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S
Hallo Zusammen

Anfang/Mitte letzten Jahres hat sich bei mir immer stärker heraus kristallisiert, das ich an einer generalisierten Angststörung/ mittelgradigen Depression erkrankt bin. Ich habe das lange vor mir her geschoben, weil ich immer der Meinung war, das das irgendwann schon wieder von alleine weg geht, musst aber irgendwann fest stellen, an einem Punkt angelangt zu sein, an dem gar nichts mehr ging. Ich war dann insgesamt so ca. 5 Monate krank geschrieben (arbeite in der Pflege) wovon ich 6 Wochen Wiedereingliederung gemacht habe. Während der Krankschreibung war ich über eine PIA angebunden, die mich mit Sertralin eingestellt hat und einen Therapeuten vermittelt hat. Mit dem Sertralin bin ich auch ganz gut gefahren und hatte schnell das Gefühl das es bergauf geht. Der Therapeut war leider nicht so meins und so habe ich…im Nachhinein echt dumm von mir…nach 4 Sitzungen die Therapie abgebrochen, ohne wirklich irgendwelche Skills gelernt zu haben.

Nach der Wiedereingliederung ging es mir die letzten 6 Monate echt gut auf der Arbeit…ich habe Stunden reduziert (auf 80%) und hatte das Gefühl wieder gut angekommen zu sein und im beruflichen wie im privaten wieder voran zu kommen.

Vor ca. 3 Wochen war ich dann aber vier Tage krank und das hat mich völlig aus dem Konzept gebracht…von da an hatte ich wieder tgl. mit Übelkeit, Herzrasen, Appetitlosigkeit, Schweißausbrüchen, etc. zu kämpfen…meist vor der Arbeit aber auch an freien Tagen.
Jetzt bin ich aktuell wieder krank geschrieben und habe mir nächste Woche wieder einen Termin in der PIA vereinbart.
Ich mache mir viel zu viele Gedanken darüber, was jetzt über der Arbeit über mich geredet wird wenn ich schon wieder länger ausfallen sollte und ob ich dort dann überhaupt noch eine Zukunft haben kann ohne mir ständig anhören zu dürfen ob ich in einem halben Jahr wieder ausfallen würde und vor allem was die armen Kollegen leisten müssten um meinen Ausfall zu kompensieren…auch so eine Berufskrankheit unter Pflegekräften wie ich finde.

Mein großer Fehler war denke ich von Anfang an nur auf die Medikamentöse Schiene zu setzen…das hat zwar jetzt ne Weile gut funktioniert, aber dafür hab ich jetzt nichts gelernt wie ich mit so Situationen umgehen kann. Außerdem glaube ich, das ich zu früh wieder in die Arbeit eingestiegen bin, weil der Druck von Kollegen von außen, wenn auch nicht unbedingt gewollt, immer stärker wurde. Ich sag nur "wann kommst du wieder", "willst du überhaupt wieder kommen", "wir vermissen dich total", "hoffentlich bist du bald wieder da".
Erschwerend kam hinzu, das meine Chefin mir immer wieder unter die Nase rieb, das sie ja eigentlich so gar kein Verständnis dafür hat, wenn junge Leute mit der Psyche zu kämpfen haben (bin 25)…schließlich hätten wir ja noch gar nichts im Leben erlebt was uns hätte traumatisieren können.

Jedenfalls hoffe ich, das es hier vielleicht den ein oder anderen gibt, der auch nach einer gewissen Zeit zurück in die Angst gefallen ist und erneut auf der Arbeit/im sozialen Umfeld ausgefallen ist, und mir vllt. etwas Mut zusprechen kann, das auch diese schwere Zeit wieder vorbei geht.

Mein Ziel ist es auf jeden Fall jetzt mal eine richtige Therapie zu machen.

30.06.2022 15:03 • 30.06.2022 x 1 #1


7 Antworten ↓


F
Hallo
Mensch da geht es dir ja wie mir.
Hatte vor 2 Jahren 2 schlimme panikattacken. Konnte dann gar nichts mehr. Meine umwelt hat mir angst gemacht. Ich hatte sogar Angst vor meinen Kinder.

Alles war so fremd für mich. Freude hatte ich auch nicht mehr. Dachte damals echt das bei der panikattacke im kopf was kaputt gegangen ist.

Habe dann sertralin bekommen.
Dauerte glaub so 2 Monate bis es mir wirklich gut ging. Nebenbei auch eine kognitive verhaltenstherapie gemacht.

Alles war super. Bin dann leider von 100 mg sertralin auf 50 mg runter gegangen. Weil mir ging es auch richtig gut und mein Arzt meinte das ich das für mich entscheiden kann.

Tja dann kam immer mehr Stress dazu. Am meisten von der Arbeit. Fühlte mich wie ein Roboter. Hab mir auch keine Zeit mehr für mich genommen.

Das war mein Fehler. Vor 3 Wochen hatte ich eine extreme panikattacke im auto......von da an ging es bergab.
Wieder angst und das gefühl Alles ist fremd.
DP/DR auch noch dazu.....

Bin jetzt seit 6 Tagen auf 150 mg sertralin. Wirklich besser geht es mir so noch nicht. Bin dauermüde.....aber schlafen kann ich irgendwie auch nicht. Panik kommt ab und an auch immer hoch. Will das so nicht mehr.

Meine Therapie ist nach 2 Jahren nun auch erstmal vorbei.....

30.06.2022 15:54 • x 1 #2


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Rückfall trifft mich mit voller Wucht

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Zitat von Shenbu:
Jedenfalls hoffe ich, das es hier vielleicht den ein oder anderen gibt, der auch nach einer gewissen Zeit zurück in die Angst gefallen ist und erneut auf der Arbeit/im sozialen Umfeld ausgefallen ist, und mir vllt. etwas Mut zusprechen kann, das auch diese schwere Zeit wieder vorbei geht.

Liest sich komisch, deine Hoffnung Aber ich verstehe, wie Du es meinst.
Ich hatte mehrfach teilweise recht lange Ausfälle im Job. Ein zurückkommen war immer etwas mulmiges. Wegen der Gedanken, was die Kollegen wohl denken könnten. Nur, einen Einfluss auf deren Gedanken hab ich ohnehin nicht, also eigentlich überflüssig, sich deswegen Gedanken zu machen. Wenn Deine Kollegen Dir mitteilen, dass Sie Dich vermissen und sich nach deinem Befinden erkundigen, ist das ja zunächst etwas positives. Vorausgesetzt es liegt Ihnen auch wirklich was an Deiner Person und nicht nur daran, möglichst schnell wieder arbeitsumfänglich entlastet zu werden. Das musst Du aber selbst einschätzen.

Bei mir war es auch immer so, dass ich es bei lieben Kollegen immer bedauert habe, dass diese jetzt wegen mir, mehr arbeit haben. Bei denen, die mir nicht gesonnen waren, wars mir aber egal und deswegen hielt sich mein schlechtes Gewissen insgesamt in Grenzen. Wenn ich krank bin, bin ich krank und wenn Ärzt:innen bescheinigen, das ich arbeitsunfähig bin, ist das so.

Etwas anders sehe ich die Aussage deiner Chefin, die dann ja wohl weiß, dass Du Probleme psychischer Art hast. Da ich ja nichts konkret über Deine Arbeitsverhältnis weiß, kann ich dazu auch nichts sagen, außer dass deine Chefin meines Erachtens Defizite im Bereich sozialer Kompetenz aufweist. Förderlich sind solche Aussagen jedenfalls nicht. Aber zumindest kennst Du nun Ihre Einstellung, dass ist ja schon mal was.

Letztlich bliebe die Frage, ist es der richtige Job für Dich. Auch wenn ich es ausdrücklich begrüße, dass Menschen sich entscheiden in der Pflege zu arbeiten, sehe ich es dennoch ambivalent, bezüglich der generellen Eignung, was aber nicht abwertend gemeint ist.

Dummes Beispiel, nur weil ich Astronaut werden will, muss ich es nicht werden können. Im Gegensatz zu Pflegeberufen, wird da aber schon vor der eigentlichen Ausbildung sehr genau auf eine Eignung getestet. Angesichts der Tatsache, dass Pflegekräfte fehlen, ist es eigentlich schade, dass ich nicht in diesem Bereich zur Fachkraft ausgebildet bin, aber so gerne ich andern Menschen in deren schweren Zeiten (im Alter oder bei Erkrankung) helfen würde, ich würde es wohl mental und mittlerweile auch körperlich nicht können. Und nur der Wille, es trotzdem zu tun, würde mich unter Druck setzen, dem ich vermutlich irgendwann erliege.

Durch meine Aufenthalte in Kliniken habe ich schon oft festgestellt, dass es bei manchen Pflegekräften vielleicht besser wäre, sie würden eine anderen Job machen und auch das meine ich nicht abwertend. Es ist einfach die Grenze des leistbaren, die nicht außer acht gelassen werden sollte und die sich dann in negativen emotionalen Auswirkungen zeigt.

Das kann Abstumpfen sein, oder auch zu viel Mitgefühl, oder was anderes, dass sich sowohl auf Klientel, als auch auf einen selbst negativ auswirkt.

Okay, mein Text ist jetzt ausschweifend genug, denke ich. Ob er irgendwie hilfreich ist, weiß ich jetzt auch nicht. Auf jeden Fall finde ich Dein Ziel, eine Therapie zu machen, absolut richtig. Ich drück die Daumen, dass Du zeitnah eine bekommen wirst.

30.06.2022 16:18 • x 1 #3


S
Erstmal danke für dein umfangreiche Antwort

Ich denke die Chefin ist allgemein schwierig einzuschätzen, weil man nie weiß, ob sie jetzt gerade hinter dir steht, oder insgeheim schon plant, wie sie einen am besten in die Ecke drängt/los wird...da gab es die letzten Jahre schon einige Opfer deswegen geht man da als bisher nicht betroffener schnell vom Worst Case Szenario aus
Deine Gedanken zur Eignung für den Beruf der Pflege kann ich absolut nachvollziehen, du bist nicht der erste, der die Frage in den Raum stellt, ob man sich den Herausforderungen der Pflege gewappnet sieht und ich bin mir vollkommen bewusst, das dieser Beruf mit Sicherheit deutlich mehr Stress im Arbeitsalltag hervorbringt als so manch anderer Beruf.
Zum Glück kann ich von mir sagen, das ich auch wenn mich auch im Rahmen der Arbeit schon öfter die Panik gepackt hat, sehr gerne diesen Job mache und auch davon überzeugt bin, das nicht die Arbeit alleine verantwortlich für die Probleme ist...am Ende des Tages wüsche ich mir nämlich auf jeden Fall wieder dort zu arbeiten, einfach weil ich bisher eigentlich immer gut mit den meisten Kollegen dort klar kam bzw. Freunde in ihnen gefunden haben und ich einfach unfassbar gerne mit den teilweise auch schwer kranken Patienten dort zusammen arbeite.
Vllt. ist es auch einfach ein großer Teil der sozialen Komponente, der mir quasi Angst macht und mich extrem unter Druck setzt, Anerkennung im beruflichen wie privaten bzw. ein nettes Team zu verlieren, gerade weil ich früher (...alt bin ich ja jetzt echt nicht) große Schwierigkeiten hatte sozialen Anschluss zu finden.

30.06.2022 16:41 • x 1 #4


D
So wie ich es jetzt lese, gibt Dir der Job viel und dass finde ich sehr schön. Wenn Du also erkannt hast, dass es ein anderes Grundproblem für deine psychische Erkrankung gibt, dann gilt es natürlich, daran vorrangig zu arbeiten. Sei es therapeutisch oder medikamentös oder sonst wie.

Und klar, jeder Job hat auch Auswirkungen auf die eigene psychische Gesundheit. Mal positive, mal negative. Wichtig ist, sich dessen bewusst zu sein. Ich habe im Laufe meines beruflichen Lebens vieles erfahren, das mich unter Druck gesetzt hat. Der Wunsch nach Anerkennung bewirkte dies aber nie, weil ich irgendwann erkennen konnte, das Anerkennung , die nur auf erbrachter Leistung basiert, für mich bedeutungslos ist. Genauso wie das nachlassen oder fehlen selbiger, wenn meine Leistung nachlässt.

Echte Anerkennung habe ich erfahren können, bei Dingen, bei denen ich es nicht erwartet habe. Aber auch erst, als ich mir intensivere Gedanken darüber gemacht hatte, wie ich Anerkennung empfinde und dies erst, nachdem ich mal bei meinem Therapeuten geäußert habe, dass ich denke, dass nur meine Leistung gesehen wird, aber nicht ich als Mensch.

Ich weiß für mich und meine Probleme bezüglich der sozialen Komponente in meinem Leben, dass ich der einzige bin, der etwas ändern kann, sofern ich es auch wirklich will.
Ich weiß zum Beispiel, dass ich soziale Kontakte nicht um jeden Preis will. Dass ich auch hinnehmen kann, wenn sich keine entwickeln, weil es einfach nicht passt und ich mich nicht verbiegen will. Und letztlich ist niemand everybodys darling.

Der Wunsch nach sozialen Kontakten und das diese ein Wohlbefinden erzeugen ist für mich absolut nachvollziehbar. Erzwingen, dass es so ist, kann ich es aber eh nicht. Vor allem, wenn da eine Angst da ist, die diesen Wunsch konterkariert. Also ist die Priorität klar, erstmal diese Angst bewältigen lernen.

30.06.2022 17:19 • #5


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Zitat von Shenbu:
Mein großer Fehler war denke ich von Anfang an nur auf die Medikamentöse Schiene zu setzen…

Sehe ich auch so.

Zitat von Shenbu:
und mir vllt. etwas Mut zusprechen kann, das auch diese schwere Zeit wieder vorbei geht.

So wie Du das beschreibst, also nur mit Medikamenten und ohne eine angemessene Therapie, sehe ich das eher als unwahscheinlich an, das Du zeitnah/langfristig eine gewisse Resilienz aufbauen kannst.

30.06.2022 20:05 • #6


S
Zitat von cube_melon:
Sehe ich auch so. So wie Du das beschreibst, also nur mit Medikamenten und ohne eine angemessene Therapie, sehe ich das eher als unwahscheinlich an, ...

Ist ja gar nicht mein Ziel das diesmal ohne Vernünftige Therapie durchzuziehen

Will das diesmal eigentlich schon richtig angehen…ist natürlich leichter gesagt als getan, aber der Wille/der Wunsch ist hoffentlich schon mal ein Anfang.

30.06.2022 21:09 • #7


Flame
Immerhin weisst Du schonmal,wo der Hase im Pfeffer liegt.

Gute Therapeuten zu finden ist auch nicht ohne,das wird die nächste Aufgabe sein aber das lässt sich alles lösen,meistens dauert das aber das macht nichts.

Generell ist eine Arbeit in der Pflege einfach sehr beanspruchend und es ist zu überlegen,ob Du das langfristig bewältigen kannst und auch willst.

Es gibt auch weniger stressige Jobs, inzwischen suchen viele gemeinnützige Einrichtungen wie z.B. die AWO oder die Diakonie nach Personal für Einzelbetreung innerhalb von Wohngruppen,da hat man dann eben nur für eine Person zu sorgen.

Früher haben das Heilerziehungspfleger gemacht aber die kriegen halt auch kaum Leute bzw. können die nicht bezahlen und nehmen dann auch Quereinsteiger.
Mit Deinem Hintergrund,dass Du aus der Pflege kommst,dürfte es ein leichtes sein,dort berufsnah was zu finden.


Kurzform: Akzeptiere Deine Grenzen und passe Dein Leben darauf hin an.

Aus eigener Erfahrung weiss ich,dass die eigenen Grenzen zu akzeptieren das Schwierigste ist.
Aber einmal geschehen wird es leichter.

30.06.2022 21:27 • x 2 #8





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Mira Weyer