Alphacentauri
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ich schreibe hier anonym, weil ich auf echten Austausch hoffe – mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und verstehen, wie tief manche familiäre Prägungen gehen.
Ich bin 45 Jahre alt, verheiratet, kinderlos, beruflich sehr erfolgreich. Doch erst in einer Lebenskrise habe ich erkannt, wie sehr mich meine Kindheit und besonders meine Mutter geprägt – oder besser: deformiert – hat.
Mein Vater hat uns verlassen, als ich zwei Jahre alt war. Es hieß: „Sei froh – viele Väter sind eh toxisch.“ Aber die wahre Zerstörung kam später – subtil, gebildet, aber seelisch verheerend.
Meine Mutter war körperlich präsent, aber emotional abwesend – und sobald ich eigene Bedürfnisse oder Gefühle äußerte, wurden sie zerlegt, abgewertet oder umgedreht. Ich durfte nicht ich sein. Sie wollte einen braven, kultivierten Sohn. Geige, Oper, gute Manieren – das war ihr Ideal. Ich aber wollte Fußball spielen, raufen, draußen sein. Das wurde nie verboten – sondern subtil verächtlich gemacht: „Fußball? Das ist für Proleten. Wenn du so wirst, landest du auf der Straße. Willst du das deiner Mutter antun?“ So wurden hunderte Opernbesuche zum Pflichtprogramm, während ich nie auch nur ein Mal zum Fußball durfte. Und ich habe gelächelt – wie es gewünscht war.
Das System war perfide – fast ein Geniestreich: Ich sollte freiwillig auf mich verzichten, um ihre Erwartungen zu erfüllen. Hier einige prägende Mechanismen:
Intellektualisierung Abwertung von Gefühlen:
Als ich über eine Trennung und fehlenden Rückhalt sprach, meinte sie nur:
„Panta rhei – alles fließt. So ist das Leben.“ Kein Mitgefühl. Nur Kälte.
Gaslighting bei Grenzen:
Als ich sagte, ich möchte nicht mehr in die Oper, hieß es:
„Warum hasst du denn jetzt alles? Du bist so extrem.“
Vergleiche mit Faschismus:
Als ich sie bat, sich nicht mit jemandem zu treffen, der mir extrem geschadet hat, sagte sie:
„Ich lasse mich nicht in Sippenhaft nehmen.“ (Sippenhaft – ein NS-Begriff. Ich war schockiert.)
Opferumkehr emotionale Vermeidung:
Wollte ich einfach nur mal über meine Gefühle sprechen, kam sofort:
„Deiner Schwester geht’s schlecht. Mir auch.“
Meine Gefühle? Kein einziges Mal ernst genommen.
Ich habe gelernt:
Ich bin nur dann liebenswert, wenn ich funktioniere, nichts brauche und angepasst bin. Das führte zu extremem People Pleasing. Als ich mich in meiner Scheidung verletzlich zeigte, wandten sich auch viele Freunde ab. Ich war offenbar nur dann wertvoll, wenn ich leistete. Nicht, wenn ich menschlich war. Ich arbeite therapeutisch daran, aber es ist schwer – weil das, was passiert ist, keine „schwierige Kindheit“ war, sondern eine systematische Zerstörung meiner Identität.
Ich frage mich:
Kennt ihr so extreme emotionale Gewalt durch Eltern – besonders durch Mütter?
Wie verarbeitet ihr es, wenn sogar euer ehrlicher Versuch, euch zu zeigen, mit Kälte oder Abwertung beantwortet wurde?
Wie geht ihr mit der Trauer, der Wut, der Leere um?
Wie habt ihr euch von Mustern wie People Pleasing gelöst – oder vom inneren Zwang, es den Eltern „recht“ zu machen?
Wie habt ihr euch eine eigene Identität aufgebaut – ohne diese vergiftete Stimme im Kopf?
Ich freue mich auf ehrlichen, tiefen Austausch – nicht aus Opferhaltung, sondern auf Augenhöhe.
Danke, dass ihr das gelesen habt.
Gestern 18:19 • • 03.07.2025 x 3 #1