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switch
Hallo an alle,
Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Es ist so vieles auf einmal und ich muss es irgendwo rauslassen, sonst habe ich keine andere Möglichkeit.

Erstmal zu mir, ich bin 25 Jahre jung und Autist. Ich habe außerhalb meiner Familie überhaupt keine Kontakte. Die Freundschaften, die ich hatte, sind in die Brüche gegangen, weil ich mich nicht genügend darum gekümmert habe. Ich habe dieses Problem, dass ich mich irgendwann plötzlich zurückziehe und dann traue ich mich nicht mehr den Personen unter die Augen zu treten. Ich verbringe die meiste Zeit mit mir selbst. Es wird oft unglaublich einsam und manchmal wünsche ich mir ein sozialeres Leben. Ich bin neidisch auf andere, weil sie Freunde haben und diese erhalten können. Aber ob ich dafür geschaffen bin bezweifle ich sehr.

Ich habe mich letztes Jahr auf einer Dating App angemeldet und eine tolle Frau kennengelernt. Ich habe noch nie eine wirkliche Beziehung geführt, aber das hat sie damals nicht gestört. Wir haben Tag und Nacht geschrieben, wir haben uns so gut verstanden. Sie war der einzige Mensch, dem ich immer geantwortet habe. Der einzige Mensch, dem ich alles erzählt habe und mich dabei gut gefühlt habe. Ich habe mich zum ersten Mal wohlgefühlt. Ich konnte mich fallenlassen. Sie wollte die Beziehung intensivieren, sie wollte mich sehen und davor hatte ich sehr große Angst. Ich brauche irgendwie den körperlichen Kontakt nicht so, jedenfalls habe ich keinen großen Drang jemanden zu umarmen oder so. Ich kenne das halt auch nicht und es hat mir eine riesen Angst gemacht. Das hat sie verständlicherweise nicht verstanden. Ich wollte es bei dem Online-Kontakt belassen und sie nicht. Und somit haben sich unsere Wege getrennt. Ich vermisse zum ersten Mal einen Menschen so sehr. Es ist so intensiv. Und ich fühle mich so schuldig, weil ich es dazu hab kommen lassen. Nur weil ich mich nicht treffen wollte/konnte. Ich hasse mich dafür, dass ich es nicht geschafft habe. Ich kann mit Gefühlen nicht so gut umgehen, es fällt mir sehr schwer sie zu verstehen, aber ich spüre sie gerade mit voller Wucht. Jeden Tag vermisse ich sie. Sie wollte es probieren und hat es ein paar Wochen mitgemacht bis sie nicht mehr konnte und mir nicht mehr geglaubt hat. Sie dachte, dass ich sie veräpple und verheiratet bin oder sie hinhalten will. Meine "Geschichte" war nicht glaubhaft für sie. Es tut einfach so weh. Ich vermisse sie so sehr und ich kann nichts dagegen tun. Ich weine mich nachts in den Schlaf, weil sie mir einfach fehlt. Es ist zu manchen Zeiten einfach unerträglich. Ich will aus meiner Haut raus.

Ich fühle mich einfach schrecklich einsam. Ich muss mir sehr oft vorstellen, was denn wäre wenn meine Familie verstirbt. Da wüsste ich wirklich nicht weiter. Da wäre ich noch einsamer. Ich habe nur meine Eltern und eine Schwester. Ich kann mich immer auf sie verlassen, aber es passieren oft Unglücke, Unfälle, Krankheiten. man weiß ja nie, wann es vorbei ist. Ich quäle mich ständig mit solchen Gedanken rum. Ich weiß manchmal gar nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich weiß, dass das alles nicht normal ist. Ich bin nicht normal. Ich wäre so gern ein normaler Mensch mit einem normalen Leben.

08.05.2022 16:44 • 13.05.2022 x 1 #1


7 Antworten ↓


M
Schau, ich bin auch Asperger und weiß was du meinst.
Du könntest mal versuchen, vergangene Tage und Niederlagen auszublenden und sozusagen mit heutigem Tag von vorne beginnen. Du bist 25 Jahre alt. Da ist absolut noch alles drin. Und mal ernsthaft, so wie dir geht es Millionen Menschen. Auch jenen, die keinen Autismus haben. lg

08.05.2022 16:54 • #2


A


Mein Leben ist eine Katastrophe - Autismus

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switch
Natürlich geht es auch anderen Menschen so. Ich will auch nicht so in Selbstmitleid baden. Ich wollte nur alles mal loswerden, weil ich niemanden habe zum Erzählen.

08.05.2022 17:58 • x 2 #3


Susanne05
Kannst du sie nicht nochmal anschreiben?
Vielleicht trifft sie sich mit dir. Du könntest nur noch gewinnen.

08.05.2022 21:09 • x 3 #4


S
@switch ich habe einen autistischen Freund und ich weiß, wie schwer das sein kann. Gerade in Bezug auf Emotionen, Routine etc.

Er ist in einer Selbsthilfegruppe, da hat er vieles gelernt, er hat die Diagnose erst sehr spät bekommen. Vielleicht googelst Du mal, ob es eine bei Dir gibt.

Wie Susanne sagt, frag doch mal nach

08.05.2022 21:29 • x 2 #5


-IchBins-
@switch
Ich würde sie auch noch einmal anschreiben und es genauso sagen, wie du es beschrieben hast. Du hast dann quasi reinen Tisch gemacht und sie weiß dann vielleicht besser, wie du fühlst, denkst usw. Wenn sie Verständnis zeigt, umso besser. Wenn nicht, weißt du, dass es vielleicht auch eben nicht die Richtige war. Was meinst du? Das ist mein Gedanke dazu.

08.05.2022 21:36 • x 1 #6


switch
Danke für eure Antworten und Gedanken!
Ich glaube irgendwie nicht, dass sie das wollen würde. Sie hat mir einfach nicht mehr vertraut und mir geglaubt. Sie denkt, dass ich sie die ganze Zeit angelogen habe. Erst wollte sie meinen Perso sehen, um zu sehen, dass ich wirklich die Person bin (das habe ich aber nicht gemacht, weil ich meine Dokumente sicher nicht im Internet zeige) und danach hat sie mir vorgeworfen, dass ich vielleicht mit einer anderen Frau zusammen bin und mit ihr wohne und mich deswegen nicht treffen mag. Das Band war zerschnitten leider.
Ich wüsste auch gar nicht, was ich ihr genau sagen soll. Ich habe Angst ihr zu schreiben. Ich habe auch Angst mich mit ihr zu treffen. Ich habe Angst ihr nicht zu gefallen und ich habe Angst vor unbekannten Situationen, vor den ganzen Gefühlen, die ich nicht verarbeiten kann.

09.05.2022 01:54 • #7


K
Hallo lieber Switch,
deine Nachricht finde ich erst einmal sehr berührend. Sie zeigt, wie emotional du bist und das ist gut so. Du bist nicht unnormal und du brauchst dich nicht schuldig zu fühlen. Aufgrund deines Autismus nimmst du die Welt sicher ein bisschen anders wahr als neurotypische Menschen. Deine Online-Bekannte hatte sicherlich noch keine Erfahrung mit Menschen aus dem Spektrum. Schade ist, dass sie dir kein weiteres Gehör schenken wollte bzw. dir nicht geglaubt hat. Dafür kannst du aber nichts, deshalb fühle dich bitte nicht schuldig. Leider ist das Thema Autismus noch nicht so weit verbreitet bzw. bekannt in unserer Gesellschaft, was ich für dramatisch halte, da ein offener Umgang damit helfen würde, Leid bei den Betroffenen zu vermeiden und Verständnis zu erzeugen. Um Einsamkeit entgegen zu wirken, könnte ich mir vorstellen, wenn du dich bei entsprechenden Autismus-Gruppen anschließt, wo Menschen aus dem Spektrum sich austauschen.

13.05.2022 00:00 • #8





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