu entziehen, aus eigener Kraft für Veränderung zu sorgen.
Kann. Nicht muss. Deswegen auch mein Jein am Anfang. Gefährdet sind nach meiner Erfahrung Menschen, die gelernt haben, dass andere ihnen die Verantwortung für das eigene Handeln abnehmen und für sie in die Bresche springen. Das beginnt mit der Mutter, die eine Strafarbeit ihres Kindes in Frage stellt, weil sie nur die Aussage des Kindes für wahr hält und endet beim Partner, der stillschweigend all das erledigt, was der andere nicht mehr tut.
Man nennt das erlernte Hilflosigkeit. Menschen mit psychischen Erkrankungen beherrschen sie oft meisterhaft.