App im Playstore
Pfeil rechts
757

Zitat von Ja02:
Stimmt, aber wie lässt sich das Ich verstehen, wenn wir es als eine Sammlung potentieller Identitäten betrachten, welche je nach Situation aus einem Pool ausgewählt werden?

Vielleicht als optimales Verhikel um bestimmte Erfahrungen zu machen.

Zitat von Ja02:
Kant beschreibt das Ich jetzt als transzendentale Bedingung der Erfahrung, doch was, wenn dieses Ich nicht (nur) ein dynamischer Prozess ist, sondern wie eine Funktion, welche sich quasi ständig zwischen verschiedenen möglichen Zuständen bewegt? Aus meiner mathematischen Perspektive heraus könnte das Ich ja als eine Art Vektorraum angesehen werden, in dem verschiedene Richtungen als Identitäten existieren, die wiederum je nach Kontext aktiviert werden.

Ja, dieser Kontext wären dann die 'bestimmten Erfahrungen', die sich möglicherweise als Konsequenz aus vorherigen ergeben.

Zitat von Ja02:
Diese Auswahl ist selbstverständlich nicht willkürlich, sondern folgt einer Struktur, welche das Ich in seiner Selbstkonstitution immer wieder neu aus den vorhandenen Möglichkeiten wählt, ohne je einen endgültigen Zustand zu erreichen. Das Ich selbst wird letztendlich also zu einer Funktion f(x,y,z), modelliert über den Gradienten, die ständig zwischen diesen Zuständen oszilliert und nie vollständig konvergiert.

Oder das Spiel besteht darin, dass das Ich durchschaut, dass das Ich immer an Leid gekoppelt ist und als Ich den Ausweg sucht. Man wählt dann durchaus auch aus verschiedenen Situationen aus. Was psychologisch oder -analytisch der Wiederhoungszwang ist (Muster werden leidvoll wiederholt, bis sie überwunden und damit uninteressant sind) kann man sich als auf der Ebene Reinkarnation vorstellen.

Es geht darum ein sich zusammenballendes Verhikel zu haben, das Erfahrungen macht, sind diese gemacht, kann man dieses Themengebiet hinter sich lassen.
Oder es ist eine Abfolge sinnloser Fluktuationen.

Zitat von Ja02:
Das würde ja in gewisser Weise dann schon einen gewissen Objektivismus implizieren, da das Ich in diesem Modell immerhin nicht vollständig subjektiv konstruiert ist, sondern aus diesem Pool objektiver Möglichkeiten wählt.

Ich glaube, dass es diese objektiven Muster gibt, nicht nur in materieller Form, auch die Schritte der Logik mit endlichen Schlussregeln sind ja nicht willkürlich zu gehen, dann vielleicht noch Archetypen (Jung), Sinnfelder (Gabriel) oder was auch immer, verlockend und verstörend ist aber die Idee, dass man die gesamte Welt äußerer und innere Erscheinungen einklappen kann.

Das würde den logisch unhaltbaren subjektiven Solipsismus (es gibt nur mich) in einen metaphysischen Solipsismus überführen. Die anderen und die Welt sind Illusionen, gespeist von meinerm Ich, dass die größte oder erste Illusion ist. So weit ich das sehe, ich das logisch möglich.

Zitat von Ja02:
Leider bin ich ein wahrer Profi darin, mich in solchen Gedanken zu verlieren und in Selbstmitleid zu versinken, auch wenn ich mir sehr wohl bewusst bin, dass es vielen Menschen deutlich schlechter geht als mir und ich eigentlich bereits alles erreicht habe, was ich mir bislang vorgenommen hatte.

Ist mir bestens bekannt.
Dann trauch mal auf den Grund.

A


Diskussionen & Gedanken, die euch bewegen?

x 3


Zitat von Ja02:
Manchmal drängt sich mir der Eindruck auf, dass andere in meinen existenziellen Problemen eine subtile Form von Arroganz erkennen, als ob sie die Schwere und Komplexität dieser Fragen nur oberflächlich wahrnehmen und sie eher als überzogen oder unbegründet abtun, was vielleicht sogar der Fall ist.

Ich glaube die Psyche konstruiert Weltbilder und diese unterscheiden sich durch Organisations- bzw. Komplexitätsgrade, in denen jeweils eigene Fragen als zentral erachtet werden, während die anderer Ebenen als belanglos oder nebensächlich interpretiert werden.

Es ist relativ bekannt, dass der Leidensdruck - kontraintuitiv - auf höheren Ebenen, speziell auch der existentiellen wieder zunimmt. Man kann sich nicht mehr so leicht sedieren, wie die anderen.

Zitat von Cbrastreifen:
Ich glaube die Psyche konstruiert Weltbilder und diese unterscheiden sich durch Organisations- bzw. Komplexitätsgrade, in denen jeweils eigene ...

Glaubst du, dass das intensive, bewusste Nachdenken auf existenzieller Ebene vor allem Menschen mit einer hohen Sensibilität betrifft, die aufgrund ihrer tieferen emotionalen und kognitiven Verarbeitung schneller in die Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen und dieser Komplexität des eigenen Daseins geraten? (Ich vermute, hochsensibel zu sein, auch wenn das hier vielleicht nicht den Anschein macht.)

Zitat von Ja02:
(Ich vermute, hochsensibel zu sein,

Das bin ich auch, wenn man mal davon ausgeht:

Hochsensible Menschen nehmen ihre Umwelt intensiver wahr und verarbeiten Informationen auf eine tiefgründige Art und Weise. Sie können subtile Nuancen bemerken, Stimmungen anderer Menschen intuitiv erfassen und sich stark von Reizen wie Geräuschen, Gerüchen oder visuellen Eindrücken beeinflussen lassen.


Man kann ja mal ne Umfrage starten. Ich denke das trifft auf fast jeden hier zu.

Zitat von laluna74:
Das bin ich auch, wenn man mal davon ausgeht: Hochsensible Menschen nehmen ihre Umwelt intensiver wahr und verarbeiten Informationen auf eine ...

Ja, dessen bin ich mir natürlich bewusst.

Zitat von Ja02:
die aufgrund ihrer tieferen emotionalen und kognitiven Verarbeitung schneller in die Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen und dieser Komplexität des eigenen Daseins geraten?

Da die existentielle Stufe häufig als die Fusion von Kognition und Emotion angesehen wird, ja.

Zitat von laluna74:
Man kann ja mal ne Umfrage starten. Ich denke das trifft auf fast jeden hier zu.

Ich bin das Gegenteil, bin ein Holzklotz und merke überhaupt nichts. Aber ich habe nur eine kleine Existenzdepression und bin daher hier untypisch.

Zitat von Ja02:
Kennst du dieses Gefühl, wenn eine Zurückweisung, sei es von anderen Menschen oder auch von Freunden, den PartnerInnen sofort dazu führt, dass man die Schuld dafür bei sich selbst sucht? Unweigerlich folgt dann der Gedanke, dass man es vielleicht sogar verdient hat, abgelehnt zu werden, und man beginnt zu hinterfragen, ob man überhaupt liebenswert ist. Bei mir ist es momentan so, dass dieser Gedankengang noch von dem Glauben begleitet wird, im Leben grundsätzlich nichts wirklich gesch.ssen (verzeih den Ausdruck!) zu bekommen.

Ist das bei dir bei vielen zwischenmenschlichen Beziehungen, auch Freunde, Familie?
Oder eher auf Partnerschaft bezogen?

Es klingt nach so einer Schaltung in dir - Störung in Beziehung - und daraus folgt mit mir stimmt was nicht.

Im Grunde kann man sich diese Störung auch viel genauer anschauen- wer spricht die aus, wie definiert die sich?

Man kann sie auch von Personen und Schuld trennen und eine andere Perspektive einnehmen.

Es gibt so Ansätze im Paargespräch, wo man eher so in persönlichen Sichtweisen spricht. Eigene Wahrnehmung,
eigene Wertung, Bedürfnisse, erlebter Frust, Wünsche.

Manchmal kann ein Austausch darüber dann schon die Brisanz nehmen und gemeinsam kann dann auch eine positive Dynamik entstehen.

Zitat von User_0815_4711:
Ich bin das Gegenteil, bin ein Holzklotz und merke überhaupt nichts. Aber ich habe nur eine kleine Existenzdepression und bin daher hier untypisch.

Das macht nichts

Zitat von Cbrastreifen:
Ich glaube die Psyche konstruiert Weltbilder und diese unterscheiden sich durch Organisations- bzw. Komplexitätsgrade, in denen jeweils eigene Fragen als zentral erachtet werden, während die anderer Ebenen als belanglos oder nebensächlich interpretiert werden.

Diese Weltbilder kann man einerseits hierarchisch anordnen, auf der anderen scheint es so zu sein, dass jedes Weltbild zwar einen erklärenden Entwurf von Welt anbietet - warum das alles so ist, wie es ist - aber oft auch schon Wendungen nach innen aufzeigt
.
Die bei uns bekanntesten Weltbilder sind das wissenschaftlich-technische und mythisch-religiöse, auch das empfindsam-pluralistische ist noch recht bekannt.

Interessant finde ich nun, dass Du mehrfach auch die Bedeutung des inneren aus Deiner physikalischen Perspektive betont hast.

Diese Bewegung des Zurück finden wir oft auch bei Mystikern, bei Meister Eckhart und am radikalsten bei Ramana Maharshi.
Es ist Chogyam Trungpa (ein tibetischer Mystiker, der in den 70ern USA gegangen ist), der immer wieder die Umkipppunkte aus Sicht der tibetischen Mythologie (Mythos ist ungleich Mystik) beschrieb, bei denen man die Freiheit erlangt oder kurzfristig spüren kann - er spricht von 'Inseln der Klarheit' - wenn man ganz in einen Zustand eintaucht und ihn anaschaut. Ohne ihn auf der einen Seite zu agieren und ohne auf der anderen den Blick abzuwenden.

So ein bisschen das, was man mit dem Gefühl die ärmste Sau unter der Sonne zu sein - obwohl man weiß, dass es anderen vielfach schlechter geht - erleben kann, wenn man da ganz rein geht. Das sollte gar nicht rein in den Text, hat sich jetzt aber hineingeschmuggelt.

Was ich diskutieren wollte, sind parallele Strukturen (der Bewegung, Krümmung und Rückbewegung(?) verschiedener Weltbilder, @Ja02 und alle, die Spaß haben.

Ich les gerade wiederholt Weibsbilder statt Weltbilder. Muss noch bisschen wacher werden.

Zitat von Feuerschale:
Ich les gerade wiederholt Weibsbilder statt Weltbilder. Muss noch bisschen wacher werden.

Alles entschuldigt, vor dem ersten Kaffee sowieso, morgens bin ich oft froh, wenn ich weiß, wie ich heiße, zudem schreibe ich meinem Weibsbild auch gerade was über Weltbilder.
Ich war ganz verwundert und beglückt, als ich in Habermas' sehr dickem Alterswerk viel über Weltbilder gefunden habe, weil mich das Thema viele Jahre beschäftigt hat und irgendwie immer noch.
Das ist dann ein sehr privates Vergnügen, aber es ist eines.

Zitat von Cbrastreifen:
zudem schreibe ich meinem Weibsbild auch gerade was über Weltbilder.


Zitat von Cbrastreifen:
Ich war ganz verwundert und beglückt, als ich in Habermas' sehr dickem Alterswerk viel über Weltbilder gefunden habe, weil mich das Thema viele Jahre beschäftigt hat und irgendwie immer noch.
Das ist dann ein sehr privates Vergnügen, aber es ist eines.

Ich erinnere mich, dass eine Freundin damals als ich so 18 war mir ein Buch geschenkt hat Die Mystiken in den Religionen der Welt. Weil mich das damals auch interessiert hat.

Später so in den 30ern fiel mir das Thema auch nochmal auf, da ich mich mit Christentum und tw Buddhismus beschäftigt hatte. Aber es ist leider nicht mehr in den Einzelheiten so greifbar und präsent, dass ich es diskutieren könnte.

Mir kamen Religionen auch vor wie so eine Art Sichtweise, die mit Blick auf die Welt entstanden ist (im tieferen, geistigen Sinne, wo auch das Innerliche dann eine Rolle spielt). Und dann hatte ich so den Eindruck, dass man den Blick nach außen wirft, aber eben auch in dieser Rückbewegung ins Innere, sodass am Ende dann vielleicht etwas kongruentes herauskommt, auch von den verschiedenen Blickwinkeln her.

Zitat von Feuerschale:
Ich les gerade wiederholt Weibsbilder statt Weltbilder. Muss noch bisschen wacher werden.


Zitat von Cbrastreifen:
morgens bin ich oft froh, wenn ich weiß, wie ich heiße,

Na Cbra natürlich

Aber ich brauche auch immer um wach zu werden morgens.

@illum

Ich wollte dir noch danke dass du den Thread erstellt hast. Auch wenn ich hier nicht immer alles nachlesen kann, schaue ich jedes Mal sehr gerne hier rein und fühle mich sehr wohl bei euch.
Mitglied werden - kostenlos & anonym

Zitat von Häkelini:
@illum Ich wollte dir noch danke dass du den Thread erstellt hast. Auch wenn ich hier nicht immer alles nachlesen kann, schaue ich jedes Mal sehr ...

Ich mag diesen Thread auch sehr gerne.
Ich war bis jetzt zwar nur stille Mitleserin und kann auch nicht immer alles nachlesen aber ich probiere mal mich hier etwas einzubringen wenns die Zeit zulässt...

Zitat von Feuerschale:
Später so in den 30ern fiel mir das Thema auch nochmal auf, da ich mich mit Christentum und tw Buddhismus beschäftigt hatte. Aber es ist leider nicht mehr in den Einzelheiten so greifbar und präsent, dass ich es diskutieren könnte.

Völlig egal, entscheidend ist da eh die Praxis und außerdem kommt alles zu seiner Zeit.

Zitat von Feuerschale:
Mir kamen Religionen auch vor wie so eine Art Sichtweise, die mit Blick auf die Welt entstanden ist (im tieferen, geistigen Sinne, wo auch das Innerliche dann eine Rolle spielt). Und dann hatte ich so den Eindruck, dass man den Blick nach außen wirft, aber eben auch in dieser Rückbewegung ins Innere, sodass am Ende dann vielleicht etwas kongruentes herauskommt, auch von den verschiedenen Blickwinkeln her.

Ja, bei Religionen hat man diese Wendung nach innen oft noch sehr explizit, aber wir finden religiöse Weltbilder heute oft antiquiert - durch den weltweiten Rechtsruck kommt so eine Kackform der Religion wieder ins Boot, oft so ein evangelikaler Kram, der Wirtaschaftserfolg und Seelenheit kompatibel machen will - darum ist es interessant, dass die Wissenschaft, die das Subjekt gerne öfter eliminieren wollte, nun doch wieder auf es trifft.

Zitat von Sunny04:
Ich mag diesen Thread auch sehr gerne. Ich war bis jetzt zwar nur stille Mitleserin und kann auch nicht immer alles nachlesen aber ich probiere mal ...

Das ist doch auch absolut nachvollziehbar, du bist mit deinem neuen Job sehr ausgelastet, das würde mir genauso gehen. Trotzdem schön dass du auch ein bisschen mitliest.

A


x 4


Pfeil rechts



App im Playstore