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Hallo Zusammen,

ich hatte letzte Woche einen Geistesblitz und hoffe, ich kann ihn verständlich ausformulieren.

Seit meiner Angst höre ich immer öfter, dass es vielen Menschen so geht. Wenn man die paar dazu rechnet, die es nie zugeben würden, würde ich sogar behaupten, dass es Allen! so geht. So, wie uns.

Es ist doch so, JEDER hat mal Angst. Je besser es mir geht, desto mehr spüre ich, dass es eigentlich keine Angst, sondern eher ein beklemmendes Gefühl ist. Ein Gefühl, dass ich mich gerade nicht wohl fühle oder dass mir gerade Alles zu viel ist und/oder ich Reiz überflutet bin. Wenn ich mich zu wenig achte, wenn ich Dinge tue, die mir nicht passen, wenn ich mir zu viel zumute, dann geht es mir schlechter.

Das geht JEDEM so.

Der Unterschied ist - meiner Meinung nach! - der Umgang mit diesem Gefühl und die Bewertung.

Einerseits gibt es hier viele Menschen, die Traumata erlebt haben. Egal in welcher Form. Das prägt Einen. In meinem Fall hat der Krebstod meines Zwillingsbruders bestimmt sein übriges getan.

Andererseits wird man auch durch sein Umfeld geprägt. Ich habe z.B. zusätzlich eine sehr, sehr ängstliche Mutter. Das fällt mir aber erst auf, seit ich die Angst habe, obwohl sie wirklich extrem! ängstlich ist. Davor war es für mich aber normal.

So. Nun war es also vor 1,5 Jahren folgendermaßen: Ich habe gerade erst einige Monate nach der Elternzeit wieder gearbeitet. Meine Tochter war dauerkrank. Ich musste oft zu Hause bleiben, hatte oft ein schlechtes Gewissen gegenüber den Kollegen, gegenüber meiner Tochter. War dann selbst oft krank, blieb dann aber natürlich nicht zu Hause. Meine Schwiegermutter stand dauernd auf der Matte und nervte und dirigierte. Meine Mutter machte mir Vorwürfe, dass ich mein Kind in die Krippe steckte. Mein erster Urlaub stand an und zack, krank. 1 Woche Dauerschlaf. Im Nachhinein gesehen klingt das völlig logisch, was da passiert ist. Bei mir löst es aber folgenden Gedanken aus: Dein Bruder. Er war auch plötzlich so müde. Klingelingeling. Der Kandidat hat 100 Punkte. Und Angst.

Einige Jahre zuvor hatte ich mal eine Panikattacke, weil ich Nasenbluten hatte. Hab ich auch mit meinem Bruder in Verbindung gebracht. Hat mich aber nicht gestört. Mein Leben lief gut. Unstressig. Nach meiner Nase. Die Attacke war so schnell vergessen, wie sie gekommen war.

Bis vor 1,5 Jahren hatte ich also NIE etwas mit der Psyche zu tun. Bis dahin waren für mich auch alle, die was mit der Psyche hatten komplette Psychos! oder eben Simulanten. Denkste. Ne?

Jetzt zu meiner Behauptung. Ich behaupte, JEDER ist ein Ängstler. WIR hauen uns nur den Stempel auf'n Kopp. (Das würde eigentlich zum Schubladen-Thread von Black Sheep passen). Wir geben der Kombination aus aktueller (wahrscheinlich stressiger - in welcher Form auch immer - ) Lebenslage, Erfahrungen, Umfeld und Charakter einen Titel. Angst. Krankheit. Erkrankung. Abnormalität.

Die Psychologen sollen uns ja auch nur Eines lernen. Nicht: keine Angst mehr zu haben, sondern einen anderen Umgang mit dem Thema.

Ich merke, je gleichgültiger mir das Thema ist, desto besser geht es mir, auch wenn es mir mal schlecht geht.

Ich merke, dass ich z.B. nicht der Typ bin, der Dinge vermeidet. Lieber quäle ich mich durch eine Situation, als dass ich auf- oder nachgebe. Das ist Typsache. Andere sind eher so, dass sie sich dann eben helfen lassen. Nicht mehr raus gehen. Andere Menschen Auto fahren oder einkaufen gehen lassen. Das ist Typsache. Nicht eine Art der Krankheit. Der, der hilft und fährt und einkauft ist ja auch ein bestimmter Charakter. Das ist auch nicht sooo gesund. Wieder Andere resignieren oder verbittern oder reden sich ein, dass die Welt schuld ist und sie Nichts für ihr Leid können und ihnen Nichts helfen kann und wird.

Und wieder Andere denken sich einfach nur Huch, heut ging's mir nicht so gut. Tret ich mal ein bisschen kürzer. Sag auch mal 'Nein'. Schmeiß mich in die Badewanne. Les ein Buch.. Denen geht es irgendwann wieder besser. Irgendwann vielleicht auch wieder schlechter, aber dann tun sie hald wieder was für sich. Die würden aber nie auf die Idee kommen zu sagen, sie hätten XYZ (hier die verschiedenen Bezeichnungen der Störungen/Ängste/Krankheiten what ever einsetzen). Die würden auch nie drei Tage +/- mehrere Jahre bis Jahrzente ihrer Zeit verschwenden, sich darüber Gedanken zu machen, DASS es ihnen schlecht ging und WANN es ihnen wieder schlecht gehen wird.

Ich hoffe es wird verständlich, worauf ich hinaus will. Es ist kein Vorwurf, dass du und ich falsch reagieren. Es ist eher die Überlegung, ob es eben einfach an unserem Charakter liegt. Wir uns zu sehr reinsteigern/zu viel Gedanken machen. Wir die Geister der Vergangenheit noch! nicht verschäucht haben oder - im Gegensatz zu Anderen - eben falsch damit umgehen.

Wie seht ihr das? Ist es im Grunde eine Kleinigkeit, die daraus eine große Krankheit/Störung/Schublade macht?

Sind wir im Grunde nicht genau so normal wie alle Anderen auch?

27.04.2015 11:54 • 28.04.2015 #1


14 Antworten ↓


Natürlich sind wir genauso normal wie alle anderen auch. Du findest ja auch jemanden der eine Erkältung hat nicht unnormal. Was ist außerdem normal. Richtig jeder geht anders damit um. auch viel Charakter spielt eine rolle. Dennoch finde ich jeder ist seines Glückes schmied. Und er hilfe braucht sollte sich diese sofort holen und nicht erst nach 10 jahren. Das ist was ich leider oft hier lese. Natürlich ist es dann noch viel schwieriger. Ich wünsche allen alles gute und toller thread.
Wir sind alle normal!

A


Alle haben Angst

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Danke für deine Antwort. Und: Klar sind wir normal.

Mein Eindruck ist auch, dass manche sich etwas selbst im Weg stehen und bei vielen guten Ratschlägen komplett abblocken. Das meinte ich mit Charaktersache. Der eine packt es an, der andere will nichts dafür tun, wieder ein Anderer wartet darauf, dass es ein anderer für ihn tut etc....

Ich merke selbst, dass mir z.B. schon zu Beginn der großen Angst geraten wurde Sport zu machen. Mach ich bis heute nicht. Obwohl ich weiß, dass es mir gut tun würde. Das Sahnehäubchen für mich ist dann noch, dass ich mich darüber ärgere, dass ich es eben nicht tue...

Tu es. das hilft mir enorm. Auch wenn du ne pa wbekommst nicht in schonhaltung sondern direkt in die bewegung. Ja man muss es eben selbst wollen. Wenn ich mit rauchen aufhören will reicht es mir auch nicht das jmd mir erzählt wie schlecht das ist und was es alles positives gibt wenn man es nicht tut. Machen und aufhören muss ich selbst. Das kann mir niemand abnehmen.

Heißt es dann im Umkehrschluss, dass viele gar nicht gesund werden wollen?

Laut meiner Psychotherapeutin muss es wirklich so sein. Laut ihrer Annahme hat jeder Leidende einen Gewinn aus der Situation. Also bspw. dass er sich mehr achtet, dass ihn andere mehr unterstützen etc.

Übrigens: ich mach nur aus Faulheit keinen Sport. Hatte bisher - Gott mei Dank - erst drei PA's.

Achso da hast es ja gut. Doch klar wollen alle aber haben eben angst vor dem risiko. Ich auch aber was hab ich zu verlieren. Ich will wieder leben wie vor 2 jahren.daher mach ich alles damit es mir besser geht.angst kann einen lähmen. Und da kommt man raus wenn man es eelbst will und sich dafür entscheidet. Ein therapeut kann eben ganz viel uberzeugungssrbeit leisten und unterstützen , aufklären, lernen.was man ohne hilfe eben nicht so hinbekommt und deshalb schwer oder gar nicht raus kommt. Man muss sich überwinden. Es gibt keinen anderen weg.der weg ist steinig und schwer aber auf langer sicht lohnt es sich. Hinter angst kann man sich eben auch verstecken. ist eben schwer.

Hallo!

Zitat von Paddlmädchen:
Es ist doch so, JEDER hat mal Angst. Je besser es mir geht, desto mehr spüre ich, dass es eigentlich keine Angst, sondern eher ein beklemmendes Gefühl ist. Ein Gefühl, dass ich mich gerade nicht wohl fühle oder dass mir gerade Alles zu viel ist und/oder ich Reiz überflutet bin. Wenn ich mich zu wenig achte, wenn ich Dinge tue, die mir nicht passen, wenn ich mir zu viel zumute, dann geht es mir schlechter.

Das geht JEDEM so.

Der Unterschied ist - meiner Meinung nach! - der Umgang mit diesem Gefühl und die Bewertung.


Ich stimme dir zu und hatte die letzten Tage einen ähnlichen Gedanken.

Zwar gibt es Abstufungen der Angst, und Panikattacken sind ein besonderes Kaliber, davon spreche ich jetzt nicht. Aber im Grunde geht es um die Frage der Definition. Es handelt sich nicht immer um Angst. Es kann ebenso Erschöpfung oder ein ungutes Bauchgefühl sein, das einen warnt.

Denn Angst ist nur ein Symptom. Ein Symptom dafür, wie du sagst, dass einem etwas zu viel ist, man erschöpft ist, man etwas nicht will. Letzteres sollte untersucht werden, oft ist es ein Instinkt, dass etwas nicht gut für einen ist. Hat man sich aber einmal den Stempel Angsthase aufgedrückt, wird schnell jedes Unwohlsein als Angst gedeutet, auch wenn es sich nur um ein gesundes Gefühl handelt, dass man etwas nicht will - aus welchem Grund auch immer.

Sich nun jedem mulmigen Gefühl zu widersetzen, weil man ja nicht vermeiden darf, halte ich für einen Fehler. Damit verliert man sein natürliches Einschätzungsvermögen und seine Spontanität bei Entscheidungen.

Hallo!

Ich finde deinen „Geistesblitz“ nicht richtig. Es stimmt, jeder Mensch hat mal Angst, es ist ein Gefühl, dass einen schützen soll vor wirklichen Gefahren und das ist natürlich wichtig in einer gefährlichen Welt. Sicherlich haben auch viele Menschen hin und wieder mal irrationale Ängste, sonst gäbe es wohl nicht so viel Fremdenfeindlichkeit.

Aber es ist ein Unterschied, ob man immer Angst vor allem und jedem hat und dadurch überhaupt nicht zum leben kommt oder hin und wieder leichte Angst verspürt, die nachlässt, wenn man den Auslöser, wahrscheinlich aus gutem Grund, meidet.

Wenn ich dich richtig verstehe, meinst du, dass eine Angsterkrankung nur auf die momentanen Lebensumstände zurück zu führen ist, also, zu viel Stress, die Warnsignale für Überlastung zu ignorieren usw.

Dem muss ich aus eigener Erfahrung widersprechen. Wenns mal so einfach wär…
Während meiner 15jährigen „Angstkarriere“, die sich Gott sei dank, langsam in eine psychosomatische Erkrankung verwandelt (körperliche Schmerzen sind ein Witz), habe ich die verschiedensten Lebenssituationen gehabt. Von völlig allein bis ganz toller Freundeskreis und liebe Freundin, von keinerlei Anforderungen oder externem Stress bis jeden Tag arbeiten. Die Angst war ungefähr gleichermaßen in jeder Minute gegenwärtig.

Ich finde es nicht richtig eine schwer wiegende Erkrankung, die manche Menschen durchaus das Leben kostet und andere nicht zum Leben kommen lässt, auf ein Einstellungsproblem oder einen Charakterzug zu reduzieren. Ich kenne einige Leute, die jahrelang dagegen angekämpft haben, sich der Angst ständig gestellt haben, versucht haben, die Angst auszublenden oder nicht so ernst zu nehmen, soviel probiert haben...und nicht viel weiter gekommen sind.

Willst du denen sagen, sie sollen doch einfach mal ihre Lebensumstände in Ordnung bringen und dann wird schon alles gut?

So einfach ist es leider nicht. Da macht es sich deine Therapeutin zu leicht. Ich denke, dass der Knackpunkt die Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit ist. Und das ist harte Arbeit und braucht seine Zeit. Unter Umständen ist es sogar gar nicht möglich, weil die traumatischen Ereignisse vor dem ersten Geburtstag passiert sind und es schwierig bis unmöglich ist, sich (bewusst) daran zu erinnern oder sie waren einfach zu schrecklich, dass das Unterbewusstsein sie nicht heraus gibt.

Zu der Normal-Frage: Normal ist dass eine Psyche nach traumatischen Erlebnissen mit Angst reagiert. Je traumatischer das Erlebnis, desto größer die Angst. Da sind wir wie alle anderen. Nur haben andere nicht so schlimme Sachen erlebt oder sie haben sie nicht als so schlimm empfunden.

Sub

Naja du hast absolut auch recht und niemand hat die angstkrankheit so runter gewertet.sonst wären wir nicht hier. Es gibt verschiedene angststörungen, , nicht nur traumata. Und es gibt auch viele mit trauma die keine angststörung mit pa entwickeln. Und ich finde schon, dass wenn gewisse lebensumstände vielleicht einem gut und richtig erscheinen vielleicht doch nicht so gut und richtig sind und mannes sich nur nicht eingestehen will. Viele erleben die verschiedensten schicksale und das ausbrechen der Störung sozusagen erfolgt ja dann meist durch Auslöser. Aber wie gesagt es gibt verschiedene angststörungen und man kann das nicht verallgemeinern. Ich bin auch der meinung, dass man nicht dagegen kämpfen soll sondern damit. Zu kämpfen ist auch nicht gut und immer wieder nder angst stellen. Man muss verstehen wieso weshalb warum und akzeptieren und dann damit arbeiten. Naja leider trifft es eben den einen mehr und den anderen weniger und der eine kann schneller damit umgehen und der andere weniger. Ich sehe auch erst seit den n letzen therapiestunden was mein problem eigentlich ist und dann ich nicht dagegen kämpfen soll, sondern zulassen. Aber sicher sind die meinungen insgesamt je nach Erfahrung und erfolg sehr verschieden. Viele suchen sich auch erst sehr spät hilfe Mangel s Aufklärung und vielleicht aus scham, was echt richtig traurig ist. Gerne würde ich alle die sich nicht trauen persönlich hinschleifen gute angstfreie Nacht wünsche ich

Ach und für jede erkrankung gibt es schweregrade. Eine angststörung ist nicht grundsätzlich schwerwiegend. Da gibtbes sicher noch viele weitere schwerwiegende erkrankungen teilweise. Jede krankheit hat doch seine seiten, die verschieden schwerwiegend sind

Hallo Paddlmädchen,

mit vielen Deiner Aussagen liegst Du sicherlich sehr richtig.

Nur, ganz so einfach ist es nicht. Da gibt es sehr viele Dinge die da eine Rolle spielen.
Natürlich hat jeder Angst. Angst, oder auch unsere Gefühle sind unser Steuermechanismus.
Mal hilft uns die Angst, mal blockiert sie uns.

Zitat:
Der Unterschied ist - meiner Meinung nach! - der Umgang mit diesem Gefühl und die Bewertung.


Das ist einer der wesentlichen Punkte.

Zitat:
Heißt es dann im Umkehrschluss, dass viele gar nicht gesund werden wollen?


So solltest Du das nicht sehen. Nur, wenn jemand erkennt, das er einen
Denkfehler in seinem Verhalten eingebaut hat, reicht es nicht, eine einzige
Entscheidung zu ändern. Unser Denken ist sehr stark verknüpft,
Eine einzige wesentlich Entscheidung zu ändern, heißt auch zu akzeptieren, das frühere Erlebnisse
und Beurteilungen nachträglich umgeschrieben werden müssen.
Und das erzeugt wieder neue Angst. Weil man dann nicht sicher ist, darf ich das alles ändern.
Und wenn ich das alles ändere, was bleibt von meinem Leben dann noch übrig. Habe ich alles
falsch gemacht?
Fragen über Fragen und nochmals Fragen.
Oder anders gesagt, es braucht einiges an Mut, etwas neues auszuprobieren.

Viele Grüße

Hotin

Zitat von sub1:
Wenn ich dich richtig verstehe, meinst du, dass eine Angsterkrankung nur auf die momentanen Lebensumstände zurück zu führen ist, also, zu viel Stress, die Warnsignale für Überlastung zu ignorieren usw.
Sub


Nein. Ich meine, dass bestimmte Dinge in einem schlummern, bspw. eben Traumata, Erfahrungen, Erlebnisse, Angelerntes, Abgeschautes und irgendwann will das raus. Eben dann auf Grund der aktuellen Lebensumstände. Also sowas wie der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Natürlich gibt es hier viele, bei denen die Ängste bereits in der Jugend oder sogar Kindheit los gingen.

Zitat von sub1:

Dem muss ich aus eigener Erfahrung widersprechen. Wenns mal so einfach wär…
Während meiner 15jährigen „Angstkarriere“, die sich Gott sei dank, langsam in eine psychosomatische Erkrankung verwandelt (körperliche Schmerzen sind ein Witz), habe ich die verschiedensten Lebenssituationen gehabt. Von völlig allein bis ganz toller Freundeskreis und liebe Freundin, von keinerlei Anforderungen oder externem Stress bis jeden Tag arbeiten. Die Angst war ungefähr gleichermaßen in jeder Minute gegenwärtig.
Sub


Es passiert ja dann was Anderes. Die Angst manifestiert sich. Im schlimmsten Fall chronifiziert sie sich. Mein Hausarzt meinte, das Gehirn speichert die Angst. Man muss sie ihm (in diesem übertriebenen Maß) wieder abtrainieren. So lange man das nicht kann - und genau DAS ist ja die Problematik - hat man die Angst jetzt also auch in den harmlosen Situationen.

Zitat von sub1:

Ich finde es nicht richtig eine schwer wiegende Erkrankung, die manche Menschen durchaus das Leben kostet und andere nicht zum Leben kommen lässt, auf ein Einstellungsproblem oder einen Charakterzug zu reduzieren. Ich kenne einige Leute, die jahrelang dagegen angekämpft haben, sich der Angst ständig gestellt haben, versucht haben, die Angst auszublenden oder nicht so ernst zu nehmen, soviel probiert haben...und nicht viel weiter gekommen sind.

Willst du denen sagen, sie sollen doch einfach mal ihre Lebensumstände in Ordnung bringen und dann wird schon alles gut?
Sub


Ich tue die Krankheit nicht ab. Ich weiß aus eigener Erfahrung wie schlimm sie ist. Es war als provokante Fragestellung gedacht. Ich wollte nichts verharmlosen oder beschönigen.

Ich wollte eher hinterfragen, ob es eine Charaktersache ist.

DENN, wie du hier schreibst:
Zitat von sub1:

Zu der Normal-Frage: Normal ist dass eine Psyche nach traumatischen Erlebnissen mit Angst reagiert. Je traumatischer das Erlebnis, desto größer die Angst. Da sind wir wie alle anderen. Nur haben andere nicht so schlimme Sachen erlebt oder sie haben sie nicht als so schlimm empfunden.

Sub


habe ich nämlich mittlerweile eben andere Erfahrungen gemacht.

Einerseits kenne ich Leute, die haben definitiv traumatische Erlebnisse gehabt. Schlimme, brutale Dinge erfahren. Die haben keine Angsterkrankung. Die haben das bestimmt auch im Kopf. Die reagieren bei bestimmten Dingen etwas empfindlicher. Aber nicht mit Panik. Ich habe einen sehr extremen Fall im Freundeskreis. Sie sagt selbst, dass es eine schlimme Zeit und Erfahrung war, aber dass es ihr gut damit geht. Dass sie abgeschlossen hat.

Andererseits muss ich über mich selbst sagen: Klar, es gab schlimme Todesfälle in der Familie. Aber ich hatte bspw. ein sehr gutes, stabiles, warmherziges Elternhaus. Keine sonstigen traumatischen Erlebnisse. Eine überängstliche Mutter ja. Aber meine Brüder haben das bspw. GAR NICHT von ihr angenommen. Da komm ich dann eben zu meiner Frage: Liegt es an meinem Charakter? Liegt es daran, dass ICH Angst bekomme, meine Brüder aber nicht. Liegt es daran, dass ICH Angst bekomme, meine - offensichtlich schwer traumatisierte - Freundin aber nicht?


Zitat von hotin:
Und wenn ich das alles ändere, was bleibt von meinem Leben dann noch übrig. Habe ich alles
falsch gemacht?
Fragen über Fragen und nochmals Fragen.
Oder anders gesagt, es braucht einiges an Mut, etwas neues auszuprobieren.

hotin


Aber diese Fragen stellt sich ein Anderer ja oft gar nicht. Ich denke schon, dass es ein Charakterzug ist, ob ich bspw. viel grüble, viel hinterfrage etc.

@vonnchen: Vielen Dank für deine Antworten. Ich glaube du konntest meinen Wortwirrwarr gut entschlüsseln. Ich tu mich leider oft schwer, was zu Papier zu bringen, dass es auch verständlich rüber kommt.

Die frühzeitige Hilfe empfinde ich übrigens als essentiel. Mein Hausarzt hat schnell und kompetent verstanden und reagiert. Dafür bin ich ihm im Nachhinein sehr dankbar, auch wenn ich ihm damals nicht glauben wollte. Je früher man lernt umzudenken, desto leichter, - nein!, das auf keinen Fall - eher desto schneller kann man wieder normal leben/denken!

Da fällt mir noch ein passendes Beispiel ein. Meine beste Freundin hatte mit Anfang 20 Krebs und chaotische Familienverhältnisse, die sie auch heute noch zu spüren bekommt.

Wir haben uns oft über meine Angst unterhalten und ich habe sie gefragt, ob sie keine Angst hat.

Sie meint da immer ganz gelöst Nein. Wie's kommt, so kommt's. Ich finde das wunderbar. Sie wirkt so leicht und entspannt und ruhig und vertraut in ihrem Leben und ihren Entscheidungen. Das ist ihre Art.

Meine nicht.

Kommen wir aus Neid auf die Entspanntheit der Anderen nicht mehr aus der Angstspirale raus?
Sollten wir einfach lernen uns zu schätzen und zu lieben mit unseren Grübeleien, Schwarzmalereien und leben, anstatt nachzueifern?

Naja. Einmal ist meine Erfahrung, dass Menschen, die ängstlich sind, eben auch sehr fantasievoll und kreativ sind und sich eben vieles ausmalen können, was anderen gar nicht einfällt. Das ist ja auch ein sehr liebenswerter Charakterzug.

Außerdem sind ängstliche Menschen ja auch oft sehr mutig, weil sie trotzdem Dinge tun, vor denen sie Angst haben.

Ich war auch immer ängstlich, aber die Angst hatte meist ein Maß, mit dem ich umgehen konnte.

Als ich körperliche Probleme bekam, wurde es schwierig. Da fing das mit den Sorgenmachen an. Jetzt kam in den letzten Jahren noch enormer Stress dazu, so dass ich einfach keine Kraftreserven mehr habe. Für die Angst braucht man auch Kraft, um sie zu bewältigen, ist meine Erfahrung.

Mich hat das Buch Angst von Scott Stossel irgendwie zeitweise getröstet. (Ich hab's schon unter Buchtipps gepostet). Er ist Journalist und selbst betroffen von Angst. Vor jedem öffentlichen Auftritt spült er z. B. Lorazepam und Alprazolam mit Wodk. runter, um reden zu können. Er hat alles versucht an Therapien und Medikamenten, sagt er. Nichts half so richtig. Hier ein Link zu einem Artikel, den er verfasst hat: http://www.theatlantic.com/magazine/arc ... ty/355741/ (auf Englisch...).

Ich hoffe, dass meine Angst wieder ein normaleres Maß annimmt und nicht mein ganzes Leben beeinflusst.

Hallo,

@Vonnchen:
Erstmal danke für die guten Nachtwünsche, ich hatte tatsächlich seit langem mal wieder eine gute Nacht, obwohl ich es gestern gar nicht mehr gelesen habe. Könnten wir das nicht jeden Abend so machen? Nein, Quatsch!

Es stimmt es gibt verschiedene Schweregrade, da bin ich wohl zu sehr von mir ausgegangen. Und in vielen Fällen ist es wahrscheinlich möglich damit zu kämpfen oder damit leben zu lernen. In meinem Fall war es nicht möglich, das war kein Leben, das war die Hölle. Wenn ich nicht dagegen gekämpft hätte bzw das immer noch tue, würde ich heute immer noch in der eigenen Wohnung gefangen sein.

Meine Meinung ist schon, dass es immer traumatische Erlebnisse sind, die zu einer Angststörung führen. Ob das Trauma bewusst erinnert werden kann ist nur die Frage. Dass Menschen trotz tramatischer Erfahrungen keine psychischen Auffälligkeiten entwickeln, kann daran liegen, dass sie damit nicht allein waren, sich aussprechen konten, trauern konnten oder sie einfach nicht so sensibel sind. Dann war es für sie eigentlich auch nicht traumatisch. Eine erhöhte Sensibilität kann ich auch als Charakterzug gelten lassen. Ist mir auch schon bei vielen Ängstlern aufgefallen.
Ich denke aber wirklich, dass eine erhöhte Sensibilität allein nicht ausreicht um eine Angststörung zu entwickeln.

@Paddlmädchen:
Zitat von Paddlmädchen:
Nein. Ich meine, dass bestimmte Dinge in einem schlummern, bspw. eben Traumata, Erfahrungen, Erlebnisse, Angelerntes, Abgeschautes und irgendwann will das raus. Eben dann auf Grund der aktuellen Lebensumstände. Also sowas wie der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Natürlich gibt es hier viele, bei denen die Ängste bereits in der Jugend oder sogar Kindheit los gingen.


Ok, verstehe, aber entscheidend ist meiner Meinung nach nicht der letzte Tropfen, sondern die anderen 100 Liter.

Zitat von Paddlmädchen:
Andererseits muss ich über mich selbst sagen: Klar, es gab schlimme Todesfälle in der Familie. Aber ich hatte bspw. ein sehr gutes, stabiles, warmherziges Elternhaus. Keine sonstigen traumatischen Erlebnisse. Eine überängstliche Mutter ja. Aber meine Brüder haben das bspw. GAR NICHT von ihr angenommen. Da komm ich dann eben zu meiner Frage: Liegt es an meinem Charakter? Liegt es daran, dass ICH Angst bekomme, meine Brüder aber nicht. Liegt es daran, dass ICH Angst bekomme, meine - offensichtlich schwer traumatisierte - Freundin aber nicht?


Familien sind unglaublich komplizierte Systeme. Wer da welche Rolle spielen muss, ist oft nicht einfach zu erkennen. Es kann z. B. sein, dass du deine Mutter in ihrer Angst nicht allein lassen wolltest. Das hast Du dann getan. Somit brauchten deine Brüder es nicht zu tun.

Zitat von Paddlmädchen:
Kommen wir aus Neid auf die Entspanntheit der Anderen nicht mehr aus der Angstspirale raus?


Das ist ein interessanter Gedanke, da muss ich mal drüber nach denken.

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Dr. Reinhard Pichler
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