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Fiora
Die Angst hat mich im Griff, ich nähre sie mit meiner Vermeidungsstrategie, und das ist das Dümmste, was man machen kann. Es begann alles vor einem halben Jahr. Ich hätte nicht aufgeben dürfen, damals, den ewigen Kampf gegen meine Angst, denke ich heute, ich hätte mich nicht fallen lassen dürfen. Doch ich konnte nicht mehr. Ich konnte nicht mehr zur Arbeit gehen, die Angst vor dem Versagen hatte mich im Griff.

Ich kam in eine Klinik, 9 Wochen. Die Therapien waren sicherlich gut, doch meine Ängste steigerten sich. Die Erinnerungen an meine früheren Depressionen und an frühere Klinikaufenthalte stiegen mir in den Kopf, mit ihnen die Erinnerungen an all die Qualen dieser Zeiten, all die Irrgänge, dem vielen Scheitern auf den Wegen des Gesundens.

Es war so erholsam gewesen, die letzten fünf Jahre der Zuversicht, des Selbstvertrauens, der kleinen und großen Ziele, der Unbeschwertheit. Ich dankte jedem Tag, der mir ein Leben ohne Depression bescherte. Der gelungene Weg aus der letzten Depression war seinerzeit wie eine Erlösung aus einem Martyrium der Anspannung und Verzweiflung, der mich ein Jahr fest im Griff hatte.

Nach 5 Jahren schlug sie wieder zu, die Depression. Ich zerbrach unter dem Anblick meiner neuen Realität. Die Erinnerungen an vergangene Zeiten der Depression stiegen in mir auf. Noch heute bin ich gefangen in diesem Alptraum der Erinnerung, mit ihm verbunden die Erinnerungen an die vielen hoffnungslosen Stunden der inneren Entfremdung, der Entfremdung zu meinen liebsten, meiner Familie und engen Freunden, während der Klinik Zeiten.

Ich konnte mich in der Klinik nur bedingt stabilisieren. Der Ausbruch von Corona, gleich zu Beginn der Klinik Zeit tat sein übriges dazu. Die berufliche Wiedereingliederung im Anschluss ist gescheitert. Meine einstigen Interessen von gestern, mein Mut und meine Zuversicht liegen tief vergraben unter dem schweren Bleimantel der Angst.
Allen Bemühungen der Therapien zum Trotz konnte ich ihn noch nicht ein kleines Stück wegschieben. So verharre Ich wie ein Kaninchen, das in Erwartung von etwas Schrecklichem verharrt.

Ich lebe im Kreisel der Angst. Sie ist inzwischen groß und monsterhaft. Ich traue mich kaum noch auf die Straße, geschweige denn in ein Geschäft, zum Einkaufen. Die letzten Jahre war ich viel alleine unterwegs, zu Städtetouren, Konzerten, Urlauben, politischen Aktivitäten, und ich genoss das Aufeinander zugehen, den Austausch, die Kommunikation. Wie viele Meilen bin ich heute davon entfernt.

Doch es ist da noch ein kleiner Lichtstrahl in der Ferne, das Wissen darum, dass ich es bislang immer wieder geschafft habe aus meinen Depressionen wieder rauszukommen. Das ist der Lichtstrahl, an dem ich festhalte:
irgendwann werde ich die Angststarre verlassen und wieder kleine Schritte gehen können.
- Mein Lichtstrahl der Hoffnung -

Habt ihr ihn auch, euren Lichtstrahl der Hoffnung?, an dem ihr in euren schwersten Zeiten festhalten könnt?

14.07.2020 10:11 • 14.07.2020 #1


10 Antworten ↓


HaZelGreY
Zitat von Fiora:
Habt ihr ihn auch, euren Lichtstrahl der Hoffnung?, an dem ihr in euren schwersten Zeiten festhalten könnt?


Dieser Lichtstrahl und sei er auch noch so klein, ist unheimlich wichtig, diesen sollte sich jeder beibehalten. Und mit jedem Schritt in die richtige Richtung, wird er immer größer und heller werden, bis wir die Sonne wieder komplett scheinen sehen.

Ich wünsche dir viel Kraft für deinen Weg

14.07.2020 11:20 • x 1 #2


A


Die Angst und der Lichtstrahl der Hoffnung

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heartstowolves
Zitat von Fiora:
Habt ihr ihn auch, euren Lichtstrahl der Hoffnung?, an dem ihr in euren schwersten Zeiten festhalten könnt?

Ja, auch wenn es nur Kleinigkeiten sind.
Um Albus Dumbledore zu zitieren: Happiness can be found even in the darkest of times if one only remembers to turn on the light.

Es hilft, wenn ich mir in besonders schlechten - für mich auswegslosen - Zeiten vor Augen halte was ich alles schon geschafft habe und sich alles irgendwann wieder zum Guten wenden wird.

14.07.2020 11:30 • x 1 #3


Fiora
Zitat von HaZelGreY:
Dieser Lichtstrahl und sei er auch noch so klein, ist unheimlich wichtig, diesen sollte sich jeder beibehalten. Und mit jedem Schritt in die richtige Richtung, wird er immer größer und heller werden, bis wir die Sonne wieder komplett scheinen sehen. Ich wünsche dir viel Kraft für deinen Weg


Ich danke dir von Herzen für deine ermutugenden Worte und guten Wünsche.
Liebe Grüße,
Fiora

14.07.2020 11:43 • x 1 #4


Fiora
Zitat:
Es hilft, wenn ich mir in besonders schlechten - für mich auswegslosenhalte was ich alles schon geschafft habe und sich alles irgendwann wieder zum Guten wenden wird

Ja, das stimmt. Das beruht auf positiven Denken. Ist für mich eine sehr schwerste Übungen...

14.07.2020 12:45 • x 1 #5


heartstowolves
Ich weiß, da hilft nur immer und immer wieder versuchen.

14.07.2020 12:49 • x 1 #6


Fiora
Ich hoffe, ich werde das irgendwann mal wieder erlernen und darauf aufbauen können. In guten Zeiten kann ich sehr optimistisch denken, in depressiven Phasen würde ich gerne ein Mittelchen kennen, das mir das positive Denken quasi intravenös zuführt.

14.07.2020 12:57 • #7


HaZelGreY
Ich höre gerne das Lied an Guten Tagen von Johannes Oerding. Ebenso wie Hoch von Tim Bendzko, kennst du die zufällig.
Wenn es mir schlecht geht kommen mir dann die Tränen, dann lass ich alles raus und mach weiter. Denn die Sonne kommt wieder, das weiß ich.
Und ist es auch gerade noch so dunkel, dieses Wissen hilft.
Versuche dich vielleicht besonders an solchen Tagen bewusst gedanklich mit Dingen zu beschäftigen die ein Lächeln in dein Gesicht zaubern.
Versuche dir Gutes zu tun. Genieße bewusst das Hier und Jetzt, geh raus, lass dir die Sonne ins Gesicht scheinen und geh in die Natur, sieh dir am wie alles lebt um dich rum.
Höre die vielen Geräusche, lenke dich damit, von all dem Schlechten was gerade in dir ist, ab.

14.07.2020 13:02 • x 1 #8


W
Jeden Tag einen kleinen Schritt nach vorne und vll aufschreiben, um die kleinen Erfolge nachhalten zu können.
Auf jeden Fall versuchen, sich viel Gutes zu tun, auch wenn es vielleicht sinnlos erscheint.
Meditation und EMDR können helfen, Gelassenheit und Ruhe zu finden. Die Gedanken in positive Richtung, versuchen zu führen.
Leider gibt es nicht das Mittel der Wahl...es sind die vielen kleinen Dinge zum Ziel führen....

Alles Gute,

L.G. Waage

14.07.2020 13:28 • x 4 #9


Fiora
Ich werde mir die Lieder mal anhören. Danke für die guten Hinweise. Die Natur, die Spaziergänge, die Fokussierung auf den Augenblick... Ich habe es so häufig probiert in meinen depressiven Phasen. Auch in dieser Wieder. Ich weiß nicht warum, doch es gelingt mir dann so gut wie gar nicht. Ich finde den Zugang nicht. Mein Körper ist wie abgestorben und mein Gehirn funktioniert wie abgeschnitten von den Gefühlen. Nicht einmal die Tränen kommen. Das verunsichert mich zutiefst.
Das Rauschen des Baumes, der Duft der Blume, das leise Gluckern des Bachlaufes, das fröhliche Zwitschern des Vogels, der sanfte Ton der Melodie, die Wärme Farbe des Gemälde, all die gefühlsmäßigen Verbindungen dazu sind in Phasen der Depression bei mir wie gekappt. Wenn ich in ein Geschäft gehe, dann überflutet mich das Angebot. Man könnte mir jetzt ein Kleidungsstück in einer fabelhaften Boutique aussuchen lassen, ich würde keins finden.
Was ich damit sagen will: mir fehlt in Zeiten der Depression der Zugang zu all meinen Sinnen. Darum finde ich derzeit leider auch keinen Zugang zur Musik, eins meiner wichtigen Elemente im Leben. Ich frage mich, ob ich das selbst steuer, unbewusst, wenn ja, warum, oder ob das an den Gehirnsynapsen liegt, die sich wieder besser verbinden müssen.

14.07.2020 13:45 • #10


HaZelGreY
Zitat von Fiora:
Ich frage mich, ob ich das selbst steuer, unbewusst, wenn ja, warum, oder ob das an den Gehirnsynapsen liegt, die sich wieder besser verbinden müssen.


Ich denke, das liegt tief in unserem Unterbewusstsein, iwas in deinem Leben hindert dich daran diese tiefe Stimmung los zu lassen.
Was es auch immer ist, das kannst nur du rausfinden. Ich denke trotzdem, auch wenn man diesen Grund nie erfahren wird, ich finde in seit 20 Jahren nicht, kann man es dennoch schaffen.
Du beschreibst das alles sehr bildlich und emotional mit allen Sinnen, das ist eine gute Eigenschaft und auch wenn du das Gefühl hast dich erreicht das alles in Depressiven Phasen nicht, mach diese Dinge trotzdem, wiederhole Sachen die dir sonst gut tun immer und immer wieder um auch in solch schwierigen Phasen positive Impulse zu setzen.
Auch wenn du das gefühl hast, es hilft dir nicht, bin ich fest davon überzeugt, dass es im Unterbewusstsein ankommt und dann iwann auch das Umdenken beginnt.

14.07.2020 14:01 • x 1 #11


A


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