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Hallo zusammen,

ich hoffe ich bin hier richtig. Ich hab noch nie etwas in ein Forum gepostet aber ich kann nicht mehr.

Ich und mein Freund sind seit ca. 6 Jahren zusammen und wir hatten wirklich nie ein Tiefpunkt in unserer Beziehung. bis jetzt.

Wir lieben uns beide sehr und sind dieses Jahr in eine gemeinsame Wohnung gezogen, nachdem ich meine Ausbildung beendet hatte. Mein Freund ist bereits länger ausgelernt. Es war alles wie ein Traum, so schön war es. Ich beginne jetzt ein Studium und habe nur eine Werkstudententätigkeit nebenher, mit der ich die hälfte der Lebenskosten für uns gerade so abdecken kann, sodass ich nicht finanziell von ihm abhängig bin.

Vor ca. 2 Monaten hatte ich ohne Grund plötzlich eine schlimme Innere Unruhe bekommen, die mich wirklich wirklich fertig gemacht hat. Dazu kamen dann Zwangsgedanken wie Was passiert mit der Wohnung wenn wir uns trennen? Ich kann mir das nicht leisten (Zur Info: Wir wohnen in einer Wohnung, welche meiner Mutter gehört), Was passiert mit den Möbeln wenn wir uns trennen? Wie soll ich mir das leisten?. und die Frage ob ich meinen Freund noch liebe ist mir auch irgendwann durch den Kopf geschossen, was allerdings völliger Schwachsinn ist, denn ich bin mir gaaaanz sicher dass ich ihn über alles liebe.

Diese Gedanken haben mich wirklich fertig gemacht und ich habe sie immernoch. Weniger schlimm aber immernoch und das hat mich selbst sehr verändert. Ich war so glücklich und wirklich immer positiv drauf, aber es hat mich so unglücklich gemacht immer diese Gedanken und die schlimme innere Unruhe.

Die letzten Tage hatte ich wirklich ein paar gute Tage aber die sind leider wieder vergangen und ich fühl mich wieder so schlecht.

Ich hab immer offen (soweit ich konnte) mit meinem Freund darüber gesprochen. Ich hab ihm von meinen Gedanken erzählt aber nicht dass ich mich abhängig fühlt.

Gestern haben wir nochmal richtig gesprochen. Ich hab ihm das mit der Abhängigkeit erzählt, was mir echt nicht leicht gefallen ist und er hat mir erzählt, wie schlecht es ihm geht, weil ich ihn runterziehe (was er auch nicht böse gemeint hat aber wir sind halt ehrlich zu einander) und er gerne mit mir Zeit verbringt aber er gerade auch gerne nicht Daheim ist, weil es ihn traurig macht und es ihn selbst schockiert dass, er sowas sagt.

Ich hätte niemals erwartet, dass mir bzw. uns sowas jemals passieren würde, da vor 3 Monaten mein Leben wirklich wirklich perfekt war und wir auch nie uns wirklich gestritten haben oder so.

Alles was ich will ist wieder glücklich zu werden und mein Leben mit ihm zu verbringen, wo wir beide glücklich sind.

Ich trau mich nicht zum Psychiater. Zum einen weil ich das Gefühl hab, dass da lieber Leute hinsollten, denen es schlechter als mir geht und zum anderen studiere ich Lehramt und strebe eine Verbeamtung an und habe gelesen, dass man dann eventuell nicht mehr verbeamtet wird.

Ich brauche dringen Hilfe!

Danke für jede Antwort

22.09.2023 09:48 • 23.09.2023 #1


7 Antworten ↓


@private Hallo!
So wie ich das sehe, hast du ad hoc heftige Ängste entwickelt in deinem finanziellen Sicherheitserleben, was dann auch in die emotionale Wahrnehmung der Paarbeziehung hineingeflossen ist und dadurch eine Beziehungsangst ausgelöst, vor dieser Art der Abhängigkeit.
Ich finde das verständlich und nachvollziehbar - immerhin ist diese Situation eine ganz neue für dich und da kann man schonmal aus dem inneren Takt geraten...
Du bist jung und du wirst dich an das Erleben gewöhnen müssen, dass finanzielle Sicherheit ein Thema für dich ist und Dinge des Lebens auch Ballast sein können - aber nicht müssen!

Du kannst dazu eine Denkstrategie entwickeln, die dir diese Ängste nimmt und dann könnte/kann sich deine Abhängigkeitsangst in der Beziehung auch wieder legen.
Am besten du stellst dir den worst case vor und wie du ihm rein praktisch beikommen könntest FALLS es mal zu einer Trennung KÄME. Und das in aller Ruhe, vllt. mit Block und Stift.
Klar können Beziehungen in die Brüche gehen und so einigen Menschen passiert das auch. Meist hat man aber dann Bedenkzeit und es erschliessen sich automatisch, eben step-by-step, Möglichkeiten, der Situation zu begegnen! Ob mit der Miete oder dem Teilen, Auszahlen lassen der Möbel, der Suche nach neuem Wohnplatz etc.
Du musst dich damit nicht verrückt machen. Oft wohnen Menschen erstmal weiterhin zusammen, bis beide eine Lösung für anstehende Probleme gefunden haben. Es kommt darauf an, wie gut man mit dem Partner kann (kommunikativ und emotional) oder eben dann dem Ex-Partner. Solche Sachen müssen nicht im Vorfeld geregelt werden. Aber es tut dir (euch?) vllt. gut, über solche HYPOTHETISCHEN Angelegenheiten zu sprechen, sich zwanglos locker auf ein paar grobe Regelungen im Vorfeld zu einigen, wie z.B. den anderen dann nicht gleich rausschmeissen zu wollen oder unter Druck zu setzen, sondern dafür zu sorgen, dass man harmonischer, in beidseitigem Einvernehmen, nach Lösungen sucht. Und dabei aber bitte sicher seien können (und sich das auch ggs. sagen!), dass das NICHT dem gegenwärtigen Beziehungszustand entspricht, sondern DIR gerade nur ein Sicherheitsnetz bietet, FALLS dieser Fall irgendwann in ferner Zukunft eintreten würde, um deine Abhängigkeitsangst und Sicherheitssorgen zu überwinden.
Meinst du, dein Partner könnte das verstehen?
Man kann ja probieren, damit jetzt konstruktiv umzugehen. Manchen Menschen fällt es eben schwer, finanzielle Abhängigkeiten oder Sorgen auszuhalten und das kann dann schon mal eine gewisse Existenzangst auslösen; erstmal Panik schieben, obwohl aktuell kein Grund vorliegt.
Man muß sich auch an den neuen Zustand und die ungewohnte Lebenssituation erstmal gewöhnen - war vllt. für dich alles ein wenig zuviel auf einmal? Da ist man dann selbst über die eigenen auftretenden Gefühle überrascht...
Nimm' deinem Freund da bitte ein wenig die Sorge, das ist oft nur vorübergehend, bis man sich eingegroovt hat und merkt, dass erstmal alles klappt und keine akute Gefahr besteht. Das Unterbewusstsein kann einem da schon reinknallen.
Nehmt euch dich vllt. bewusst Zeit für schöne Stunden, gemeinsame Interessen und verschieb' deine Ängste und Sorgen einfach innerlich auf später (wenn es mal ANFINGE überhaupt real begründete Probleme zu geben!), denn gerade ist eigentlich (objektiv) alles gut, bis auf das reinsteigern und damit Partner frusten oder traurig machen.
Und das kannst du abstellen mit obigen Mechanismen und guten Gesprächen - in welchen dein Freund dir hoffentlich bei rein hypothetischen Theorien zur Seite steht, um deine Sorgen abzumildern...

Viel Glück bei der Klärung und deiner inneren Sortierung!

A


Abhängigkeit in Beziehung und Zwangsgedanken

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Ich danke dir sehr für die Antwort @NG1966

Zitat von private:
Ich trau mich nicht zum Psychiater. Zum einen weil ich das Gefühl hab, dass da lieber Leute hinsollten, denen es schlechter als mir geht und zum anderen studiere ich Lehramt und strebe eine Verbeamtung an und habe gelesen, dass man dann eventuell nicht mehr verbeamtet wird

Ich habe auch Lehramt studiert, bin aber schon vorher zum Psychologen gegangen. Das traurige ist, dass eine psychische Erkrankung ein Ausschlusskriterium wäre für die Beamtung und der Staat hat die Macht, dass er offen in deine Gesundheitsakten schauen kann. Das hat leider zur Folge, und das habe ich bei anderen Kommilitonen gesehen, dass sie nicht zum Psychologen aus Angst vor der Nicht-Verbeamtung gehen, im Klartext heißt das, dass die, die an sich mit Hilfe von Psychologen arbeiten, die Ar schkarte gezogen haben. Die anderen halten es aus, um ja die Verbeamtung nicht zu vergeigen.
Es gibt Schlupflöcher, die ich aber nicht gut finde, denn man sollte auf die Verbeamtung einen Schei ß geben und in erster Linie an seine Genesung denken. Man kann zu psychologischen Beratungsstellen gehen, das wird nicht registriert, aber die Stunden da sind niemals so effektiv wie normale Sitzungen bei Therapeuten.
Als Alternative kannst du auch als Lehrer im Angestelltenverhältnis arbeiten, wenn es mit der Verbeamtung nicht klappt.
Nicht nur eine psychische Erkrankung, sondern auch ein BMI von über 28 und Vorerkrankungen wie Bluthochdruck sprechen zumindest in Bayern für eine Verweigerung der Verbeamtung. Absurdes System.

Willkommen @private ,

interessant wäre, was zuerst da war: die Unruhe oder die Zwangsgedanken, wie Du sie nennst?

Wenn ungewohnte körperliche und/oder geistige Vorgänge relativ zeitgleich auftreten, neigen wir zur Überbewertung: wir multiplizieren sie in unserer geistigen Bewertung statt sie lediglich - angemessen - zu addieren oder einfach nur nebeneinander zu stellen.

Wenn so etwas auch noch im Rahmen eines beruflichen und/oder privaten Übergangs stattfindet ist die Dramaturgie perfekt und wir kriegen es mit der Angst zu tun. Da wir diese Entwicklung idR nicht bewusst (weil zum ersten Mal) mitkriegen, entwickeln wir evtl. eher eine Angst vor der Angst statt vor den einzelnen Komponenten unseres Dramas.

Sofern diese Komponenten noch ersichtlich (erkennbar) sind, mag eine nüchterne Analyse derselben das Konstrukt auflösen und wir finden einen angemessenen Umgang damit. Erst wenn sich die Angst vor der Angst dermaßen verselbstständigt hat, dass man vor lauter Wald die Bäume nicht mehr sieht, kann eine psychologische Intervention hilfreich sein. Dazu muss man nicht zwingend zu einem Psychiater oder Psychotherapeuten. Erfahrene Psycho-Coaches, Heilpraktiker für Psychotherapie oder auch einschlägige Literatur können vollkommen ausreichen.

Mein Tipp bei Angst und Panikattacken: Wenn plötzlich die Angst kommt (Roger Baker).

@moo boah, @moo mal wieder punktgenau geschrieben! Toll !

Zitat von private:
Vor ca. 2 Monaten hatte ich ohne Grund plötzlich eine schlimme Innere Unruhe bekommen

Das muss dann wohl ein Trigger gewesen sein. Etwas, was dich an eine längst vergangene Situation erinnerte, die nicht wirklich verarbeitet wurde oder konnte.

Kannst du eine Ursache ausmachen für die innere Unruhe?

Zitat von private:
Vor ca. 2 Monaten hatte ich ohne Grund plötzlich eine schlimme Innere Unruhe bekommen, die mich wirklich wirklich fertig gemacht hat. Dazu kamen dann Zwangsgedanken wie Was passiert mit der Wohnung wenn wir uns trennen? Ich kann mir das nicht leisten (Zur Info: Wir wohnen in einer Wohnung, welche meiner Mutter gehört),

Wo hast du denn vorher gewohnt, noch bei den Eltern? Vielleicht ist es das Gefühl, jetzt aus dem „sicheren Nest“ zu sein und für dich selbst verantwortlich.
Und mal ganz pragmatisch: wenn die Wohnung doch deiner Mutter gehört, wärst du im Falle einer Trennung doch klar im Vorteil. Eigentlich müsste dein Freund sich da viel eher Gedanken machen, ob er nicht besser einen neutralen Vermieter genommen hätte.





Dr. Reinhard Pichler
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