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Hallo Ihr Lieben,

ich wende mich heute mit einem Thema an euch, dass mir wirklich extrem unangenehm ist. Ich weiß, dass ich in den vergangenen Tagen/ Wochen einen großen Fehler gemacht habe und meinem Heilungsverlauf definitiv geschadet habe. Trotzdem hoffe ich ein paar Erfahrungen von euch mitnehmen zu können. Ich brauche gerade irgendwie jemanden zum reden.

Also zu meiner Problematik: Ich nehme seit Juli Escitalopram aufgrund einer Mischung aus Depression/ Angststörung und Zwangsgedanken. Seit Ende August auch die Höchstdosis von 20mg. Nach einem neunwöchigen Tagesklinikaufhalt bis 12. November ging es mir dann auch stabil besser. Zwar nicht richtig gut, aber definitiv ging es in die richtige Richtung. Nun war es leider so, dass es mir im Dezember anscheinend zu gut ging und ich der Meinung war, ich könnte wieder Alk. trinken und an ,,Partys‘‘ teilnehmen. Bis dahin hatte ich komplett auf sowas verzichtet, aus Angst mir könnte es wieder schlechter gehen. Zunächst hatte ich dabei auch wirklich viel Spaß (so wie früher vor meiner Erkrankung) und ich hatte halt am nächsten Tag einen Kater und ein kleines Stimmungstief. Über die Feiertage haben wir dann leider fast jeden zweiten Tag gefeiert und es ist auch immer reichlich Alk. geflossen. Die Quittung dafür habe ich jetzt bekommen. Bei der letzten Party am vergangenen Mittwoch bin ich plötzlich in Tränen ausgebrochen und mir geht es seitdem extrem schlecht. Die Depression ist wieder voll da, ich kämpfe wieder mit Zwangsgedanken und habe einfach nur Angst wieder bei null angekommen zu sein.

Ich weiß, dass ich mit diesem Verhalten zu meiner aktuellen Situation beigetragen habe. Allerdings frage ich mich auch, ob es auch daran liegen könnte, dass mein Medikament durch den Alk. einfach nicht mehr gewirkt hat. Ich hoffe, dass es in ein paar Tagen wieder bergauf geht und es nur ein kurzer Rückschlag ist.

Wie sind denn eure Erfahrungen mit Alk. und Antidepressiva? Habt ihr ähnliches erfahren, gerade im Bezug auf Depressionen? Sorry für den langen Text. Und versteht das bitte nicht als ausheulen. Ich bin mir meiner Schuld bewusst und brauche gerade nur ein paar Erfahrungsberichte, aus denen ich vielleicht etwas mitnehmen kann.
Danke und LG
Marvin

03.01.2022 12:38 • 06.01.2022 #1


12 Antworten ↓


Herzenswaerme
Wäre es möglich, dass Du Dich nach den (vielen) Feierlichkeiten einfach nur in Einsamkeit wiedergefunden und deshalb jetzt wieder einen Rückfall erlitten hast?

Alk. soll die Wirkung eher verstärken, ich persönlich möchte keinem Arzt vorgreifen aber da sich die Wirkung eines AD erst noch über mehrere Wochen aufbauen muss, würde ich es eher für unwahrscheinlich halten, dass die alleinige Ursache für Dein Stimmungstief jetzt nur der Alk. sein soll.

Ich habe Escitalopram mehrere Jahre eingenommen und es ging mir nie so richtig gut, obwohl ich genauso wie Du, praktisch die Höchstdosis erhielt.
Und von dem einen Tag auf den anderen, ging es mir sehr schlecht, ohne erkennbaren Grund, genau beschreiben könnte ich es nicht aber das was Du geschrieben hast, trifft es schon sehr exakt - sprich, an machen Tagen reichte schon die Nachbarin völlig aus, die nicht grüßte oder mal wieder irgendetwas tat, was ich als Mobbing empfand, wie z. B. das willkürliche Abschneiden von irgendwelchen Pflanzen.

Oder ich war zuerst sehr glücklich, weil irgendetwas super geklappt hat und im nächsten Moment schon kämpfte ich dann mit den Tränen, weil ich mich sehr einsam fühlte und es nicht meiner Familie teilen konnte (das ist etwas sehr Schmerzhaftes in meinem Leben und währt schon seit Jahrzehnten).

03.01.2022 13:20 • #2


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Escitalopram und Alk., jetzt Rückfall

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M
@Herzenswaerme Danke für deine Antwort!

Ich persönlich denke nicht, dass es etwas mit Einsamkeit zu tun hat. Vielmehr habe ich das Gefühl mich mit den ganzen Feierlichkeiten völlig übernommen zu haben. Unregelmäßiger Schlaf und dazu der Alk. waren wahrscheinlich einfach zu viel. Es hat sich einfach wieder ein wenig so wie früher angefühlt und das war nach dieser langen Leidenszeit seit März 21‘ einfach schön gewesen. Aber jetzt wieder so am Boden zu liegen macht mich echt fertig. Am Mittwoch habe ich wieder einen Termin bei meiner Psychiaterin. Mal sehen, was sie dazu sagt. Begeistert wird sie sicherlich nicht sein..

03.01.2022 17:31 • #3


Herzenswaerme
@marv_ Du weißt am besten, was gut für Dich ist - bzw. schlecht.

Super, wenn Du am Mittwoch mit jemandem darüber sprechen kannst. Ich muss noch bis Freitag warten; hätte diese Woche aufgrund des Feiertages sonst überhaupt keine Möglichkeit dazu gehabt (nehme mittlerweile aber ein anderes SSRI, dennoch geht es mir irgendwie schlechter, was allerdings auch an den Feiertagen liegen könnte).

Du bist für mich so etwas wie ein Hoffnungsschimmer, somit werde ich dann weiter darauf hoffen, dass es mir unter Einnahme von diesen Medikamenten doch irgendwann besser gehen wird, wenn so etwas bei Dir möglich war. Nach den vorliegenden Studien sollen ADs nur bei schweren bis mittelschweren Depressionen etwas bewirken und vielleicht haben sie das bei uns bzw. mir dann schon längst, sodass eine weitergehende Besserung gar nicht mehr zu erreichen sein wird.

04.01.2022 16:21 • #4


S
Zitat von marv_:
Wie sind denn eure Erfahrungen mit Alk. und Antidepressiva? Habt ihr ähnliches erfahren, gerade im Bezug auf Depressionen?

Ich trinke gar nicht, nicht bewusst, habe einfach kein Verlangen.

Wenn Du von Kater schreibst, dan. Musst Du aber viel intus gehabt haben? Lass das mal lieber, steht ja such auf den Beipackzetteln.

Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass der Alk hohol jetzt so Dein AD beeinflusst hat aber ich bin auch kein Arzt … hoffe, es geht Dir bald wieder besser ….

04.01.2022 16:34 • x 1 #5


S
Jetzt bin ich schlauer. ich würde schnellstmöglich Deinen Psychiater kontaktieren, vielleicht hilft eine Aufdosierung?


Google:
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Die Kombination von Antidepressiva und A lkohol äußerst risikoreich, da sie die Wirkung der Medikamente völlig unkontrolliert und unvorhersehbar verändern kann. So kannes durch Alk. zu einer Verstärkung bzw. einer Verringerung der Wirkmechanismen und zu Vergiftungen durch toxische Stoffwechselprodukte kommen.

04.01.2022 16:36 • x 1 #6


M
@portugal Bisher bin ich mit meiner aktuellen Dosis ja ganz gut klargekommen. Und mehr als 20mg geht bei Escitalopram auch nicht. Ich hatte im Herbst während meiner Zeit in der Tagesklinik schon angefragt, ob eine weitere Dosissteigerung möglich/ sinnvoll wäre. Aber da wurde mir immer davon abgeraten. Zufrieden bin ich mit den 20mg aber auch nie ganz gewesen. Mir ging es eben ganz ok damit, aber ich war immer weit entfernt davon zu sagen, dass ich mich wieder gut und so wie früher fühle. Frage mich auch allgemein oft, ob das jemals wieder so wird und die Depression verschwindet. Immerhin sind nun auch schon neun Monate vergangen seitdem das alles angefangen hat..
Ich bin jedenfalls mittlerweile echt davon überzeugt, dass der ganze Alk. während der Feierlichkeiten in den letzten Wochen dazu geführt hat, dass das Medikament nicht mehr richtig gewirkt hat. Dazu kommt dann eben noch der Stress durch Schlafmangel etc. und jetzt stehe ich da und ärgere mich über mein leichtsinniges Verhalten. Morgen gehts erstmal zu meiner Psychiaterin und dann sehen wir mal weiter..

04.01.2022 16:56 • x 1 #7


S
Also, bei mir wirken Antidepressiva so gut, dass ich wieder richtig glücklich bin und auch Freude verspüre.

Dann habe ich aber ab und zu Phasen, wo ich müde bin aber das ist nicht schlimm.

Vielleicht solltest Du ein neues AD Ausprobieren, ich horche da immer auf, wenn jemand sagt, er sei nicht zufrieden.

04.01.2022 17:05 • x 1 #8


S
Ich glaube ich hatte escitalopram mal vor 25 Jahren.
Sertralin und Mirtazepin haben gleichermaßen bei mir gewirkt.

04.01.2022 17:07 • x 1 #9


M
@portugal Ich würde gerne ein anderes AD ausprobieren, weil ich wie gesagt mit dem Escitalopram einfach nicht ganz zufrieden bin. Aber laut meiner Psychiaterin und der Ärztin in der Tagesklinik bin ich gut damit eingestellt. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass mir da die Hände gebunden sind und meine Bedenken da einfach ignoriert werden..
Ich hätte damals im März niemals damit gerechnet, dass das Ganze mal neun Monate so geht. Irgendwann schwindet dann auch die Hoffnung jemals wieder aus dieser depressiven Episode zu kommen. Mir kommt das einfach so ewig lange vor und immer wieder zu fallen, wenn es gerade mal etwas besser war raubt einem echt irgendwann die Kraft. Kannst du mir in der Hinsicht Hoffnung machen, dass ich irgendwann auch mal wieder ,,gesund‘‘ werde? Das ich immer anfällig für sowas sein werde ist mir bewusst, aber trotzdem muss doch die Depression auch irgendwann mal enden. Überall steht geschrieben ,,Jede Depression endet irgendwann‘‘. Aber das Gefühl habe ich mittlerweile nicht mehr..

04.01.2022 19:27 • #10


S
Zitat von marv_:
dass ich irgendwann auch mal wieder ,,gesund‘‘ werde? Das ich immer anfällig für sowas sein werde ist mir bewusst, aber trotzdem muss doch die Depression auch irgendwann mal enden.

Leider nein. Bei mir wurden sie vor 25 Jahren diagnostiziert, die erste schlimme Phase. Davor war ich non stop müde und dachte, das ist aber jeder.

Dann eines Tages kurz vor der Trennung (war dann der Auslöser), ich trennte mich, kam ich nicht mehr aus dem Bett!

Ich konnte mich nicht auf den Beinen halten.

Psychiater: Sie haben eine handfeste Depression.

ADs bekommen, nach 3-4 Wochen (so schnell ging das damals noch) ging’s langsam bergauf. Nach 5 Wochen ging Volltagsstelle wieder.

Dann gedacht: Ich lass es nie wieder so weit kommen!”

Dann 6 Monate weiter genommen u dann abgesetzt.

Ein paar Hshre später die nächste ( Arbeitslos geworden, vom Chef angelogen worden, er stellte seine Frau anstelle mich ein, mehr Geld in seiner Kasse). Depris kamen dann 6 Monate später.

Tagesklinik 3 Monate. Gesund” entlassen.

Und so geht das ca. alle 7-8 Jahre bei mir.

Will Dich nicht verschrecken aber die meisten, die ich kenne, haben wiederholte AD.

Für mich habe ich gelernt, dass ich früher die Reissleine ziehen muss.
Da drin bin ich jetzt richtig gut.
Bin auch älter und muss mich nicht mehr hocharbeiten”.
Wenn eine Stelle nicht passt, dann bin ich ganz schnell wieder weg.

Wenn mir Menschen nicht gut tun, dann überlege ich, ob man was ändern

1. kann
2. will.

Wenn nicht, dann muss man getrennte Wege gehen.

Sprich: ich hab die Mauern jetzt hoher gebaut, um mich zu schützen. Ist das Kind in den Brunnen. Gefallen, muss ich es herausholen und keiner kann es für mich tun.

Depressionen ist halt eine Krankheit, andere haben andere Beschwerden. ICH persönlich (!) habe die Erfahrung gemacht, dass wenn man sie nur 1x hatte, man sich glücklich schätzen kann.

Meine Großmutter hatte auch welche, vielleicht ist ein wenig auch genetisch bedingt.

Hoffe, ich habe Dir keine Angst gemacht ….

04.01.2022 19:50 • x 2 #11


Johnny83
@marv_

Ich denke mal, dass der Rückfall nur durch Überanstrengung zustande gekommen ist. Du hast dich lange Zeit zurückgenommen und geschont, und nun auf einmal einen Partymarathon hingelegt, viele Leute getroffen, viele Reize zu verarbeiten gehabt, und der Alk. tut sein übriges. Du bist verkatert, wahrscheinlich übermüdet, und generell angeschlagen. Schätze mal, dass alles einfach zu viel war!
Mach jetzt die nächsten Tage mal eine Art Kur, mit viel Vitaminen, Wasser, Sport, Kräutertee zur Leberentgiftung, frische Luft und Schlaf. Das kann schon mal Wunder wirken.

Was die Heilung betrifft, so hängt viel von der Ursache ab. Manchmal haben Depressionen einen konkreten Auslöser, und können bei einer guten Therapie aufgearbeitet werden. Bei manchen Leuten aber ist es, wie mein Arzt sagt, zusätzlich auch eine Art genetischer Disposition, wie eine Stoffwecchselstörung, und damit lebt man halt. Bei dir liegt ja die Diagnose noch nicht so lange zurück, bei erstmaligem Auftreten einer depressiven Episode gilt lt meinem Arzt die Leitlinie, dass man mindestens 6Monate AD nimmt und den Verlauf beobachtet. Bleib jetzt einfach mal ruhig, das kann sich alles noch drehen.

06.01.2022 13:52 • #12


Johnny83
@portugal same here, ich hatte schon als Kind Depris (hat halt nur keiner bemerkt, so nach dem Motto : reiß dich zusammen, sei nicht so hysterisch) und was du über die Erschöpfung schreibst, kann ich zu 100% teilen - ich dachte auch, das IST eben normal, und andere schaffen es auch.
Seit einem Zusammenburch 2005 hab ich die Diagnose, dazwischen ein paar Auf und Abs, aber letztendlich lebe ich gut damit.
Grenzen setzen, offen reden, statt die Krankheit verheimlichen und sich durchzubeißen, zusätzlich die Medis - das ist eben so.

06.01.2022 13:55 • #13


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Dr. med. Andreas Schöpf