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Hi..

Ich hab mich lange nicht hier blicken lassen, und das möchte ich nun durch einen ordentliches Erfolgserlebnis wieder gut machen und versuchen, anderen in der gleichen Situation Mut zu machen.

Ich leide schon seit ewigen Jahren an einer Angst und Panikstörung. Das fing bei mir mit rund 5Jahren an und zieht sich durch mein gesamtes bisheriges Leben, mit mal mehr und mal minder schweren Auswirkungen. Vor gut 10 Jahren war ich in klinischer Behandlung, und das auch sehr erfolgreich. Leider hat man trotz allem immer mal wieder Rückschläge zu verkraften. Da ich mit meinen Ängsten sehr Körperbezogen bin, dreht sich vieles bei mir um mein Herz bzw meine allgemeine Audauer und alles was sich so körperlich abspielt. Man könnte sagen, ich vertraue meinem Körper nicht so recht. Das äußert sich in Ängsten, die einer Herz Phobie nahe kommen bzw leide ich auch seid etwa 2 Jahren unter mehr oder minder starkem Schwindel, wohl auch psychisch bedingt, aber nicht ausreichend abgeklärt wie ich finde.. Das Krankensystem halt, muss ich nicht viel sagen hier denke ich

Nunja, das erstmal zu meiner Vorgeschichte.
Richtig schlimm wurde es erst wieder vor etwa 2 Jahren. Mit dem Schwindel kam auch die Angst wieder zurück und zog mich richtig tief nach unten. Mit relativ milden antidepressiva(Opipramol) und einem Medikament gegen Schwindel(Sibelium) kam ich innerhalb eines halben Jahres wieder halbwegs auf die Beine. Nach dieser Zeit hatte ich absolut kein Vertrauen mehr zu meinem Körper. Ich traute mir keine Anstrengungen mehr zu, bekam Schweißausbrüche und Panikattacken bloß wenn ich mal 100 Meter gelaufen bin. Es war wirklich schrecklich.
Nach so einigen Arztbesuchen kam zumindest der reine Gedanke an einen halbwegs gesunden Körper wieder,wobei ich das keinem Arzt so wirklich abgekauft hab. Aber nunja, viele die hier sind, werden wissen wovon ich spreche.

Wirkliche Besserung, und jetzt fängt der schöne Teil der Geschichte an, machte sich Anfang letzten Jahres bemerkbar. Ich hatte mir ein sehr hoch gestecktes Ziel gesetzt. Zu der Zeit war ich noch der festen Überzeugung an einer ernsten Erkrankung zu leiden und bald das zeitliche zu segnen. Klingt schrecklich, aber ich hab wirklich so gedacht und auch entsprechend gehandelt. Das ging soweit, dass ich mir Dinge geleistet habe, die ich eigentlich gar nicht bezahlen konnte.. Ich habe sprichwörtlich mein Erspartes verprasst. -- Mittlerweile bereue ich diesen Schritt aber nicht mehr

Das hoch gesteckte Ziel hieß Kanada . Japp. Und zwar nicht irgend eine Reise, sondern eine Dreiwöchige Reise im Zelt, quer durch die Kanadischen Rocky Mountains. Und da ich ledig bin und nicht alleine diese Reise antreten wollte, habe ich meine Schwester eingeladen, mich zu begleiten. Die Reisekosten für beide habe zu einem Großteil ich allein übernommen,, auch diese doch sehr hohen Kosten waren es mir allemal wert. Da die Reise versprach recht anstrengend zu werden, mussten wir uns auch entsprechend vorbereiten, was mir einen Grund gab, mich mit meinen Ängsten auseinanderzusetzen. Ich hatte nicht nur einen Grund sondern ein großes Ziel vor Augen und auch eine entsprechende Verpflichtung meiner Schwester gegenüber. Somit blieb mir absolut kein schlupfloch mehr und ich musste wohl oder übel da durch.

Also haben wir anfang des letzten Jahres angefangen zu trainieren. Erstmal langsam, versteht sich, da meine Schwester auch keine Ausdauersportlerin ist. Da wir in Kanada viel wandern würden, und auch mal sehr schwere Etappen, gings hier in Deutschland erstmal quer durch die Wälder des Sauerlands. Natürlich erstmal schön sachte.

Die ersten Strecken die wir uns rausgepickt hatten waren so rund 4km lang und hatten sehr wenige Höhenmeter.
Da ich zu der Zeit körperlich eigentlich ein Wrack war, sind selbst 4 km mit wenig höhenmetern einem Marathon gleichzusetzen, und auch entsprechend Kräftezehrend.Man hat aber beim Wandern sehr viel Zeit für sich und damit auch die Möglichkeit, seinem Körper zu lauschen und die entsprechenden Situationen einzuschätzen. Ob das immer gut oder schlecht ist lasse ich mal im Raum stehen.
In nicht wenigen Fällen hat dieses in sich hineinlauschen bei mir eine Panikattacke ausgelöst. Man muss diese aber versuchen zuzulassen und sich damit auseinandersetzen. Anfangs kann man es noch nicht realisieren, aber die Panik äußerte sich bei mir in ganz normalen Situationen beim wandern einfach aufgrund der Tatsache, dass ich vor mir selbst Angst bekommen habe.
Also man muss da durch!
Die folgenden Wochen waren wir immer mal wieder unterwegs. Da ich einen Hund hab, war das natürlich ein weiterer Anreiz. Man möchte dem Tier ja auch nur Gutes. Also ging es weiter, bis wir uns dann auf etwa 12km lange Strecken gesteigert hatten. Da ich nicht täglich trainiert hab, war natürlich die entsprechende Ausdauer auch noch nicht vorhanden, aber die Übungen haben mir die Angst vor mir selbst ein wenig genommen. Nach einigen Monaten traute ich mir wieder mehr zu und zumindest die kleineren Dinge wie zb täglich mindestens 2 längere (1km) Strecken mit dem hund klappten wieder recht gut. Trotz allem bekam ich ab und an Panikattacken, sei es direkt während des Sports oder auch Stunden danach. Man darf sich aber nicht dadurch entmutigen lassen. Leicht gesagt, ich weiß. Bei mir hat diese Einsicht auch ewig gedauert..

Schließlich war der Tag gekommen. Es ging nach Kanada!!
Da ich vorher noch nie geflogen war, kam noch ein richtiges bonbon obendrauf ^^ Der Flug dauerte 11 Stunden, um die halbe Erde wenn man so will, über 8000km. Keine Panik beim Flug, wenn auch ein sehr mulmiges Gefühl bei Start und Landung. Da kam der Schwindel wieder hoch.
Aber sonst wars toll. Gelandet sind wir dann in Calgary und direkt am nächsten Morgen gings mit dem Bus los Richtung Banff. Ein so tolles Örtchen mitten im nirgendwo in der tollsten Naturkullise die man sich wünschen kann. Und ja, wir mussten dort aktiv werden. Direkt an diesem Tag wurde das Lager aufgebaut, und die Zelte usw und dann gings auch schon los. Die Natur alleine ließ mich an nichts anderes mehr denken und ich habe diese Zeit einfach nur genossen. Am dritten Tag hatte ich nach einer sehr anstrengenden Wanderung eine Panikattacke, die wie ich finde schon sehr extrem war, und die sich über mehrere Stunden hingezogen hatte. Ich hab mir vor meiner Reise von meinem Neurologen Aprazolam verschreiben lassen, ein Benzodiazepin um mich im Notfall richtig schön abschießen zu können. Das war glücklicherweise nicht nötig gewesen. Total fertig von der Panik schläft man irgend wann ein, und dann gehts am nächsten Tag halt weiter. Man muss in einer solchen Situation ein wenig diese Leck mich doch Mentalität an den Tag legen. Mir war mein körper in dieser Zeit gelinde gesagt schei. egal^^Man muss sich etwas distanzieren.
Den Tag darauf waren wir auf den Alpine Meadows und am Lake Louise. Teilweise sind wir über 20km gewandert mit teilweise 1000m hoch und auch wieder runter, auf einer Höhe von bis zu 2200m.. Es war einfach nur gigantisch. Die Natur und meine Leidenschaft, das Fotografieren hat mich so extrem abgelenkt, dass an Panik absolut nicht mehr zu denken war,.
Jeder folgende Tag war besser und die Kondition nahm merklich zu. Vieles fiel mir schlagartig leichter.
Die Reise war einfach nur toll und ich kann jedem wirklich raten, sich solche Ziele zu setzen, auch ohne all sein Erspartes zu verprassen ^^
Da ich nach dem Urlaub einen neuen Job antrat, machte mir das natürlich auch zu schaffen und setzte mich ziemlich unter Druck. Aber auch das hab ich gut hinbekommen auch wenn ich in der Zeit nach dem Urlaub wieder ein wenig abgesackt bin.. Mittlerweile geht es mir richtig gut, trotz Schwindel, den ich noch immer ab und an mal habe, auch mal stärker. Ich laufe mittlerweile zur Arbeit und mir macht es Spaß locker 2km für den Arbeitsweg zu laufen, mir nach Feierabend direkt den Hund zu schnappen um nochmal 2kilometer dranzuhängen. Und jedes Wochenende ob Schnee oder Sonne gehts raus in die Wälder. Mindestens 6kilometer solltens dann schon sein. Mittlerweile habe ich eine relativ gute Kondition.
vor noch gar nicht langer Zeit, litt ich unter Herzrhytmusstörungen und Extrasystolen, die mich in den Wahnsinn trieben. Ich hab mir sonstwas ausgemalt, aber nix ist. Seit ich regelmäßig mich auch nur ein wenig bewege, sind diese Symptome verschwunden. Da ist nichts mehr. Mittlerweile fürchte ich mich nicht mehr vor Körperlicher Anstrengung und ich bin auf einem guten Weg, dass die mir auch wirklich Spaß macht.
Dieses Jahr gehts nach Schottland wandern, und ich freue mich darauf.

28.01.2013 21:08 • 29.01.2013 #1


3 Antworten ↓


ambroxia
WOW! Das liest sich so toll... mit sind sogar ein paar Tränchen gekullert... Ich gratuliere Dir!
Man darf wohl wirklich einfach nicht aufgeben... und wenn es am schlimmsten ist weiter machen!
Danke das hat mir ein wenig Mut gemacht!

28.01.2013 21:33 • #2


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Mit schnellen Schritten voran

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Bloß nicht aufgeben, so siehts aus! Wir haben in Kanada auch eine Bear watching Tour gemacht mit nem 400ps Motorboot. Mit 120 Sachen übers Meer und so Geschichten. Da waren wir locker 4 Stunden unterwegs. Keine Panik ,, nix. Das war einfach nur gigantisch.
Auch die Fährfahrt Richtung Vancouver Island. Da waren wir locker 17 Stunden unterwegs auf nem riesen Schiff.. Da hätte ich nirgens hingekonnt wenn wirklich was gewesen wäre. Mal ganz abgesehen davon dass Kanada ja eh eine sehr überschaubare Einwohnerzahl hat und wir teilweise in Gegenden unterwegs waren wo 4-500km rundum kein Krankenhaus und nix gewesen ist.
Schon ne Leistung und da bin ich auch mächtig stolz drauf.
Bin heute übrigens auch wieder brav meine Runden gelaufen, und es geht jeden Tag besser und man merkt wie man sich konditionell steigert. Das ist echt ein gutes Gefühl.
Der Schwindel macht sich hier und da mal bemerkbar. Damals hätt ich deswegen auch Panik gehabt, aber heut juckts mich einfach nicht mehr.. Umkippen tu ich schon nicht, und wenn doch steh ich halt wieder auf. so siehts aus, hihi

29.01.2013 19:23 • #3


ambroxia
Find ich echt super!

29.01.2013 19:53 • #4