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Liebes Forum,

vor 6 Jahren war ich das letzte mal so depresiv wie jetzt und hatte mit ähnlichen Gedanken zu kämpfen. Damals konnte ich diese negative Gedanken verdrängen, nur manchmal brachen sie aus und jetzt sind sie gefühlt schlimmer wieder da.
Ich bin panisch und habe große Angst. Weihnachen steht vor der Tür und meine Mami freut sich so und ich würde mich so gerne mit ihr freuen. Aber ich kann nur daran denken, dass Weihnachten vorbeigeht. Da alles vergänglich ist, muss ich den Augenblick genießen und ich würde behaupten, dass ich schon welche erlebe. Aber ich fürchte mich vor jedem schönen Augenblick. Ich will ihn genießen, aber kann es nicht, denn schon ist er wieder vorbei. Was hat das alles für einen Sinn? Wir gehen z.B. abends zum Essen aus. Andere Menschen genießen es. Ich bin voller Angst vor der Vergänglichkeit dieses Abends und diese Phobie bestätigt sich andauernd, in jeder Sekunde. Ich komme nicht zur Ruhe. Ich kann nicht essen und schlafen und habe solche panische Angst in mir und bin inzwischen untergewichtig. Das Altern ist mir inzwischen egal. Die Angst vor der Zeit und ihr vergehen ist viel schlimmer. Ich frage mich dauernd, was Zeit überhaupt ist und vor allem was ist Gegenwart und das Hier und Jetzt? Wie kann ich das Fassen, wie soll ich das Genießen? Ich habe einen tollen Freund(ich versuche jeden Kuss mit ihm auszukosten, aber auch das verursacht in mir immer Angst) der trotz meiner Ängste zu mir steht mit mir zusammenziehen will und manchmal sogar von Kindern redet. Ich möchte gerne heiraten und Kinder, aber ich befürchte ich würde jeden Augenblick und schönen Moment zerstören, weil ich nicht mit der Zeit fließen kann. Ich suche den Sinn für mich im Leben. Es gab für mich früher ein paar beruhigende Gedanken. Aber ich weiß nicht, ob sie richtig sind. Zum einen der Tod(obwohl ich dennoch Angst vor ihm habe), dadurch das er immer kommen könnte, fühle ich mich dem ewigen Lauf der Zeit nicht so ausgesetzt. Und der Gedanke: der Sinn des Lebens ist es Erfahrungen zu sammeln und zu lernen, so ergibt jeder vergangene Moment einen Sinn und prägt den Menschen und sein Ich. Denn wie genießt ihr Augenblicke, in dem Moment, in dem ich mir diesen bewusst mache, ist e schon vorbei. Diese Sinnlosigkeit, diese Unmöglichkeit des Genießen und diese Angst, die sich so anfühlt, als würde ich sterben, ist kaum zu ertragen. Der Gedanke an Suizid kommt schon, aber ich glaube mein Überlebenswille ist noch groß und vor allem meiner Familie und meinem Freund würde ich das niemals antun. Für sie wäre ich gerne glücklich und würde gerade diese Ereignisse, wie Weihnachen und Silvester(die für mich Inbegriff für das Vergehen der Zeit sind) genießen, endlich dankbar sein können und akzeptieren können. Mir zu sagen, dass ist nun mal der Lauf der Welt und akzeptiere es, lebe im Hier und Jetzt und sei dankbar. Schaffe ich gerade nicht. Dabei will ich es unbedingt. Wie geht ihr mit der Vergänglichkeit jeden Augenblicks um? Den kleinen Tod jede Sekunde. Wie lässt man alles los und ist nur dankbar?

12.12.2016 00:30 • 13.06.2017 #1


4 Antworten ↓


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Hallo Julie90,

das, was du schilderst kann ich gut verstehen. Ich leide schon lange Jahre unter Ängsten und Depressionen. Ich empfinde gute Momente, was immer auch gut für einen selbst bedeutet als kurzzeitig entspannend, aber wenn der Moment dann vorbei ist, ist es wieder wie vorher. Ich kann mir vorstellen, dass die Waagschale der negativen Erlebnisse so schwer ist, dass man sich immer wieder fragt, was es bringen soll, positive Momente wahrzunehmen und zu erleben, weil es danach wieder vorbei ist und das Negative seinen Platz einnimmt...das kenne ich auch sehr gut....
Mein Therapeut hatte mir den Tipp gegeben, die Ängste und Depressionen quasi als Besucher herein zu lassen, sie zu akzeptieren, dass sie da sind, aber dann kann man sie auch wieder weg schicken...also wie ein Besuch, der zwar oft kommt, aber auch wieder geht...klingt vielleicht etwas blöd, aber damit kann ich es einigermaßen aushalten...das andere ist, wenn ich etwas tue und das Tun dann vorbei ist, frage ich mich oft, ob das real war, weil ich oft das Gefühl habe, es wie als eine Art Benommenheit zu erleben, das ist nicht immer so, aber ziemlich häufig...LG Annie

12.12.2016 08:22 • #2


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Chronophobie als Zwangsgedanke - wie kann ich damit umgehen?

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Hallo liebe Julie90
Der Beitrag ist schon etwas her, aber ich möchte dir trotzdem schreiben. Ich weiss gar nicht wo ich anfangen soll, aber momentan habe ich genau die selben Ängste wie du, das ich Zeitängste habe + Angst vor dem älter werden (dadurch haben sich auch Zukunftsängste und versagensängste entwickelt.) Seit einem guten Monat Kämpfe ich schon damit und ich hab immer wieder das Gefühl das es schlimmer wird (ich glaube das sich das mit den Jahren angestaut hat und jetzt mehr oder weniger ausgebrochen). Von der einen Seite bin ich froh das ich nicht die einzige mit solchen Ängsten bin, viele Aussenstehende verstehen das nicht und halten einen oft für bekloppt. Ich verstehe dich sehr gut, dass dir das alles zu schaffen macht. Von der einen Seite möchte man die Zeit für dich bewahren und auf der anderen Seite verliert man die durch die Angst. Es ist wie ein Teufelskreislauf... wie geht es dir eigentlich heute? Konntest du mit diesen Ängsten fertig werden oder hast du dir helfen gelassen (durch einen Therapeuten, Familie, Freunde)? Oder verfolgen Sie dich immer noch? Das mit dem schlecht schlafen und der appetitlosigkeit kenne ich gut, dennoch versuche ich immer gut zu essen und ruhig zu schlafen, auch wenn's oft schwer Ist. Du hast auch von Suizidgedanken geschrieben... aber es schön das du ein starken Lebenswillen hast und kämpfst.. auch wenn das Leben so sinnlos, schwarz und gemein ist und uns immer wieder in die Knie zwingt und zu Boden drückt... müssen wir versuchen zu kämpfen. Hmm es ist immer leichter gesagt als getan(sagen meine Freunde und Familie ständig).. wenn mal erst in einer Phobie drin steckt, kommt man so schnell nicht raus. hast du eigentlich mit deinem Freund über deine Ängste gesprochen? Unterstützt er dich dabei? Bei mir ist es momentan so das ich Unterstüzung von meiner Familie und Freunden.
Mit einer Therapie habe ich vor kurzem anzufangen und ich glaube das es damit dann besser wird. Eine minimale Erleichterung ist schon da, allein das einem geholfen wird.
Wie ist es bei dir ? Hast du auch eine Therapie angefangen oder hast du einen anderen Weg gefunden mit den Ängsten fertig zu werden oder die zu bekämpfen?
Ich hoffe das es dir soweit besser geht und wie es dir das letzte halbe Jahr ergangen Ist..
Ich wünsche dir im voraus nochmal alles alles gute und ganz viel Kraft. Du schaffst es.
MfG Stef96

07.06.2017 11:57 • #3


S
Hallo nochmal liebe Julie90
Ich hab etwas vergessen zu erwähnen. Hast du/hattest du auch manchmal den Wunsch die Zeit zurückzudrehen? Ich weiss klingt ziemlich bescheuert, aber ich glaube wenn man immer wieder mit Zeitängsten zu kämpfen hat, denkt man über alles mögliche nach und am liebsten die Zeit zurückdrehen möchte, um einiges besser zu machen oder nochmal zu erleben. Z.b habe ich immer wieder den Wunsch die Zeit zurückzudrehen, um einiges besser zu machen oder nochmal zu erleben. Leider gibt es nichts in der Richtung. Man kann nur nach vorne gehen, nicht zurück . Ich habe mal bei chronophobie gelesen das einige auch Angst vor uhren haben und die z.b ausschalten oder zurückdrehen. O.o
Aber ich denke das eine Therapie der richtige Weg ist. Wenn man merkt das man alleine mit solchen Ängsten nicht fertig wird und den Alltag zerstzerstören, braucht man jemanden der einen raushilft. Das versuche ich auch.
Ich wünsche dir weiterhin alles alles gute und viel Erfolg
MfG Stef96

07.06.2017 13:10 • #4


Entwickler
Stef: Im Moment sieht es nur so aus, als möchtest du die Zeit zurückdrehen, denn Julie wird das nicht mehr lesen.

Ich weiß ja nicht, was einem Archäologen z.B. unterstellt werden könnte. Der gräbt ja auch immer in der Vergangenheit rum. Ich habe mich früher mal mit Alt- und Mittelhochdeutsch befasst, und würde alles dafür geben, um den Dialekt meiner Vorfahren weiter zu erforschen. Auch das wurde mir schon ausgelegt als: Sieh lieber nach vorne, lebe im hier und jetzt.

Was bei uns Register oder Archiv heißt, heißt in anderen Ländern rückübersetzt Konservatorium. Das würde bei uns schon wieder zu negativ besetzt klingen, denn die Zeit anzuhalten und einzufrieren, ist ja gemäß herrschender Ideologie schon tendenziell rechtsradikal.

13.06.2017 00:18 • #5





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