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M
Hallo zusammen,

ich leide seit 2008 an einer Angststörung, nachdem meine Mutter die Treppe runtergefallen ist und eine Hirnblutung hatte. Man muss dazu sagen, dass ich Einzelkind bin und meine Eltern wenig bis gar keine sozialen Kontakte pflegen, so dass von mir erwartet wird, da zu sein und mich zu kümmern. Autofahren geht nur noch auf kurzen Strecken, wobei mir selbst das an manchen Tagen sehr schwer fällt und ich es manchmal nicht schaffe, mich zu trauen.
Ich habe bereits eine Verhaltenstherapie gemacht, die nur mäßig geholfen hat. In den letzten Jahren habe ich immer mal wieder länger oder kürzer Opipramol genommen, das mir auch über die schlimmsten Phasen weggeholfen hat. Zusätzlich Melatonin zum Schlafen, das auch sehr gut geholfen hat. Durch meine Angst und Panik habe ich 2009 meinen Job verloren, weil ich krank geschrieben war.
Ich hatte damals angefangen, nebenberuflich zu studieren und die Doppelbelastung war mir zuviel.
Seit 2009 habe ich dann neben den Studium sporadisch in Teilzeit gearbeitet, seit 2012 freiberuflich als Übersetzerin von zuhause aus. Die meiste Zeit habe ich ALG II bezogen, um leben zu können.

Nun habe ich mein Studium Ende 2014 erfolgreich abgeschlossen und mich seit Anfang des Jahres beworben. Ich habe mir explizit eine Stelle gesucht, die in der Nähe meines Wohnortes ist und in vollzeitnaher Teilzeit.

Sowas ist sehr schwer zu finden, die meisten Jobs sind in der nächstgelegenen, ca. 20 km entfernten Großstadt, wohin fast JEDER hier pendelt - entsprechend überfüllt sind die Straßen und Züge. Das will ich mir nicht mehr antun.

Nun habe ich eine Stelle im 4,5 km entfernten Nebenort gefunden, 4 Tage die Woche und auch mit Bus und Bahn gut zu erreichen. Wobei ich diese Strecke auch mit dem Auto fahren kann, wenn es mir halbwegs gut geht.Die Zentrale der Firma ist in Brüssel.
Die Stelle ist ganz gut bezahlt und unbefristet.
Ich hab mich SO gefreut!

Dann ist zwischen Vertragsunterzeichnung und Arbeitsbeginn einiges Belastendes passiert: Meine Mutter kam mit Verdacht auf Schlaganfall ins Krankenhaus, weil ihr Gesicht ganz schief war. Gott sei Dank war es nur eine Gesichtslähmung. In der Woche ihres Krankenhausaufenthaltes musste ich mich um die Formalitäten kümmern, weil mein Vater nicht konnte (/wollte, da bin ich mir nicht sicher).
Meine 84-jährige Vermieterin, mit der ich mir ein Haus teile, hatte Ende August einen Schlaganfall, ich habe sie *beep* auf ihrem Badezimmerboden gefunden.
In der Woche vor meinem Arbeitsbeginn musste ich meinen geliebten Zwerghamster einschläfern lassen.
Das Alles hat mich sehr belastet und tut es teilweise noch.

Nun war am 1. November mein erster Arbeitstag. Ich war schon Tage vorher extrem aufgeregt und nervös. In der Nacht vorher habe ich maximal 1 Stunde geschlafen und hab mit klopfendem Herzen, riesiger Unruhe im Bauch und schwitzend im Bett wach gelegen.
Am nächsten Morgen ging es mir so elend, dass ich mich krank gemeldet habe. Großartig, GANZ toller erster Eindruck!
Als ich dann die folgende Nacht auch nur max. 3 Stunden geschlafen habe, bin ich am nächsten Tag zu meinem Hausarzt, der mich und meine Problematik seit ca. 2 Jahren kennt.

Er hat mich bis Mittwoch einschließlich krank geschrieben und mir geraten, das Opipramol von bisher 75 mg täglich auf 125 mg zu steigern. Zusätzlich hat er mir Bromazanil (ein Hammer-Benzodiazepin) verschrieben, für den Notfall, aber ich möchte das (noch) nicht nehmen, weil ich Angst vor Abhängigkeit und Nebenwirkungen habe.

Ich habe auch noch Mirtazapin zuhause, da sagte mein Arzt, das könne ich auch zusätzlich zum Opipramol nehmen.
In der Nacht nach dem Arztbesuch habe ich dann auch einigermaßen nur mit Opipramol und Melatonin geschlafen.

In der Nacht zum Donnerstag, wo ich ja am nächsten Tag dann arbeiten musste, lag ich wieder wach und habe in meiner schieren Verzweiflung zu dem Opipramol und Melatonin nachts dann noch 7,5 mg Mirtazapin genommen.
Ich habe dann in der Nacht auch so 5-6 Stunden geschlafen und fühlte mich zwar am nächsten Morgen total bedröhnt, bin aber mit dem Taxi zur Arbeit gefahren.
Am Freitagmorgen bin ich dann nach gut 8 Stunden Schlaf sogar mit dem Auto gefahren.

Ich war SO stolz auf mich!

Und dann sagte der neue Chef, dass die Kollegen in Brüssel möchten, dass ich nächste Woche zu einer Schulung dorthin komme, für ca. 2 Tage.

Ich habe dann gesagt, dass die Arbeit im Büro nach 3 Jahren nur von zuhause aus arbeiten für mich eine Riesen-Umstellung ist und dass ich auch auf Grund meiner privaten Situation vorerst lieber nicht nach Brüssel reisen möchte.

Mein Chef vor Ort versteht das auch, allerdings bestehen die Kollegen in Brüssel auf einem mindestens 1tägigen Besuch im November, obwohl ich ihnen dasselbe geschrieben habe wie meinem Chef. Als ich darüber mit meinem Chef sprach, sagte er Tja, der Kelch wird wohl nicht an dir vorübergehen. Und dass das sicher keinen guten Eindruck macht, wenn ich sage, dass das momentan nicht geht. Die Reise nach Brüssel dauert mit dem Thalys von meinem Wohnort aus ca. 2 1/2 Stunden pro Strecke.

Jetzt sitze ich da und weiß nicht, was ich machen soll.

Momentan bin ich froh, dass/wenn ich es schaffe, halbwegs genug zu schlafen und an vier Tagen in der Woche ins Büro im Nachbarort zu fahren und zu arbeiten.
Gleich diesen Monat nach Brüssel zu reisen - da habe ich einen Horror vor.

Ich hatte geplant, die Berufstätigkeit in kleinen Schritten anzugehen.
Und jetzt das.

Natürlich habe ich Angst, dass ich den Job wieder los bin, wenn ich mich weigere, nach Brüssel zu fahren.

Könnt Ihr mir raten?

Danke und liebe Grüße

Müpsi

07.11.2015 15:13 • 08.11.2015 #1


14 Antworten ↓


Carcass
Moinsen,

ich kenne diese Ängste, war ein Jahr im Burnout und die Angst wenn man was Neues anfängt und mal krank ist dass man den Job gleich verliert. Also Brüssel wäre ja auch ohne Auto erreichbar oder man schaut ob dich einer bringen könnte von der Firma, also Fahrgemeinschaft oder so.

Es ist natürlich verständlich dass du da etwas Angst hast, wenn du so ängstlich erzogen wurdest und im Grunde genommen hast du dein Studium abgeschlossen, Glückwunsch dazu , und du schaffst auch das. Es ist Überwindung, aber was soll passieren? Du lernst eine neue Stadt kennen und nur mal nebenher, da kann man super futtern

Sich gegen den Chef zu zu wenden oder ihn missmutig zu machen in der Probezeit ist ein Wa Bang Spiel, oder du bist einfach ganz ehrlich und sagst ihm deutlich, dass du Reiseängste hast und aufgrund deiner privaten Situation schon Jahre nicht mehr raus kamst. PTBS beim Autofahren, dann siehste ja ob das eine Option ist, dass der Alternativen findet!

Würde dir gerne was anderes raten, ber manchmal muss man da durch, ich für meinen Teil musste sogar schon in eine Kirche oder Flüchtlinge besuchen, wo ich niemals Bock drauf hätte und es war eine Überwindung , glaub mal!

07.11.2015 15:28 • #2


A


Neuer Job und Dienstreise

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Perle
Hallo Müpsi,

ich denke, dass es gut für Dich wäre nach Brüssel zu fahren, auch wenn Dich der Gedanke daran im Moment stressen mag.

Du hast Dich so auf diesen Job gefreut und es ist auch wichtig für Dich, da jetzt Fuß zu fassen. Im Moment ist Deine private Situation nicht optimal. Dennoch stehst im Moment DU im Vordergrund. Deine Mutter ist nicht allein, es gibt noch Deinen Vater, der sich da jetzt mal kümmern muss. Du trägst nicht für jeden anderen Menschen die Verantwortung. Du setzt Dich selber unter Druck und das macht Dich noch panischer.

Fahre mutig nach Brüssel. Wäre ich Du, so würde ich das mit einer schönen Übernachtung in einem netten Hotel verbinden und mir noch ein wenig die Stadt anschauen, wenn die Schulung das zeitlich zulässt. Gehe hinaus ins Leben, in DEIN Leben!

LG, Martina

07.11.2015 15:35 • #3


aldia249
Manchmal ist es einfacher geschrieben als gesagt und ich weiß auch nicht wie das für dich ist weil ich die selben Ängste habe. (Reisen/Ortswechsel/neues)
Ich würde dir auch raten zu fahren. Zur Not geht's auch ohne Schlaf und vielleicht gibt es ja wirklich eine Möglichkeit ohne Auto hin zu finden.
Du kannst nur gewinnen. Im schlimmsten Fall findet sich auch dort immer einen Weg und Licht.
Wünsche dir alles alles Gute!

Ps. Habe mich vor ein paar Jahren auch zu einer 5 tägigen Dienstreise zwingen lassen.
Letztendlich habe ich die dort gemachten Erfahrungen niemals bereut und sogar in meinen erinnerungen als eine der schönsten Zeiten in meinem Leben abgestempelt und das alles obwohl ich Tage vorher mit körperlichen Krankheitssymptomen, angstattacken und allem Bösen gekämpft habe.

Fühl dich gedrück!

07.11.2015 15:37 • #4


yellowBag
Hallo,

also hin musst du, gerade weil dein Job erst angefangen hat.
So perfekt wie du ihn jetzt gefunden hast- das bekommst du so nicht mehr.
Kannst du nicht eine Freundin oder so fragen, die dich hinfährt an dem Tag, du
machst da deine Job und dann gehts wieder heim.
Wegen des einen Termins in Brüssel würde ich so einen perfekten Job nicht
riskieren. Also versuche es.

07.11.2015 15:38 • #5


aldia249
Zitat von aldia249:
Manchmal ist es einfacher geschrieben als gesagt und ich weiß auch nicht wie das für dich ist weil ich die selben Ängste habe. (Reisen/Ortswechsel/neues)
Ich würde dir auch raten zu fahren. Zur Not geht's auch ohne Schlaf und vielleicht gibt es ja wirklich eine Möglichkeit ohne Auto hin zu finden.
Du kannst nur gewinnen. Im schlimmsten Fall findet sich auch dort immer einen Weg und Licht.
Wünsche dir alles alles Gute!

Ps. Habe mich vor ein paar Jahren auch zu einer 5 tägigen Dienstreise zwingen lassen.
Letztendlich habe ich die dort gemachten Erfahrungen niemals bereut und sogar in meinen erinnerungen als eine der schönsten Zeiten in meinem Leben abgestempelt und das alles obwohl ich Tage vorher mit körperlichen Krankheitssymptomen, angstattacken und allem Bösen gekämpft habe.

Fühl dich gedrück!


Korrektur: ich weiß auch wie... nicht ich weiß auch nicht
Sorry! Doofes handygetippe..vom pc ist es einfacher

07.11.2015 15:39 • #6


M
Vielen Dank für Eure Antworten!

Zitat:
Es ist Überwindung, aber was soll passieren?
Konkret habe ich vor folgendem Angst: Vorher nicht schlafen zu können. Mich dann elend zu fühlen, super nervös und erschöpft. Und dann auf der Reise/vor Ort (eine) Panikattacke(n) zu bekommen

Zitat:
Ps. Habe mich vor ein paar Jahren auch zu einer 5 tägigen Dienstreise zwingen lassen.
Letztendlich habe ich die dort gemachten Erfahrungen niemals bereut und sogar in meinen erinnerungen als eine der schönsten Zeiten in meinem Leben abgestempelt und das alles obwohl ich Tage vorher mit körperlichen Krankheitssymptomen, angstattacken und allem Bösen gekämpft habe.

Fühl dich gedrück!


Vielen vielen Dank, aldia249. Ich hab das Gefühl, du verstehst mich wirklich. Respekt, dass du dich auf diese Dienstreise getraut hast . Und dass es dann noch so toll war! Das kann ich mir momentan für mich gar nicht vorstellen.

07.11.2015 16:25 • #7


aldia249
Zitat von Müpsi:
Vielen Dank für Eure Antworten!

Zitat:
Es ist Überwindung, aber was soll passieren?
Konkret habe ich vor folgendem Angst: Vorher nicht schlafen zu können. Mich dann elend zu fühlen, super nervös und erschöpft. Und dann auf der Reise/vor Ort (eine) Panikattacke(n) zu bekommen

Zitat:
Ps. Habe mich vor ein paar Jahren auch zu einer 5 tägigen Dienstreise zwingen lassen.
Letztendlich habe ich die dort gemachten Erfahrungen niemals bereut und sogar in meinen erinnerungen als eine der schönsten Zeiten in meinem Leben abgestempelt und das alles obwohl ich Tage vorher mit körperlichen Krankheitssymptomen, angstattacken und allem Bösen gekämpft habe.

Fühl dich gedrück!


Vielen vielen Dank, aldia249. Ich hab das Gefühl, du verstehst mich wirklich. Respekt, dass du dich auf diese Dienstreise getraut hast . Und dass es dann noch so toll war! Das kann ich mir momentan für mich gar nicht vorstellen.


Sind glaube ich exakt dieselben Ängste. Das allerschlimmste ist dieses nicht krank werden zu wollen und am Ende wird man genau deshalb erst recht krank.
Und zum Thema nicht schlafen können, worst case schaffst du das auch ohne Schlaf:) ganz bestimmt!
Als ich diese fünf Tage dann dort war war von Tag zu Tag der Gedanke oh gott was passiert, wenn ich diese Nacht und morgen nicht schlafe oder was wenn ich krank werde
Am letzten Tag bei der Heimfahrt dachte ich zuerst es überstanden zu haben und anschließend wurde mir klar schade dass es schon vorbei ist. Für die sich irgendwie wie ein Tapetenwechsel an, was ganz neues.

Ich bin mir sicher dass du das genauso gut machen wirst und nach Brüssel sogar sagen würdest das du dich nun stärker denn je fühlst. Manchmal müssen wir einfach über unsere Grenzen springen:) nothing great ever came from comfort zone.
Nochmal ganz liebe grüße! !

07.11.2015 16:31 • #8


M
anke aldia249. Mir ist auch bewusst, dass diese kleine Reise sowas wie ein Befreiungsschlag für mich sein könnte.

Es kommt nur so schnell. Es erscheint ein so großer Schritt zu sein.

Und ja, dass die Angst vor der Angst die Angst noch befeuert, ist klar. Das zu wissen reicht aber nicht. Wenn ich diese Gedanken doch einfach abschalten könnte.

Zitat:
nothing great ever came from comfort zone

Ein toller und sehr wahrer Spruch.
Danke!

07.11.2015 21:19 • #9


aldia249
Zitat von Müpsi:
anke aldia249. Mir ist auch bewusst, dass diese kleine Reise sowas wie ein Befreiungsschlag für mich sein könnte.

Es kommt nur so schnell. Es erscheint ein so großer Schritt zu sein.

Und ja, dass die Angst vor der Angst die Angst noch befeuert, ist klar. Das zu wissen reicht aber nicht. Wenn ich diese Gedanken doch einfach abschalten könnte.

Zitat:
nothing great ever came from comfort zone

Ein toller und sehr wahrer Spruch.
Danke!


Vielleicht ist es gerade gut, dass es so plötzlich kommt. Dann machst du dich nicht lange verrückt damit.
Das Wissen ist der erste Schritt und durch das Stellen (in kleinen Steps) lernen wir viele neue gute Verhaltensweisen dazu. Wir schaffen das.
Und du wirst deine Reise sehr gut machen.
Da bin ich mir sicher!
Halt mich auf dem Laufenden!
Ganz liebe Grüße

07.11.2015 22:20 • x 1 #10


M
Ich habe viel nachgedacht und mich mit einem Freund unterhalten.
Das Ding ist: Hätte ich vorher gewusst, dass ich im Rahmen dieses Jobs immer mal wieder nach Brüssel muss, hätte ich den Job gar nicht erst angenommen.

08.11.2015 14:35 • #11


Perle
Hallo Müpsi,

und welche Schlüsse ziehst Du nun aus dieser Erkenntnis?

LG, Martina

08.11.2015 14:42 • #12


M
Hallo Martina,

dass das unter diesen Voraussetzungen wohl nicht der richtige Job für mich ist.

LG Müpsi

08.11.2015 14:47 • #13


Perle
Ja, das habe ich mir schon gedacht.

Möchtest Du dann jetzt aufgeben und neu suchen?

08.11.2015 14:50 • #14


M
Ich werde ehrlich sagen, dass wenn Reisen nach Brüssel elementarer Bestandteil des Jobs sind, ich wohl nicht die richtige Person für die Stelle bin.

08.11.2015 16:52 • #15


A


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