Paddlmädchen
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ich hatte letzte Woche einen Geistesblitz und hoffe, ich kann ihn verständlich ausformulieren.
Seit meiner Angst höre ich immer öfter, dass es vielen Menschen so geht. Wenn man die paar dazu rechnet, die es nie zugeben würden, würde ich sogar behaupten, dass es Allen! so geht. So, wie uns.
Es ist doch so, JEDER hat mal Angst. Je besser es mir geht, desto mehr spüre ich, dass es eigentlich keine Angst, sondern eher ein beklemmendes Gefühl ist. Ein Gefühl, dass ich mich gerade nicht wohl fühle oder dass mir gerade Alles zu viel ist und/oder ich Reiz überflutet bin. Wenn ich mich zu wenig achte, wenn ich Dinge tue, die mir nicht passen, wenn ich mir zu viel zumute, dann geht es mir schlechter.
Das geht JEDEM so.
Der Unterschied ist - meiner Meinung nach! - der Umgang mit diesem Gefühl und die Bewertung.
Einerseits gibt es hier viele Menschen, die Traumata erlebt haben. Egal in welcher Form. Das prägt Einen. In meinem Fall hat der Krebstod meines Zwillingsbruders bestimmt sein übriges getan.
Andererseits wird man auch durch sein Umfeld geprägt. Ich habe z.B. zusätzlich eine sehr, sehr ängstliche Mutter. Das fällt mir aber erst auf, seit ich die Angst habe, obwohl sie wirklich extrem! ängstlich ist. Davor war es für mich aber normal.
So. Nun war es also vor 1,5 Jahren folgendermaßen: Ich habe gerade erst einige Monate nach der Elternzeit wieder gearbeitet. Meine Tochter war dauerkrank. Ich musste oft zu Hause bleiben, hatte oft ein schlechtes Gewissen gegenüber den Kollegen, gegenüber meiner Tochter. War dann selbst oft krank, blieb dann aber natürlich nicht zu Hause. Meine Schwiegermutter stand dauernd auf der Matte und nervte und dirigierte. Meine Mutter machte mir Vorwürfe, dass ich mein Kind in die Krippe steckte. Mein erster Urlaub stand an und zack, krank. 1 Woche Dauerschlaf. Im Nachhinein gesehen klingt das völlig logisch, was da passiert ist. Bei mir löst es aber folgenden Gedanken aus: Dein Bruder. Er war auch plötzlich so müde. Klingelingeling. Der Kandidat hat 100 Punkte. Und Angst.
Einige Jahre zuvor hatte ich mal eine Panikattacke, weil ich Nasenbluten hatte. Hab ich auch mit meinem Bruder in Verbindung gebracht. Hat mich aber nicht gestört. Mein Leben lief gut. Unstressig. Nach meiner Nase. Die Attacke war so schnell vergessen, wie sie gekommen war.
Bis vor 1,5 Jahren hatte ich also NIE etwas mit der Psyche zu tun. Bis dahin waren für mich auch alle, die was mit der Psyche hatten komplette Psychos! oder eben Simulanten. Denkste. Ne?
Jetzt zu meiner Behauptung. Ich behaupte, JEDER ist ein Ängstler. WIR hauen uns nur den Stempel auf'n Kopp. (Das würde eigentlich zum Schubladen-Thread von Black Sheep passen). Wir geben der Kombination aus aktueller (wahrscheinlich stressiger - in welcher Form auch immer - ) Lebenslage, Erfahrungen, Umfeld und Charakter einen Titel. Angst. Krankheit. Erkrankung. Abnormalität.
Die Psychologen sollen uns ja auch nur Eines lernen. Nicht: keine Angst mehr zu haben, sondern einen anderen Umgang mit dem Thema.
Ich merke, je gleichgültiger mir das Thema ist, desto besser geht es mir, auch wenn es mir mal schlecht geht.
Ich merke, dass ich z.B. nicht der Typ bin, der Dinge vermeidet. Lieber quäle ich mich durch eine Situation, als dass ich auf- oder nachgebe. Das ist Typsache. Andere sind eher so, dass sie sich dann eben helfen lassen. Nicht mehr raus gehen. Andere Menschen Auto fahren oder einkaufen gehen lassen. Das ist Typsache. Nicht eine Art der Krankheit. Der, der hilft und fährt und einkauft ist ja auch ein bestimmter Charakter. Das ist auch nicht sooo gesund. Wieder Andere resignieren oder verbittern oder reden sich ein, dass die Welt schuld ist und sie Nichts für ihr Leid können und ihnen Nichts helfen kann und wird.
Und wieder Andere denken sich einfach nur Huch, heut ging's mir nicht so gut. Tret ich mal ein bisschen kürzer. Sag auch mal 'Nein'. Schmeiß mich in die Badewanne. Les ein Buch.. Denen geht es irgendwann wieder besser. Irgendwann vielleicht auch wieder schlechter, aber dann tun sie hald wieder was für sich. Die würden aber nie auf die Idee kommen zu sagen, sie hätten XYZ (hier die verschiedenen Bezeichnungen der Störungen/Ängste/Krankheiten what ever einsetzen). Die würden auch nie drei Tage +/- mehrere Jahre bis Jahrzente ihrer Zeit verschwenden, sich darüber Gedanken zu machen, DASS es ihnen schlecht ging und WANN es ihnen wieder schlecht gehen wird.
Ich hoffe es wird verständlich, worauf ich hinaus will. Es ist kein Vorwurf, dass du und ich falsch reagieren. Es ist eher die Überlegung, ob es eben einfach an unserem Charakter liegt. Wir uns zu sehr reinsteigern/zu viel Gedanken machen. Wir die Geister der Vergangenheit noch! nicht verschäucht haben oder - im Gegensatz zu Anderen - eben falsch damit umgehen.
Wie seht ihr das? Ist es im Grunde eine Kleinigkeit, die daraus eine große Krankheit/Störung/Schublade macht?
Sind wir im Grunde nicht genau so normal wie alle Anderen auch?
27.04.2015 11:54 • • 28.04.2015 #1