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TheSmiths
Hallo Freunde!

Ich würde mein Anliegen/Problem natürlich am liebsten möglichst eloquent und kreativ-emotional-intelligent schildern, aber aus 3 Gründen werde ich es lieber eher kurz und möglichst rational darstellen.

Grund 1: Ich möchte auch mit einem normalen, mittelmäßigen Text von mir klarkommen.
Grund 2: Es geht mir darum, etwas Halt zu bekommen und evtl. neue Sichten und dies ist keine Datingplattform.
Grund 3: Es ist mir einfach zu anstrengend, keine Energie.

Kurz zu meiner Person: Ich bin 35 Jahre alt, leide seit der 2. Klasse (seit 28 Jahren) unter einer Sozialphobie, habe dennoch von 2003-2008 Soziale Arbeit studiert und versuche nun, 8 Jahre später meine staatliche Anerkennung zu bekommen. Seit 17 Jahren bin ich in Therapie. Am 02.06.2014 begab ich mich in eine Entgiftung (Alk.) und bin seitdem trocken ohne Rückfall.

Meine Geschichte in Stichworten und kurzen Sätzen: Aufgewachsen mit 3 Brüdern, Vater Alk., Mutter liebend und fürsorglich.
Ich habe wirklich starkes ADS, richtiges ADS (Kindheit: eigenen Haare ausreißen, Selbstverletzung, Feuer legen, stark hyperaktiv...).
Seit dem Kindergarten wurde ich ausgeschlossen und gedemütigt.
Kurz: Hatte ein Kind Geburtstag und verteilte Süßigkeiten in der Schule, blieb mein Tisch immer leer.
Niemand lud mich zu sich ein, keinerlei Freunde außer meiner Mama, die anderen Kinder versteckten sich vor mir im Dorf. Ließ ich mich nicht abschütteln wurde ich bespuckt und geschlagen.
Hodenhochstand erst mit 12 Jahren operativ behoben. Folglich extreme Entwicklungsverzögerung. Während alle anderen in die Pubertät kamen und sich veränderten tat sich bei mir nichts... (Stimmbruch erst mit 20!, Bartwuchs mit 25, inzwischen normal entwickelt).
Aber der 5. Klasse wurde ich gepeinigt, gedemütigt und missbraucht (ich musste in der Schule tote Mäuse essen, durfte nur reden wenn es mir erlaubt wurde, durfte nicht lächeln und musste mir auf Knien in den Mund spucken lassen), nur um einen Bruchteil von dem zu nennen, was mir angetan wurde.
Auf Grund des nicht behandelten ADS´musste ich das Gymnasium bereits nach dem 1. Halbjahr von Klasse 7 verlassen. Dank meiner überdurchschnittlichen Intelligenz konnte ich auf der Realschule einigermaßen mithalten. Mobbing ging auch dort weiter. Ausgrenzung, Demütigung, Erpressung...
Realschule abgeschlossen, 4 Ausbildungen begonnen, immer entlassen.
Dann Fachoberschule Sozialwesen, erstmals kein Mobbing.
Dennoch auf Grund meiner bis dahin entwickelten, starken Sozialphobie und ADS nicht abgeschlossen.
Mit 18 Jahren erster Arztbesuch bezüglich meiner Probleme.
Therapeutin vermittelt bekommen und Ritalin. Durch das Ritalin konnte ich fortan meiner Intelligenz entsprechend handeln und Leistung bringen. Ich holte mein Abitur (1,7) nach und begann anschließend das Studium und schloss auch dieses erfolgreich ab (1,0 Diplomarbeit).
Das Ritalin erlöste mich von den starken Symptomen des ADS´, konnte aber natürlich meine Vergangenheit, meine Seele und meine Angsstörung nicht heilen.
Das Studium schaffte ich nur, weil ich alles was irgendwie ging schriftlich machte und vor Pflichtreferaten getrunken habe. Während der letzten 3 Semester musste ich Vollzeit Nachtschicht arbeiten um leben und studieren zu können. 2005 fing ich an regelmäßig nach der Schicht mit den Kollegen zu trinken. Innerhalb von 12-18 Monaten entwickelte ich eine Alk.. Zum Schluss minimum 6 Liter B. täglich. Nach dem Studium hielt mich meine Unsicherheit, mein nicht vorhandenes Selbstwertgefühl und die Alk. von dem Versuch ab, die Soziale Arbeit zu meinem Beruf zu machen.
Vor also fast genau 24 Monaten machte ich dann den Entzug und anschließend eine Langzeittherapie bezüglich meiner Sozialphobie.
Mitte 2015 begann ich dann mit den Bewerbungen, vielen Bewerbungen, richtig vielen Bewerbungen...
Denn wer stellt einen 35 Jährigen für das Berufspraktikum ein, wenn es hunderte junge und frisch Studierte gibt?!
Ich will garnicht groß erzählen, wie es dazu gekommen ist, dass mir ein Träger eine Chance gegeben hat, kurz, es waren Zufälle, Fügungen und sehr viel Glück.
Nun noch kurz zu den Symptomen meine sozialen Angststörung: Ich halte mich mit Superlativen eher zurück, aber hier geht es nicht anders: EXTREMES Schwitzen. Meine Kleidung ist Schwimmbadnass (darin steckt das Wort badass, haha), es läuft mir in Bächen von der Stirn über das Gesicht und von allen 10 Fingerkuppen tropft es, so das sich am boden Pfützen bilden. Nichts hat geholfen, nichtmal Spritzen oder hochdosiert Vagantin.
Darüber hinaus erröte ich, bekomme eine zittrige Stimme, Kloß im Hals, immer am Rande zum Weinen, Wortfindungsstörungen und einiges mehr.
Jetzt zu meinem Problem: Ich habe vom Kindergarten an nichts anderes als Ablehnung und seelische Gewalt erfahren, mir wurde bei allen Versuchen beruflich fuß zu fassen immer und wirklich immer gesagt, dass ich nicht dazupasse, schlecht bin, mich verhalte wie ein Kind, den falschen Job gewählt habe...Wirklich überall bin ich rausgeflogen, abgesehen von der Nachtschicht-Bandarbeit, denn da war mein Hirn und mein Verhalten relativ egal, solange ich 9 Stunden jede Nacht Kartons befüllte...
Um die Stelle als Berufspraktikant antreten zu können, sollte ich vorher ein Praktikum machen, um zu zeigen was ich kann und wie belastbar ich bin.
Dieses Praktikum lief 12 Wochen und endete gestern mit einem Abschlussgespräch.
Trotz schlimmster Symptome, wieder auftretendem Suchtdruck und aller Ängste, habe ich diese 12 Wochen durchgezogen und ich dachte wirklich, ich dachte tatsächlich, dass ich es geschafft habe!
Die Kollegen waren nett, ich drückte mich vor Nichts und bekam mehrmals gesagt, dass ich meine Sache gut mache.
Innerhalb dieser 12 Wochen änderte sich erstmal ein ganz klein wenig mein Gefühl und meine Sicht der Welt gegenüber. Ich bin 35! und fühlte mich das allererste Mal in meinem Leben nicht ausgegrenzt und somit total wertlos.
Gestern kam es also zu dem Auswertungsgespräch zwischen meinen zwei Chefinnen und mir. Vorher musste ich einige Bögen bezüglich meiner eigenen Einschätzung ausfüllen. Es waren ca. 80 Punkte bzgl. meines Arbeitsverhaltens, meiner pädagogischen Fähigkeit usw.
Ich konnte mir also selbst Noten (A, B, C ,D oder E, gut bis schlecht) geben. Ich gab mir wohl reflektiert überall mittelmäßige bis gute Noten, A-C und ich rechnete fest damit, dass mich meine Vorgesetzten ebenso gesehen hätten, zumal ich vorher tatsächlich mehrmals gelobt worden bin.
Aber das Gespräch war wie eine endgültige Hinrichtung
Mir wurde gesagt, dass ich 12 Wochen lang keinerlei Eigeninitiative oder Interesse am Unternehmen gezeigt hätte. Ich hätte keine Methodenkentnisse und würde mich lediglich auf FSJ-ler-Ebene (nicht abwertend gemeint, also von mir jetzt) bewegen.
Ich musste so sehr mit den Tränen kämpfen und war drauf und dran auszurasten. Ganz ehrlich, ich überlegte während des Gesprächs, ob es sinnig wäre, völlig auszurasten und mich einmal in meinem Leben zu wehren, aber ich tat es nicht.
Das Gespräch endete so: Man würde mich einstellen, aber ich müsse eigeninitiativ und auf meine Kosten Fortbildungen machen und Kurse belegen, meine Arbeitseinstellung zu 100% ändern und vom ersten Tag an zeigen, dass ich diesen Job wirklich machen will.
Sie haben eine Probezeit von 4 Monaten festgelegt und würden im Team besprechen, ob ich tragbar bin wobei sie ehrlich davon ausgehen, dass das nicht der Fall sein wird.
Kurz: Bis vorgestern dachte ich tatsächlich für 12 Wochen, ich habe es geschafft, ich bin der Hölle nach knapp 30 Jahren der Qual und Erniedrigung entkommen.
Nun ist es Samstagnacht um 01:06Uhr und ich fühle beinahe nichts mehr, nur Leere und totale Erschöpfung.
Wie soll ich da denn Montag mein Berufspraktikum antreten, wenn ich jetzt weiß, dass alles falsch und schlecht und rundum daneben war, was ich dort bislang getan und von mir gezeigt habe?
Ich weiß nun, dass mich dort alle für eine Witzfigur halten und darüber hinaus weiß ich nichtmal wie ich mich ändern muss, was ich genau falsch gemacht habe.
Soll ich dort Montag hingehen und so tun als wäre nichts gewesen und mir ein Buch bezüglich Methoden schnappen, während ich meiner Chefin sage, dass ich mich zu einem Kurs über die Arbeit mit Menschen mit Behinderung angemeldet habe und im nächsten Satz mehr Verantwortung forden und dabei einen wissenschaftlichen Vortrag halten?
Fakt ist, dass ich es in den nächsten 5 Jahren nicht nochmal schaffen werde, die Kraft aufzuwenden um eine solche Stelle zu bekommen.
Meine Therapeutin hat sozusagen mit mir vor knapp 3 Wochen schlussgemacht, weil ich ihr ihre Professionalität abgesprochen habe, weil sie sich nicht zurückmeldete.
Natürlich war das blöd von mir, aber ein Therapeut muss damit nunmal professionell umgehen und nicht wortlos nach 17 Jahren die Therapie beenden.

Leider habe ich keine Freunde und niemanden zum reden, halte aber diesen Druck einfach nicht aus und musste es wenigstens aufschreiben.
Suizid kommt wegen meiner lieben Mama nicht in Frage, sonst wäre ich schön längst weg.

Vielen Dank für´s Lesen.
Über ein paar nette Worte oder Vorschläge würde ich mich sehr freuen.

Peace

29.05.2016 01:23 • 01.06.2016 x 1 #1


20 Antworten ↓


T
Hey TheSmiths,
danke für deine Geschichte! Sie hat mich sehr berührt, und es tut mir sehr leid, was du in deinem Leben alles ertragen musstest.
Ich glaube, die größte Herausforderung hast du schon bestanden, indem du trotz der erneuten Schwierigkeiten trocken geblieben bist. Das ist eine echte Leistung!
Du sprichst von einer Hinrichtung. Ich sehe das nicht so. Vielmehr glaube ich, dass du ein Problem mit Kritik hast, weil deine Ansprüche an dich selbst wohl viel zu hoch sind (siehe auch oben normaler, mittelmäßiger Text). Sicher hätte die Beurteilung besser ausfallen können. Wichtiger ist aber doch, dass die beiden Damen etwas in dir sehen, worauf sie aufbauen wollen nach dem Motto: Das Fundament (das Wichtigste: dein Umgang mit den Menschen) ist gut, aus dem wird noch was. - Und ich glaube, dass du so ein paar Methoden auch noch auf die Reihe kriegst. Ich wünsche dir für morgen alles Gute!

29.05.2016 11:45 • x 1 #2


A


Wenn die Angst der echten Leere weicht

x 3


TheSmiths
Lieber Till,

vielen Dank für Deine Antwort!
Ich habe mich nun dafür entschieden, mich morgen für eine Woche krankschreiben zu lassen.
Diese erneute Demütigung hat mich derart verletzt, dass ich da nicht bereits morgen wieder vorstellig werden kann.
Sicherlich ist das ein Fehler, ich müsste mich der Sache direkt morgen stellen und das Wissen darum, wie ich nun von allen gesehen werde aushalten.
Zudem ist der Vertrag noch nicht unterschrieben und ich fehle somit meine erste Arbeitswoche, ja eigentlich unglaublich und somit auch selber schuld.
Glücklicherweise hatte ich vor 10 Tagen eine OP und einer der Schnitte hat sich übel entzündet. Natürlich wäre ich ohne diese niederschmetternde Bewertung trotz Schmerzen mit Ibuprofen im Gepäck zur Arbeit getigert, auch wenn das nicht gerade Selbstfürsorge vermittelt.
Nur war das einfach zu hart, ich würde morgen anfangen zu weinen und dann würden sie mich auf Grund fehlender Stabilität sofort kicken.
Sie wissen nunmal nichts von meiner Angststörung, aber das konnte ich beim Vorstellungsgespräch nunmal nicht sagen.
Sozialarbeiter mit Sozialphobie geht einfach nicht.
Nur glaube ich, dass ich diese extreme Konfrontation mit gleichzeitiger absoluter Abstinenz brauche, um irgendwann zu wissen wer ich bin und was ich kann...
Ich bin wirklich dankbar, dass sich immerhin ein Mensch dazu durchgerungen hat, mir zu antworten.
Danke, Till!

29.05.2016 12:56 • #3


Luna70
Herzlich willkommen hier bei uns im Forum. Ich hoffe, wir können dir zu der gewünschten neuen Sicht verhelfen.

Ich würde mich Till anschließen, meine Gedanken beim Lesen gingen auch in diese Richtung. Mein Mann hat auch eine schwere Form von ADHS, daher kenne ich die Problematik. Ich könnte mir vorstellen, dass ein Teil des Problems ist, dass es dir schwer fällt, dich in bestehende Strukturen einzuordnen oder auch unterzuordnen. Im Bereich soziale Arbeit kenne ich mich nicht aus, aber ich vermute auch da gibt es gewissen allgemeingültige Arbeitsweisen für verschiedene Situationen. Haben deine Chefinnen das mit Methodenkenntnisse gemeint? Also: wendest du das, was du im Studium gelernt hast auch genauso an? Beachtest du die Vorgaben, die gemacht werden? Also sprich: in Situation xyz macht man das auf eine bestimmte Weise, du machst es aber womöglich anders weil du das für das bessere Vorgehen hältst. Bei deinen Vorgesetzten kommt aber an: der kann es nicht oder er macht einfach, was er will. Das ist natürlich nur eine Vermutung von mir, resultierend aus dem was ich in fast dreißig Jahren gemeinsamen Lebens beobachtet habe.

Das wichtigste ist doch: die zwei Damen werden dir eine Chance geben. Womöglich die einzige, die sich bieten wird.

Zitat von Till:
Soll ich dort Montag hingehen und so tun als wäre nichts gewesen und mir ein Buch bezüglich Methoden schnappen, während ich meiner Chefin sage, dass ich mich zu einem Kurs über die Arbeit mit Menschen mit Behinderung angemeldet habe und im nächsten Satz mehr Verantwortung forden und dabei einen wissenschaftlichen Vortrag halten?


Teil 1 des Satzes, da würde ich sagen: Ja genau das solltest du tun. Teil 2 natürlich nicht. Einem Vorgesetzten einen wissenschaftlichen Vortrag halten, wenn man ganz unten in der Hackordnung ist, ist keine gute Idee.

Bist du denn sicher, dass du in diesem Beruf arbeiten willst? Das konnte ich deinen Beiträgen noch nicht so richtig entnehmen. Ist das dein Traumberuf?

29.05.2016 13:19 • #4


TheSmiths
Hallo Luna70!

Mein Traumberuf ist es nicht.
Aber Tiermedizin zu studieren ist nunmal faktisch einfach nicht mehr machbar (Alter, kein BAföG).
Es geht mir auch nicht darum, mein restliches Leben als Sozialpädagoge glücklich zu werden.
Nur gilt das Studium erst mit staatlicher Anerkennung als abgeschlossen.
In Zukunft würde ich dann gerne in der Dro.beratung und Begleitung arbeiten, oder mit psychisch und seelisch erkrankten Erwachsenen.
Gerne würde ich auch eine Weiterbildung zum Kinderpsychologen anstreben.
Aber dafür brauche ich halt ein abgeschlossenes Berufspraktikum.
Darüber hinaus ist eine berufliche Umorientierung gänzlich ohne Abschluss als 35 Jähriger schwer bis unmöglich.
Nur habe ich in den letzten Jahren wirklich meine Frustrationstoleranz und Energie gänzlich aufgebraucht und ich denke, dass mir lediglich Erfolgserlebnisse helfen können, um diese Speicher wieder aufzufüllen.
Bis zu dem Zeitpunkt der Abrechnung ist das auch geschehen.
Kurz: Ich muss das jetzt schaffen, um danach eine Menge neuer Perspektiven zu haben.
Ein erneuter Abbruch würde mir genau den Schlag in die Fresse geben, den es noch braucht um mich völlig auszuknocken.

Ich schätze Deine Ehrlichkeit sehr und ein solches Forum ist kein Wunschkonzert, nur hätte ich eher aufmunternde Worte und Strategien gebraucht, um dieses Ziel, diese Situation genau JETZT meistern zu können.

Liebe Grüße

29.05.2016 13:45 • #5


Hotin
Hallo TheSmiths,

leider war Dein bisheriger Lebensweg sehr schwierig.
Warum wurdest Du Deiner Meinung nach als Kind oft ausgeschlossen?
Was hast Du für ein Bild von Deinem Verhalten als Kind? Oder anders,
was haben andere Dir erzählt?

Zitat:
Ließ ich mich nicht abschütteln wurde ich bespuckt und geschlagen.


Wie bist Du denn auf andere zugegangen, das sie Dich abgelehnt haben?
Weißt Du wie wir Menschen normalerweise Kontakte schließen?

Zitat:
Das Studium schaffte ich nur, weil ich alles was irgendwie ging schriftlich machte


Zitat:
Jetzt zu meinem Problem: Ich habe vom Kindergarten an nichts anderes als Ablehnung und seelische
Gewalt erfahren,

Zitat:
mich verhalte wie ein Kind


Sieh mal, was Du schreibst. Die Menschen haben dir oft gesagt, sie wünschten sich
ein anderes Verhalten von Dir.

Du jedoch erzählst hier. Die Menschen haben Dich abgelehnt.
Vermutlich stimmt das nicht ganz. Sie haben Dich nicht abgelehnt Sie mochten aber Dein Verhalten nicht.
Und Du hast Dich in Deine (vielleicht etwas falsche) Verhaltensweise reingesteigert,
weil Du geglaubt hast, Du verlierst Dein Selbstbewusstsein, wenn Du auf das eingehst, was die anderen von
Dir gewünscht haben.
Falls ich Recht habe, musste Dein Lebensweg genau so laufen, wie er gelaufen ist.

Es stellt sich die Frage, ob Du bereit bist über Deine Verhaltensweise komplett neu nachzudenken.
Und da, wo es sinnvoll erscheint, Dein Verhalten verändern willst. Dann wird das Angstschwitzen auch weniger.
Auch durch eine Verhaltensänderung bleibst Du die gleiche Person, die Du ja dringend bleiben willst und sollst.

Zitat:
Aber das Gespräch war wie eine endgültige Hinrichtung
Mir wurde gesagt, dass ich 12 Wochen lang keinerlei Eigeninitiative oder Interesse am Unternehmen gezeigt hätte.


Warum Hinrichtung? Es ist sicher verflixt hart, so etwas gesagt zu bekommen.
Nur, sie haben nicht gesagt, das sie Dich nicht wollen, sondern sie geben Dir eine Chance.
Wieder hast Du die Möglichkeit, Dein Verhalten zu verändern. Falls Du das nicht möchtest, stellt sich die
Frage, was willst Du dann in einem Arbeitsbereich? Leben bedeutet ständig sein Verhalten an die
Gegebenheiten anpassen.

Zitat:
Man würde mich einstellen, aber ich müsse eigeninitiativ und auf meine Kosten Fortbildungen machen und Kurse belegen, meine Arbeitseinstellung zu 100% ändern und vom ersten Tag an zeigen, dass ich diesen Job wirklich machen will.


Ist das nicht ein brauchbares Angebot? Und was möchtest Du jetzt?
Willst Du, oder willst Du nicht?

Zitat:
Wie soll ich da denn Montag mein Berufspraktikum antreten, wenn ich jetzt weiß, dass alles falsch
und schlecht und rundum daneben war.


Es war nicht alles falsch und es war nicht alles daneben. Du siehst es nicht korrekt.
Wenn alles falsch gewesen wäre, hätte man Dir gesagt. Wir wollen sie nicht.

Zitat:
Soll ich dort Montag hingehen und so tun als wäre nichts gewesen und mir ein Buch bezüglich Methoden schnappen, während ich meiner Chefin sage, dass ich mich zu einem Kurs über die Arbeit mit Menschen mit Behinderung angemeldet habe und im nächsten Satz mehr Verantwortung fordern und dabei einen wissenschaftlichen Vortrag halten?


Natürlich musst du hingehen. Nur wenn Du gleich wieder mit fordern und wissenschaftlichen Vorträgen
anfängst, schießt Du Dich bestimmt selber ab.
Zeige erst mal, das Du bereit bist die geforderte Leistung zu bringen.
Und lasse Dich ein wenig steuern. Frage gelegentlich mal, ob Du es richtig gemacht hast.
Zitat:
aber ein Therapeut muss damit nun mal professionell umgehen


Was hältst Du davon, wenn du in Zukunft noch etwas professioneller an Deiner Zukunft arbeitest?
Gerade lese ich, Du denkst über eine Weiterbildung als Kinderpsychologe nach. Auch wenn ich Dir
damit sicher weh tue. So einen Gedanken solltest Du erst mal weit zurückstellen Das passt nicht.

Leider konnte ich Dir keine Streichel-Antwort schreiben.
Hilf Dir selbst und geh da morgen hin und zeige, das Du beißen kannst.

Dafür wünsche ich Dir viel Erfolg.
Und schreibe uns mal, was geklappt hat.

Viele Grüße

Bernhard

29.05.2016 14:00 • x 2 #6


Luna70
Das ist mir schon klar, dass du genau jetzt Hilfe brauchst. Wenn ich das richtig sehe, hast du im Moment nur diese eine Option, nämlich dieses Praktikum irgendwie zu überstehen. Deine Chefinnen haben dir den Weg gezeigt, wie es gehen könnte. Dich fachlich weiterbilden, Lücken im Bereich Methodik schließen und dich so gut es irgendwie geht ins Team einordnen.

Du hast ja offenbar Respekt vor deinen Vorgesetzten und wenn ich dir richtig verstanden habe, hast du dich dort eigentlich wohl gefühlt. Das ist doch sehr gut und ein richtiger Fortschritt. Dann kann ich dir nur den Rat geben, dich nun auch von ihnen führen zu lassen. Ich kenne das von meinem Mann, dass jedes Gefühl von Gegängelt-Sein sofortige Opposition auslöst, aber vielleicht kannst du es schaffen dich darauf einzulassen dass sie nun mal mehr Erfahrung, mehr Wissen und am Ende eben auch das Sagen haben.

Wenn sie Interesse am Unternehmen vermissen, dann zeige ihnen dass du Interesse hast. Wie das genau aussehen könnte, ist von außen ein bisschen schwierig zu sagen, wir wissen ja auch nichts über die Struktur des Arbeitgeber. Wenn es ein größerer Träger ist mit anderen Abteilungen, mal dort reinschauen vielleicht. Bist du informiert, was die alles machen, wer das ganze finanziert, welche Abteilungen es gibt, wer die Vorstände/Geschäftsführer sind? Zeige Interesse an den Meinungen der Fachkollegen zu bestimmten Themen. In einem sozialen Beruf ist das vermutlich noch wichtiger als woanders, dass man sich gegenseitig Rückmeldung gibt, könnte ich mir vorstellen.

Du bist doch jetzt schon so weit gekommen, nun wirst du auch den Rest noch überstehen. Du bist gelobt worden, also hast du sicher nicht alles falsch gemacht. Dann hätten sie dir die Praktikumsstelle doch auch gar nicht angeboten. Wäre ja völlig unlogisch, wenn sie in dir kein Potential sehen würden.
Wie ist die Beurteilung denn genau ausgefallen? Gibt es sowas wie einen Durchschnitt oder so?

29.05.2016 14:14 • x 1 #7


TheSmiths
Hallo Luna70,

Deine Antwort hat mir sehr geholfen, besonders der erste Absatz, vielen Dank.

Bezüglich des Auswertungsgespräches: ++, +, +-, -, --
Im Groben und Ganzen haben sie mich bei +- bis - eingeordnet und mir danach vermittelt, dass sie nun vom ersten Tage das Gefühl von mir bekommen möchten, dass ich wirklich Sozialarbeiter sein möchte und somit diesen schweren und sehr arbeitsintensiven Weg gehen möchte.

Und genau das werde ich jetzt tun, ganz gleich, ob Soziale Arbeit nun mein Traum ist oder nicht.
Im Grunde macht mir diese Arbeit sogar Freude und es war ein ganz tolles Gefühl, wenn die Kinder bei mir Rat, Hilfe und Anerkennung suchten.
Von den Kindern und Jugendlichen wurde ich nicht als Spielkamerad gesehen, sondern als erwachsener Betreuer, der klare Regeln vorgibt, aber auch mit ihnen spielt und tobt.
Das ist einer der schmerzlichsten Punkte. Die Kinder profitieren von mir und meiner Andersartigkeit, während die Kollegen und Vorgesetzten genau diese Andersartigkeit als fachliche Inkompetenz bewerten.

Folglich: Ich werde in Zukunft vorerst das Unternehmen, seine Strukturen und professionelle Miteinander höher ansiedeln und einen verantwortlichen und erwachsenen Eindruck vermitteln.
Vermitteln klingt so, als müsste ich dies gänzlich schauspielern, dem ist nicht so.
Das ist alles in mir, nur ist es nun auch Zeit, mich meiner Position als studierter Berufspraktikant zu stellen und ein Fundament aus Veratwortung, Kritikfähigkeit und fachlicher Kompetenz von innen heraus und durch Fortbildungen aufzubauen.
Ganz praktisch werde ich damit beginnen, mich nicht mehr an den Tisch der FSJ-ler zu setzen und dort Anerkennung zu suchen.
Ich gehöre zu meinen Kollegen ins Büro und werde die FSJ-ler anleiten, Punkt!

Nochmal, danke und liebe Grüße

29.05.2016 14:49 • x 1 #8


Luna70
Wir haben hier ja auch andere User, die im sozialen Bereich arbeiten und die berichten oft, dass es dort schon sehr hierarchisch und streng reglementiert zugeht. Und nicht unbedingt immer sozial. Also nicht unbedingt das, womit ein ADHS-ler gut zurecht kommt. Du wirst irgendeinen Mittelweg finden müssen zwischen Anbiedern und Rebellion. Diese Krankheit/Störung/Besonderheit ist wirklich ziemlich teuflisch und viele sehr kluge Menschen bleiben unter ihren Möglichkeiten, weil es ihnen so schwer fällt, sich in den Strukturen zurecht zu finden. Mein Mann war übrigens auch über 30, als er mit dem Studium fertig geworden ist und es wäre gelogen, wenn ich sagen würde dass heute im Beruf alles super läuft. Es bleibt einfach ein lebenslanger Kraftakt, wenn man so stark betroffen ist.

Dein letzter Beitrag hört sich schon viel besser an, das freut mich. Und deine Beurteilung, dann war das ja wohl sowas wie eine 3-4 mit Tendenz zur 4, wenn man es mal in Schulnoten ausdrücken will. Also definitiv keine Hinrichtung, sondern ein Signal für dich, dass du noch was tun musst.

Wenn du magst, begleiten wir dich hier ein bisschen durch dein Praktikum. Das ist ja nun erstmal das wichtigste, dass du das abschließen kannst. Also schreibe ruhig weiter hier, wie es läuft.

29.05.2016 15:38 • x 1 #9


TheSmiths
Vielen Dank!

Das wird mir so sehr helfen, dass ich hier jetzt quasi ein kleines Tagebuch führen darf.
Einfach Danke!

29.05.2016 15:42 • #10


Luna70
Bitte sehr. Dann mal her mit dem Tagebuch.

29.05.2016 16:19 • #11


TheSmiths
Hallo Freunde!

Ich hatte meiner Chefin bezüglich des Auswertungsgesprächs eine lange Email geschrieben. Darin bedankte ich mich für das offene und direkte Gespräch und erörterte meine weitere Vorgehensweise, was ich alles ändern werde, dass die Kritik angekommen ist und ich nun reflektiert wachgerüttelt meine Rolle als Berufspraktikant annehmen werde.
Darüber hinaus habe ich aber auch erklärt, dass ich mich in einzelnen Bereichen positiver gesehen habe und ich dankbar gewesen wäre, wenn man diese, absolut gerechtfertigte Kritik früher an mich heran getragen hätte...

Das war wohl ein katastrophaler Fehler.
Als ich heute ins Büro kam, wurde ich ins Büro des Leiters der Einrichtung zitiert.
Dort wurde mir dann mitgeteilt, dass meine Mail eine respektlose und manipulierende Frechheit sei und das eine Zusammenarbeit mit mir nicht möglich ist!
Ich habe versucht zu erklären, dass die Intention der Mail eine ganz andere war und ich niemanden angreifen wollte.
Und dann ist es passiert:
Ich musste weinen, aber so richtig.
Darauf hin wurde das Gespräch recht zügig beendet und ich bin gegangen.
Soooo *beep* nochmal gerne würde ich diese Mail hier mal anonymisiert posten und mal ganz objektiv hören was ihr dazu sagt.
Ich wollte mit dieser Mail nichts, absolut NICHTS böses sagen oder anrichten wie mir vorgeworfen wurde.

Der Leiter sagte zum Abschluss, er würde nochmal das Gespräch mit meinen beiden Chefinnen suchen und sich dann bei mir melden...

Danke für´s lesen

Liebe Grüße

Moz

31.05.2016 19:14 • #12


Luna70
Zitat von TheSmiths:
Soooo *beep* nochmal gerne würde ich diese Mail hier mal anonymisiert posten und mal ganz objektiv hören was ihr dazu sagt.


Dann mache das doch. Hast du Bedenken, dass es jemand aus der Einrichtung liest und dich wiedererkennt?

31.05.2016 19:48 • #13


TheSmiths
Ja, ganz genau darum geht es.
Da bräuchte ja nur jemand eine Fetzen der Mail googeln und zack...wahrscheinlich ein wenig paranoid weil eher unwahrscheinlich.
so lange noch ein Minifunken Hoffnung besteht, lasse ich das lieber.
Wobei ich mich langsam frage, ob ich da überhaupt noch arbeiten könnte.

Voll nett, dass Du so schnell für mich da warst, danke.
Hab mir grad mal die Smilies angesehen, am besten gefallen mir die beiden hier, einfach spitze
Welche gefallen Dir?

31.05.2016 19:59 • #14


F
Hi TheSmiths.
So etwas würde ich niemals schriftlich machen.
Das Schriftliche ist nicht geeignet Emotionen, Gestik, Mimik, Stimmlage usw. zu übertragen.
Zwischen den Zeilen kann so viel reininterpretiert werden, was niemals so gemeint war.
Desweiteren kann der Empfänger sich das Geschriebene immer wieder durchlesen,
das Gesprochene hingegen bleibt nur in der Erinnerung, verblasst
und kann nicht Jahrelang noch gegen dich verwendet werden.
Meinen Kindern gebe ich immer wieder den Rat, wichtige Dinge von Angesicht zu Angesicht zu klären.
Für Dich kommt dieser Rat jetzt zu spät, aber evtl. hilft er Dir ja in der Zukunft irgendwann noch einmal.
Grüße und viel Glück bei der weiteren Entwicklung.

31.05.2016 20:10 • x 1 #15


TheSmiths
Hi Facehugger67!

Du hast vollkommen recht, ich danke Dir für diesen Tipp.
Soetwas werde ich zuküntig nur noch persönlich besprechen.
Das gilt zumindest für berufliche Kontakte und Menschen die mich nicht kennen und somit schnelle Dinge falsch verstehen können.
Ich könnte mich kaputtärgern, aber hilft ja nun nicht mehr.

Danke

Moz

31.05.2016 20:23 • x 1 #16


Hotin
Hallo TheSmiths,

wenn Du möchtest, sende mir Deinen Text mal als Private Nachricht.
Es wird etwas dauern, aber ich schau mir den mal an.

Viele Grüße

Bernhard

01.06.2016 06:59 • x 1 #17

Sponsor-Mitgliedschaft

Luna70
Zitat von TheSmiths:
Welche gefallen Dir?


Das hier ist mein Lieblings-Smiley. Sehr gut geeignet, wenn man etwas eigentlich unverschämtes nett verpacken will.

Wie geht es denn nun weiter?

01.06.2016 08:57 • #18


Weltverlust
Kopf hoch Ich hatte jetzt anhand deiner Schilderung nicht den Eindruck gewonnen, dass du dort glücklich geworden wärst. Bestimmt findet sich mit der Zeit ein viel besserer Platz zum arbeiten.

01.06.2016 10:07 • x 1 #19


TheSmiths
Hallo ihr Lieben!

@weltverlust: Vielen Dank für die lieben und tröstenden Worte.

@luna70: Ich werde nun erstaml warten, bis der der Geschäftsführer sich meldet und mir sagt, ob es weitergeht. Mir wurde gesagt, dass das Gespräch aus Sicht meiner beiden Chefinnen gut gelaufen sei und man ganz klar gemerkt hat, dass ich die Kritik angenommen habe. Auf Grund dessen hatte man noch am gleichen Tage den Vertrag an mich verschickt.
Meine Email hat allerdings alles kaputt gemacht und keiner der Kollegen möchte nun mit mir zusammenarbeiten.
Ich wollte mit der Email alles besser machen und zeigen, dass ich nun wirklich kapiert habe was sich ändern muss und ändern wird. Leider ist mein Brief gänzlich falsch angekommen.
Am Montag werde ich mich demzufolge zu 99,984% erneut arbeitslos melden und anschließend entscheiden wie es weitergeht.
Wie gesagt, Suizid kommt nicht in Frage, obwohl es so befreiend wäre.
Wir kommen aus dem Nichts und gehen ins Nichts, so what?!
Trotzdem, nein.
Ich werde mich entscheiden müssen: Hilfsarbeit, Klinik (und´n neuen Therapeuten brauche ich ohnehin), den beinahe aussichtslosen Gang zur Durchsetzung von Frührente, oder sammeln und in einigen Wochen erneut alles versuchen, um eine Berufspraktikantenstelle zu finden und es dann dank meines neuen Wissens anders zu machen, oder wieder Saufen.
Momentan bin ich am Ende, richtig am Ende.
Kein ich hasse die Welt und genieße meine Melancholie mit dementsprechender Musik-Ende, sondern ein es ist Fakt, alle finden mich schei., also muss es wahr sein, ich bin einfach nicht fähig und warte auf den Tod-Ende.
Seit Freitag fallen mir die Haare in Büscheln aus und ich bekomme erste kahle Stellen, kreisrund und diffus...
Vielleicht wäre Klinik am angebrachtesten.
Wobei es dann einfach wieder von vorne losgehen würde.
Ich bleibe liegen und warte in meinem eigenen Saft auf Nichts.

Der Vertrag ist tatsächlich gestern angekommen und liegt nun im Altpapier, bravo!

Peace!

01.06.2016 15:08 • #20


A


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Mira Weyer