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Hallo alle zusammen!
Ich bin 19 Jahre alt und zum Wintersemester in eine andere Stadt gezogen , um da zu studieren. Allerdings bin ich jedes Wochenende nach Hause gependelt , wie die meisten meiner Kommilitonen , die von außerhalb kamen. Ich habe mein Studium nach meinen Interessen ausgesucht und nachdem der Großteil des ersten Semesters vorbei war , war ich mir eigentlich sicher , dass ich dabei bleiben wollte. Mich hat nur jedes Mal verrückt gemacht , dass mein Studiengang nicht sonderlich aussichtsreich ist (auch mir Promotion nicht sonderlich) , meine Eltern nicht viel Geld haben und Ich immer mehr Bafögschulden ansammel. Aber an sich kam ich gut in meiner Wohnung zurecht und meine Klausuren liefen auch gut.

Dann hatten wir in den Semesterferien ein Chemiepraktikum und es war schrecklich , wegen der Betreuer und wegen sämtlicher Phobien (Feuer , aber auch Säuren) von mir.

Ohne , dass ich es damit in Zusammenhang bringen konnte , habe ich wohl Dank des Praktikums eine starke Anpassungsstörung entwickelt (ich finde den Namen doof , aber offiziell heißt es so). Ich litt wochenlang unter Derealisation/Depersonalisierung , konnte eine Woche gar nicht (!) schlafen , hatte Wahnvorstellungen , Depressionen und schließlich eine Identitätskrise. Ich hatte die permanente Angst zu sterben (ist wohl oft Teil einer Depression).

Jedenfalls kam ich nicht mehr alleine zurecht , ich bekam meinen Alltag nicht mehr auf die Reihe und habe jede Minute , die ich allein war (oder auch mal nicht) geheult. Da ich es allein in meiner Stadt nicht mehr ausgehalten habe , bin ich erst einmal nach Hause gefahren. Seit dem war ich zwar ab und zu in der Uni , aber ich habe fast gar nicht mehr dort übernachtet. Ist das normal? Ich habe im Moment so große Angst , dass ich niemals selbstständig sein werde!

Ich war die erste in meinem Freundeskreis , die angefangen hat zu studieren und auch eine der ersten , die von zuhause ausgezogen ist. Alle freuen sich euphorisch auf ihr Studium und alle ziehen sie mehrere 100 Kilometer weg , alle in andere Richtungen. Mir wurde bei der psychologischen Beratung meiner Uni geraten nach Hause zurück zu ziehen , zu meinen Freundinnen. Aber meine Freundinnen sind nicht hier! Sie gehen alle weg. Ich mag meine Unistadt und die Leute dort nicht sonderlich , aber ich möchte auch ungern wieder zurück , weil ich mich so hängengeblieben und zurückgelassen fühle.

Ich will mein Studium abbrechen , aber ich weiß nicht wie es weitergehen soll. Viele Berater haben mir geraten jetzt nichts zu entscheiden , aber ich will nicht ein Jahr gar nichts tun. Jetzt stehe ich vor der Entscheidung von zuhause aus zu studieren , in meiner Unistadt zu bleiben oder sich eine neue Stadt zu suchen. Ich würde so gern wieder gesund sein , aber eine Anpassungsstörung kann bis zu 6 Monate dauern. Jetzt bin ich schon seit über 3 Monaten krank.
Ich weiß nicht , was ich tun soll! Meine Familie kann meine Last auch nicht auf Dauer tragen. Meine Mutter ist krank und es kann sein , dass sie daran stirbt und dem Rest meiner Familie geht es auch nicht sonderlich gut. Mein älterer Bruder wohnt auch wieder hier , aber er hat fast noch größere Probleme als ich , was sein Studium und seine Psyche betrifft. I

15.07.2018 11:27 • 15.07.2018 #1


3 Antworten ↓


la2la2
Grad mal geschaut.... ein sehr ähnliches Thema hattest du doch vor ein paar Monaten schonmal hier geöffnet....

Zitat von Tiana:
Allerdings bin ich jedes Wochenende nach Hause gependelt , wie die meisten meiner Kommilitonen , die von außerhalb kamen.

Spielt keine Rolle, das kannst du schon ab nächstem Wochenende komplett ändern, wenn du es willst....

Zitat von Tiana:
Ich habe mein Studium nach meinen Interessen ausgesucht und nachdem der Großteil des ersten Semesters vorbei war , war ich mir eigentlich sicher , dass ich dabei bleiben wollte.

Wenn du jetzt die 100% freie Wahl hättest (und jeden Studiengang oder Ausbildungsplatz sofort bekommen würdest - auch Medizin etc.): Gäbe es ein Studiengang oder eine Ausbildung, die du lieber machen würdest als das jetzige Studium?

Zitat von Tiana:
Mich hat nur jedes Mal verrückt gemacht , dass mein Studiengang nicht sonderlich aussichtsreich ist (auch mir Promotion nicht sonderlich)

Das ist nicht so wichtig, wenn es wirklich dein Traumstudium ist und es keine echten alternativen gibt. Bringt doch nichts, wenn du dich jetzt für Mathe, Physik oder Chemie einschreibst und nach 2-3 Semestern scheiterst....... oder bei der Müllabfuhr anfängst (garantiert krisensicherer Job) und dich mehrmals tägl. wegen dem Geruch übergeben musst......

Zitat von Tiana:
meine Eltern nicht viel Geld haben und Ich immer mehr Bafögschulden ansammel.

Das ist egal. Wenn du später keinen Job findest, hat der Staat Pech gehabt. Die Schulden musst du nur zurückzahlen, wenn du genug verdienst. Beachte, dass du nur bis zu einem bestimmten Fachsemester den Studiengang wechseln darfst. 1 Tag zu spät gewechselt, bekommst du KEIN Bafög mehr!

Zitat von Tiana:
Dann hatten wir in den Semesterferien ein Chemiepraktikum und es war schrecklich , wegen der Betreuer und wegen sämtlicher Phobien (Feuer , aber auch Säuren) von mir.

War das Chemiepraktikum eine einmalige Sache in deinem Studium oder wirst du im weiteren Verlauf noch öfter im Labor Pflichtveranstaltungen haben?

Zitat von Tiana:
Ohne , dass ich es damit in Zusammenhang bringen konnte , habe ich wohl Dank des Praktikums eine starke Anpassungsstörung entwickelt (ich finde den Namen doof , aber offiziell heißt es so). Ich litt wochenlang unter Derealisation/Depersonalisierung , konnte eine Woche gar nicht (!) schlafen , hatte Wahnvorstellungen , Depressionen und schließlich eine Identitätskrise. Ich hatte die permanente Angst zu sterben (ist wohl oft Teil einer Depression).

Hast du dir das selbst zusammengegooglet oder hat dir das ein Arzt so diagnostiziert?

Zitat von Tiana:
Mir wurde bei der psychologischen Beratung meiner Uni geraten nach Hause zurück zu ziehen , zu meinen Freundinnen. Aber meine Freundinnen sind nicht hier! Sie gehen alle weg.

Dann ziehe besser nicht nach Hause zurück, wenn du dort eigentlich nur deine Eltern hättest, aber keine Freunde mehr....

Zitat von Tiana:
Ich habe im Moment so große Angst , dass ich niemals selbstständig sein werde!

Bist/warst du doch schon.

Zitat von Tiana:
Ich mag meine Unistadt und die Leute dort nicht sonderlich , aber ich möchte auch ungern wieder zurück , weil ich mich so hängengeblieben und zurückgelassen fühle.

Dann könntest du prinzipiell nochmal die Uni wechseln und woanders einen Neuanfang beginnen.......

Zitat von Tiana:
Ich will mein Studium abbrechen , aber ich weiß nicht wie es weitergehen soll. Viele Berater haben mir geraten jetzt nichts zu entscheiden , aber ich will nicht ein Jahr gar nichts tun.

Beachte unbedingt die Fristen wegen Bafög. Also wie lange du noch warten darfst, damit du nochmal den Studiengang komplett wechseln darfst. Nichts wäre schlimmer als diese Frist zu verpassen und dann nicht mehr wechseln zu können, obwohl du dich letztentlich zu einem Fachwechsel entscheidest.....

Zitat von Tiana:
aber eine Anpassungsstörung kann bis zu 6 Monate dauern. Jetzt bin ich schon seit über 3 Monaten krank.

Wie kommst du zu dieser Annahme? Dir kann es auch in 1 Monat deutlich besser gehen oder in 10-20 Monaten kann sich nichts bessern...... Das kann niemand voraussagen. Abwarten, dass es von selbst wieder verschwindet ist die schlechteste Strategie....

15.07.2018 11:47 • x 1 #2


A


Wegen Depressionen nach Hause zurückziehen?

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Hallo la2la2,

Danke für deine schnelle und ausführliche Antwort!

Zitat:
Grad mal geschaut.... ein sehr ähnliches Thema hattest du doch vor ein paar Monaten schonmal hier geöffnet....


Ja , ich weiß. Ich habe die ganze Zeit gehofft , dass ich schnell wieder gesund werde , aber irgendwie zieht es sich immer noch und ich verzweifel total daran und sehe dieses ganze negative , weinende , unselbstständige Etwas , was ich zur Zeit bin , als mein wirkliches Ich an (was hoffentlich nicht der Fall ist, ich war nämlich ein sehr lebensfroher , positiver Mensch).

Zitat:
Wenn du jetzt die 100% freie Wahl hättest (und jeden Studiengang oder Ausbildungsplatz sofort bekommen würdest - auch Medizin etc.): Gäbe es ein Studiengang oder eine Ausbildung, die du lieber machen würdest als das jetzige Studium?


Ja , ich denke schon. Wenn Design gute Berufsaussichten hätte und die Fristen nicht schon vorbei wären , würde ich eigentlich gerne Design studieren. Ansonsten wollte ich immer Zahnmedizin oder Psychologie studieren , aber das geht wegen des NCs nicht. Ich habe mittlerweile an Architektur oder Sprachtherapie gedacht. Bei Architektur habe ich den gestalterischen Aspekt , bei Sprachtherapie den medizinisch-psychologischen. Aber ich weiß es nicht. Die Studienberaterin hat mich gewarnt , dass , wenn ich mich in meinem Zustand entscheide , nächstes Jahr wieder bei ihr in der Beratung sitze und sage , dass ich unzufrieden bin.

Zitat:
Das ist nicht so wichtig, wenn es wirklich dein Traumstudium ist und es keine echten alternativen gibt. Bringt doch nichts, wenn du dich jetzt für Mathe, Physik oder Chemie einschreibst und nach 2-3 Semestern scheiterst....... oder bei der Müllabfuhr anfängst (garantiert krisensicherer Job) und dich mehrmals tägl. wegen dem Geruch übergeben musst......


Ich habe gemerkt , dass nur die Theorie mein Traumstudium ist. Ich habe gemerkt , dass ich mit sezieren und Labor nicht zurechtkomme , gerade wegen meiner Ängste und ethischen Einstellung. Es hat lange gedauert mir das einzugestehen. Meine Noten waren nämlich eigentlich ganz gut. Aber es ist schwierig nach dieser Feststellung ein Studium zu finden , was wirklich das richtige für mich ist. Vorallem komme ich mir bei Architektur wie eine Nachmacherin vor (meine Mutte rhat das gleiche studiert) und habe Angst , dass ich es insgeheim nur deshalb mache.

Zitat:
War das Chemiepraktikum eine einmalige Sache in deinem Studium oder wirst du im weiteren Verlauf noch öfter im Labor Pflichtveranstaltungen haben?


Leider noch öfter und sogar doppelt so lange , wie bei meinem letzten Praktikum. Deshalb glaube ich nicht , dass ich das weiter durchhalten könnte.

Zitat:
Hast du dir das selbst zusammengegooglet oder hat dir das ein Arzt so diagnostiziert?


Beides. Mein Arzt hatte mir akute Belastungsreaktion diagnostiziert. Die Diagnose wird gestellt , wenn der Zeitraum noch nicht all zu lange andauert. Von einer Psychologin habe ich dann die Diagnose mit der Anpassungsstörung bekommen.

Zitat:
Dann ziehe besser nicht nach Hause zurück, wenn du dort eigentlich nur deine Eltern hättest, aber keine Freunde mehr....


Ein paar Freunde bleiben schon noch hier , allerdings habe ich ausgerechnet zu denen keinen wirklichen Kontakt mehr.

Zitat:
Wie kommst du zu dieser Annahme? Dir kann es auch in 1 Monat deutlich besser gehen oder in 10-20 Monaten kann sich nichts bessern...... Das kann niemand voraussagen. Abwarten, dass es von selbst wieder verschwindet ist die schlechteste Strategie....


Das mit dem Zeitraum wurde mir so genannt
Allerdings würde mir auch gesagt , dass sich die Depressionen auch noch deutlich länger ziehen könnten.

Die Fristen mit dem Bafög habe ich im Kopf. Deshalb will ich ja auch unbedingt jetzt wechseln und nicht später.

15.07.2018 12:43 • #3


la2la2
Zitat von Tiana:
Wenn Design gute Berufsaussichten hätte und die Fristen nicht schon vorbei wären , würde ich eigentlich gerne Design studieren. Ansonsten wollte ich immer Zahnmedizin oder Psychologie studieren , aber das geht wegen des NCs nicht. Ich habe mittlerweile an Architektur oder Sprachtherapie gedacht. Bei Architektur habe ich den gestalterischen Aspekt , bei Sprachtherapie den medizinisch-psychologischen.

Hast du schonmal was davon gehört, dass man über Wartesemester so gut wie JEDES Fach studieren kann? Zahnmedizin wird zentral vergeben. informier dich mal über die derzeit erforderlichrn Wartesemester - dann bekommst du sogar mit 4,0 im Abi einen Studienplatz für Zahnmedizin.
Du darfst aber auf KEINEN Fall immatrikuliert bleiben (dann gibts keine Wartesemester und du verlierst deinen Bafög Anspruch). Wichtig: Zahnmedizin bedeutet auch sehr viel Arbeit im Labor, mit Chemikalien, gelegentlich blutet es im Mund, manch ein Patient jammert lautstark (Zahnarztangst,.....)......
Psychologie auf KEINEN Fall studieren, wenn du es wegen deiner eigenen Probleme machen willst. Dann springst du früher oder später ausm Fenster, wenn du dir jede Woche zig Stunden das Leid deiner Patienten anhören musst.......
Und bei deinen eigenen Problemen wird dir das Studium 0 helfen......



Zitat von Tiana:
Leider noch öfter und sogar doppelt so lange , wie bei meinem letzten Praktikum. Deshalb glaube ich nicht , dass ich das weiter durchhalten könnte.

Dann wird das wohl kaum was werden, wenn du die Pflichtmodule nicht bestehen kannst.....

Zitat von Tiana:
Beides. Mein Arzt hatte mir akute Belastungsreaktion diagnostiziert. Die Diagnose wird gestellt , wenn der Zeitraum noch nicht all zu lange andauert. Von einer Psychologin habe ich dann die Diagnose mit der Anpassungsstörung bekommen.

Irgrndwas muss halt zur Abrechnung genommen werden. Da wird meist das genommen, was am ehesten passt. Es passen weder psychische Probleme in eine Schublade, noch gibt es den Standardknochenbruch, der bei allen Patienten gleich ist und gleich schnell und gut heilt.....


Die Entscheidungen kannst nur du selbst treffen.....

15.07.2018 13:55 • x 1 #4





Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl