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I
Liebe Mitleser,

ich merke, dass ich es gerade aus eigener Kraft nicht mehr schaffe, deswegen wende ich mich hier ans Forum. Gleichzeitig bin ich auch auf der Suche nach psychologischer HIlfe.
Vielleicht kennt der ein oder andere hier mein Problem ja:
Ich verfalle schon immer leicht in Panik bei körperlichen Symptomen, meist in Verbindung mit exzessiver Internetrecherche. In letzter Zeit war es alle paar Monate etwas anderes, weswegen ich immer wieder mein Ende vor Augen sehe (meist auf Basis real vorhandener Symptome).
Ich will euch mal kurz die jüngste Geschichte erzählen, weil sie sehr beispielhaft für mein Herangehen an das Thema ist:

Vor zwei Wochen war es so, dass ich eine recht harte Schwellung in der Kniekehle bei mir entdeckt habe, und die (Vertretungs-)Ärztin hat leider den Fehler gemacht, mir im ersten Moment sehr direkt zu sagen, dass sie auch etwas Bösartiges nicht ausschließen kann. Ich glaube, in dem Moment sind sämtliche Staudämme in mir gebrochen, ich stand komplett neben mir.

Nach einer Ultraschalluntersuchung war schnell klar, dass es wahrscheinlich doch harmlos ist (Zyste), aber was es genau war, konnte sie auch nicht einordnen - es ist wohl nicht das ganz klassische Erscheinungsbild. Danach habe ich natürlich im Internet geschaut, und natürlich war das für meine Psyche endgültig toxisch. Ich bin schnell auf das Thema Sarkome gestoßen, die gerne auch mal zystisch wachsen bzw. erscheinen, und für mich besonders schlimm: dann oft monatelang fehlinterpretiert und als harmlos abgetan werden können, weil bei einer Zyste erstmal niemand etwas schlimmes vermutet. Ich habe stundenlang, tagelang nachgelesen, auch teils englische Publikationen für Mediziner und Radiologen. Es war zermürbend und ich hab mich auf der Suche nach Beruhigung nur immer noch weiter reingesteigert, aber ich konnte nicht anders, es war fast wie eine Sucht. Alles, was ich gelesen habe, passte plötzlich zu meinem Befund und meinen Bildern (z.B. Septierung innerhalb der Zyste).

Nach einem Besuch beim Radiologen (Ultraschall) hieß es dann, es sind 3 getrennt voneinander liegende Zysten (er hat also noch 2 weitere entdeckt) und man solle mal ein MRT machen, um die Ursache (Schaden im Knie?) herauszufinden - aber (und das hat er von sich aus gesagt) es sei definitiv harmlos, kein Tumor und das Thema Sarkome solle ich vergessen.
Final war ich nun bei meinem Hausarzt, der sich die Bilder und die Geschichte sehr gut angeschaut hat und ebenfalls meinte, zystisch wachsende Sarkome sähen anders aus, eher als ein Gebilde, das Gewebe dazwischen sei komplett unauffällig und es würde für ihn insgesamt überhaupt nicht danach aussehen. Natürlich gäbe es aber in der Medizin auch oft keine 100%ige Sicherheit. (ich hasse diesen Satz).

Da ich inzwischen sehr viel über diese Sarkome gelesen habe, muss ich sogar selbst erkennen, dass meine Bilder und Symptome nicht unbedingt zu meinen schlimmsten Befürchtungen passen.

Langsam geht es mir also wieder etwas besser, aber die letzten 2 Wochen waren einfach nur schlimm. Ich hatte mich komplett verrannt in die Angst, ich war mir zeitweise (vor dem Radiologentermin) zu 99% sicher, dass es ein Sarkom sein muss, da die Zyste etwas untypisch erscheint, und dass es nun nur darum geht es so schnell wie möglich zu diagnostizieren. Gleichzeitig hat mich die (Schein)-Gewissheit über so etwas Schlimmes komplett fertiggemacht. Ich hatte an nichts mehr Freude, habe mein komplettes Umfeld traktiert und alles war beherrscht von einer riesigen Angst. Ich würde es als reale Todesangst bezeichnen, ich habe nur noch funktioniert.
Auch die eigtl sehr positiven Aussagen der beiden letzten Ärzte sind erst gar nicht und auch jetzt noch nicht vollständig bei mir angekommen, ich bin einfach so auf meiner Spur, dass mich niemand mehr davon wegbringen kann. Immer wieder die Frage, was wenn es doch etwas ist und es haben alle übersehen, wie es lt. Internet so oft passiert?. Ich versuche, im Kopf Situationen durchzuspielen, was und wo übersehen worden sein könnte (z.B. Gewebe zwischen den Zysten oder ein verursachender Tumor im Gelenk, der im Ultraschall nicht zu sehen war). Ich komme einfach nicht mehr weg von diesem verdammten Gedanken.

Ich komme bei gesundheitlichen Dingen überhaupt nicht mehr mit Ungewissheit klar oder der Tatsache, dass manche Dinge nicht 100%ig ausgeschlossen werden können, sondern nur mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit. Das reicht mir einfach nicht.
Gleichzeitig höre ich momentan übertrieben auf meinen Körper, ich habe fast Angst vor ihm und dem , was er von sich gibt. Das kann nicht mehr gesund sein, in psychischer Hinsicht.
Wenn ich es etwas reflektiere, habe ich wohl eine unfassbar riesige Angst vor einem frühen Tod. Das steht wohl letzten Endes dahinter.

Also , was kann ich nur tun. was ist eure Meinung dazu. in diesem Fall, und auch für die kommenden, die sicher kommen werden. Ich möchte einfach wieder Spaß am Leben haben, das konnte ich an sich immer gut.

08.05.2022 18:54 • 23.04.2023 x 4 #1


15 Antworten ↓


Karimma
Liebe Iris, ich drücke dich mal ganz fest. So wie dir, geht es ganz vielen von uns. Die extreme Angst vor Krankheiten, dieses in sich hinein horchen und den Ärzten nicht 100 % zu glauben.
Du bist nicht allein und ich glaube, wir müssen alle ganz fest daran arbeiten, die Ursachen dieses so tief verwurzelten Angst heraus zu finden.
Ich google auch sehr viel, aber verrückterweise nicht mehr so sehr nach den schweren Krankheiten, sondern auf der Suche nach harmlosen Erklärungen um mich zu beruhigen. Meist komme ich auf das Ergebnis Wechseljahre, was bei mir ganz präsent ist.
Ich hoffe, wir können dir etwas helfen. Odt tut es einfach gut zu wissen, dass man nicht allein ist und es anderen Menschen auch so geht.

08.05.2022 19:15 • x 3 #2


A


Angst vor Sarkom , generell massive Angst vor Krebs

x 3


I
Liebe Karimma,

vielen Dank für deine liebe Antwort... eine Ursache vermute ich schon: ich hatte mit 15 mal die Situation, dass ich etwas sehr lange ignoriert habe, mit dem Ergebnis, dass dann, als es rauskam, alles sehr schnell gehen musste und ich innerhalb kurzer Zeit auf der Kinderkrebsstation lag. Zum Glück war es am Ende doch relativ harmlos, aber ich denke, das Trauma trage ich bis heute mit mir rum. Auch da hatte mir einer der Ärzte zuvor gesagt, in aller Regel ist das nichts.
Auch Ärzte sind fehlbar und nur Menschen, und wie kann ich vertrauen, wenn es z.B. um Krankheiten geht die viel zu selten sind, als dass sie jeder Arzt sofort präsent hätte.

Das Ziel meines googlens ist meistens auch Beruhigung zu finden, aber in aller Regel macht das alles nur viel schlimmer..

tatsächlich hilft aber die Erkenntnis, damit nicht ganz allein zu sein, etwas!

08.05.2022 19:25 • x 1 #3


Karimma
Da bist du weiter als ich. Ich kenne den Grund meiner Ängste noch nicht und beginne jetzt eine Therapie. Vielleicht sehe ich dann klarer.

08.05.2022 19:28 • x 1 #4


I
Vielleicht..

aber gibt es denn Strategien gegen diese schreckliche Angst, die man während solcher Phasen hat?

Das kann ja so nicht weitergehen, alles wurde davon überlagert, obwohl mit höchster Wahrscheinlichkeit alles gut ist.
Und es wird immer wieder mal sowas sein im Leben, womit man klarkommen muss..

Und was ist, wenn mal wirklich eine Diagnose im Raum steht, ohne den Zusatz, sehr wahrscheinlich nicht? Dann kann man mich vermutlich gleich einweisen.

09.05.2022 13:29 • x 1 #5


marialola
Liebe Iris,
ich erkenne mich in deiner Beschreibung absolut wieder. Es tut mir leid, dass du so leiden musst, ich weiß genau, was du durchmachst.
Ich hatte seit frühester Kindheit immer wieder diese Vorfälle, also das Szenario, dass ich ein Symptom sofort mit dieser so gefürchteten Krankheit in Verbindung brachte. Ich weiß auch ohne Therapeuten, wo die Ursache liegt. Meine Eltern waren sehr strange, könnte man es salopp formulieren. Mit an Sadismus grenzendem Verhalten, mir irreale Ängste zu suggerieren. Fatal war auch, dass meine Mutter Medizin studiert hatte und selbst ständig von Tod und Krebs redete.
Ich war allerdings schon immer so drauf, dass ich es nicht wissen wollte.
Das ist bis heute so geblieben.
Ich erinnere mich an einen Vorfall, wo mir als Kind ein völlig harmloser Grützbeutel aus dem Bein entfernt werden sollte und ich habe die Praxis des armen Hausarztes so zusammengebrüllt, bis er nachgab und das entfernte Gewebe vor meinen Augen im Klo herunterspülte, statt es, wie vorgeschrieben einzuschicken. Das war ein Riesengeschrei. Ich wollte nicht wissen müssen, dass ich bald sterben muss.
Im Laufe des Lebens kam ich immer wieder an diesen Punkt. Meistens waren es geschwollene Lymphknoten, völlig harmlos, nur ich wollte es nicht glauben und nahm Abschied vom Leben. Absolut furchtbar.
Ich habe aber dazwischen auch jahrelang Ruhe und führe ein angstfreies und zufriedenes Leben.
Der Supergau kam vor fünf Jahren.
Ich habe generell eine große Skepsis gegenüber Ärzten und allem, was damit zu tun hat.
Nun hatte ich aber einen Gnubbel in der Augenhöhle ertastet, mir wurde kochendheiß und eiskalt im Wechsel. Das musste das Ende sein.
Ich möchte hier niemanden langweilen, ich hatte das schon einmal beschrieben, aber es tut mir gut, mich mitzuteilen und vielleicht hilft es auch anderen.
Mein erster Weg führte zu meinem wunderbaren Hausarzt, der mich genau kennt und zu dem ich mit jedem Problem kommen darf. Er sagte sofort, so etwas ist harmlos.
Leider habe ich hinterher das Googeln nicht lassen können, ja das wird in dem Moment suchthaft, man hofft Erleichterung zu finden und das Gegenteil ist der Fall…
So quälte ich mich einige Wochen. Tasten, Blicke in den Spiegel und Todesangst.
Da es so nicht weiterging, es stand mein Traumurlaub vor der Tür, auf den ich lange gespart hatte und auf den ich mich so sehr freute.
Obwohl ich Angst vor Arztbesuchen habe, eben wegen der Angst vor Diagnosen, verstand ich, dass nur eine Klärung meinen quälenden Zustand beenden könnte. Und die Reise….
Ich rief in dieser Not einen befreundeten Augenarzt in einer anderen Stadt an, nur durch diese persönliche Bekanntschaft bekam ich am nächsten Morgen einen Termin.
Und nun kommt es - Thema Äußerungen eines Arztes.
Wohl um mich zu beruhigen sagte er bereits am Telefon, in dem Fall dass er es für bösartig hält, würde er nichts sagen sondern wie alle seine K Patienten einfach in einem halben Jahr noch einmal bestellen.
Es kommt, wie es kommen muss, er schaut mich an und sagt: Komm bitte in einem halben Jahr wieder. Peng. Zack. Ende.
Dann setze er noch einen drauf, wohl weil er begriff, was in mir ablief.
Ich weiß nicht, ob ich dir das jetzt so anbieten sollte, aber wir könnten eine Biopsie vornehmen, das geht nur in der Klinik, aber dann hast du es schwarz auf weiß, bis das Ergebnis da ist, dauert es zwei Wochen. Traumurlaub gelaufen? Leben gelaufen?
Ich verließ die Praxis und wundere mich, wie ich die fast 200 km noch sicher nachhause fahren konnte. Am nächsten Morgen war ich zu nichts mehr fähig. Ich bekam Schweißausbrüche, sah nur noch farbige Zacken und Lichtblitze, zitterte derart, dass ich nicht mehr richtig gehen konnte. Es ging garnichts mehr.
Er rief dann übrigens noch an, wie es mir geht.
Ich bin in meinen Urlaub gefahren, leider musste ich zwischendurch weinen, wenn es keiner sah, ich weinte, weil die Welt so wunderschön ist und ich diese nun bald verlassen muss.
Ich wurde teilweise reizbar und ungerecht, weil ich immer dachte, Leute ihr dürft weiterleben und ich werde qualvoll verrecken.
Der Zustand ist nicht zu beschreiben.
Trotzdem ging ich meiner Arbeit nach. Trotz Nachtschweiß, heftigsten Bauchkrämpfen am Morgen und Zittern.
Ich vernachlässigte aber alle Freundschaften, was sollte ich denn sagen, wenn ich gefragt würde wie geht es dir? Sollte ich lügen? Sprechen konnte ich darüber nicht.
Es ging soweit, dass ich ein wertvolles Geschenk meines Freundes ablehnte, weil ich nicht wollte, dass er so viel Geld ausgibt, für jemand, der bald nicht mehr da ist.
Ich hätte dabei so sehr den Wunsch gehabt es anzunehmen und mit dem tollen Mann glücklich zu werden.
Wenn man mit dem Leben abgeschlossen hat, dann ist das ein ganz merkwürdiger Zustand, man arrangiert sich damit. So komisch das klingt.
Man verändert sich als Mensch, ist nicht der, der man war, aber man lebt und macht weiter.
Es ist ganz furchtbar, aber man lebt irgendwie weiter und findet Nischen, wo man auch Schönes erlebt. Aber die Gedanken kreisen pausenlos um diesen Gnubbel
Es ist furchtbar, mit netten Menschen zu reden und dabei immer zu denken. Wie schön, ihr dürft leben…
Ich weiß nicht genau, wie lange dieser Zustand ging, ich glaube 1 1/2 Jahre.
Ich ging dann doch noch einmal zu meinem lieben, väterlichen Hausarzt und sprach mich aus.
Er hörte ruhig zu, sagte dann: Sterben kannst du ja immer noch, aber vorher kannst du einfach mal jeden Abend einen feuchtwarmen Waschlappen auf die Stelle legen und leicht drücken.
Gesagt, getan.
Unfassbar! Nach wenigen Behandlungen war der Gnubbel verschwunden, es trat eine wachsartige Flüssigkeit aus, die verstopfte Talgdrüse öffnete sich durch die feuchte Wärme.
Ich kann nicht in Worte fassen, wie ich dieses Wunder empfand, welche Dankbarkeit.
Noch heute bin ich unendlich dankbar dafür.
Ich habe nie mit jemandem darüber gesprochen, außer meinem Hausarzt.
Ich glaube, die meisten würden mir die Schuld zuweisen.
Die Guten würden ja sofort zum Arzt rennen, um das zu klären.
Ich kann jetzt aber sagen, hätte ich auf den Arzt gehört, hätte ich mich einem unnötigen Eingriff am Auge, mit allen Risiken und Konsequenzen, unterzogen. Ich hätte neben dem Klinikaufenthalt, der für mich der größte Horror im Leben wäre, das Infektionsrisiko und vor allem eine Narbe am Augenlid davongetragen. Und natürlich hätte ich unter der Ungewissheit nicht vorher den Urlaub antreten können. Klingt blöd, ich weiß, aber den wollte ich doch noch erleben, bevor ich sterbe….
Diese Erfahrung hat mich leider für mein ganzes Leben verändert.
Ich bin ernster geworden.
Allerdings hat meine Angst sich auf eine Weise verändert.
Sie ist natürlich nicht völlig verschwunden, ich muss noch immer darauf achten, dass mich nicht jeder Pickel in neue Todesangst stürzt.
Aber, das klingt merkwürdig, ich weiß, weil ich bereits mit dem Leben abgeschlossen hatte, bin ich da ein wenig kälter geworden. Schwer zu beschreiben. Die Angst kann nicht mehr so hochkochen. Ich sage mir dann, ok, dann ist es so, dir sind ja nun schon fünf Jahre geschenkt worden.
Liebe Iris, was ich dir damit sagen könnte ist, dass Aussagen von Ärzten für uns Angstleute immer so eine Sache sind. Der Augenarzt hat sich natürlich ungeschickt verhalten.
Weil er bereits am Telefon ankündigte, was er sagen würde, wenn er einen Verdacht hätte.
Das war für mich fatal.
Aber, vielleicht hatte er es sogar im Anschluss anders gemeint und die Biopsie nur vorgeschlagen, um mir die Angst ganz schnell zu nehmen?
Vielleicht ist man als Patient mit Todesangst in dem Moment nicht in der Lage, das alles richtig zu interpretieren?
Ich bin sicher, du kannst deinem Arzt absolut vertrauen, wenn er sagt, harmlos ist harmlos.
Hätte ich gleich meinem Hausarzt voll vertraut, mir wäre unendlich viel erspart geblieben.
In der Regel ist zum Glück das meiste völlig harmlos!
Nur unser Kopf bewertet es völlig irrational und ruft immer das allerschlimmste Szenario hervor.
Aber zum Glück ist das ganz überwiegend nicht der Fall, sonst wäre die Menschheit schon ausgestorben.
Ach, und danke fürs geduldige Lesen, ich musste das auch einmal loswerden.

11.05.2022 10:48 • x 4 #6


Leben-mit-Angst
@marialola
Auch wenn der Beitrag nicht an mich gerichtet war, wollt ich dir mal sagen das ich es toll finde, wie viel Mühe du dir machst um (so ausführlich) zu antworten! Ich lese dich gern.

11.05.2022 11:32 • x 1 #7


Karimma
Wow, beeindruckender Text. Danke dafür.

11.05.2022 12:36 • x 2 #8


I
Wirklich ein beeindruckender Text.. einfach nur wow. Danke dafür.
Ich denke oft, alles im Leben hat einen Sinn, wobei der in deinem Fall wohl darin besteht, dass du zukünftig besser mit diesen Situationen umgehen kannst. Trotzdem kann ich mir leider bestens vorstellen, wie du dich gefühlt haben musst in all der Zeit.. ich hatte das nur für 2 Wochen, und hatte manche dieser Dinge, die du beschreibst, auch schon ansatzweise. Man plant nicht mehr für die Zukunft. Man vernachlässigt alles was einem immer gut getan hat. Man kann sich über nichts mehr freuen.. ich hoffe, Freundschaften usw. haben nicht zu sehr und auf Dauer gelitten bei dir und du hast von der Reise trotzdem etwas mitgenommen.

Dein Augenarzt hat sich aber , finde ich, wirklich sehr ungeschickt angestellt. Aber das ist gleichzeitig eins meiner größten Probleme:
woher weiß ich, dass mir nicht einfach gesagt wird, machen Sie sich keine Gedanken und kommen dann und dann wieder, weil er im Hinterkopf hat: zu 10..20% ist es doch was, aber es bringt ja nichts sich verrückt zu machen.
Genau da hängt es wohl bei mir mit dem Vertrauen...
Andererseits: ich hätte dir damals geraten, geh nochmal zu einem anderen Augenarzt. Und ein bisschen Hoffnung habe ich, dass nicht alle Ärzte so denken: denn wenn wirklich eine Vermutung im Raum steht, sollten schnell weitere Abklärungen folgen, alles andere ist ja fast fahrlässig..

LG

11.05.2022 13:32 • x 2 #9


koenig
Zitat von marialola:
dass Aussagen von Ärzten für uns Angstleute immer so eine Sache sind.


Ich gehöre auch zu denjenigen, die mit Aussagen von Ärzten kann anders umgehen können als viele andere. Das liegt aber auch daran, dass ich als Kind Erlebnisse hatte, die mein Vertrauen in Ärzte erschüttert haben. Es waren keine schlimmen Sachen, aber die Tatsache, wie sie mit einem umgegangen sind und mir nicht zugehört haben. Das hat mich geprägt. Im späteren Leben litt ich immer wieder unter Krankheitsängsten, malte mir schwerwiegende Diagnosen aus etc.

Ich mag Ärzte, die mich ernst nehmen, mich informieren und mich aufklären. Ich frage dann viel, wenn ich unsicher bin. Denn für mich sind INFOS das A und O. Damit kann ich leben und gut umgehen.

11.05.2022 13:44 • x 1 #10


I
@koenig , Fragen ist auch meine beste Strategie bisher - wenn man auf Ärzte trifft, die das zulassen. Manchmal habe ich auch kein Problem damit, zu nerven, zu fragen: wie genau meinen Sie das jetzt? Da hat sich auch schon manches Missverständnis geklärt, dass ich zuhause dann weitergesponnen hätte.

@marialola bei nochmaligem Lesen muss ich sagen, dass es sicher sehr viel Stärke erfordert hat, das in all der Zeit nur mit sich selbst auszumachen und nicht mal mit dem Partner darüber zu sprechen. Das würde ich gar nicht schaffen.

11.05.2022 16:14 • x 1 #11


marialola
@Iris_Akistok Mit meinem Partner habe ich offen darüber gesprochen, das hat die Beziehung enorm belastet. Er hat einerseits versucht es zu verstehen, war teilweise besorgt, obwohl er das Ding nicht als so direkt bedrohlich einstufte. Aber oft konnte er das Thema auch nicht mehr ertragen und reagierte sehr gereizt. An dem Abend, bevor ich zu besagtem Augenarzt fuhr, hat er sehr verletzten reagiert und mit Trennung gedroht, ich habe die ganze Nacht geweint und bin mit dem Gefühl morgens früh losgefahren. Eigentlich war das sogar gut, weil es mir das Gefühl gab, wenn ich sterben muss, dann hinterlasse ich wenigstens keinen trauernden Freund…
Natürlich war es von ihm mit der Trennung nicht ernst gemeint, ich verstehe, dass man als Partner die Nerven verliert, wenn der Mitmensch sich ständig mit dem Sterben befasst und keine Hilfe sucht, wie ein normaler Mensch. Als ich ihm das teure Geschenk ausredete, habe ich ihm erst nach meiner Heilung den wahren Grund erzählt.

Ich glaube, sogenannte Normale können diese Situation nicht verstehen. Deswegen vertraue ich mich Freunden auch nicht mehr an, ich habe da ganz schlechte und verletzende Erfahrungen. Die kamen bei früheren Anlässen, da hatte ich wirklich eine schlimme Angina, mit so hilfreichen Sprüchen wie ich bin nie länger als zwei Tage krank, mit dir muss was nicht stimmen… oder man wird tatsächlich in die Psycho - Schublade gesteckt und die Freundschaft leidet erheblich darunter.
Die Normalen würde vermutlich das Symptom ignorieren oder, wenn es ihnen Sorgen macht, zum Arzt gehen, dabei aber gelassen bleiben und der Sache mit diversen Untersuchungen auf den Grund gehen, ohne sofort an das sichere Todesurteil zu glauben. Und das ist eben mein Problem. Mir fehlt Vertrauen. Vertrauen mich dem Medizinapparat so einfach auszuliefern (in meinem Fall hätte man grundlos an meinem Auge herumgeschnippelt) und zugleich auch das Vertrauen, dass es auch gut ausgehen kann. Ich rechne leider immer mit dem Schlimmsten, habe ganz viel Fantasie und male mir die furchtbarsten Szenarien aus. Ich glaube, das kennt ihr auch. Ich kenne aber Leute, die gehen, zu aus meiner Sicht, gruseligen Untersuchungen und denken erst einmal gar nicht an das Schlimmste.
Liebe Grüße und gute Besserung

12.05.2022 11:05 • x 2 #12


I
Ja, manche können das besser an sich abprallen lassen. Ich bin auch in manchen anderen Dingen stark, aber nicht bei diesem Thema..

Das Vertrauen ist sicher mein Hauptproblem, es ist fast unmöglich (geworden) für mich, der Aussage eines Arztes zu vertrauen - eben weil ich weiß (oder glaube zu wissen), wie es ist.


Ich fand deine Geschichte mit deinen Eltern heftig, konntest du das - aus heutiger Sichtweise - mit ihnen mal besprechen, ob sie eigtl. wissen, was sie dir damit angetan haben..?

12.05.2022 13:07 • #13


marialola
@Iris_Akistok
Meine Eltern sind schon lange tot, wir konnten nie darüber sprechen. Insgesamt waren die Verhältnisse im Elternhaus nicht einfach. Es herrschte teilweise brachiale Gewalt. Der Ehepartner untereinander, bis zum Polizeieinsatz, aber auch gegen mich, Prügelstrafe war völlig legitim, nur habe ich nie verstanden warum ich "gestraft" wurde. Kinder können das überhaupt nicht verstehen, das ist das Problem. Ich habe dann immer entsetzlich geschrien und sie prügelten dann noch heftiger mit der Begründung "jetzt heult sie vor Wut", die Idee war, so lange weiterzuprügeln, bis ich still bin. Ich erinnere mich, dass ich einmal versucht habe, meine Mutter zu küssen, während sie auf mich einschlug. Ich glaubte nämlich, dass Liebe Hass überwindet. Leider ist das ein Irrglaube gewesen. Es hatte fast etwas von der Untrerwerfungsgeste eines Hundes, der zum Beschwichtigen den Angreifer leckt.
Und meine Mutter sprach eben ständig über ihre Krankheiten und den Tod, obwohl sie zu der Zeit nicht wirklich krank war. Mich schleppte sie zwangsweise zum Arzt, wohl in der Hoffnung, dass er etwas findet, damit sie das als Druckmittel gegen meinen Vater einsetzen konnte. Krass waren auch solche Manöver, mir zu erzählen wir gehen fein Einkaufen und dann schloss sich der Handgriff wie ein Schraubstock um meinen Arm und ich wurde in eine Zahnarztpraxis gezerrt. Ich war bis dahin noch nie bei einem Zahnarzt. Ich wusste gar nicht, was passiert und Zack, mein Mund war voller Blut und die Schneidezähne weg. Von da an hatte ich Todesangst vor Zahnärzten und verschwieg die schlimmsten Zahnschmerzen, bis die dicke Backe es unübersehbar machte. Eltern können Kinder für das gesamte weitere Leben schädigen, das sollte ihnen bewusst sein.
Ein beliebtes Drohinstrument war auch zu erklären, wer nicht brav ist muss ins Krankenhaus.
Also, ich denke, die Hintergründe sind klar, warum ich so geworden bin.

13.05.2022 12:21 • x 2 #14


I
Leider ja, und ich kann mir nur vorstellen was das alles in einem Kind auslösen kann...
Manchmal helfen auch andere Vertrauens- und Bezugspersonen .. aber das alles ist natürlich lange her..
Bei mir hat es wohl ganz andere Gründe mit den Krankheitsängsten, aber das Endergebnis mit dem fehlenden Vertrauen in Ärzte und deren Aussagen ist das selbe..

20.05.2022 15:02 • x 1 #15


I
Hallo,
ich wollte mich mal kurz zurückmelden. Imzwischen bin ich zum Glück recht beruhigt in dieser Sache, nach 2 MRT's und Gesprächen mit verschiedenen Ärzten hat es irgendwann 'Klick' gemacht und ich konnte mir sicher genug sein, dass es sich bei mlr lediglich um Flüssigkeit handelt. Leider haben sich inzwischen andere Themen angemeldet, das kennt ihr sicher alles zu gut... aber ich danke euch sehr für die aufbauenden Antworten damals. Ich habe inzwischen auch eine Therapie begonnen.

23.04.2023 16:00 • #16


A


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Dr. Matthias Nagel