Mehrere Untersuchungen weisen darauf hin, dass der aktive Wirkstoff bei Citalopram das SEnantiomer darstellt, welches die 5-HT-Wiederaufnahme hemmt, während das R-Enantiomer an der pharmakologischen Aktivität unbeteiligt ist (Hyttel et al. 1992; Sanchez et al. 2003) bzw. diese sogar behindert (Mork et al. 2003; Stórustovu et al. 2004; Kasper et al. 2009). Infolgedessen wurde das aktive Enantiomer S-Citalopram als EinzelenantionmerAntidepressiva synthetisch hergestellt und vermarktet, was als „Chiral Switch“ bezeichnet wird (Hindmarch 2001). Escitalopram führt im Vergleich zu Citalopram zu einer nahezu verdoppelten Serotonin-Wiederaufnahmehemmung (Sanchez et al. 2003). Selbst wenn die Citalopramdosis stark erhöht wird, kann sie nicht den gleichen starken Effekt wie Escitalopram bezüglich der Serotonin-Wiederaufnahmehemmung erreichen (Mork et al. 2003; Sánchez und Kreilgaard 2004). Forschungen bezüglich der Ursache dieses Phänomens ergaben, dass Citalopram im Vergleich zu Escitalopram quasi keine Bindungsaffinität für die orthosterische Bindungsstelle am 5-HTTransporter (SERT) aufweist und so zu einer eher geringen Serotonin-Reuptake-Blockade führt (Nutt et al. 2010). Darüber hinaus zeigten Studien, dass sowohl Citalopram als auch Escitalopram an der allosterische Bindungsstelle als Antagonisten wirken (Chen et al. 2005). Die orthosterische bzw. primäre Bindungsstelle am SERT inhibiert die Wiederaufnahme von Serotonin, während die allosterische bzw. sekundäre Bindungsstelle modulierend auf die orthosterische Bindungsstelle wirkt und die Inhibition an der primären Bindungsstelle verstärkt und verlängert (Plenge und Mellerup 1985). Bezüglich des allosterischen Wirkmechanismus zeigten sich Unterschiede zwischen Citalopram und Escitalopram: Wenn Escitalopram an der allosterischen Bindungsstelle andockt, wird durch den parallel hervorgerufenen Antagonismus an der orthosterischen Bindungsstelle des SERT verstärkt und verlängert, während dies bei einer Besetzung der allosterischen Bindungsstelle mit Citalopram nicht der Fall ist, da Citalopram nur an der allosterischen und nicht an der orthosterischen Stelle des SERT andockt (Plenge et al. 2007). Dies bedeutet, dass Citalopram, welches quasi keine Bindungsaffinität bezüglich der orthosterischen SERT-Bindungsstelle und eine vergleichweise hohe Affinität für die allosterische SERT-Bindungsstelle aufweist, Escitalopram von der allosterischen Seite verdrängen und so den selbstpotenzierenden, dualen Wirkmechanismus von Escitalopram aufheben bzw. reduzieren könnte (Kasper et al. 2009).
22.08.2015 07:24 •
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