affenzirkus
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habe mich hier angemeldet weil ich nicht mehr weiter weiß und mit meinen Bekannten nicht so darüber reden kann (klar, die sind natürlich auch völlig überfordert damit).
Bin inzwischen Mitte 40 (keine Ahnung wie ich das geschafft habe) und habe mir vor allem den Thread von schwarzes-leben hier durchgelesen und bin mir fast sicher, dass ich auch unter ÄVPS (und anderen psychischen Problemen) leide
Beginnen möchte ich mit meiner Kindheit: Nach meiner Geburt wurde meine Mutter schwer depressiv, litt unter massiven Angstzuständen und war fast ihr ganzes Leben in Psychiatrien und geschlossenen Heimen (wegen Suizidgefahr). Die Kliniken haben es bei ihr nur schlimmer gemacht, es wurden Medikamente ausprobiert, EKTs gemacht und einfach rumgedoktert bis es ihr nur noch schlechter ging (inzwischen fühlt sie gar nichts mehr sagt sie). Sie leidet jeden Tag wahnsinnig und verlangt nach Sterbehilfe
Leider hat sie mir scheinbar eine große Portion ihrer Krankheit mitgegeben. Meine Kindheit war eher von Einsamkeit geprägt, ich hatte nicht viele Freunde und Interessen und mich sehr zurückgezogen. Mein Vater arbeitete und ich war auf mich allein gestellt. Bei Wettkämpfen in der Schule, bei denen man sich mit anderen messen musste, bin ich krank daheimgeblieben. Erstens weil ich Angst hatte zu versagen und zum anderen konnte ich mit der Freude und dem Ehrgeiz der anderen nichts anfangen. Ansonsten war ich schon immer ein zurückhaltender und sehr schüchterner, hypersensibler Schüler.
Und auch sonst war Schule eher Pflicht als Freude, meine Noten entsprechend schlecht und auch der Antrieb bzw. Ehrgeiz fehlte etwas zu erreichen. Eine Ausbildungsstelle habe ich auch nur bekommen, weil eine Bekannte den Chef einer Firma kannte. Ich habe es durchgezogen, aber Freude hatte ich dabei keine. Ganz im Gegenteil, ich fühle immer noch die Angst und die Panik vor der Prüfung. Hab sie dann zwar ganz knapp bestanden, aber Ansporn war das für mich nicht, auch weil ich nach der Lehre dort nicht weiterarbeiten durfte.
Und Veränderung hat mir damals schon wahnsinnige Angst gemacht. So habe ich es auch vermieden mir eine andere Arbeitsstelle zu suchen, weil ich immer Panik hatte nicht gut genug zu sein oder zu scheitern.
War dann ein Jahr arbeitslos und musste mir was einfallen lassen. Die glorreiche Idee war mich selbstständig zu machen ohne zu ahnen, dass man da ja noch mehr Verantwortung trägt als ein Angestellter. Es hatte nur den einen Vorteil: Man musste sich nicht mit Kollegen messen, die meinen was besseres zu sein.
Also auch die Selbstständigkeit lief mehr schlecht als recht, zu oft bekam ich Panikanfälle wenn etwas nicht so geklappt hat wie gewünscht und irgendwie konnte ich dann nicht mehr klar denken. Anstatt mich mit dem Problemen auseinanderzusetzen, habe ich den Kopf in den Sand gesteckt. Ich war mit allem überfordert. Dazu den immense Druck genug Geld zu generieren um irgendwie zu überleben, seelisch Krank zu sein ist in unserer Leistungsgesellschaft ein No-Go (so meine Erfahrung).
Als ich mich dann mal meinem Hausarzt anvertraut habe, hat mich dieser in eine psychiatrische Tagesklinik überwiesen. Das war der Horror, man musste mit etwa 30 anderen in einem Raum sitzen und erzählen wie es einem geht. Ich bin erstmal eine Woche nur wie versteinert da gesessen und habe nichts gemacht. Hier konnte ich mich natürlich aus Scham nicht so öffnen wie es vielleicht nötig gewesen wäre.
Inzwischen bin ich fast vollständig zum Hausmann geworden, meine Frau arbeitet und ich quäle mich jeden Tag mit meinen Schmerzen, Ängsten und Sorgen. Immerhin kümmere ich mich noch um den Haushalt und arbeite ein bisschen von Zuhause aus, was mir aber auch keine Freude macht (sondern Angst die Aufgabe zu verlieren), irgendwie hab ich total die Lebenslust verloren. Als Selbstständiger gibt es natürlich auch keine Erwerbsminderungsrente und meine BU hat sich auch gewunden und mir gekündigt (irgendwas von meinem Kinderarzt, das bei Antragstellung nicht erwähnt wurde). Auch Sozialleistungen gibt es nicht, weil meine Frau zu gut verdient. Man wird im Grunde allein gelassen, während man unseren Neubürgern alles in den Hintern bläst. Als psychisch Kranker bist du niemand. Von den normalen Menschen hat keiner Verständnis, das macht die Angst und die Scham noch stärker.
Hätte ich niemanden, hätte ich es wahrscheinlich schon beendet. Aber ich könnte das meiner Frau (die mich trotz der Unzulänglichkeiten sehr liebt) und meiner Familie niemals antun. So leide ich halt weiter und habe mich jetzt nochmal für Psychotherapie angemeldet. Jedoch sind die Wartezeiten zwischen 1 und 2 Jahre. Bei den Psychologen ist es ähnlich, alle völlig überlaufen und keiner hat Zeit zum Zuhören. Meine hat mir jetzt eine völlig falsche Diagnose gestellt, aber was soll man machen wenn es bei den anderen Ärzten keine Termine gibt. Manche nehmen nicht mal mehr neue Patienten an.
Es wird auch ständig mit Medikamenten experimentiert, aber nichts hilft. Eigentlich sollten die stimmungsaufhellend und angstmindernd wirken, tun sie bei mir aber nicht, trotz recht hoher Dosis. Gleiches gilt für Schmerzmittel für meine massiven Kopfschmerzen und chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung. Leider ist inzwischen ist durch die dauerhaften Kopfschmerzen auch meine Auffassungsgabe sehr eingeschränkt, ich kann mir kaum was merken und das macht mir nur noch mehr Angst. Logsich!
Ich meide nach wie vor jegliche Prüfung, z.B. hab ich bis heute keinen Führerschein gemacht, weil ich bei der Prüfung vor lauter Angst und Panik wohl zusammenbrechen würde. Außerdem sitzt man da wie in einer Schule unter jungen Menschen, die einen verurteilen.
Wer an ÄVPS leidet kann bestimmt nachvollziehen wie es mir geht: Man möchte etwas verändern, kann es aber nicht, weil es eben eine tief sitzende Persönlichkeitsstörung ist. Meine Psychologin, die sich kaum Zeit genommen hat, meinte es wäre eine bipolare Störung obwohl ich ihr gesagt habe, dass die Symptome eher für ÄVPS sprechen würde.
Wie seht ihr das ?
LG
22.09.2025 10:23 • • 23.09.2025 x 4 #1