Vendetta1981
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Zitat von Jerry1910:Punkt Nummer zwei ist, was mir öfter sauer aufstoßen tut. Sätze wie hört auf zu grübeln sind total kontraproduktiv. Es handelt sich um eine Angststörung, in vielen Fällen generalisiert. Hier hat das nichts mehr damit zu tun, dass man einfach aufhören kann und alles wird gut. Oder weshalb gibt es ärztliche Profis, die sich jeden Tag damit beschäftigen? Zudem ist mit das erste, dass man in einer Therapie mitbekommt, dass solche Sätze überhaupt nichts bringen und die Menschen eher unter Druck setzen und in die Verzweiflung treiben, weil sie sich dann fragen, warum sie nicht eben einfach aufhören können zu grübeln. So funktioniert das Spiel aber nicht.
Was denkst du denn was ein Profi macht, wenn der Patient nicht mitspielt und infolge dessen der Patient nicht geheilt werden kann? Ich habe den Eindruck, dass die meisten Angstpatienten von einer Therapie ein Wunder erwarten, dass die Heilung automatisch kommt, wenn ich nur genügend Sitzungen hatte. Das funktioniert so nicht.
Flow hat es etwas drastisch ausgedrückt, aber im Grunde hat er recht. Die Heilung beginnt beim Patienten erst dann, wenn er von sich selbst aus zur Überzeugung gelangt ist, dass er diese Überzeugung tief in sich hineinlässt und diese anfängt zu leben. Du kannst soviel Sport machen und fit wie ein Turnschuh sein, kerngesund vom Arzt nach Hause kommen, auf jede erdenkliche rationale Art und Weise gesund sein. Solange aber die Überzeugung nicht da ist, kommt man aus der Nummer nicht heraus.
Die Grübelei ist ein über Monate oder Jahre angewöhntes Fehlverhalten. Das verlernt man nicht durch ein Medikament, auch nicht in dem man beim Therapeuten Sitzungen vollzieht. Diese Maßnahmen sollen dir Zeit verschaffen, dass du die Kraft und Ausdauer aufbringen kannst, diese Überzeugung zu entwickeln.
Dagegen hilft nur so oft es nötig ist, die Grübelei zu durchbrechen, sich den Symptomen zu stellen und sie herauszufordern. Ein neuer Denkprozess muss entstehen. Du weißt z.B. dass du kerngesund bist, dass dein Herz erst vor ein paar Wochen untersucht wurde. Du kannst beim nächsten Stechen wieder in die Grübelei verfallen oder wenn du merkst dass du grübelst, denkst du an die zurückliegende Untersuchung und stellst fest, dass es es keinen weiteren Grund gibt sich näher damit zu befassen. Das stechen hört auf, du lebst noch. Das ist die Essenz die zur Heilung nötig ist. Und das wird noch und nöcher so oft wiederholt bis sich diese Art zu denken verselbstständigt. Es ist die gleiche Art und Weise wie man sich diese Grübelei erst angewöhnt hat.
Es hilft auch nicht, wenn man ansich weiß was falsch läuft. Ich kann in der Theorie auch wissen wie ich ein Flugzeug fliegen kann. Aber wenn ich nicht selbst im Flieger sitze und Fliege kann ich dieses Wissen auch nicht anwenden.
Ich weiß, jeder Mensch hat einen leichten Hang dazu eine Schneeflocke zu sein und nur bei ihm ist es anders als bei anderen. Es ging mir damals genau so. Es ist aber nun mal so, dass wir physiologisch obwohl genetisch nicht verwandt immer noch der gleichen Spezies angehören und diese teilt nahezu alle Krankheiten auf die gleiche Weise, zwar in unterschiedlichen Schweregraden aber zumindest das was ich hier im Forum zu lesen kriege sind nahezu alle mit ihren Problemen mehr oder weniger auf einem Level.
Ich selbst bin auch nicht 100% frei davon, aber ich bewege mich irgendwo zwischen 95 - 99%. Eine absolute Heilung davon gibt es nicht. Man hat irgendwann in seinem Leben eine Tür aufgemacht, die man besser hätte geschlossen gelassen. Was wir nur tun können ist so gut es geht lernen mit merkwürdigen Empfindungen umzugehen und mental soweit fit zu sein, dass wir sie zwar durchstehen müssen, sie uns aber nicht nachhaltig weiter beschäftigen.
26.08.2021 09:37 • x 6 #19941
