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K
Hallo Leute

Ich wollte mal von euch wissen wie bei euch die Diagnose einer sozialen Phobie gestellt wurde?

Z.B durch Fragebögen?

26.08.2018 08:17 • 10.02.2019 #1


48 Antworten ↓


A
Ich gehe davon aus, dass die Diagnose anhand einer Mischung aus Fragebögen und Beobachtung während des Vorgesprächs und/der Therapie gestellt wird.
Bei mir persönlich war es zudem so, dass ich meiner damaligen Therapeutin gleich gesagt habe, dass ich von einer Sozialen Phobie oder sogar Ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstörung ausgehe

26.08.2018 09:12 • #2


A


Wie wird die Diagnose einer sozialen Phobie gestellt?

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Schlaflose
Ich war schon Anfang der 90-er Jahre bei mehreren Therapeuten wegen Schlafstörungen in Behandlung. Da war keine Rede von so einer Diagnose. Ich habe aber auch nie etwas erzählt, was darauf hinweisen könnte.

Erst vor 10 Jahren, als ich in der Reha war, ist die Diagnose soziale Phobie gestellt worden. Ich erfuhr davon aber erst am Ende im Kurzarztbrief und war empört, weil ich mir unter sozialer Phobie etwas ganz anderes vorgestellt habe. Ich dachte immer, dass man davon spricht, wenn jemand sich nicht unter Menschen traut. Damit habe ich gar keine Probleme. Mein Problem besteht darin, dass ich Angst davor habe, vor Leuten zu reden, im Mittelpunkt zu stehen, den Chef spielen zu müssen u.ä. Und dann auch noch auf Leute zuzugehen und eingehen, Smalltalk halten usw. Da ich Lehrerin war, musste ich all das gegen meine Natur machen und daher kamen die Schlafstörungen.
Als ich 2011 nach einem kompletten Zusammenbruch fast ein Jahr krankgeschrieben war, begann ich eine neue ambulante Therapie, während derer ich dann die Diagnose ängstliche vermeidende Persönlichkeitsstörung bekam, was man auch eine generalisierte soziale Phobie nennt. Hauptmerkmal davon ist die Angst davor Fehler zu machen, Angst vor Blamage und Kritik und vor allem auch Angst davor, eine Beziehung einzugehen. Ich hatte noch nie eine Beziehung und habe Angst vor Männern, also im Sinne von Partnern.
Durch diese Therapie habe ich den Mut gefasst, meinen Beruf als Lehrerin aufzugeben und hatte das Glück eine Stelle in der Verwaltung zu bekommen, wo ich fast nur mit meinen Kollegen zu tun habe. Das macht mir gar nichts aus. So lässt es sich auch mit meiner Krankheit gut leben.

26.08.2018 14:55 • x 1 #3


K
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort.
Ja so in etwa äussert sich das bei mir auch .
Ich dachte vorher auch immer das man sich bei einer sozialen Phobie komplett zurück zieht und mit fast keinem Menschen klar kommt. Bei mir äussert sich das auch so das ich Angst vor Kritik habe und Angst davor habe im Mittelpunkt zu stehen.
Und wie du schon erzählt hast mir fällt es auch sehr schwer mich auf eine Beziehung einzulassen. Und ich hatte auch lange zeit große probleme in der Öffentlichkeit u essen. Das ist jetzt durch viel Übung besser geworden, weil ich einfach keine andere Wahl hatte. Mit der Angst zu zittern oder rot zu werden habe ich allerdings keine Probleme.
Ich hatte vor ein paar Jahren schon einmal eine Therapie gemacht da war nie die Rede von einer sozialen Phobie die Therapeutin hatte mir damals überhaupt keine Diagnose genannt. Deswegen war ich jetzt ein bisschen verwundert als ich die Diagnose gestellt bekommen habe.
Kannst du mir ein paar Beispiele nennen was du in deiner Therapie für Aufgaben machen musstest?

26.08.2018 15:29 • #4


Schlaflose
Zitat von Katzenfan:
Und ich hatte auch lange zeit große probleme in der Öffentlichkeit u essen.


Damit hatte ich nie ein Problem. Essen kann ich immer und überall - leider

Zitat von Katzenfan:
Kannst du mir ein paar Beispiele nennen was du in deiner Therapie für Aufgaben machen musstest?


Ich musste eigentlich gar keine Aufgaben machen, weil es nicht Ziel meiner Therapie war, die Phobie zu überwinden. Es lief darauf hinaus, mich so akzeptieren wie ich bin und Schritte einzuleiten, etwas an den äußeren Umständen zu verändern, also in erster Linie den Job, der für mich absolut ungeeignet war, aufzugeben. Ich leide nicht wirklich unter meiner sozialen Phobie und der ÄVPS. Solange ich vor bestimmten Dingen in Ruhe gelassen werde, geht es mir wunderbar. Ich lebe auch sehr gern ganz allein und mache alles gern allein, vermisse keine Partnerschaft, fühle mich nie einsam oder unglücklich.

26.08.2018 17:23 • #5


I
Ich hab auch ängstlich vermeidende ( sensitive) PS

Es ist so anstrengend damit zu leben , oder?
Arbeite in der Psychiatrie und mit den Patienten komme ich sehr gut zurecht, bin richtig beliebt weil ich einfach ultra sensibel und emphatisch bin.
Das große Grauen sind für mich Gespräche mit dem Chef, Teamsitzungen und Supervision.
Fühle mich dann wie eine Hochstaplerin. Es ist so schwer.
Obwohl ich meine Arbeit liebe versuche ich bald eine Umschulung zu machen in der Pathologie.

26.08.2018 19:35 • x 1 #6


K
Ja mir geht es auch so ich hasse es auch wenn ich in der Öffentlichkeit stehe....

26.08.2018 20:37 • x 1 #7


I
Habt ihr auch permanent Angst davor, Fehler zu machen?
Wenn ich einen Fehler mache bei der Arbeit brauche ich Tage, um mein Selbstbewusstsein, das eh schon mickrig genug ist, wieder zusammen zu kratzen.
Eine Kollegin von mir ist so eine dominante unangenehme Person, sie hackt mit Vorliebe auf den Patienten und generell auf Schwächeren herum. Wenn ich mit ihr Palaver hab, bin ich oft davor zu kündigen.

26.08.2018 20:47 • #8


K
Ja das kenne ich bei einem Fehler mache ich mir immer große Vorwürfe....

Hast du es schon einmal mit einer Therapie versucht?

26.08.2018 20:52 • #9


I
Ja , bin jetzt fast fertig also 80 Stunden Verhaltens und Traumatherapie ( kombiniert.)
Mehr zahlt die Kasse nicht, zumindest muss ich erst wieder eine Zeit warten, bis ich weiter machen kann .Hab im Moment einmal im Monat Nachsorge bei meinem Therapeuten.
Zusätzlich mache ich Skills Training weil ich auch leichte Borderline Züge hab

Mein Therapeut meint, das ich trotz meiner Sch**** Kindheit noch ganz gut weg gekommen bin. ( Sekte, körp. Misshandlungen, Sex. Missbrauch durch Mitglieder / Eltern)

26.08.2018 21:34 • #10


Schlaflose
Zitat von ichliebekuchen:
Ich hab auch ängstlich vermeidende ( sensitive) PS


Zitat von ichliebekuchen:
Arbeite in der Psychiatrie und mit den Patienten komme ich sehr gut zurecht, bin richtig beliebt weil ich einfach ultra sensibel und emphatisch bin.


Das ist aber völlig untypisch für ÄVPS. Damit hat man normalerweise einen Horror davor, mit Menschen zu arbeiten.
Ich bin eigentlich genau das Gegenteil von sensibel und empathisch. Sensibel schon, aber nur auf mich selbst bezogen. Ich heule schon bei der kleinsten Kritik. Das Gefühlsleben von anderen lässt mich aber völlig kalt.

27.08.2018 16:14 • x 1 #11


kritisches_Auge
Ich kenne einige Menschen mit sozialer Phobie, eine Frau war nicht imstande aus dem Haus zu gehen, aber machte Sterbebegleitung.

Ich glaube, die Phobie zeigt sich im normalen gesellschaftlichen Umgang weil die Angst da ist nicht zu genügen und kritisiert zu werden, schwache Menschen die Hilfe brauchen stehen nicht über einem, sind keine Autoritäten, da hat man dann oft keine Angst.

27.08.2018 16:39 • #12


Hotin
Zitat:
Deswegen war ich jetzt ein bisschen verwundert als ich die Diagnose gestellt bekommen habe.


Im psychischen Bereich ist es nicht einfach, eine Diagnose zu stellen.
Das liegt daran, dass Ängste sich in sehr vielen Bereichen gleichzeitig auswirken.
Die Hauptursache wird dadurch sehr oft verschleiert.
Du solltest meiner Ansicht nach deshalb nicht unbedingt so viel Wert auf eine passende Diagnose legen.

Um eine Angststörung abzumildern ist wichtiger als die Diagnose, Deine Bereitschaft,
selbst an den Kern heranzugehen, wo der Hauptteil Deiner Ängste entsteht.

Zitat:
Ich dachte vorher auch immer das man sich bei einer sozialen Phobie komplett zurück zieht und mit fast
keinem Menschen klar kommt.


Wenn Du mal genau beobachtest, zu welchen Problemen Ängste meistens führen, dann wirst Du sehen, dass es
dabei meistens im Grunde um zwischenmenschliche Probleme geht.
Zitat:
Bei mir äussert sich das auch so das ich Angst vor Kritik habe und Angst davor habe im Mittelpunkt zu stehen.


Du beschreibst hier eine Mischung aus geringem Selbstvertrauen und sozialer (zwischenmenschlicher) Angst.
Sobald Du mehr Selbstvertrauen hast, wird es Dir sehr schnell, viel besser gehen.

Damit sich Patienten nicht runtergezogen fühlen, wird man ihnen sinnvollerweise
nicht die Diagnose -sehr wenig Selbstvertrauen- stellen, sondern man verpackt es sehr oft in irgendeine gut
klingende Diagnose. Möglichst auch noch mit einem Namen den nur wenige verstehen, am besten in lateinischer Sprache.
Das hört sich dann für Dich hoffnungsvoll an, macht Dir Mut und vor allem die Krankenkasse hat eine Grundlage, dass
sie eine Behandlung bezahlt.
Für den Patienten hat die Diagnosestellung dann häufig jedoch sogar einen großen Nachteil.

Wenn der Patient eine Diagnose genannt bekommt, besteht die Gefahr, dass er dann sagt.
Ich habe ja gar keinen Einfluss auf meine Ängste. Ich kann da wenig tun.
Schließlich habe ich ja eine XY-Störung. Diese Sichtweise kann leicht die Zeit sehr verlängern, bis jemand
versteht, wie er seine Angststörung durch eigene Mithilfe viel schneller auflösen kann.

27.08.2018 16:59 • x 1 #13


Schlaflose
Zitat von kritisches_Auge:
schwache Menschen die Hilfe brauchen stehen nicht über einem, sind keine Autoritäten, da hat man dann oft keine Angst.


Ich kann gerade mit schwachen/kranken/alten Menschen noch weniger umgehen als mit normalen. Da fühle ich nur Widerwillen und Fluchtinstinkt. Mir ist es am liebsten, wenn ich meine Ruhe vor Menschen habe. Ich habe aber gar keine Probleme damit aus dem Haus zu gehen und UNTER Menschen zu sein, solange ich micht nicht mit ihnen abgeben muss.

27.08.2018 17:12 • #14


kritisches_Auge
Du bist auf eine ganz andere Art und Weise in der Welt, eine die näher bei mir ist als eine Sozialphobie.
Deinen letzten Satz finde ich genial, er beschreibt kurz und bündig deinen Umgang mit Menschen, auch ich bin gerne unter Menschen, gehe einkaufen, höre Gesprächen zu, bekomme andere Bilder auf die Netzhaut wie ich immer sage ohne mich mit Menschen abgeben zu müssen.

Nur eins unterscheidet uns: am belanglosem Smalltalk habe ich kein Interesse, die meisten Gespräche langweilen mich, aber ich bilde mir ein viel Empathie zu besitzen.
Dies bei Freunden oder aber auch wenn ich einen unglücklichen Nachbarn sehe.
Aber ich würde nie auf unser jährliches Hausfest gehen da ich mich zu Tode langweilen würde.

27.08.2018 17:40 • x 1 #15


K
das stimmt da hast du recht mit dem was du schreibst.

27.08.2018 17:45 • x 1 #16


Schlaflose
Zitat von kritisches_Auge:
Nur eins unterscheidet uns: am belanglosem Smalltalk habe ich kein Interesse, die meisten Gespräche langweilen mich, aber ich bilde mir ein viel Empathie zu besitzen.


Das unterscheidet uns eigentlich nicht. Ich mag Smalltalk auch nicht. Aber nicht, weil es mich nicht interessiert, sondern weil ich Angst davor habe, nicht zu wissen, was ich reden soll. Ich rede allgemein äußerst ungern. Wenn überhaupt, dann über objektive Fakten. Und wenn mir jemand etwas Persönliches erzählt, tue ich so als ob ich mitfühle, z.B. durch Bemerkungen wie Oje, das tut mir aber Leid oder Oh, wie furchtbar usw., aber in Wirklichkeit empfinde ich nichts dabei.

27.08.2018 18:29 • #17

Sponsor-Mitgliedschaft

kritisches_Auge
In der Schule hatte ich schon bei Beteiligung am Unterricht die Note sehr unregelmäßig.Wenn mich etwas nicht interessierte, driftete es an mir vorbei, interessierte es mich, erwachte ich und wurde lebhaft.
So ist es auch heute noch.

Je nachdem wer es ist und was er erzählt können mich persönliche Kommentare und persönliches Unglück noch am nächsten Tag verfolgen, ich konnte mich nicht abgrenzen, mit Selbstironie sage ich, ich nahm das Leid der ganzen Welt auf mich.
Das hat sich heute etwas geändert, gerade durch das Schreiben in Foren, Foren waren fast so etwas wie eine Psychotherapie.

27.08.2018 18:48 • #18


I
@ Auge und Schlaflose,
vielleicht habt ihr beide auch so einen kleinen Teil vom Autismus Spektrum erwischt? Das liest sich ein bisschen so. Das einerseits sensibel - aber nur sich selbst gegenüber- , keine Lust auf Smalltalk weil keine Ahnung was man da sagen soll usw..
Erinnert mich stark an meinen Sohn ( Asperger Autist)

Also mein Therapeut war ziemlich platt, als ich ihm von meinem Job erzählt habe. Es stimmt, Menschen mit ÄVPS scheuen ja generell den Umgang mit anderen mehr als der Teufel das Weihwasser . Ja, ich hab Angst im Umgang mit anderen. Aber ich liebe meinen Job. Und ich hab viele Freunde, aber die sind handverlesen.
Ich glaube, das ich von jeder PS so'n Schlag abbekommen habe.
Wie eigentlich jeder Mensch mit PS.
Hab auch Borderline Züge ( SVV)
Bin oft paranoid.
Und depressiv. Etwas von allem

27.08.2018 19:25 • #19


I
Ach ja, fällt mir noch ein. Treffen mit Freunden ist kein Problem für mich, weil ich sie liebe und ihnen vertraue. Elternabende zb ( 3 Kinder) sind mein persönlicher Horror. Hab Schiss zu reden , mag die meisten nicht , bekomme ganz schlimme aggressive Zwangsgedanken. Grauenvoll

27.08.2018 19:40 • #20


A


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Dr. Reinhard Pichler