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Hallo,

ich frage mich ob hier vielleicht jemand ist der den Reset-Zwang kennt? (Ich habe dieses Wort gerade erfunden, aber es beschreibt mein Problem ganz gut)

Und zwar folgendes: Seit meiner Kindheit, erste oder zweite Schulklasse, habe/hatte ich immer einen sehr starken Drang alles perfekt machen zu wollen. War es nicht perfekt, wurde es nochmal gemacht und so kam es dass an eine ordentliche Heftführung nicht zu denken war. Ständig wurde alles neu geschrieben, die Schriftart gewechselt und insgesamt der ganze Stil verändert.

Später dann wurde dann die Persönlichkeit gleich mit verändert. Extrem war das wohl ab der fünften Klasse bis Ende der Siebten. Teilweise täglich (!) wechselte die Persönlichkeit um endlich das angestrebte Ziel erreichen zu können: Perfektion und Glück. Freude und Erfolg im Umgang mit allen Menschen.

Es hat immer größere Ausmaße angenommen. So änderte ich schlagartig Musikgeschmack und Kleidungsstil. Hefte wurden, wie erwähnt, nicht weitergeführt und später wurden dann auch Dinge weggeworfen oder verkauft die zu meinem neuen Ich nicht passen.

Ich wurde wütend und gernervt wenn ich auf die Vergangenheit angesprochen wurde, tat so, als wüsste ich nicht wovon gesprochen wird, obwohl es erst am Vortag passiert ist und so weiter und so fort.

Teilweise hat ein unüberlegtes Wort dafür gesorgt dass mein perfektes Ich zusammengebrochen ist, ich von neuem starten muss. Ist dieser Schalter im Hirn erst einmal umgelegt, gibt es kein Zurück. Alles was ich als unwürdig erachte muss entsorgt, überarbeitet oder neu gemacht werden.

Seit einiger zeit habe ich es halbwegs im Griff. Ich versuche nicht mehr jemand zu sein, der ich nicht bin. Ich bin ich. Ich habe nur ein Leben und kann nur eine Person sein: Ich selbst. Manchmal kommt sie aber noch, diese Unzufriedenheit, dieser Drang, alles zu ändern, neu zu starten, perfekt zu werden.

Mein letzter Neustart war im Mai/Juni letzes Jahr. Allerdings ist es heutzutage nicht mehr so dramatisch, da ich wie gesagt nicht mehr versuche jemand zu sein der ich nicht bin. Ich leugne meine Vergangenheit nicht und kann so den Zwang teilweise über Monate verbannen. Manchmal kommt er allerdings wieder, auch gerade eben ist er wieder in mein Bewusstsein gelangt. Ich bekomme Angst, möchte ich doch nicht alles wieder neu machen müssen.

Es ist sehr kompliziert und sicherlich nicht leicht zu vertehen. Ich persönlich glaube dass es ein sehr ausgeprägter Zwangsgedanke und eine Zwangshandlung ist, wäre aber über weitere Meinungen dazu sehr dankbar.

darüber zu reden tut gar nicht gut, es pusht die Angst, erinnert an schlimme Zeiten in der man fast ein Schauspieler war, ohne eigene Persönlichkeit.

Liebe Grüße und einen schönen Abend noch,

BrainTrain

27.01.2013 16:38 • 04.02.2013 #1


9 Antworten ↓


S
Wie muss man sich das vorstellen, wenn du beinahe täglich deine Persönlichkeit und alles drumherum geändert hast? Wie haben denn deine Mitmenschen darauf reagiert?

31.01.2013 17:04 • #2


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Teils starke Unzufriedenheit mit "Reset-Zwang"

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Hallo,

gar nicht. Meine Mutter meinte manchmal, dass ich heute aber komisch wirke und falls das passiert ist war meistens sowieso wieder schluss. Fassade weg und einfach weitergemacht, mit dem Gedanken morgen wieder eine Chance zu bekommen perfekt zu sein. Es hat gedauert bis ich mbemerkt habe, dass man ohne Fassade, ohne Maske eigentlich die beste Version von einem selbst ist.

Ich meine als Kind wechselt man ja noch oft seine Vorlieben, experimentiert herum und so weiter. Warscheinlich ist es auch niemandem so richtig aufgefallen, weil ich solche Dinge wie Heft neu schreiben und co. immer eher heimlich gemacht habe, weil ich wusste die Leute würden es nicht verstehen und mir womöglich unangenehme Fragen stellen.

Das ganze Thema ist hochgradig verwirrend und irgendwie auch sehr kompliziert und zugegeben, es beunruhigt mich, dass das niemand so zu kennen scheint.

Liebe Grüße und einen schönen Abend noch,

BrainTrain

31.01.2013 17:18 • #3


S
Hallo BrainTrain,

Woher kam es, dass du schon in deiner Kindheit diesen Zwang hattest alles perfekt machen zu müssen? Hatte es was damit zu tun, dass du vielleicht einfach nur besser sein wolltest als die Anderen?

In der Jugendzeit sind wir ja alle dabei den für uns richtigen Weg zu finden, da habe ich auch schon viele Veränderungen an Mitschülern bemerkt. Die einen verändern sich (auch wenns zum Großteil gar nicht zu ihnen passt), damit sie anderen besser gefallen und das Gefühl haben dass sie genau damit alles richtig machen, die Anderen bleiben so wie sie sind, weil sie schon ein starkes Selbstbewusstsein haben und die die es nicht haben leiden still vor sich hin. Zu den letzteren Kandidaten habe ich gezählt.

Hast du versucht durch diese Veränderungen Freunde zu finden? Indem du dich anpasst?

Und wie läuft dein Neustart heute ab? Du sagst ja es ist nicht mehr so krass wie früher weil du auch du bleibst. Aber was änderst du dann zum Beispiel?

LG
sunnya

01.02.2013 09:50 • #4


B
Hallo sunnya1982,

heute geht es in der Regel nur noch darum einen Strich zu ziehen. Zum Beispiel, etwas passiert und wirft mich aus der Bahn, ich ziehe einen Strich und setze alles auf 0.

Die Dinge die ich mag ändere ich aber nichtmehr und wie gesagt, die richtig schlimme Zeit liegt jetzt schon 3 oder mehr Jahre zurück. Ab da wurde es dann viel, viel besser.

Heutzutage, versuche ich lieber alles im Kleinen zu verändern. Wie andere Menschen auch. Veränderungen sind ja nichts schlechtes, sondern völlig normal.

Und nein, ich wollte damals keine Freunde finden. Ich war in der Regel sehr beliebt und hatte in der Schule keinerlei Probleme Kontakte aufzubauen. Ich verstehe es selbst nicht, denn als das Ganze anfing, in der Grundschule, hatte ich gute Freunde und durch mein damaliges Hobby (BMX fahren und Inline-Skaten) auch viel Kontakt zu anderen Mitmenschen und Kindern.

Trotzdem waren schon damals gewisse Ängste vorhanden. (Die Angst dass mein Herz einfach stehen bleibt) Und anfällig für Zwänge war ich schon als Kind. Eine Weile lang musste ich meine Blase ständig entleeren. Das ging so weit, dass ich alle 30 Minuten auf die Toilette musste.

Ich denke eines führt zum anderen und irgendwie hat sich das alles unvorteilhaft entwickelt.

Ich habe es auch schon geschafft nicht zu resetten obwohl der Zwang da war. Das war im Juni, kurz nach meinem letzten Reset. Ich bekomme das Gefühl nicht gut zu sein, alles falsch zu machen. Das kann ganz plötzlich aufkommen, einfach so. Gerade kann ich noch denken: Was für ein schöner Tag., und dann folgt ein Du machst das nicht richtig. Reset!

Nunja, jedenfalls bekomme ich dann starke Panik. Habe angst davor alles zu verlieren was ich aufgebaut habe. Gezeichnete Bilder zum Beispiel kann ich nicht behalten, beziehungsweise konnte es nicht. Die Panik wird sehr stark und ich fühle mich einfach falsch.

Trotzdem blieb ich am Ball un dhabe gesagt: Du bist schon was Du bist. Du kannst Dich nicht ändern, mach weiter. Ignoriere diesen Drang. und tatsächlich ging es mir nach einigen Stunden besser. Nach 2 oder 3 Tagen war alles wieder normal.

Ich habe wirklich große Angst dass das eine schwerwiegende psychische Störung ist, die mich vielleicht sogar zu einer kleinen tickenden Zeitbombe macht. Ich weiss das klingt komisch, aber mit diesem Thema fühle ich mich allein auf weiter Flur.

Ich konnte das alles jetzt so weit eindämmen, dass Schulhefte (Abendschule) und auch alle Gegenstände und einfach ich wie ich bin bei einem Reset nicht verloren gehen. Man kann sagen, der Reset findet, wenn überhaupt nur noch in meinem Kopf statt. Das ist immerhin schonmal ein Fortschritt, zerstört es doch wenigstebns nichtmehr mein Leben.

Aber: Seit ich so denke, ich selbst bin und meine Fehler annehme, ist der Drang nur noch sehr selten da.

Beim Schreiben darüber, jetzt gerade auch, baut es sich aber leider auf. Ich fühle mich leicht panisch und unzufrieden, was ich aber nicht verstehe. Vermutlich liegt es daran dass ich an Zeiten erinnert werde, die einfach nur grauenhaft waren, was meine Psyche angeht.

Liebe Grüße und einen schönen Tag noch,

BrainTrain

01.02.2013 14:16 • #5


S
Hast du über dieses Problem auch schon mit einem Therapeuten gesprochen?
Ich bin ehrlich, sowas habe ich noch nie gehört bzw. mal darüber gelesen. Veränderungen passieren im Leben zwar ständig, aber das es dann schon so zwanghaft ist.....da bin ich ehrlich etwas ratlos. Tut mir leid.
Aber du schaffst es ja diesen Zwang einzudämmen, was ja schon mal gut ist. Gab es denn damals einen Auslöser als es begonnen hat?

01.02.2013 21:40 • #6


B
Hallo,

ich bin mir nicht sicher ob ich das schon einmal in einer Therapie angesprochen habe, werde es bei meiner jetzigen Therapeutin aber natürlich ansprechen.

Einen Auslöser gab es nicht, es war einfach plötzlich da. Vermutlich liegt es an den hohen Erwartungen die ich immer an mich und an alles was ich tue gehabt habe. Es sollte eben immer perfekt sein.

Ich vermute die meisten Leute die das in dem Ausmaß haben - ich denke das sind ohnehin nicht sehr viele - sprechen nicht darüber oder erkennen es nicht als das was es ist. Ich hatte ja selbst, trotz alledem, keine Ahnung dass das als psychisch krank gillt. Auslöser um zu einem Psychologen zu gehen war Depression und ein kleiner Nervenzusammenbruch, wegen dem Druck den ich durch das stetige perfekt wollen sein hatte.

Manchmal frage ich mich wie ich die ganzen Jahre überstanden habe.

Liebe Grüße und einen schönen Abend noch,

BrainTrain

01.02.2013 21:48 • #7


P
Liebe Grüße und einen schönen Abend noch,

02.02.2013 04:26 • #8


S
Ja, das ist wohl richtig. Streben nach ständiger Perfektion im Leben macht auf Dauer krank. Das kann ich dir nachfühlen. Ich habe es unterbewusst auch über Jahre versucht, und merke das mich das auch mit krank gemacht hat. Irgendwann kam ich an den Punkt wo ich einfach nicht mehr konnte und mir dieses Perfekt-Sein wirklich am A.... vorbeiging. Komischerweise hat es mich auch nicht weiter gestört, denn ich sage mir mittlerweile wer mich nicht so akzeptiert wie ich bin, den brauche ich auch nicht in meinem Leben. Damit bin ich bisher gut gefahren, bzw. bin ich immer noch dabei dies zu lernen.

03.02.2013 14:27 • #9


S
Zitat von jack668:
Wie muss man sich das vorstellen, wenn du beinahe täglich deine Persönlichkeit und alles drumherum geändert hast?


Copy/Paste - Funktion hat schon was für sich.
Kommt nur n bisschen doof, wenn auf die Frage schon geantwortet wurde....

04.02.2013 11:50 • #10


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