Kurze Druck ablassen ist okay. Sich lange drüber ausbreiten ist kontraproduktiv. Die Gedanken aller Beteiligten kreisen dann nämlich wieder ums selbe negative Thema.
Hier gibt es etliche Leute, die sich erst im Forum eine neue Angst zugelegt bzw. die bestehende gefestigt haben. Bei mir war es einst die Angst vor einer Muskelkrankheit, von der ich vorher nie gehört hatte.
Es ist vordergründig beruhigend zu lesen, dass es anderen auch schlecht geht und dass die sagen, man müsse nicht sterben. Allein das ist aber oft fragwürdig: Man rennt zu zig Ärzten, hört von denen nach eingehenden Untersuchungen, dass man gesund ist und glaubt das nicht. Stattdessen ist man bereit, ein paar medizinischen Laien zu vertrauen. Ich habe in anderen Bereichen dieses Forums schon Aussagen gelesen, bei denen sich mir die Haare gesträubt haben. Ich bin zwar nur Tiermedizinerin, aber manche Empfehlungen sind schlicht falsch und gefährlich.
Und es hat Suchtpotenzial. Hier kann man die Angst ständig bedienen, indem man sich drüber ausbreiten kann. Im richtigen Leben macht das oft schon längst keiner mehr mit. Das ist unbequem, weil man sich da ja möglicherweise zusammenreißen muss. Dabei ist es doch so angenehm, sich über das Thema Nummer Eins zu unterhalten.
In meiner Therapie durfte ich nach kurzer Zeit nicht mehr über meine Symptome reden. Meine Therapeutin sagte, dass ich neue Dinge finden müsse, die mich interessieren. Selbst meine beste Freundin hat mir nach Jahren verboten, mit ihr über meine Angst zu sprechen. Das war zunächst verstörend und sehr unangenehm.
Letzten Endes war es heilsam. Es ist bezeichnend, dass hier nach nur wenigen positiv-motivierenden Posts sofort ein Aufschrei durch die Reihen geht, bloß nicht den wundervollen Angstspielplatz aufgeben zu müssen.
Natürlich kann man das so weiterpflegen. Gesund wird es nicht machen, nur dazu beitragen, die Angst festzuhalten.
Wenn man nichts verändert, verändert sich nichts.
20.05.2020 09:29 •
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