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C
Hallo, ich muss mir das jetzt mal von der Seele reden! Mein Opa -ich habe nur noch einen- ist seit nun knapp vier Jahren an Demenz erkrankt. Am Anfang habe ich gar nicht mitbekommen, wie schlimm es mit der Zeit geworden ist. In meinen Augen fielen ihm nur zusammenhängende Sätze schwer. Dann saß aber eines Tages meine Cousine, die sich sehr viel um meine Oma -die ihn zuhause pflegt- kümmert, weinend in unserer Küche und ich habe das Gespräch zwischen ihr und meinen Eltern mitbekommen. Das hat mir dann die Augen geöffnet. Er geht jede Stunde zur Toilette -Nachts wie tags-, ist nervös, geht extrem viel spazieren und so weiter und so fort. Ganz genau möchte ich das alles nicht erzählen, weil ich es ja nicht bin, sondern er. Aber ihr habt vielleicht eine ungefähre Vorstellung. Nachdem ich nach einer schlimmen Nachricht meines Onkels extrem viel geweint habe und mich kaum noch beruhigen konnte, bekomme ich auch gar nicht mehr viel mit von dem, was er so macht. Das war das einzige Mal, wo ich geweint habe. Ich versuche mich immer zusammenzureißen, aber wenn ich dann mal wieder was Schlimmes höre (Wenn z.B. der Fahrer ihn nicht mehr zur Tagespflege (seiner 2. in drei Monaten) fahren möchte, weil es ihn überfordert), würde ich am liebsten losweinen wie ein kleines Kind. Mich macht das ganze echt fertig, und ich würde da so gerne mal mit jemandem drüber reden, aber die Leute, mit denen ich in der Schule zusammen bin, sind halt nicht die Leute, denen ich so etwas anvertrauen würde und meine beste Freundin wohnt sehr weit weg. Manchmal würde ich mich einfach gerne in die Arme meiner Mutter werfen und nicht mehr aufhören zu weinen.

Das ist jetzt keine Frage, aber ich musste das mal loswerden. Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht und wie geht ihr damit um? Es tut nämlich echt weh, ihn so zu sehen. Er benimmt sich immer mehr wie meine siebenjährige Schwester..

19.06.2016 21:45 • 21.06.2016 #1


7 Antworten ↓


N
Hallo
Zusammen reißen ist tatsächlich wie ich finde nicht der richtige Weg. Weine dich ruhig bei deinen Eltern aus und versuche neue Kraft zu schöpfen. Ich kenne das Problem. Deinem Opa kannst und musst du nicht helfen. Für ihn selbst ist es vermutlich nicht so schlimm wie für dich. Denn für ihn hat sich vieles geändert. es ist schwer das zu ertragen, das weiß ich. Aber versuch es ein wenig entspannter zu sehen und nutze jede Minute mit ihm, die du nutzen möchtest.
Kannst du dich mit ihm noch unterhalten oder meidest du den Kontakt?

19.06.2016 22:49 • x 3 #2


A


Mein Opa hat Demenz

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C
Danke Ich habe gerade lange mit meiner Mutter gesprochen und auch viel geweint...
Ich bin fast jeden Tag bei meinen Großeltern und passe auch öfters auf ihn auf, also bekomme ich jede Veränderung direkt mit. Ich weiß, dass das für ihn nicht so schlimm ist wie für mich, aber das mindert meinen Kummer nicht

20.06.2016 17:00 • #3


Perle
Hallo Carla,

mein Vater ist u. a. an Altersdemenz erkrankt, insofern weiß ich in etwa wie Du Dich fühlst.

Es ist wohl die Hilflosigkeit, die uns am meisten zu schaffen macht. Dieses zusehen und nicht helfen können kann einem wirklich sehr zusetzen. Nimm´ Deinen Opa an, so wie er jetzt ist. Er ist in seiner ganz eigenen Welt, die nicht unbedingt schrecklich sein muss. Vielleicht lässt er Dich ja sogar ein Stück weit in seine Welt hinein? Eine andere Option gibt es leider nicht. Aber die Erfahrungen, die Du zusammen mit ihm sammelst, kann Dir niemals mehr jemand nehmen. Für Dein weiteres Leben kann Dir das irgendwann vielleicht noch hilfreich sein. Wer weiß?

Ich finde es übrigens ganz toll von Dir, dass Du auf Deinen Opa aufpasst. Hut ab! Vergiss´ nur bitte die unbeschwerte Seite des Lebens nicht, sie ist genau so wichtig und darf ganz bewusst und ohne schlechtes Gewissen gelebt werden!

Dein Opa weiß, dass Du für ihn da bist und ihn lieb hast.

LG, Martina

20.06.2016 17:43 • x 1 #4


C
Auch dir danke Deine Worte haben mir geholfen, du hast nämlich recht. Meine Oma hat erzählt, dass er, als er mal wieder mit ihr gestritten hat und ich kam, zu ihr gesagt hat, dass sie leise sein solle, weil seine Freundin käme. Das hat mich gefreut. Er tut auch immer mal sehr geheimnisvoll mit mir und ist sehr liebevoll. Das freut mich immer sehr.
Liebe Grüße, Carla

20.06.2016 17:53 • #5


R
Hallo,
eine meiner Großmütter hatte Altersdemenz und ihr war sehr bewußt, daß etwas nicht mit ihr stimmt. Sie lebte damals allein und ein wenig weiter weg von uns, so daß wir nicht jeden Tag nach ihr sehen konnten. Als wir sie einmal alle zusammen besuchten (das mochte sie immer sehr, wenn alle kamen), da erzählte sie uns, daß an einem Abend ein Flugzeug neben ihrem Haus gelandet wäre und sie nachgesehen hätte, ob der Strommast da überhaupt noch steht und der Mast gar nicht kaputt gegangen ist.... ähm, ein Flugzeug konnte da nun wirklich nicht gelandet sein und es stellte sich raus, nachdem mein Vater der Sache auf den Grund ging, daß meine Oma einen Katastrophen-Flug-Film im Fernseher gesehen hatte und die Handlung für sie real hängen geblieben ist.
Zu der Zeit stellte ich auch fest (ich war 17 J.), daß meine Oma aktuelle Dinge völlig durcheinander brachte oder gleich wieder vergessen hatte, aber Erinnerungen aus der Zeit, als sie eine junge Frau war oder sogar noch Kind, die wußte sie, als wenn sie gerade passiert waren. Sie vergaß auch manchmal unsere Namen, wußte aber sehr genau, wer was zu wem ist. Was habe ich ihren Geschichten gerne gelauscht.
Manchmal kann uns der natürliche Altersgang Angehöriger lebenslang aus der Bahn werfen und deshalb finde ich gut, daß du dich jetzt damit auseinandersetzt. Aber schütze dich bitte auch. Mir ist es gelungen, sie in Erinnerung zu behalten, wie sie war, ohne ihren Tod oder ein Dahinsiechen vor Augen zu haben und das wünsche ich dir auch Carla.

Grüße

20.06.2016 18:01 • x 1 #6


Luna70
Liebe Carla,

erstmal ein großes Kompliment, dass du dich so gut um deinen Opa kümmerst. Wir pflegen bei uns in der Familie auch meinen Vater, der hauptsächlich körperliche Krankheiten aber auch eine leichte Demenz hat. Ich merke bei uns immer, dass es ihm gut tut wenn meine Kinder fröhlich sind und mit ihm lachen. Natürlich ist es eigentlich traurig, dass dein Opa nun krank ist aber deshalb kannst du trotzdem mit ihm albern, lachen und Spaß machen. Das tut ihm gut.

Wir Erwachsenen sind in der Situation leider oft sehr bedrückt, weil wir uns Sorgen machen wie die ganze Situation sich entwickeln wird usw. Und das ist für einen Demenzkranken gar nicht so gut, weil er ja Stimmungen schon noch mitbekommt.

Wenn dich sein Zustand traurig macht, dann weine ruhig auch mal. Leider gehört es zum Leben dazu, dass Menschen die uns am Herzen liegen krank werden können. Überlasse aber die Sorgen um den Zustand deines Opas deinen Eltern und deiner Oma, du bist noch zum jung um das völlig mitzutragen. Du hilfst ihnen viel mehr, wenn du deinen Opa besuchst und mit ihm redest. Vielleicht kannst du ihm mal was vorlesen oder es gibt auch spezielle Brettspiele für Demenzkranke.

21.06.2016 09:12 • x 1 #7


C
Danke Nach den Brettspielen werde ich gleich mal suchen, vielleicht ist ja was dabei. Wir haben früher sehr oft Mensch ärgere dich nicht gespielt, davon erzählt er manchmal noch, wenn er einen guten Tag hat..

21.06.2016 14:36 • #8





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