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T
Hi,

nachdem ich schon x Foren durchforstet habe, dachte ich, es wäre Zeit, mal meine eigene Geschichte zu schreiben.

Ich bin 27 und stecke mitten in einem Bachelor-Studium und komme nicht weiter. Grund? Soziale Phobie und Redeangst, was sonst?

Seit Ende 2007 war ich in Therapie. Erst Gespräche, dann raus und Übungen gemacht: Vorträge vor einzelnen Leuten, peinliche Fragen stellen, in der U-Bahn laut die Haltestellen ausrufen usw.usf. Alles gemacht. Redeangst? Geblieben. Hartnäckig. Bis heute.

Letztes Jahr ein paar Lichtblicke. Ab und zu sogar einen kleinen Vortrag im Rahmen einer Gruppenpräsentation. Ist heute unvorstellbar. Habe seit letzten Dezember kein Seminar mehr besucht wegen Panik.

Vor 2 Wochen die Therapie wieder aufgenommen. Letzte Woche war ich bei einem Psychiater. Ich nehme jetzt täglich Opipramol, was eigentlich ein Antidepressivum ist, aber angstlösend wirkt.

Ich bin momentan ziemlich am Ende. Ich kann mir nicht mal mehr vorstellen, einen Seminarraum zu betreten. Geschweige denn, meinen Mund aufzumachen. Vorher würde ich einen Marathon aus dem Stand laufen. Es ist wirklich wie Todesangst. Nur kann ich mir nicht vorstellen, dass Todesangst so schlimm ist.

Ich weiß gar nicht, wie es soweit kommen konnte. Irgendwie habe ich mich doch immer durchgemogelt. Aber durchmogeln geht jetzt nicht mehr. Ich komme nicht mehr weiter.

Trotzdem will ich weiter kämpfen. Suche derzeit Selbsthilfegruppen in Stuttgart und Umgebung. Falls jemand von euch Tipps hat, bitte nicht zögern. Ich will dagegen angehen und wäre für Mitstreiter sehr dankbar. Vielleicht jemanden zum Telefonieren, vor dem man Vorträge üben kann und der die Problematik versteht. Habe hier im Forum schon einiges Hilfreiches gefunden und bin weiter auf der Suche.

vor allem an die, die die Angst überwunden haben: wie habt ihr es geschafft?

Gruß, tjb

02.03.2010 13:36 • 02.03.2010 #1


5 Antworten ↓


P
Hallo,

ich kenne das auch. Es ging soweit, dass ich in meinem ersten Studium dreimal zu angekündigten Referaten nicht hinkonnte. Ich dachte, das wird jetzt gar nichts mehr, aber jetzt kann ich mich dem zumindest wieder stellen, vielleicht auch weil in meinem neuen Studiengang (Wechsel hatte allerdings nicht primär mit dieser Sache zu tun) die Atmosphäre irgendwie lockerer ist.

Zitat:
Seit Ende 2007 war ich in Therapie. Erst Gespräche, dann raus und Übungen gemacht: Vorträge vor einzelnen Leuten, peinliche Fragen stellen, in der U-Bahn laut die Haltestellen ausrufen usw.usf. Alles gemacht. Redeangst? Geblieben. Hartnäckig. Bis heute.


Meine Meinung nach ähnlichen Erfahrungen ist, dass solche Therapien sogar schaden können, wenn zuviel Angst dabei entsteht, die während der entsprechenden Situation nicht beherrscht werden kann.

Ich bin der Meinung, man darf sich nicht zuviel Druck machen und muss flexibel vor der konkreten Situation entscheiden, ob man sich dem stellen will / kann oder nicht.

Grüße, pc

02.03.2010 14:20 • #2


A


Hartnäckige Redeangst

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T
Hi panicchief,

danke für die Antwort. Ich hatte z.T. auch das Gefühl, die Therapie sei eher kontraproduktiv (obwohl einige Sachen im Nachhinein sogar ganz lustig waren).
Die entscheidende Situation, nämlich das Reden vor Gruppen, konnte nicht geübt werden, das gibt die Therapie nicht her, von daher kann ich meinem Therapeuten da auch keinen Vorwurf machen.


Zitat:
Es ging soweit, dass ich in meinem ersten Studium dreimal zu angekündigten Referaten nicht hinkonnte
.

So ging es mir auch schon. Zuletzt im Februar. Ich hatte das Referat schon schriftlich ausgearbeitet und eine PP-Präsentation gemacht. Die Nacht vorher war die Hölle und ich bin dann am Morgen des Seminars einfach unverrichteter Dinge wieder weggefahren. Das ist schon öfters so gewesen. Zwischenzeitlich hatte ich es wieder besser im Griff, wie gesagt.

Momentan ist es aber wieder die Hölle.

Zitat:
Ich bin der Meinung, man darf sich nicht zuviel Druck machen und muss flexibel vor der konkreten Situation entscheiden, ob man sich dem stellen will / kann oder nicht.


Sicher ein guter Tipp. Aber das in die Praxis umzusetzen... Mein Therapeut hat mir jetzt eine Beruhigungs-CD gemacht (Entspannungsübungen, im Zuge derer man sich in die Situation hineinversetzt). Ist okay. Die Tabletten haben bislang nur eine schwache Wirkung.

Wie lange laborierst du denn schon an deiner Phobie? Würdest du sie mittlerweile als Vergangenheit ansehen, oder steckst du noch drin?

Gruß, tjb

02.03.2010 14:32 • #3


P
Hallo tjb,

also ich bin minimal älter als Du und in in Behandlung seit ca. zehn Jahren, so richtig seit etwas über acht Jahren und seitdem immer mal wieder. Obwohl ich momentan keine Therapie mache, würde mich nach wie vor als Phobiker bezeichnen, aber darüber reden inkl. Ursachen bringt mich im Moment nicht weiter.

Ich hab sogar gezielt deshalb Referate in einer stationären Therapie geübt, dachte ich wäre geheilt, war aber nicht so. Dass es dann gar nicht mehr ging, war sogar erst danach, also in den letzten Jahren. Hast Du schon mal Psychoanalyse oder ne tiefenpsychologische Therapie versucht?

Grüße, pc

02.03.2010 14:41 • #4


T
Hi panicchief,

nein, ich war Ende 07 zum ersten Mal bei einem Psychologen (bei dem ich jetzt wieder bin). Beim Psychiater war ich letzte Woche nur einmal, um mir das Opipramol verschreiben zu lassen.
Tiefenpsychologische Behandlungen o.Ä. habe ich nicht ausprobiert. Haben die dir was gebracht?
Hast du es auch mal mit Medikamenten versucht?

Zitat:
Ich hab sogar gezielt deshalb Referate in einer stationären Therapie geübt, dachte ich wäre geheilt, war aber nicht so. Dass es dann gar nicht mehr ging, war sogar erst danach, also in den letzten Jahren.


Ähnlich bei mir! Letztes Jahr ging's besser. Anstatt konsequent die Therapie weiterzumachen, habe ich mich aber auf meinen Lorbeeren ausgeruht und dachte, ich wäre übern Berg. Aber nix war's! Jetzt ist es so schlimm wie nie zuvor.

Gruß

02.03.2010 14:52 • #5


P
Na ja ein paar Sitzungen zumindest, ansonsten v.a. früher viel Verhaltenstherapie. Die Beschäftigung mit möglichen Ursachen hat mich zunächst schon weitergebracht, was Selbstbewusstsein usw. angeht und speziell diese Sache war bei mir nur ein Teilproblem. Ich bin v.a. zu Beginn des Studiums bei allen möglichen Prüfungen, Arbeiten usw. abgegangen ohne Ende. Das ist zum Glück deutlich besser geworden, oft ohne Beeinträchtigung.

Medikamente nehme ich nur gelegentlich und habe verschiedenste probiert, eine regelmäßige Einnahme hat bei mir aber, was die Redeangst betrifft, kaum was geändert. Es ist ja auch die Sache bei Redeangst, dass sie viel näher am gesunden Spektrum liegt als viele andere Ängste. Allerdings ist es absout OK, z.B. Beruhigungsmittel für den Notfall mitzunehmen, habe ich vorsichtshalber auch gemacht, ohne sie dann tatsächlich zu nehmen.

Zitat:
Anstatt konsequent die Therapie weiterzumachen, habe ich mich aber auf meinen Lorbeeren ausgeruht und dachte, ich wäre übern Berg. Aber nix war's! Jetzt ist es so schlimm wie nie zuvor.


Trotzdem, mach Dir keine Vorwürfe. Du kannst ja nicht sicher wissen, ob es jetzt anders wäre, hättest Du die Therapie weitergemacht bzw. geübt usw., oder?
Ich z.B. habe direkt nach dieser stat. Therapie einen Vortrag gehalten und dabei solche Panik gehabt (der Vortrag war eine Katastrophe), dass ich danach selbst bei Fremdsprachkursen furchtbare Angst hatte. Und dass der Horror vor Vorträgen dann so stark wurde, dass ich manchmal gar nicht mehr antreten konnte, hatte auch mit diesem Konfrontationsversuch zu tun, da bin ich ganz sicher. Vielleicht war es richtig, dass Du kehrt gemacht hast (obwohl ich mich auch beschissen gefühlt habe, als ich es tat).

Andererseits finde ich, dass zwei Jahre Therapie nicht allzu viel sind und sich da evtl. noch eine Menge machen lässt.

Grüße, pc

02.03.2010 17:41 • #6





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