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Ich bin unfassbar müde gerade. Muss mich gleich dringend hinlegen. Mir ist alles zu viel. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich gerade im Müdigkeitszustand ziemlich e rot. Phantasien oder drifte leicht dorthin ab. Passiert mir häufig, je müder ich bin. - Wie ich Leute mit in dieser Hinsicht gesunden, normalen Beziehungen beneide.Das ist zu kurz gedacht, zu oberflächlich geschrieben, aber ich lasse es mal so stehen. Egal. Zu müde.

Do., morgens. Schon wieder: Mir geht es nicht gut. Vielleicht/Hoffentlich mache ich endlich gleich das einzig Vernünftige, einen kurzen Spaziergang draußen. Raffe mich dazu auf. Und wenn es nur 5 Minuten sind. Wäre gut. Vermutlich.

Ich bin morgens beim Aufstehen sehr matt und fühle mich bedürftig. Das halbminütige Kuscheln mit mir selbst hilft kein bisschen. So jedenfalls mein Gefühl. Möchte mich am liebsten einfach so wieder hinlegen nach dem Frühstück und mit JEMANDEM kuschelnd noch ein bisschen einschlafen. Dazu hätte ich Lust. Zu sonst nicht viel. Und ich schrieb extra mit jemandem - mir wäre es ziemlich egal, mit wem. Das ist doch nicht normal! Doch, ist es. Selbstverständlich würde ich am liebsten mit meiner Frau kuscheln. Doch ich weiß von ihr zu sehr, dass sie mir beim Kuscheln eben nicht signalisiert: Das ist jetzt etwas, was ihr ebenfalls viel gibt. Sie erduldet es mehr als dass sie es selbst möchte oder von mir haben will.
In meinen schwachen Momenten ist mir das zu wenig bzw. zu anstrengend.

Ich habe gestern in meiner Männergruppe genau über dieses Thema gesprochen. Über Ara und über meine Frau. Und über mich. Es tat gut. (Wenngleich es mich viel Überwindung kostete, das auszusprechen.) Und der Therapeut in dieser Gruppe ist der beste, den ich je hatte. Einfühlsam, zuhörend, hinweisend, Blickwinkel aufzeigend. Immer mit dem Auge auf das Gefühl, darauf, was wirklich da ist und was konstruktiv ist. Wahnsinn. Auch, wie er unsere Gruppe souverän im Griff hat. Im positivsten Sinne.
Er kommt ein bisschen aus der Trauma-Behandlungsecke. Knüpft häufig den Bezug zur Vergangenheit. Sagt positive Leitlinien, die mich sehr bestärken. Kurz gesagt, ich liebe ihn ein bisschen. Von ihm kommen Sätze wie: Selbstwirksamkeit ist was sehr Tolles. Weil man aus sich selbst heraus spürt: Ich kann was verbessern. Ich kann mein Leben leben. Erwachsensein heißt auch: für sich und seine Bedürfnisse sorgen. Nicht in der Illusion bleiben, andere könnten oder würden das für mich übernehmen. Es ist legitim und es wichtig, für sich auf seine Bedürfnisse zu achten. Und speziell zu mir sagte er, dass gesellschaftliche Normen manchmal sinnvoll sind, manchmal jedoch ein Korsett darstellen, dass einem persönlich zu eng erscheinen kann und dem man sich nicht anpassen muss. Es braucht Kraft, gegen gesellschaftliche Normen zu verstoßen. Aber da wäre jeder frei. Kurz und gut: Er führte mir vor Augen, dass ich die Wahl habe; und dass mein leichtes Fremdgehen eigentlich keines ist, keines sein muss, wenn man gut kommuniziert. Wenn alle Beteiligten damit gut leben können. Er empfahl mir, mehr auf meine Frau zuzugehen, noch mehr offen mit ihr zu reden, auch wertschätzend mit ihr zu reden. Das wertzuschätzen und auch auszusprechen, was ich an ihr mag, was unser intimes Besonderes ist, und das muss nicht die Körperlichkeit sein. Er hat völlig Recht, dachte ich! Ich fühle ja sehr viel Besonderes für meine Frau. Sie ist mein emotionales Zentrum. Ihr und niemandem sonst gehört mein Herz. Und es ist zudem auch legitim nach anderen Wegen zu suchen, wenn sie mir dauerhaft das nicht gibt, was ich brauche. Es muss nicht auf Trennung hinauslaufen, es kann auch eine Erweiterung - für alle - werden.
Das fand ich sehr ermutigend. Ich denke, ich muss, kann und werde mit meiner Frau mehr reden, intensiver reden. Und nicht, um sie zu drängen, mir doch den Freiraum, vielleicht mit Ara - sofern sie nicht schon längst abgesprungen ist - noch deutlicher zu erlauben und gutzuheißen. Sondern um klarer zu sprechen, was zwischen uns los ist. Was sie fühlt und sich wünscht. Und was ich fühle und wünsche.
Hoffentlich male ich mir das gerade nicht zu schön. Nein. Das Gespräch mit ihr wird sicher auch konfliktös. Doch ich kann von mir sprechen. Und dass ich genau weiß, dass das geht. Dass ich das will mit meiner Frau. Und sie (meistens) auch mit mir offen und ehrlich reden will. DAS ist die Basis. DAS ist der Kern jeglicher Liebe.

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Tagebuch-Notizen aus meinem bescheidenen Leben

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Hast du dich schon einmal mit dem Thema 'Perspektivenwechsel' beschäftigt? Es geht darum, sich vorzustellen, wie jemand anderer eine bestimmte Situation sehen könnte. Ein Zuschauer oder jemand anderer, der an der Situation beteiligt ist. Das lenkt die immer gleichen destruktiven Gedanken ab und ermöglicht eine objektivere Sicht der Dinge. Stell dir doch mal vor was deine Frau sieht, wenn sie dich sieht. Was sieht dein Sohn? Was sieht ein Kunde mit dem du gerade in einem online-Meeting zu tun hast? Stell dir vor wie du dich fühlen würdest, wenn du in eurer WG-Situation nicht du, sondern deine Frau wärst? usw. Du hast genug Phantasie und Vorstellungskraft. Dich gedanklich in eine andere Person zu versetzen dürfte dir nicht allzu schwer fallen. Probier es doch einfach mal aus.

Zitat von PQhope2023:
nicht, um sie zu drängen, mir doch den Freiraum, vielleicht mit Ara ... noch deutlicher zu erlauben und gutzuheißen.

Soweit ich mich erinnere war sie nicht gerade begeistert als du das Thema auf den Tisch gebracht hast. Sie klang wenig entspannt und es war ihr eher unrecht (deine Worte). Genau genommen das Gegenteil von erlauben und gutheissen. Ich frage mich halt, warum du dich trotzdem darüber hinweggesetzt hast und dich mit Ara getroffen hast. Das ist doch eigentlich ein Vertrauensbruch, oder siehst du das anders? Wenn du deiner Frau völlig egal wärst, wäre es ihr auch egal mit wem du herumkuschelst. Ihre Reaktion zeigt doch, dass sie dich noch nicht ganz aufgegeben hat und womöglich wünscht sie sich, genau wie du, dass ihr euch wieder einander annähern könnt, ist aber genau so unsicher wie du. Eine Ara wird euch beide aber nur noch mehr entzweien. Anstatt über Ara zu phantasieren (lass sie gehen - aus deinem Leben und aus deinen Gedanken), solltest du dir überlegen, was du tun könntest, um aus der WG wieder eine Beziehung zu machen. Kleiner Tipp: Für ein bisschen Romantik sind die meisten Frauen zu haben. Du könntest ihr z.B. einen Blumenstrauss liefern lassen und auf dem beigelegten Kärtchen lädst du sie zu einem Date ein. Vielleicht in ein Tanzlokal, wo man sich bei einem Slowfox auch körperlich näher kommen kann...

Hm. Verletzt mich ein bisschen, was die vorherige Userin an wertenden Kommentaren zu schreiben für angemessen hält. Ich glaube nicht, dass ich untreu, illoyal oder unaufrichtig bin; und ich habe nichts anderes vor, als offen mit meiner Frau zu reden. Es ist doch wohl legitim, nach seinen eigenen Bedürfnissen zu schauen. Und wenn meine Frau von mir keine Zärtlichkeit und körperliche Zuwendung bekäme oder deutlich weniger als sie wünscht, würde ich ihr bereitwillig jeden Freiraum geben, den sie gerne hätte.
Doch manche Zeitgenossen verstehen anscheinend nicht, dass solche Differenzen vorkommen und niemand ein schlechter Mensch ist, nur weil er an seine Bedürfnisse denkt. Zumal ich die jetzige Situation seit über einem Jahrzehnt aushalte, meiner Frau immer treu war, und es sicher nicht an Aufmerksamkeit und Zuwendung ihr gegenüber missen ließ und lasse.

Wenn man tausend Mal NEIN zu hören bekommt, fragt sich jeder früher oder später, warum man nicht ein wenig körperliche Liebe haben darf. Das ist nebenbei bemerkt ein Grundbedürfnis. Und dann heißt es eben, entweder eine gemeinsame Lösung zu finden, die gegenseitigen Bedürfnisse besprechen und vielleicht auch ungewöhnliche Lösungswege zu beschreiten oder sich zu trennen. Ich möchte mich nicht einfach so von meiner Frau trennen, dazu mag ich sie viel zu sehr.

Wenn Menschen das nicht nachvollziehen bzw. tolerieren können, sollen sie bitte gerne auf ihre Art mit den Dingen umgehen, aber mich in Ruhe lassen und nicht bei mir ihre Wertemuster und Kritik abarbeiten. Ich finde solches Verhalten daneben und auch respektlos.

Nach drei Monaten oder so poste ich hier wieder etwas - mir kommt es deutlich länger her vor. Ich habe mit diesem Forum abgeschlossen und weiß nicht so richtig, warum ich diesen Beitrag noch schreibe.
Chronistenpflicht? Den Abschluss formulieren wollen?
Jedenfalls habe ich die Kritik an dieser psychic-Seite, dass sich die Solidarität hier in Grenzen hält. Oder sie geht eben nicht über das anonyme Kommentieren aus dem Hinterzimmer hinaus. Meine drei, vier Kontaktwünsche zu realen Treffen wurden jedenfalls abgeschmettert. Mag sein, dass auch ich selbst abweisend war, ein oder zwei Mal. Ist ja auch das gute Recht der Betreffenden.
Letztendlich habe ich zumindest eine Brieffreundschaft in diesem Forum gewonnen, zu einer Frau, die so weit weg wohnt, dass wir uns wohl kaum jemals besuchen werden.

Mich beschäftigen nach wie vor vor allem meine Probleme in meiner Ehe. Und ich hänge nach wie vor jener Ex-Bekannten nach, mit der alles umgekehrt war: kaum wirkliche tiefere Nähe, dafür eine wundervolle Nacht, die ich nicht vergessen kann. Mit dem Abstand von über zwei Jahrzehnten erscheint es mir vollkommen utopisch, dass eine so schöne, leidenschaftliche Frau mich jemals berührt hat. Dass ich überhaupt diese eine Nacht mit ihr hatte. Wenn ich daran denke, zerfließe ich vor Sehnsucht und Selbstmitleid. Ich schwanke zwischen Stolz und Verzweiflung, dass sogar ein Typ wie ich solche Momente jemals hat haben können. Das war die eine Gelegenheit, mein Defizit an körperlicher Nähe und Leidenschaft zu verringern, und ich habe sie vermasselt. So wie ich auch zwei andere Gelegenheiten buchstäblich von der Bettkante stieß. Statt mich (ganz) darauf einzulassen, ließ ich mich von meiner Angst und meinen moralischen Skrupeln abhalten.

In meinem ganzen Leben kam ich nie klar mit meiner unfassbar großen Sehnsucht nach körperlicher Liebe und mit meiner Untauglichkeit dafür. Was man nicht hat, vermisst man am meisten. Dass ich irgendwem auch nur ansatzweise etwas geben kann, und nicht immer nur selbst bedürftig bin - das geht mir ums Verrecken nicht auf. Das ist mein eigentliches Defizit. An Selbstliebe und Erkenntnisfähigkeit. Ich will nichts lernen. Ich lerne unheimlich langsam. Wenn es diesen Karma-Kram mit Wiedergeburt und noch mal leben (müssen), bis man eine höhere Entwicklungsstufe erreicht, wirklich gibt, stecke ich in einer Dauerschleife fest. Und werde im nächsten Leben vermutlich als Impot. Leguan wiedergeboren.
Am Ende wird die Frage stehen: Was hast du aus deinem Leben gemacht? Nicht viel, mein Herr. Ich war entscheidungsunfähig und habe die meiste Zeit gedacht Was zur Hölle wird mir hier eigentlich geboten?. Wieso muss ich ständig mit irgendwelchen Handicups und offenkundigen Nachteilen an den Start gehen? Allein das Thema Sexualität. Was für eine Riesenzumutung. Es wäre schön gewesen, nur ein Hundertstel dieser Gier zu spüren und wenn ich mich nicht ständig wie Quasimodo gefühlt hätte. Wenn stattdessen die Frauen mal bei mir Schlange gestanden hätten. Wenn alles mal EINFACH läuft, statt mit tausend Kompliziertheiten und Bedingungen und Selbstzweifeln. - Neulich, der Trailer für Barbie: Willst du die High Heels oder willst du das wahre Leben entdecken? Sehr lustig, dass sie reflexartig die Schuhe wählt. Nein, du sollst die Wahrheit wollen! Also nochmal: HIgh Heels oder das echte Leben? Vielleicht steckt darin mehr Weisheit, als ich auf den ersten Blick denke.

Außerdem habe ich in Kuscheldate.net jemanden kennengelernt. Sie ist allerdings psychisch so belastet - und auch ich trage einiges zum Scheitern bei -, dass unsere Termine nicht so richtig zustande kommen.

So sieht das aus, ich wurschtele mich weiter auf niedrigem Niveau durch. Vielleicht kommt ja irgendwann mal eine Art Zahnfee um die Ecke. Habe ich drei Wünsche frei? Nein. Aber die Fee entpuppt sich als Lifecoach.
- Was willst du mit dem Rest deines Lebens anstellen? Weiter herumjammern oder dir gute Entscheidungen in die richtige Richtung zutrauen?
Ich so: - Ich hätte lieber die Schuhe.

Schade....hab deine Beiträge immer gerne gelesen....

Und ehrlich gesagt schon fast vermisst..

Ich bin nur hier, um schnell wieder weiterzuziehen. Meinen Frust mit einem Tieflader auszuschütten. Danach das Weite suchen. - Ich interessiere mich übrigens für den Barbie-Film. Wobei ich fürchte, dass er mich enttäuschen wird. Ich bin der Ansicht, das Thema hat einen total faszinierenden Aspekt, nämlich den, wie wir uns über Phantasie und Idealisierung selbst finden oder auch verfehlen, beides. Wir spiegeln uns in Wunschvorstellungen. Ohne die wären wir nicht wir selbst. Genauso aber können sie Stress und Terror auslösen. Barbieland ist Paradies, Idylle, selbstgestaltete Wohlfühlatmosphäre und Hölle zugleich. Wie im Trailer ein paar Tabus, die nun mal in Barbieland herrschen MÜSSEN, zwangsläufig, in die Luft gestellt werden, ist herrlich, wie eine Katharsis und eine Ermunterung zugleich. Barbie und Ken wissen tatsächlich nicht, was sie eigentlich tun werden, wenn sie die Nacht miteinander verbringen. Das ist vor lauter Hellsichtigkeit und Unverfrorenheit phantastisch. Ich liebe das! Und ich mache mir auch keine Gedanken mehr wegen des Sterbens! - ist glaube ich auch so ein zentraler Satz von Barbie. Die Unschuld bröckelt, aber in Barbieland darf und kann das nicht sein. Dieses Unverblümte ist kokett und anziehend. Und wie ein Damoklesschwert schwebt über dem zuckersüßen Lächeln aller Beteiligten die ernsthafte Auseinandersetzung, das Hereinbrechen der Wirklichkeit. Darin ist der Film großartig angelegt. Ich denke aber, dem Trailer-Verlauf folgend, dass das Ganze dann doch runterkämmt wird auf eine bloße Heldengeschichte, auf den Konflikt, dass Barbie in der Real-Welt irgendwie überleben muss. (Hollywood setzt sich am Ende durch, und nicht die genial-revolutionäre (aufmüpfige) Idee. Denn das Ideal ist nichts für die Realität. Ist jetzt meine Deutung. Das Ideale, völlig egal, ob es eine Spielzeugfigur, eine perfekte Liebesnacht oder deine Transformation in einen Superhelden ist, der alle Probleme mit einem Fingerschnipsen löst, ist wohl doch eher etwas nur für die Phantasie. In der Realität geht es eher darum, am Perfektionswahn nicht zu zerbrechen. Sich selbst zu mögen, auch wenn man sich weder perfekt noch liebenswert vorkommt; Liebe zu finden, auch wenn sie nur in geringster Dosis vorbeikommt.
Aber es freut mich, dass ich gespannt bin auf diesen Film. - - -

Eigentlich bin ich so dermaßen gefrustet und nahe dran an starker Depressivität. Genau darum geht es bei mir ja fast andauernd, mich selbst mögen zu können. Nehmen wir nur mal das: Bei diesem Wetter schwitze ich mehr als sonst. Ich dusche mich häufig(er als sonst), bewaffne mich mit Deospray, und habe dennoch den Eindruck, unsauber und noch unattraktiver als eh schon zu sein. Meine Glatze ist manchmal schwitzig und klebrig, wenn ich sie nicht alle zwanzig Minuten wasche. Nein, einen Waschzwang habe ich noch nicht entwickelt, dazu bin ich dann doch zu bequem. Aber wie soll denn irgendwer mich okay finden mit solchen Eigenschaften, die nun mal wirklich sehr weit weg sind von Perfektion? Ich kann mich ja nicht mal selbst okay finden. Das Thema Schwitzen ist nur eines von zwanzig. Ich möchte den ganzen Tag im Bett liegen bleiben und ab und zu Eis essen, Filme gucken oder meine Texte schreiben. Eine Ausflucht aus der realen Welt suchen, statt meine reale Welt zu gestalten und schöner zu machen.
Ich las den Satz: Du musst nicht perfekt sein. Doch du bist immer perfekt du selbst, das vermag niemand so gut wie du. - Na, das ist vielleicht auch eine Schöntuerei, eine Bemäntelung. Was entlastet mich denn wirklich? Wenn ich mir gut zurede: So schlecht machst du das alles schon nicht. Sei nicht zu streng mit dir. Gemessen an deinen Voraussetzungen machst du es gar nicht so schlecht. Sei mit deinem Boot die Mitte deines eigenen Flusses. Vertraue dir. Achte dich, auch wenn dir mal Peinliches oder eine Herabsetzung passiert.

Eigentlich wollte ich hier gar nichts mehr schreiben. Ich mache es, weil es dann als Überblick und kleine Distanzierung Vorteile hat gegenüber dem Tagebuch-Schreiben nur für mich.
- - - Ich habe bei der demnächst anstehenden großen Firmenfeier abgesagt. Der äußerliche Grund dafür ist, dass ich zum Anreisen dorthin 9 Stunden brauche, hin und zurück. Ist mir einfach sehr viel, und die Veranstaltung stand für mich sowieso auf der Kippe. Auch wenn das Programm eigentlich nett ist, Hafenrundfahrt und danach am Elbstrand in ein Restaurant gehen - aber da fängt meine leichte soziale Dissoziation - Quatsch, es ist eher eine leichte Phobie - schon an. Ich habe ein paar Hafenrundfahrten hinter mir, das bringt mir einfach nichts. Und den Elbstrand kenne ich auch gut genug. Der wahre Punkt ist, dass ich keinen Bock habe auf die meisten Leute in meiner Firma. Es gibt so drei, vier, fünf, mit denen ich vielleicht ganz gerne dort sitzen würde, aber erstens ist es unwahrscheinlich, dass ich dann mit denen nebeneinander am Tisch sitzen werde. Normalerweise treffe ich eher auf einen meiner Chefs oder auf mir komplett unliebsame Kollegen. Und ich muss den ganzen Tag über gute Miene machen. So nett mein Chef eigentlich ist und auch der Junior-Chef, der mich garantiert in ein Gespräch würde ziehen wollen, privat sind sie mir ein wenig anstrengend. Mir käme dieser Tag dort eher wie ein Spießrutenlaufen vor, nicht wie eine entspannte Zeit. Ich kriege den Dreh nicht hin, das locker zu nehmen; zu sehen, wie fast alle sich auf oberflächliche Art recht gut verstehen und ich bin als einer der wenigen irgendwie nicht so richtig dabei. Das ist der Hauptgrund: Das Gefühl, nicht richtig dazuzugehören und dass ich wenig Kontakt zu egal wem habe.
- - - Interessanterweise war ich nach meiner Absage wieder mal in HH, für ein angeblich wichtiges internes Meeting, und in der Mittagspause hatte ich bis auf ein, zwei Leute genau die um mich, die ich am meisten mag. Ich war locker und entspannt, wie schon lange nicht mehr. (Kaum beschloss ich, mich abzugrenzen wegen der Firmenfeier, treten die Leute auf den Plan, deretwegen ich vielleicht doch hätte teilnehmen wollen ...) Wir lachten relativ viel. Hinzu kommt: In dem Teams-Team, in dem ich bin, sind die beiden besten und auch bestaussehenden Kolleginnen der Firma, eigentlich freue ich mich jedesmal, sie zu sehen. Nur weiß ich auch bzw. ahne ich, dass das nicht auf Gegenseitigkeit beruht. NORMALE Menschen würden sich einfach freuen, in diesem Team zu sein und ich spüre dann eher, dass ich nicht gefragt bin. Die beiden werden bei der Firmenfeier vermutlich viel Spaß haben, und ich bin nicht dabei. Selbst wenn ich dabei wäre, würde ich für die zwei kaum eine Rolle spielen. Ich würde mich jetzt nicht von den beiden zurückgesetzt fühlen, so meine ich es nicht; aber ich habe einfach keinen Bock, keine Kraft, das mitzubekommen, dass sie keinen Wert auf mich legen. Dabei hat die eine beim letzten Meeting gleich als Wichtigstes gefragt, ob ich zu der Feier komme. Mein einziger Gedanke dazu war: Sie fragt das nur pro forma, in Wahrheit bin ich ihr (natürlich) komplett egal.
- - - So ist das mit sozialen Nerds wie mir. Ich denke fast immer negativ, wenn es um Kontakte geht. Obwohl ich mich über die beiden Mädels eigentlich freue, ums Verrecken kriege ich nicht hin, das zu zeigen. Und ich habe keinen Bock auf die Firmenfeier, weil ich nicht schon wieder spüren möchte, dass ich nicht dazugehöre. Anstatt mich über die Nachfrage zu freuen, unterstelle ich diesem Mädel, dass sie das nur aus Höflichkeit fragt. Ich war echt kurz davor, zurückzufragen, wieso sie das fragt. Wer so wie ich sozial unterversorgt ist, macht aus jeder Begegnung etwas Wichtiges. Ist gekränkt und empfindlich bei jeder kleinen, manchmal bloß eingebildeten Abweisung.
- - - Tatsächlich bin ich jemand, der sich über jede Kleinigkeit empören kann. Zum Beispiel über Drängler im Straßenverkehr. Ich fühle mich in der Regel von derlei Unwichtigem ziemlich angegriffen und persönlich beleidigt. Möchte am liebsten anhalten und dem Idioten hinter mir eine verpasse. Warum Leute im Straßenverkehr keinen Abstand halten können, ist mir ohnehin ein Rätsel. Mir kommt das dann so vor, als bestünde die Welt überwiegend aus Ar schlöchern. Aber sobald ich mich mit mir selbst wohler fühle, vielleicht sogar ausnahmsweise mal einen guten Kontakt zu jemandem hatte, bin ich beim Autofahren entspannter.
- - - Ähnlich ist es in der Bahn oder auch sonst in der Öffentlichkeit. Immer/Meistens sehne ich mich danach, dass sich ein Kontakt ergibt, dass ich vielleicht jemanden kennenlerne oder zumindest ein guter Moment entsteht. Kein Scherz, ich gehe mitunter in Buchhandlungen, um nach Menschen Ausschau zu halten, die sich vielleicht für dieselben Bücher interessieren ... Neulich, als mich eine Frau im Supermarkt TATSÄCHLICH anlächelte, konnte ich es kaum glauben. Ich sprach sie an der Kasse an, es entwickelte sich sogar ein kleines Gespräch; dann klingelte mein Handy, ich Idiot ging ran, und als ich auflegte, war die Frau verschwunden.Ich habe mich danach etwa 2-3 Stunden lang über mich selbst geärgert. Für die Frau war es vermutlich nur eine belanglose und komplett bedeutungslose Plauderei mit einem Fremden; für mich war es das Highlight des Tages.
- - - Ich könnte es so zusammenfassen: Es geht mir ständig um die Bedeutung.

- - - Meine Frau und ich hatten gestern eigentlich einen schönen Ausflug in eine Großstadt. War wirklich nett. Und für unsere Verhältnisse ohne Streit, ohne Konflikt. Wir haben uns sogar zwei Mal geküsst, während des gesamten Ausflugs; natürlich nur spitz und sehr kurz. Leidenschaftlich oder gar mit Verlangen geküsst hat sie mich schon seit 15 Jahren nicht mehr. Auf der Rückfahrt habe ich sie gefragt, ob ich meine Hand auf ihren Oberschenkel legen darf, sie hat es zumindest nicht abgewiesen. Doch ich spürte nach spätestens zwei Sekunden, dass sie keinen Wert darauf legt. Wenn ich ehrlich bin, gibt mir das jedes Mal einen kleinen Stich. Ich spüre zudem Neid: Sie kann jedes Mal (fast) immer (fast) alles von mir bekommen. Ich bringe ihr das Frühstück ans Bett. Massiere ihre Füße. Halte ihre Hand, umarme sie, falls sie das mal braucht. Sie umgekehrt: nada. Körperlich findet sie mich anscheinend so abstoßend wie Quasimodo. Und wenn wir darüber sprechen, sagt sie jedesmal, nein, nein, es liegt nicht an meinem Äußeren, nur daran, dass ihr eben nicht danach ist. Wenn ich über diesen Punkt nachdenke, kommt sofort Traurigkeit auf, ich habe einen Kloß im Hals. Es ist so offensichtlich und ich merke es trotzdem nicht: Ich bin in sie verliebt, seit wir uns kennenlernten - und sie kann sehr gut ohne mich sein.

- - - Auch wegen dieses Frusts denke ich häufiger an eine Ex-Bekannte. Mit ihr war es genau umgekehrt. Die körperliche Ebene perfekt, schöner als meine schönste Phantasie; nur liebte ich diese Frau leider nicht. Wir hatten eine Nacht zusammen, die ich absolut nicht vergessen kann. Ich fasse es etwas zu salopp zusammen: Das war das letzte Mal, dass ich mich wie ein begehrenswerter Mann gefühlt habe. Ist leider die Wahrheit. Eigentlich war es meine einzige perfekte Nacht. Und dabei hatten wir noch nicht mal miteinander ge schlafen. Wahnsinn. Es gibt Frauen, die sind ein einziger Traum, selbst dann, wenn nicht viel passiert. Und es gab diesen einen Moment, nach der Nacht, in dem ich mit ihr hätte reden können. (Reden MÜSSEN!) Es wäre vielleicht die Nähe entstanden, die es braucht, um sich tief ineinander zu verlieben. Das Verständnis füreinander. Die Vergewisserung: Hey, du bedeutest mir etwas! Du bezauberst mich. Ich möchte dich kennenlernen und dir vertrauen. Das vermasselte ich. Statt Liebe entstand zwischen uns Distanz und unterschwelliges Misstrauen, bei ihr jedenfalls. Dass ich sie nur ausgenutzt und sogar betrogen hätte. Völliger mist, aber sie glaubte daran. Ich bin überhaupt nicht fähig, Menschen auszunutzen, außer es geht vielleicht um den letzten Joghurt im Kühlschrank. Es ist mir völlig zuwider, unaufrichtig zu irgendwem zu sein. Weil ich selbst Aufrichtigkeit von anderen benötige. Weil alles außer der Wahrheit uninteressant ist. Lügen, Zweigleisigkeit, etwas vorgeben, was nicht vorhanden ist: Das ist doch überhaupt keine Option.
Völlig egal, wie sehr ich darauf aus bin, sie könnte *beep* neben mir liegen; natürlich rühre ich sie NICHT an, wenn sie es nicht möchte. Das ist doch völlig glasklar. Und doch unterstellte sie mir genau das. Dass ich nur etwas vorgetäuscht und sie hintergangen hätte. Wir sind in einen Streit geraten, wie er hässlicher und unnötiger kaum hätte sein können.

- - - Mit diesen beiden Konflikten verbringe ich den Großteil meiner freien Zeit, entweder durch reales Herumstreiten oder durch Grübeln und Nachhängen. Ich vermag mich nicht von meiner Frau zu trennen, schon weil ich sie zu sehr mag. Ich glaube, dieses Buch Wenn Frauen zu sehr lieben ist in der männlichen Variante für mich geschrieben worden. Wäre ich Single, wäre diese andere Frau ebenfalls keine Option für mich. Doch ich würde (falls wir überhaupt miteinander Kontakt hätten) endlich unverstellt mit ihr reden: Ich liebe dich nicht, bin allerdings so verrückt nach dir, das Verrücktsein es nicht ausreichend beschreibt. Mir ist völlig klar, dass das keine Basis für gar nichts ist. Ich fühle mich ja grundsätzlich häufig stark hingezogen zu Frauen. Es ist nicht so, dass diese Ex-Bekannte die einzige mit einer Wirkung auf mich gewesen wäre - doch bei ihr war das wie eine Überdosis. Sie hat mich komplett umgehauen. Wenn ich daran zurückdenke, wie sie sich anfühlt, fliegen bei mir sämtliche Sicherungen aus dem Hauptschaltkreis. Alle inneren Mauern /Bedenken in mir gehen auf null. Sie könnte mir das Herz buchstäblich herausreißen. Mich auf eine Wolke 7 bringen, von der ich nie wieder runterkomme.

Und weil ich meine Grenzen nicht kenne, mich auch nie ausgelebt habe, wird sie immer diese Macht über mich haben. Ich fühle mich schuldig und erbärmlich, weil ich nicht erwachsen und abgeklärt genug mit meiner Situation umgehe; eigentlich müsste ich mich trennen und dann auch so bald NICHT WIEDER was mit einer Frau anfangen. (Hier sollte ich nicht unterschlagen, dass ich ohnehin keine/kaum Chancen auf dem Markt hätte ...)
Andererseits ist meine tiefe Zuneigung zu meiner Frau echt. Das ist nichts Geringes. Statt einfach aufzugeben, sollte ich mein Bestes geben, die Situation mit ihr hinzukriegen.

So ein Mist. Ich bin hier nur, um herumzuheulen, zu lamentieren, zu klagen. Statt etwas zu ändern, mich vernünftig zu verhalten, verantwortlich. Aber im Moment geht es nicht anders, ich muss/möchte mich auf dem Level äußern, auf dem ich gerade bin. Ich bin reif für eine Woche Krankmeldung, so fühle ich mich jedenfalls, oder für einen längeren Urlaub.

Und ich bin auch selbst schuld. Gestern Abend bin ich bis 2 Uhr nachts aufgeblieben, logischerweise bin ich heute Morgen geschlaucht und müde. Ich bleibe so lange auf, weil mein Wochenende sich so frustrierend anfühlte, dass ich noch was vom Abend haben wollte. Übertreibe es dann. Ich verhalte mich unerwachsen und unverantwortlich.

Heute morgen musste ich dann ganz schnell die Überweisungen nachholen, die ich am WE nicht erledigt bekam. War eigentlich gar nicht so kompliziert/aufwendig, aber ich drücke mich vor so etwas so lange es geht. Ich habe jetzt zu arbeiten, prokrastiniere natürlich auch bei der Arbeit, doch das ist (derzeit) weniger der Punkt. Sondern dass ich einfach nicht im Gleichgewicht bin. Die Immobiliensachen, mein mieses Sozialleben, meine Arbeit, und ständig das Gefühl, ich müsste doppelt bis dreifach so viel hinbekommen. Zwei Familienfeiern, die ich lieber gemieden hätte, kommen diese Woche noch hinzu.

Ich müsste mir notieren, was z. B. im Haushalt alles an kleinen und großen Problemen zu erledigen wäre. Beispiel: Bei einem Schrank ist der Verschluss kaputt, und ich habe keine Ahnung, wie wir das wieder heil bekommen. Mein Fahrradreifen ist platt und ich komme einfach nicht dazu/kann mich nicht überwinden, diese Kleinigkeit anzugehen. Auf meinem Wäscheschrank oben steht ein Paket mit Radblenden, falsche Größe, die rechtzeitig an Amazon zurückzusenden ich versäumte. Derlei Details im Leben kriege ich einfach nicht gut hin, mal fehlt es mir an Kraft, meistens aber an Überzeugung. Es kommt manchmal vor, dass ich derlei Problemchen in Ruhe und halbwegs gelassen dann doch angehe, aber viel zu selten bzw. ich muss mir das vorher einsagen: dass ich auch scheitern kann und davon die Welt nicht untergeht.

Zudem wollte ich längst mal unsere finanzielle Situation besser geklärt haben, warum wir jeden Monat ein bisschen zu viel ausgeben. Mir entweder einen Zusatzjob oder eine besser bezahlte Stelle suche. Bei dem Thema geht das dann auch wieder gleich los, das Zweifeln: Immerhin habe ich doch so tolle Chefs in meiner jetzigen Firma und einen eigentlich sehr komfortablen Home Office-Platz. Auch das: Ich könnte das eigentlich als sehr positiv empfinden, tue ich aber nicht, fast nie. Das, was ich habe, geht mir nie als Reichtum oder Vorteil auf. (Fast nie.)
Bei dem Geld-Thema kommt hinzu, dass meine Frau und ich ja eigentlich Millionäre sind, geht man nach dem Besitzstand an Immobilien (meiner Frau). Nun sind wir deshalb nicht flüssig. Ich weiß nicht, wie ich über das Thema schreiben soll, ohne mir den Vorwurf einzuhandeln, dass ich a) kopflos bin und b) überheblich bzw. von Luxus-Problemen schreibe.
Ich hoffe, ich klinge nicht zu sarkastisch-arrogant, aber manchmal wünschte ich, ich könnte in der anonymen Selbsthilfegruppe für unverdiente und nicht wirklich liquide Neureiche über meine Situation herumjammern.

Es geht am Ende weniger um Geld. Vielmehr um mein Gefühl, dem Thema Erfolg nicht gewachsen zu sein, zu wenig auf die Reihe zu kriegen; mit einer Mischung aus schlechtem Gewissen und Ohnmacht, sich eigentlich aushalten lassen zu wollen bzw. das zu verführerisch zu finden, mich meinem Tag nicht stellen zu müssen oder das zu vermeiden. Ich habe ja immer diese Tendenz, vor der Realität flüchten zu wollen. Und mir das einzugestehen, hat etwas Gefährliches/Bedrohliches für mich.
Es ist dieses Ding: Wenn man hinfällt und sofort wieder aufsteht und so tut, als wäre man gar nicht hingefallen, kommt es einem weniger schmerzhaft, weniger peinlich vor. Man kann sich das zumindest auf diese Art einreden. Ich glaube, das mache ich häufig. Auch in der kleineren Dosis: Bloß nicht zugeben, dass mich etwas verletzt hat. Dann mache ich mich ja erst recht angreifbar und verletzlich.

Die Realität auszublenden, ist nicht immer bloß eine Feigheit und unerwachsene Angewohnheit.
Manchmal kann ich es einfach nicht besser. Die Realität hat für mich oft sehr viel Erdrückendes. Wenn ich mir das alles bewusst machen würde, dann kann ich ja einpacken. Diese Beimischung ist dem Gefühl jedenfalls gegeben.

Herrje, wenn ich hier lese, was ich (vor ein paar Tagen) geschrieben habe: fürchterlich, wie naiv und idiotisch ich bin. Was ich so alles NICHT für mich behalten kann, anscheinend ...

Und ich übertreibe das sogar noch weiter, mit der Schilderung des Beinahe-Albtraums, den ich letzte Nacht hatte. Vielleicht sollte ich eine Trigger-Warnung aussprechen. - Nein. NEIN. Ich lasse ihn besser weg. - Aber schon erstaunlich, bedrückend, wie sehr mir meine Träume an die Nieren gehen, wie sprechend sie sind, wie sie mir meine kaschierten Ängste vorhalten.
Mit meinem Ego (und meinen Einbildungen) komme ich niemals weit - fast jede Nacht habe ich einen ernüchternden, mich erdenden Traum.

Ich kann es nicht besser. Ich bin mit meiner Kraft am Ende. Vielleicht fehlt mir bloß ein Urlaub. Mehrere Tage zusammenhängend hatte ich dieses Jahr noch keinen. Aber vereinzelte Tage habe ich einige genommen, ich traue mich kaum, in unserem System (bei der Arbeit) nachzuschauen, wie viele ich schon verbraucht habe.

Dabei habe ich dieses Jahr zumindest schon so um die 30-40 Überstunden gemacht. Klingt vielleicht nicht viel. Ist für mich aber ungewöhnlich. Ich sollte mir ein paar freie Tage ... mich darum kümmern, sie mir freinehmen zu können.

Eine Therapeutin riet mir ja mal, jeden Tag zwei, drei Dinge aufzuschreiben, die an mir oder diesem Tag gut fand. Bisschen positive Rückmeldung versuchen. DAS fällt mir wirklich extrem schwer! Sollte ich dennoch versuchen. Es fällt mir schwer, zumal wenn ich gerade jetzt, nach der Arbeit, müde und geschlaucht bin.
Diese schöne Illusion: So übel bist du gar nicht! Auch du bist liebenswert. Zumindest habe ich heute niemanden das Leben vermiest. Ich habe ein paar positive Seiten! Man muss sie allerdings mit der Lupe suchen. Heranzoomen. Größer machen, hegen und pflegen.
- - - Funktioniert nicht, ich kann mir das nicht einreden.

Absolutes Tief, mal wieder. Ich mag es gar nicht beschreiben, was vorgefallen ist. Doch ich habe den Eindruck, dass es die Schattenseiten meiner Kindheit sind, Verhaltensmuster von damals, die mich immer noch, immer wieder einholen. Das eine lautet: Alles ist gut, solange du die Klappe hältst, dich nicht bemerkbar machst, keine Bedürfnisse anbringst. - - -

Ein Therapeut hat mir vor sechs, sieben Jahren schriftlich bescheinigt, dass ich mit Kritik nicht gut umgehe und mich kleine Verletzungen und Sprüche anderer unverhältnismäßig lange und schwer beschäftigen. Ja, da ist sicher einiges dran. Mich hat z. B. auch diese Diagnose des Therapeuten sehr lange beschäftigt bzw. mir zu schaffen gemacht. Er hatte mir das nie in den Gesprächen gesagt. Aber mir dann für eine benötigte Bescheinigung das Krankheitsbild so beschrieben.

(Übrigens bin ich der Ansicht, dass man auch Diagnosen nicht immer vorbehaltlos ... Dass die falsch liegen können oder Gegebenheiten über- oder untertreiben. Das nur als Randbemerkung.)

Hier kommt vielleicht hinzu, dass ich den Therapeut nicht mochte. (Blieb auch nicht lange bei ihm.) Die Sitzungen geschahen in seiner Privatwohnung/Zweitwohnung, in einem weiträumigen Büro, das gleichzeitig auch ein Musikzimmer war. Da stand ein Klavier, auf dem ich gerne herumgeklimpert hätte. (Ich kann nicht Klavierspielen, kann aber ein bisschen Gitarre, weswegen ich die Akkorde einigermaßen hinbekomme.) Es war sogar das der wohl bekanntesten, teuren Marke. Nahezu unerschwinglich für Normalsterbliche. Und dazu noch eine sehr große, imposante Regalwand mit beunruhigend vielen Bücher. Die Gesamtausgaben von Nabokov, von Goethe, Kant und vieles andere. Auch das: Eine extreme Ablenkung für mich. Wie kommt man zu so viel geistigem und auch materiellen Reichtum? Natürlich hätte ich lieber in dieser Bibliothek gestöbert. Oder ein bisschen über Literatur gesprochen. Statt über meine Psycho-Probleme zu reden. Ich bin nicht unbedingt ein Riesenbücherfan, in dem Sinne, dass ich niemand bin, der Wert auf die physische Gestalt von Büchern legt. (Ich habe meine zehn, zwanzig Lieblingsbücher auf einem kleinen Bord über meinem Schreibtisch, das reicht mir.) Aber wenn ich bei anderen eine größere Sammlung sehe, werde ich ziemlich wuschig. Was ist das für ein Wort, wuschig? Dann kommt meine Sammel- und Stöberlust auf. Es gibt ein paar Autoren, von denen ich gerne eine Gesamtausgabe hätte, weniger, weil ich dann viel oder gar alles davon lesen würde. Aber die Präsenz des Ganzen, dafür habe ich eine Schwäche.

Jedenfalls, diese Ablenkungen waren das Eine und für mich ansatzweise eine Zumutung. Schlimmer war die etwas düstere Atmosphäre. Das Haus lag an einer ruhigen Straße, die gesäumt war von hohen Platanen. Wunderschöne Bäume, ich mag Platanen sehr. Wenn es die Trauerweide mit ihren hängenden Ästen nicht gäbe, wäre die Platane bei mir auf Platz 1. Wobei ich jetzt nicht viele Baumarten kenne. Die Bäume standen so dicht und wuchsen fast in die Fenster hinein, dass sie die Wohnung (im zweiten Stock) verdunkelten. Dabei war erst Frühsommer, Mai, wenn ich mich richtig erinnere. Der Therapeut bevorzugte anscheinend eine biedere Inneneinrichtung mit dunklen Wänden und schweren Möbeln. Hatte die Wohnung die letzten zehn, zwanzig Jahre auch bestimmt nicht geändert. Er saß offenkundig gerne im Halbdunkeln. Wie jemand, der nichts Neues mehr vorhat, der derlei Dinge nicht mehr besonders wichtig nimmt. Wenn ich das Thema auf das Klavier oder die Buchsammlung bringen wollte, wich er eher aus. Das war mir unbehaglich.
Ich bin jemand, der gerne viel Licht hat, auch in Restaurants, schlichtweg überall, sogar in Diskotheken. (Die einzige schummrige Kneipe, die mir gefallen hat, steht übrigens in Ahlen!) Das Spießige, Konservative und Abgeschlossene an der Wohnung stieß mir übel auf. Obwohl mir das im Prinzip hätte egal sein können. Und natürlich schloss ich von der Wohnung auf den Typen. Das sollte man nicht zu oberflächlich verknüpfen, doch es hat ja immer alles Gründe. Wenn jemand gerne Gartenzwerge in seinem Anwesen aufstellt - Gartenzwerge sind für mich hässlich oder zumindest grenzwertig -, dann mag er die ja, und es gibt Gründe dafür. Die mit meinen Gründen nicht kompatibel sind. Generell muss ich bekennen, dass ich intolerant bin, was die Eigenheiten anderer Menschen anbelangt.

Jemand ist tätowiert? Raucht? Trägt (ernsthaft) eine Baseball-Kappe? Ist Bayern München-Fan? Liest wenig? Bildet sich was auf seine Karriere ein? Auf sein Auto? Auf sein Bankkonto? Sieht Frauen als Trophäen? Verwechselt Arroganz mit Selbstvertrauen? Glaubt an Sternzeichen, Coca Cola oder Aktien? Meine Antipathie ist schnell im Anschlag. Wie viele Sachen mir an meinen Artgenossen unsympathisch sind, Wahnsinn, die Liste ist lang! Ich hasse nichts mehr als Intoleranz, dabei bin ich selbst alles andere als offen und unvoreingenommen.

Das wollte ich alles nicht schreiben. Eigentlich ging es nur darum: Der Therapeut hatte Recht. Dass ich übertrieben empfindlich auf vieles reagiere, insbesondere Kritik und Sprüche. Und das Bittere daran ist, dass wenn ich unter meiner kleinen Welt, meinem Mangel an Kontakten und Begegnungen leide, es einzig und allein an mir selbst liegt.

(Ich glaube, ich texte diese Zeilen, um mich von meiner miesen Verfassung wegzuschreiben oder abzulenken.)

Das erinnert mich daran, dass ich meinem zweiten Therapeuten an seiner etwas zurückhaltenden, dennoch selbstbewussten Art und an seinen Schuhen (!) angemerkt hatte, dass er etwas mit Italien am Hut hatte. Ich habe ihm dann irgendwann spaßeshalber mal einen Satz auf Italienisch entgegnet. Das war lustig, er hat erwartungsgemäß auf Italienisch geantwortet. (Ich kann es nur bruchstückhaft, er konnte es tatsächlich ...) Er erzählte mir, dass er ein paar Semester in Italien studiert hatte. Italiener entwickeln eher als wir Deutsche ein Faible für elegante, schicke Schuhe. Überhaupt für Mode-Bewusstsein. Das war das Erste, was mir an ihm aufgefallen war, eine gewisse Eleganz, und zwar eher in sich ruhend als angeberisch oder laut. Das habe ich gemocht. Mein Sohn hat sich ja Schuhspanner einer italienischen Marke gekauft. Ich selbst komme nicht mal auf die Idee, Schuhspanner zu verwenden, ist nicht meine Welt, und er wählt eine arrivierte Marke aus. Finde ich angenehm! In dem Sinne, dass mein Sohn Dinge ausprobiert, auf die ich nicht komme.

- - - Verwirrenderweise erreichten mich über Umwege (ein unnötiger Abzweig durchs Auenland, über baufällige Brücken an Gotham City vorbei, durch das blaue Hinterzimmer der Empathie) einige sehr nette Rückmeldungen. Die für die Botschaften zuständige und am Ende ziemlich erschöpfte Brieftaube habe ich aufmerksam mit Wasser, Futter und einer Schlafstelle versorgt und doch hatte ich das Gefühl, sie flog die falsche Adresse an. Hätte es sich um Kritik gehandelt, hätte ich vielleicht nichts gesagt. Doch Lob muss extra frankiert werden. Wird auch nur an besonderen Tagen zugestellt. Und im Herzen aufbewahrt.)

Mittagszeit. Wundere mich erneut, warum ich mich so angespannt und erledigt fühle, von diesem Vormittag. Da mir das wieder mal zu sehr wie ein Randthema vorkommt, schreibe ich ein anderes Mal mehr. Ich habe mir schon eine Konsequenz ausgedacht, ich mache mir eine Liste, als Gedächtnisstütze, nicht als Vorschrift. Eine Liste mit Entspannungsmaßnahmen.

Ich weiß nicht, ob ich es hinschreiben soll/will. Weil es ohnehin sinnlos ist und für den, der es lesen sollte, langweilig und nervtötend ist/sein dürfte. Ich bin heute Morgen vor Sehnsucht fast außer mir. Vielleicht sollte ich mich aufs Bett legen und weinen. Das würde helfen. Und eine Trigger-Warnung sollte ich hier zudem aussprechen.
Irgendwie bin ich wie nicht von dieser Welt.
Trigger

Ich habe beschlossen, das Thema nun doch relativ harmlos zu beschreiben. Der Trigger ist nicht nötig. Außer für Menschen, denen es nicht gut tut, etwas über ausgeprägte Sehnsucht zu lesen. Eigentlich denke ich in diesem Zustand sehr viel an eine bestimmte Frau, eine Ex-Bekannte. Ich glaube, ich habe das hier schon mal beschrieben. Dass sie mir nicht aus dem Kopf geht. Wir hatten mal eine Art kumpelhafte Freundschaft. Ich hätte nie gedacht, dass wir mal eine Nacht zusammen verbringen, einfach weil sie absolut umwerfend aussieht, während ich nun mal ich bin. Erst habe ich nur bei ihr gebadet. Sie hatte mich eingeladen dazu. Weil ich in meiner Wohnung damals keine Badewanne hatte. Und ich dachte noch, während ich badete: Okay, jetzt keine Phantasie, keine Sehnsucht zulassen! Es ist so schon schön und zum Genießen! Sie muss jetzt nicht noch ins Badezimmer reinkommen und ... Ich hatte extra viel Schaum aufgeschäumt, damit sie, falls sie doch ins Zimmer hereinkäme, nicht mit meinem Körper konfrontiert wird ... Ich sagte mir ausdrücklich: Genieße einfach den Augenblick, so wie er ist. Selten genug, dass eine Frau mir so vertraut. Mir so etwas gönnt! Ich war ihr sehr dankbar. Ich nahm mir also vor, mich abzutrocknen, anzuziehen, aus dem Bad zu gehen und ihr einfach für diesen Nachmittag zu danken. Ich würde mich bald verabschieden und nach Hause fahren. Das war mein Plan. Es war alles gut. Und ich komme dann zurück ins Wohnzimmer, es läuft sehr laute Musik, sie liegt wie hingegossen auf dem Teppich ... Also NICHT einfach auf dem Sof a, sondern auf dem flauschigen Teppich ... Sie wirkte fast wie in Trance ... Ich habe noch nie so intensiv Musik gehört ... Ich konnte nicht anders, als mich stumm neben sie zu legen. Ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, auch in dem Moment dachte ich noch nicht an mehr. Ich dachte, wir hören jetzt einfach freundschaftlich Musik. Es war ein besonderer Moment zwischen uns, so verträumt so laut Klaviermusik zu hören, doch ich wertete das immer noch auf einer freundschaftlichen Ebene ... Dummerweise berührten wir uns dann an den Händen. Ich weiß nicht, ob ich damit begann oder sie, jedenfalls ertasteten wir unsere Finger, unsere Hände, unsere Unterarme. Es fühlte sich phantastisch an. Ich dachte: Was passiert denn hier gerade? Wie kann das sein? Gleichzeitig konnte und wollte ich sie nicht loslassen. Den Rest kann man sich beinahe denken. Wir hatten so etwas wie ein stundenlanges Vorspiel. Nie zuvor und nie wieder danach hat es sich so perfekt, so großartig für mich angefühlt. Ich war so dermaßen auf Wolke 7, ich kann das nicht beschreiben. Für andere ist das vielleicht häufiger so, normaler; ich konnte es kaum verarbeiten. Diese Frau hat sich für mich zu perfekt angefühlt. Es war, als würde sie meine schönste Phantasie einfach mal so in den Schatten stellen. Die Realität kann schöner sein als die traumhafteste Phantasie. Allein ihr Haar, wie es sich anfühlte auf mir! Ich ertastete ihren Hinterkopf, direkt an der Kopfhaut fühlte sich ihr überflutendes Haar noch dichter als ohnehin schon, auf eine wundervolle Art pelz-artig an, ich werde dieses Gefühl niemals vergessen. Ich bin physisch so dermaßen verliebt in diese Frau, ich kann es nicht in Worte fassen. Wir hatten noch nicht mal X miteinander, aus irgendeinem Grund zögerten wir beide.
Und wann immer ich sehnsüchtig bin, denke ich eigentlich an sie, nur an sie, mit einer stummen, wortlosen Intensität. Es war rauschhaft und überwältigend für mich, absolut überwältigend. Noch heute vergleiche ich jede attraktive Frau automatisch mit ihr. Und immer fällt der Vergleich zu ihren Gunsten aus. Ich denke nie darüber nach, sie zu küssen, weil ich Angst habe, dann zu sehr abzudriften in ein haltloses Verlangen. Innerlich habe ich keine Mauern, keine Grenzen, was sie anbelangt. Und dabei liebe ich sie nicht! Das ist das Schlimmste daran. Wenn es mir wenigstens klar wäre, ja, das ist DIE Frau für mich. - Es gibt einen Grund, warum wir damals eher kumpelhaft und vertraut, aber nicht wirklich nah miteinander umgingen. Es war keine tiefe Ebene zwischen uns. Wir redeten so gut wie nie über Gefühle; nie ernsthaft über das, was uns beschäftigte oder das nur oberflächlich. Es war eigentlich NICHTS zwischen uns richtig ernst. Außerdem, wie gesagt, ich hätte nie gedacht, dass sie mich auch nur ansatzweise in Betracht zieht. - Ich bin krank vor Sehnsucht, was die Leidenschaft, die E rotik anbelangt, die sie mir bedeutet hat. Noch heute, wenn wir uns über den Weg laufen und wieder vertragen würden - keine Frau ist gefährlicher für mich als sie. Ich kann ihr einfach nicht widerstehen. Und seit zig Jahren versuche ich zu dem Punkt zu kommen, wenigstens das einfach mal zu akzeptieren. Sie hat eine gewisse Macht über mich. Ich bin ihr ein Stückweit verfallen. Dieses Gefühl an sich ist nicht schlimm, nicht verkehrt. Sie hatte etwas an sich, das mir fehlt, das ich sehr vermisse. Nur ist sie sicher nicht diejenige, die mich heil macht. - Ich weiß nicht, was mich stärker irritiert: dass ich solches Verlangen für sie empfand; oder dass es NICHT mit einem tieferen Gefühl verbunden war. Keine oder kaum Liebe. Auch deswegen empfand/empfinde ich ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber. Vermutlich weil ich so unerfahren und unterentwickelt bin. Weil ich dieses Verlangen bereits in mir selbst nicht akzeptiere. Und mich nie ausgelebt habe. Es muss für sie eine Zumutung gewesen sein, dass ich ständig hinter ihr war und gleichzeitig in Wahrheit nicht viel von ihr wollte. Doch auch jetzt: sobald ich von ihr schreibe, sobald ich an sie denke; ich möchte nichts anderes als sie umarmen und sie küssen. Vielleicht gilt für mich das Prinzip, das alle Süchtigen beherzigen müssen: Gegen Sucht hilft nur absolute Abstinenz. Ich müsste stabiler sein, stabil werden, mich selbst finden, mit mir und dem Thema X klarkommen, bevor ich ihr noch mal begegnen könnte. Und dann werde ich sie nicht mehr brauchen ... Dann ist die Rolle, die sie in meinem Leben hatte, längst erfüllt und überflüssig ...


Es hat mir nicht wirklich geholfen, das hinzuschreiben. Ohnehin ist es ja zumindest teilweise eine Wiederholung. Es hat mir nicht geholfen, und doch bin ich jetzt wenigstens ein bisschen nüchterner. - - - Wie seltsam ist die Sehnsucht in uns. Manchmal reicht ein kurzer Moment, eine geringfügige Ablenkung, ein Anruf, ein Geräusch, ein Gedanke, das Gurren einer Taube draußen vor dem Fenster, um mich in die Realität zurückzuholen und das sehnsüchtige Gefühl aufzuheben. Psychologen nennen das wohl den Fokus verschieben. Das Bewusstsein kann sich immer nur mit einer Sache beschäftigen.

(Korrektur:) ... dass ich ständig hinter ihr her war. (So muss es an einer Stelle richtig heißen.)

Ich habe mich vorhin krank gemeldet, obwohl ich nur eine leichte Erkältung habe ... Ich bin aber psychisch gestresst und habe auch leichte Panik-Symptome, so was wie Herzstolpern und Schweißausbrüche (ab und zu). Kann auch sein, dass ich das schwüle Wetter nicht vertrage. Und ich glaube, es war eine gute Entscheidung, mir das rauszunehmen.

Ich kriege die Dinge nicht hin, nicht gut genug. Gilt für alles. Beziehung, Immobilien, Arbeit, Auto-Kauf, auch Kleinigkeiten wie ein Schrank-Schloss reparieren oder andere Haushaltssachen. Vorhin habe ich so eben gerade noch daran gedacht, viel zu spät eigentlich, das sich stapelnde Papier in die blaue Tonne am Straßenrand zu bringen, noch knapp vor der Leerung. (Unsere Papiertonnen sind meistens übervoll, daher hätte ich darauf besser achten müssen. Das ist aber wirklich nur eine Kleinigkeit. Ein Symptom, dass ich mal wieder nichts auf die Reihe kriege und sogar die Müllentsorgung fast übersehe.)
Ich habe oft einen zu negativen, nicht gerade optimistischen Blick.

Nach dem Arbeitstermin zum Beispiel am Freitag hätte ich Anlass zu guter Laune haben können: Der Termin lief eigentlich ziemlich gut. Die Leute in der Firma dort waren nett und umgänglich. Mit dem Junior-Chef, der mich begleitete, habe ich null Probleme, im Gegenteil, er ist mir sympathisch. Ich saß danach aber wie gerädert in meinem schäbigen Auto. Zu warm war es außerdem und natürlich funktioniert unsere Klimaanlage nicht.
Mich beschäftigt sehr häufig das Negative, auch wenn ich etwas als Erfolg hätte sehen können. Mich bedrängte übrigens auch, dass unsere beiden Ansprechpartner/Projektleiter (die wir schon mehrere Monate kennen, allerdings nur via Teams) dort krank, aschfahl, übermüdet, wie Kettenraucher aussahen. Mir kam das vor, als wären die beiden alles andere als im Gleichgewicht und das betrübte mich. Dabei braucht mich das nichts anzugehen.

Ich bin etwas k.o. und das ist nach den letzten arbeitsintensiven Monaten auch verständlich. Ich muss und kann das akzeptieren. Umarmungen fehlen mir am meisten. - - - Eine Bekannte schrieb mir neulich, dass sie (mit ihrem Freund) in eine grenznahe holländische Stadt gefahren wären, um dort in eine Sauna zu gehen. Und mir schoss dabei durch den Kopf, dass ich meilenweit davon entfernt bin, so etwas Entspanntes einfach so mal zu unternehmen. Mir kam das beinahe utopisch und wagemutig vor! In Wahrheit machen die beiden (Bekannten) das ja auch nicht einfach so, sie haben Erfahrung mit Saunagängen (- ich für meinen Teil eher weniger); und dann kommt man auf so ein Vorhaben.

Ach ja, mein Zeichenkurs, auf den ich mich so gefreut hatte, fällt aus. Na, super. Vielleich kriege ich es hin und melde mich trotzdem bei dem Kursleiter. Und Ende September oder so wird da wohl ein neuer Kurs stattfinden. Ich könnte bei der VHS nachfragen, wieso das ausfiel. Das war der Plan. Nachzufragen. Alles nicht so eng zu nehmen. Sich von den Problemen und Problemchen des Alltags nicht zu sehr auffressen zu lassen. Ein bisschen Distanz zu wahren, innerlich.

Ach du Schreck. Es ist hier derzeit ein bisschen schwül und ich hatte das Fenster auch nicht geöffnet - und ich weiß auch, dass das keine Panikattacke war, davon bin ich weit entfernt. Doch ich hatte einen so heftigen Schweißausbruch, sehr plötzlich und mit Hitzewallungen, es war schon ein bisschen sonderbar. Ich habe beschlossen, mich hinzulegen und mich auf die Entspannung zu konzentrieren. Alles ein bisschen loslassen. - Ich hatte das übrigens in dem Moment, in dem mir aufging, dass ich irgendeinen dämlichen Film im Internet anguckte und nur deshalb dranblieb, weil ich die Hauptdarstellerin mag und ziemlich anziehend finde. Genau. Sie erinnert mich an jemanden. An wen wohl. Es ist zudem eine zumindest gute Schauspielerin, Katherine Heigl, doch der Film war wirklich unterdurchschnittlich. Ich weiß noch, dass ich den Gedanken dachte, warum gucke ich diesen Schund. Mich hauchte mal wieder an, dass ich mich selbst nicht leiden kann. Dass ich das Gegenteil von stolz auf mich bin. Kann man das überhaupt so schreiben? Nein. Egal. Wollte ich nicht jeden Tag zwei Sachen aufschreiben, die ... Worauf soll ich denn stolz sein?
Ich schreibe jetzt besser nicht, welche Konversation ich mit der VHS hatte. Dann hält mich hier nämlich jeder für den Nerd und Psychopath, der ich tatsächlich auch bin. Mir ging es auf den Geist, dass die sich überhaupt nicht rechtfertigen, dass sie die Unhöflichkeit besitzen, einen Kurs einfach so aus dem Programm nehmen, ohne Erklärung/ohne dass die Absage irgendwo auftaucht.
Und dann schreibt mir so ein schnöseliger, junger Typ ohne ein Wort der Entschuldigung, ja, das ist wohl so gewesen, der Kurs wurde gestrichen wegen zu wenig Teilnehmern. Dass er sicher nicht älter ist als 25, Berufsanfänger oder Aushilfsstudent, erkannte ich an seinem Vornamen und an dem Kommafehler, den er einbaute und den Schreiberfahrene niemals begehen.
Sponsor-Mitgliedschaft

(Vielleicht sollte ich einen Trigger setzen; es geht gleich (auch) um meine s exuelle Frustration. Bitte nicht weiterlesen, falls jemand das Thema zu sehr irritiert.)

Ich bin auch ein Idiot ... Wenn so ein Kurs bei der VHS nicht zustande kommt, melden die sich natürlich bei Teilnehmern/Interessierten, die sich schon angemeldet hatten. (Hatte ich ja noch gar nicht.) - Und das hatte ich ja selbst schon mal erfahren. Bei dieser VHS nun ließen sie den Kurs nicht als abgesagt angezeigt in der Liste, das finde ich suboptimal. Eine andere VHS macht das besser. Aber ich hätte mich nicht so aufregen brauchen. - Ich war einfach zu gefrustet, dass das jetzt auch noch schiefgeht.

Ich interessiere mich ein bisschen fürs Zeichnen, durchaus, aber das ist nicht meine Hauptmotivation; noch mehr dachte ich eigentlich daran, ob sich vielleicht ein Flirt ergibt. Das ist meine unerwachsene Seite. Diese Phantasie: Eines Tages kommt eine gute Fee vorbei, flirtet mit mir, zieht mich in eine verhängnisvolle Affäre, gibt mir all die Aufmerksamkeit, die ich so sehr vermisse, macht alles heil, was mein Defizit an Liebe und Leidenschaft anbelangt, und am Ende fühle ich mich zwar zur Abwechslung ein bisschen begehrenswert, ein bisschen mehr so, als könnte ich an diesem Spiel teilnehmen, aber natürlich wird die Frage im Raum stehen: Was zur Hölle treibe ich hier eigentlich? Ist diese Affäre es wert, dass ich meine Ehe zerstöre? Kann ich das den Beteiligten antun? Was hielt und hält mich davon ab, ehrlich mit mir selbst und mit meiner Frau umzugehen? (Verlustangst natürlich.)

Ich mag das nicht hinschreiben, weil es mir peinlich ist und mir mal wieder zeigt, wie pubertär und unerwachsen ich bin. Ich habe Probleme mit meiner S exualität. Bei allem Positiven, was damit an Gefühlen und Lust verbunden ist, eigentlich schäme ich mich. Ich hatte nur sehr wenige Erfahrungen, und völlig egal, wie positiv die meisten davon waren, ich wache am Morgen danach immer mit schlechtem Gewissen auf. Egal, ob es ihr auch gefallen hat. Es sind noch andere Gefühle da, positive, Verbundenheit, Vertrautheit, Dankbarkeit, und das ist ein schönes Gegengewicht - meist jedoch nicht ausreichend. Meine erste Freundin, deutlich älter als ich, war begeistert von unserer ersten Nacht und machte mir Komplimente. Half nicht viel für mein Selbstwertgefühl. Doch, ich war ein bisschen stolz, endlich mein erstes Mal gehabt zu haben und wie toll es sich anfühlte ... Doch in mir ist der Gedanke vorhanden, sehr präsent, dass ich nicht viel zu geben habe. Dass diese Nächte mit Frauen etwas sind, das ICH möchte - und die Partnerin lässt sich freundlicherweise darauf ein. Die Frau selbst hat viel weniger davon als ich, völlig egal, wie viele O. sie bekommt. Ein bisschen von außen betrachtet, ist mir klar, wie verrückt, wie neurotisch das klingen muss. Objekt betrachtet, weiß ich, dass BEIDE daran Spaß haben (können). Dass auch Frauen Sehnsucht und Verlangen haben (können).

Seit meiner Kindheit habe ich diesen Komplex. Vermutlich ist mir in meiner Kindheit intensiv eingeredet worden, dass diese Sache etwas schlechtes sei. Mein Elternhaus war stockkonservativ. Hintenrum jedoch wurde Por nogr. konsumiert. Das möchte ich nicht näher ausführen. Als ich als Jugendlicher die Lust entdeckte, hatte ich panische Angst, meine Eltern könnten mir auf die Schliche kommen. Sie hätten mich eher gekillt, als diese Impulse in mir zuzulassen. So war meine Empfindung. Vielleicht alles andere als realistisch. Garantiert wollten meine Eltern mir nichts Böses. Nur, dass ich gefälligst keine S exualität entwickele. Ich kriege übrigens leichte Beklemmungen, wenn ich diese Sätze hinschreibe. Einen Kloß im Hals.

Vielleicht mein Grundkonflikt mit meinem Elternhaus/meinen Eltern: Alles ist gut, ich werde als Sohn akzeptiert, solange ich gute Schulnoten habe, still bin und bloß keine eigenen Bedürfnisse entwickele oder anmelde. SEI LEISE! Das ist der Kernsatz meiner Kindheit. Er ist nicht nur auf die Lautstärke bezogen. Ich empfand es jedenfalls so. GEH UNS NICHT AUF DIE NERVEN MIT DEINEN ANLIEGEN, GEFÜHLEN, PROBLEMEN! Das ist vielleicht die bessere Übersetzung. Du kannst ja ruhig ein Kind in dieser Familie sein, aber bitte nicht du selbst. Sei einfach unauffällig. Wenn du dein Getränk verschüttest, setzt es eine Ohrfeige! Ansonsten: Verhalte dich ruhig, dann wirst du geduldet.

Beispiel: Ich und mein Bruder wurden mal eine Zeitlang auf dem Schulweg von einer Gang älterer Schüler häufiger verprügelt. Es war nicht so, dass wir blutig nach Hause kamen, also kein übles Verprügelt-Werden, es ging eher um Schubsen, Demütigung und Ausgelacht-Werden. Das ging über viele Wochen so, dass die uns ab und zu auflauerten. Und es war völlig selbstverständlich, dass ich/wir das zuhause nicht erzählte/n. Ich wäre nicht mal auf die Idee gekommen. Denn von meiner Mutter kam weder Hilfe noch Verständnis. Wenn ich irgendwem von mir NICHTS erzählte, nichts anvertraute, nichts offenbarte, dann meiner Mutter. Das war glasklar. Vielleicht tat ich ihr damit Unrecht. Tue ihr damit Unrecht. Vielleicht hätte sie doch ab und zu geholfen. Wenn ich mal krank wurde, wurde sich sehr fürsorglich um mich gekümmert. Krank im Bett zu liegen, war immer der Jackpot an Aufmerksamkeit. Dann wurde ich verhätschelt. Aber ein paar Mal hat mich meine Mutter aus meiner Sicht eiskalt im Stich gelassen. Es interessierte sie nicht, wie sich die Kinder fühlten. Sie hat mich nie gefragt, wie es mir geht, wie ich mich fühle. Während der Kindheit kam das nicht vor. Sie hat mich in ein paar Situationen ignoriert und seitdem vertraute ich ihr nichts mehr von mir an.

Sorry, dass ich das so ausufernd ausplaudere. So unreflektiert. Gerate bei dem Thema sofort in ein Unwohlsein, habe wie erwähnt einen Kloß im Hals.
Ich habe mich meinen Komplexen, meinen Schamgefühlen nie wirklich gestellt. Und S exualität geht für mich, wenn ich spüre, dass sie es genauso mag wie ich, sich genauso extrem danach sehnt. Das verwunderte mich immer total, wenn das mal der Fall war; ist aber die Voraussetzung dafür, dass ich mich öffnen kann und nicht verurteile - für meine GIER. Schreibe es doch ruhig mal hin. Wie versessen ich auf Berührungen bin. Und wie schuldig ich mich am Morgen danach fühle, wenn ich mich einer Frau zugemutet hatte. Alles, was ich von ihr wollte, war dieser Gefühlsrausch, diese überwältigende Erfahrung, dieses Schweben auf einer höheren Wolke; es fühlt sich einfach zu gut an. Dieser Rausch ist nur bei sehr viel Zuneigung zum Anderen gut eingebettet, verkraftbar - oder das schlechte Gewissen nimmt überhand. Ich habe ein Problem mit meinen Bedürfnissen. Sie anderen zuzumuten. Wenn das nicht von meiner Kindheit herrührt - da keine Verbindung zu sehen - ... Wieso bin ich nicht all die Jahre besser damit umgegangen? Nebenbei bemerkt: Ein junger Mann sollte sich ausprobieren. Sollte herausfinden, was er will, was seine Grenzen sind und was ihm gefällt. Das habe ich natürlich nie gemacht. Ich bin für mein Alter unfassbar unerfahren.

In Wirklichkeit gibt es keine Feen, die einen erlösen. Würde mir ein heftiger Flirt passieren, mündet das vermutlich in einem emotionalen Chaos. Am Ende sind alle Beteiligten verletzt, mehr oder minder. Ein bisschen erfahrener, ein bisschen mehr bestätigt in dem, was sie wirklich wollen - um die ansatzweise positiven Effekte zu nennen. Aber es entstehen eben auch Verletzungen, Enttäuschungen.

Mir scheint, das einzige Gegenmittel ist: Mehr miteinander zu reden. Von sich zu reden. Sich dem anderen anzuvertrauen. Andere Verhaltensweisen als in der Kindheit anzuwenden. Vertrauen fassen zu den Menschen, die gut mit dir umgehen. Ich habe aus meiner Kindheit das so drauf, dass ich mich lieber verstecke. Sei auf der Hut, zeige dich bloß nicht! Und wenn mich die Zuneigung meiner Frau eines lehrt, dann, dass es etwas Gutes sein kann, sich zu öffnen. Ich werde hoffentlich nicht zu pathetisch; aber es geht immer um Selbstliebe. Sich mit liebevollen, respektvollen Menschen zu umgeben, ist ja ein Teil davon, ein Teil der Selbstliebe.

Ich habe schon wieder den Eindruck, gestern ziemlich daneben gelegen zu haben mit dem, was ich schreibe. Warum schreibe ich hier überhaupt etwas? Oder mir entgleitet mein Fokus. Doch dass der mir so entgleitet - damit meine ich, dass ich von meinem Standpunkt nicht wirklich überzeugt bin, dass der ins Schwimmen gerät -, kann (ja) durchaus eine Folge meines verletzten Ichs sein. Es ist nicht meine gesamte Persönlichkeit, ich habe noch mehr Anteile als das und habe auch Positives in meiner Kindheit gelernt; doch dieses Ach du, wer bist du schon? Sei mal besser leise. Niemand interessiert sich für deine Gefühle! ist ziemlich stark in mir. Schon wieder der Effekt: Ich brauche nur diese zwölf bis fünfzehn Worte hinzuschreiben, schon spüre ich zumindest ansatzweise den Kloß in meinem Hals.

Übrigens hängt damit wohl auch zusammen, weshalb ich Kafka so mag. Ich lese gerade endlich Das Schloss von ihm, hatte es sonst immer nur angefangen, auszugsweise gelesen. Bin jetzt fast durch damit. Schade, dass der Roman unbeendet blieb. Kafkas Werke haben vor allem mit dem Thema Selbstbehauptung zu tun. Damit, dass jemand von fremden Mächten umzingelt seinen Weg sucht. Diese Mächte offenbaren sich nie, sie lassen mehrere Deutungen zu, und die Protagonisten irren quasi durch diese verschiedenen Deutungen, bis sie komplett verwirrt sind. Es gibt daher auch nie verbindliche Antworten auf die gestellten Fragen in Kafkas Romanen. Jede Antwort wirft weitere Fragen auf. Im Schloss z. B. will der Landvermesser zu den verantwortlichen Beamten im bürokratischen Betrieb vordringen, um seine Angelegenheit zu regeln, seine Arbeit zu beginnen, seinen Stand in der Dorfgemeinschaft zu erringen (- das Schloss ist im Prinzip so etwas wie eine hochrangige Behörde, die über das Dorf herrscht - ); er gelangt aber immer nur zu irgendwelchen untergeordneten Sekretären oder Gehilfen, die einen Aufstieg versprechen, tatsächlich dann höchstens auf einen weiteren Sekretär, Vorsteher bzw. eine andere subordinierte Stelle verweisen. Er verrennt sich in diesen sich vor ihm immer weiter aufspreizenden Hierarchien und kommt nicht von der Stelle. Absolut ähnlich zu den Vorgängen im Prozess, dem anderen großen Roman Kafkas. Auch dort verstrickt sich der Beschuldigte, indem er von einem falschen Berater/Advokaten zum nächsten taumelt, in der Hoffnung, Entlastung und Hilfe zu bekommen. Die Hauptfigur weiß nie, woran er wirklich ist, wieso man ihn abweist bzw. abspeist, und ob es Sinn macht, den falschen Fährten Glauben und Relevanz zu schenken. Gleichzeitig suggerieren ihm offensichtlich mehrdeutige Reaktionen mehrfach, dass sich ja alle Zweifel zerstreuen (würden), sofern der Landvermesser zu sich selbst steht und sein Anliegen schlicht und ergreifend vorbringt; er sich also die Selbstbehauptung zutraut. Eine ziemlich raffinierte Doppelbödigkeit in diesem Roman. Die Behörde dringt nie mit expliziten Befehlen oder Konsequenzen in das Leben des Landvermessers; vielmehr weicht sie eher zurück und entfaltet ihre Macht nur durch die Deutungen, die die Dorfbewohner und die Hauptfigur selbst vornehmen. Wie auch im Roman, im Text, im Glauben an das Geschriebene vieles davon abhängt, wie wir es deuten.
Das Suggestive und die Kämpfe um die richtige Deutung machen Kafkas Erzählungen aus, sind das, was mich stark dorthin zieht. Dass dieser Autor diese subtilen Dinge benennt, nicht ausspart, empfinde ich als wohltuend und angenehm, manchmal sogar erheiternd. Ich würde behaupten, Kafka hat als erster derlei existenzielle Verunsicherungen thematisiert, das neu in die Literatur gebracht, dankenswerterweise. Obwohl das Ganze zugleich etwas Unheimliches hat. Einerseits keine leichte Lektüre; andererseits durch den Sprachfluss und die Beobachtungsgabe Kafkas ein Genuss.

(Kafka schon wieder fast vergessen. Die Lektüre war schön. Unergiebig/Unbefriedigend, weil das Ende offen blieb.)

Freitag Nachmittag, 18 Uhr, WE. Und ich fühle schon wieder, dass mich meine depressive Stimmung einholt. - Übrigens habe ich im letzten Eintrag viel zu häufig Anführungszeichen gesetzt. Hier auch schon wieder. Ich kann doch einholen (an dieser Stelle ist das als Zitat richtig) auch ohne Anführungszeichen schreiben, was ist los mit mir?

Jedes Wochenende dasselbe. Andere leben auf, wenn sie zweieinhalb Tage frei haben; ich möchte mich am liebsten verkriechen, 16 Stunden lang schlafen. Vielleicht ist das auch gerade verschärft durch meine Müdigkeit. Morgen früh sieht die Welt anders aus, immer noch grau, doch anders schattiert und ich wieder mit ein wenig Kraft.

Ich MUSS mir endlich meine Maßnahmenliste gegen depressive/angespannte Momente erstellen! Das ist wichtig. Nimm es wichtig!

Vielleicht bin ich bloß übermüdet. Kann doch mal vorkommen, nach einer Woche, in der ich mich so gut wie möglich vor der Arbeit drückte, allerdings auch mit einer Erkältung zu tun hatte. Es war richtig, sich freizunehmen, damit die Erkältung aufzuhalten. Ich bin in der Lage, da ein bisschen was zu machen.

Ich glaube, ich mache ein ganz bisschen Sportübungen. Maximal zehn Minuten lang. Ohne jeden Ehrgeiz. Vielleicht hilft das.

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Dr. Reinhard Pichler
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