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Guten Abend,

ich bin einer von vielen Neuen, berufstätig, verheiratet und Mitte 30, und stelle mich hiermit, naja, kurz vor:

Angefangen hat es Mitte 2008 mit dem Gefühl, nicht tief genug einatmen zu können, gefolgt von Kreislaufbeschwerden und einem Pünktchen Blut im Taschentuch. Ich war sofort davon überzeugt, Lungenkrebs zu haben, glaubte den Ärzten kein Wort und bestand Anfang 2010 endlich darauf, meine Lunge röntgen zu lassen. Ergebnis: Alles in Ordnung.

Für ein paar Minuten war ich erleichtert, dann fühlte ich eine formlose Bedrohung über mir. Anschließend begannen meine Probleme erst richtig, denn von da an fand ich nach und nach Symptome für alle möglichen (und absurden) Krebsarten. Ich konnte nicht mehr schlafen, ging zum Neurologen und bekam erst Mirtazapin verschrieben (gutes Schlafmittel, sonst wirkungslos), dann Venlafaxin (wirkungslos, führte allerdings zu Zuckungen, weshalb ich nun auch noch Angst vor ALS hatte) und anschließend Clomipramin (völlig wirkungslos). Eine Gesprächstherapie versandete, weil sie nichts Nützliches zutage förderte.

Ein körperlich fordernder Job, der mir Spaß machte, heilte mich zeitweilig. Ich setzte alle Medikamente ab und fühlte mich gut. Drei Jahre später aber wurde der Job extrem frustrierend und stressig und die Ängste kamen zurück, nun in Begleitung von aggressiven Zwangsgedanken, die mich sehr quälten, da sie sich gegen Menschen richteten, die ich liebe. Wieder der Gang zum Psychiater, diesmal: Amitryptilin und Escitalopram in Verbindung mit Haloperidol-Spritzen. Die Medikamente wirkten, doch erschwerten mir den Toilettengang so sehr, dass ich sie absetzte. Das fiel mir zum Glück leicht, denn: Jobwechsel, bessere Laune, alles okay.

Anfang 2016: Ein leicht geschwollener Lymphknoten, unproblematisch, aber ausreichend, um eine Lawine loszutreten. Nach mehreren Untersuchungen habe ich noch immer Angst, dass er krankhaft schwellen könnte. Er macht mir seit Monaten Sorgen.

Diesmal scheint meine Psyche Schaden genommen zu haben. Die Sorgen lähmen mich, weswegen ich kaum etwas für mich und meine Familie tue. Und weil sie mich lähmen, werde ich immer frustrierter. Der Frust versetzt mich in Dauerstress, der Stress setzt alles frei, was mich jemals gequält hat.

Nun schwanke ich zwischen Krankheitsangst in Verbindung mit Abschiedsängsten und dem Gefühl totaler Sinnlosigkeit, aggressiven Zwangsgedanken in Verbindung mit der Angst, wahnsinnig zu werden und eine Gefahr für meine Lieben darzustellen, und tiefer Verzweiflung, verbunden mit dem Wunsch, nie geboren worden zu sein.

Am schlimmsten ist es immer abends, wenn ich zur Ruhe komme(n muss).

Jetzt werde ich wohl wieder zum Arzt gehen müssen. Ich will allerdings keinesfalls meinen Job aufgeben oder vergleichbare Beschränkungen hinnehmen, da es mir sehr wichtig ist, das Gefühl zu haben, diesen Sturm zu ertragen aus eigener Kraft damit fertig zu werden.

Werde in diesem Forum wohl hauptsächlich Leser sein. In den unerträglichen Phasen, wenn ich mich wahlweise dem Wahnsinn oder dem Tod ausgeliefert wähne, tut es sehr gut, daran erinnert zu werden, dass dieses Empfinden typisch für Angststörungen ist.

Danke für euer Interesse und viele Grüße!

18.11.2016 00:06 • 30.12.2016 #1


6 Antworten ↓


Ich habe ja auch ab und zu solche Zwangsgedanken. Ich glaube die kommen wenn der psychische Stress zu groß wird.

Versuche es doch noch mal mit Mirtazapin. Aber das in einer höheren Dosierung. Das scheint wohl bei einigen gegen Zwangsgedanken zu wirken.

Petrus

A


Auf und ab und immer schlimmer

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Hallo Sturm,

herzlich Willkommen im Forum!

Zitat von Sturm:
Ich will allerdings keinesfalls meinen Job aufgeben oder vergleichbare Beschränkungen hinnehmen, da es mir sehr wichtig ist, das Gefühl zu haben, diesen Sturm zu ertragen aus eigener Kraft damit fertig zu werden.

Vielleicht als kleiner Gedankenanstoß dazu: Hast du schonmal versucht, etwas neben der medikamentösen Therapie gegen deine Ängste/Zwangsgedanken zu unternehemen? Viele in diesem Forum (mich eingeschlossen) haben gute Erfahrung damit gemacht, Dinge in ihrem Leben zu verändern. Dazu muss man nicht zwangsläufig eine Verhaltenstherapie oder dergleichen machen; es kann aber natürlich hilfreich sein, um erstmal eine Anleitung zu bekommen, was es für Möglichkeiten gibt oder welche negativen Verhaltens-/ Denkweisen sich so über die Jahre manifestiert haben. Einfach weiterzumachen und durchzuziehen führt oft früher oder später dazu, dass die Probleme noch größer werden.

Zitat von xoxoxoxo:
Hallo Sturm,

herzlich Willkommen im Forum!
Danke für die Grüße!

Zitat:
Vielleicht als kleiner Gedankenanstoß dazu: Hast du schonmal versucht, etwas neben der medikamentösen Therapie gegen deine Ängste/Zwangsgedanken zu unternehemen? Viele in diesem Forum (mich eingeschlossen) haben gute Erfahrung damit gemacht, Dinge in ihrem Leben zu verändern. Dazu muss man nicht zwangsläufig eine Verhaltenstherapie oder dergleichen machen; es kann aber natürlich hilfreich sein, um erstmal eine Anleitung zu bekommen, was es für Möglichkeiten gibt oder welche negativen Verhaltens-/ Denkweisen sich so über die Jahre manifestiert haben. Einfach weiterzumachen und durchzuziehen führt oft früher oder später dazu, dass die Probleme noch größer werden.
Ich versuche es regelmäßig. Das Dumme ist, dass ich mir nicht darüber im Klaren bin, wo ich ansetzen soll. Als ich die Krebsangst einigermaßen im Griff hatte, kam die Atemnot. Als sich die als eingebildet herausstellte, kamen die Zwangsgedanken. Die konnte ich ein bisschen lindern, woraufhin die pure Angst kam, und jetzt schwankt es hin und her. Mal habe ich das eine, mal das andere, irgendwie nichts Halbes und nichts Ganzes, aber der Leidensdruck ist zum Teil schwer erträglich.

Es ist, als ob da ein Programm in meinem Hirn liefe, das auf Teufel komm raus sicherstellen will, dass es mir dreckig geht. Ich habe Dauerstress in Verdacht, aber den kann ich mir nicht wirklich erklären. Materiell geht es uns ganz gut und die Arbeit ist nicht fordernd, aber mir fehlen Sinn und Ziel. Ich kann mich für so gut wie gar nichts begeistern, bin wie ein fußlahmer Schlittenhund, der sich selbst wie wahnsinnig peitscht, ohne damit etwas zu bezwecken. Was mir fehlt, ist ein Glaube, fürchte ich, aber ich kann nicht mehr glauben. Alles erscheint total lächerlich. Ich hasse mich selbst für diese Wahrnehmung und schäme mich zutiefst dafür.

Wo würdest du denn ansetzen oder wohin würdest du dich wenden? Ich bin echt ratlos.

Zitat von petrus57:
Ich habe ja auch ab und zu solche Zwangsgedanken. Ich glaube die kommen wenn der psychische Stress zu groß wird.

Versuche es doch noch mal mit Mirtazapin. Aber das in einer höheren Dosierung. Das scheint wohl bei einigen gegen Zwangsgedanken zu wirken.

Petrus
Mirtazapin wäre mir durchaus recht. Viel lieber als SSRI, denn die beeinträchtigen meine Leistungsfähigkeit zu sehr.

Mein Termin ist am 20. Februar. Mal sehen, wie es sich bis dahin entwickelt und was der Arzt dann sagt.

Momentan probiere ich, ob 5HTP etwas ausrichtet. Habe noch eine Tüte gefunden und mich daran erinnert, wie schön mich das Zeug immer betäubt hat. Allerdings provoziere ich gerade einen Nocebo-Effekt, indem ich panische Angst davor habe, dass eine schwere hirnorganische Störung vorliegen könnte, der mit Serotonin nicht beizukommen ist. Blöder, wahnhafter Hirnf... in einer Tour!

Zitat von Sturm:
Zitat von xoxoxoxo:
Hallo Sturm,

herzlich Willkommen im Forum!
Danke für die Grüße!

Zitat:
Vielleicht als kleiner Gedankenanstoß dazu: Hast du schonmal versucht, etwas neben der medikamentösen Therapie gegen deine Ängste/Zwangsgedanken zu unternehemen? Viele in diesem Forum (mich eingeschlossen) haben gute Erfahrung damit gemacht, Dinge in ihrem Leben zu verändern. Dazu muss man nicht zwangsläufig eine Verhaltenstherapie oder dergleichen machen; es kann aber natürlich hilfreich sein, um erstmal eine Anleitung zu bekommen, was es für Möglichkeiten gibt oder welche negativen Verhaltens-/ Denkweisen sich so über die Jahre manifestiert haben. Einfach weiterzumachen und durchzuziehen führt oft früher oder später dazu, dass die Probleme noch größer werden.
Ich versuche es regelmäßig. Das Dumme ist, dass ich mir nicht darüber im Klaren bin, wo ich ansetzen soll. Als ich die Krebsangst einigermaßen im Griff hatte, kam die Atemnot. Als sich die als eingebildet herausstellte, kamen die Zwangsgedanken. Die konnte ich ein bisschen lindern, woraufhin die pure Angst kam, und jetzt schwankt es hin und her. Mal habe ich das eine, mal das andere, irgendwie nichts Halbes und nichts Ganzes, aber der Leidensdruck ist zum Teil schwer erträglich.

Es ist, als ob da ein Programm in meinem Hirn liefe, das auf Teufel komm raus sicherstellen will, dass es mir dreckig geht. Ich habe Dauerstress in Verdacht, aber den kann ich mir nicht wirklich erklären. Materiell geht es uns ganz gut und die Arbeit ist nicht fordernd, aber mir fehlen Sinn und Ziel. Ich kann mich für so gut wie gar nichts begeistern, bin wie ein fußlahmer Schlittenhund, der sich selbst wie wahnsinnig peitscht, ohne damit etwas zu bezwecken. Was mir fehlt, ist ein Glaube, fürchte ich, aber ich kann nicht mehr glauben. Alles erscheint total lächerlich. Ich hasse mich selbst für diese Wahrnehmung und schäme mich zutiefst dafür.

Wo würdest du denn ansetzen oder wohin würdest du dich wenden? Ich bin echt ratlos.

Ich weiß, was du meinst. Nachdem ich meine wirklich schweren Panikattacken im Griff hatte, kamen die Depressionen. Als ich mich denen zugewandt hatte, kamen die Panikattacken noch viel schlimmer wieder. Am schlimmsten war die Atemnot. Als ich das im Griff hatte, wurde die Übelkeit das Hauptsymptom. Und als das im Griff kam, kam ein Anderes......usw usw.
Ich wusste nicht mehr, was richtig und was falsch ist, oder ob ich auf etwas keine Lust habe oder das wieder nur die Depression oder die Panik ist. Geholfen hat mir auf lange Sicht lediglich, beide in mein Leben zu integrieren. Ich bin minimalistischer und egoistischer geworden. Dadurch sind sie über die Jahre fast komplett verschwunden





Dr. Matthias Nagel
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