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EsIstJuli
Hallo Ihr Lieben,

seit Tagen lese ich bei Euch mit und bisher haben mir schon einige Antworten gut geholfen.

Ich leide seit ca. einem Jahr und Angst und Panik. Wir hatten damals unser Haus fertig gestellt und als der ganze Stress nachlies, bekam ich meine ersten Angst-Attacken. Im Sommer ging es dann besser, im Herbst fing es wieder an. Erst nur in der Zeit rund um meine Periode, seit Mitte/Ende Januar fast durchgehend.

Seit April letzten Jahres bin ich in tiefen-therapeutischer Behandlung, aber die Notwendigkeit, was an meinem Leben zu ändern, sehe ich erst jetzt so richtig.

Entgegen so mancher Geschichten, die ich hier so lese, hatte ich eine schöne Kindheit. Meine Eltern haben mich und meine Schwester immer unterstützt und vor allem auch sehr geliebt. Von daher vermisse ich nichts. Das einzige, was mir wohl zu schaffen gemacht hat, ist dass meine Mutter Ignoranz als Erziehungsmittel eingesetzt hat. Haben wir nicht so funktioniert, wie sie wollte, hat sie uns ignoriert. Stunden-, manchmal sogar Tagelang.

Und das scheint in meiner jetztigen Partnerschaft auch der Trigger sein. Ich kann es nicht aushalten, wenn mein Mann stiller ist als sonst, nach einem Streit abhaut, mit Gleichgültigkeit reagiert, wenn es nicht so läuft, wie er sich das vorstellt. In den letzten Jahren, vor allem nach der Geburt unseres Sohnes vor sechs Jahren, ist es immer mehr geworden, dass ich versuche, ihm alles Recht zu machen. Ich reagiere mittlerweile extrem angespannt auf seine Laune, mache mir schon Gedanken darüber, bevor ich von der Arbeit nach Hause fahre.

Während unseres Hausbaus war ich für alle der Ansprechpartner für alle Handwerker und Banken, etc. pp. Mein Mann hat sich da schön rausgehalten, er hätte da eh keine Ahnung von und müsse eh soviel arbeiten und ich wäre ja sowieso öfter zu Hause. Es war sehr, sehr stressig in der Zeit, einen Rückhalt hatte ich nicht wirklich. Weshalb es wohl oder übel in dieser totalen Überlastung mündete.

Auch jetzt, seitdem es mir seit über einem Monat so schlecht geht, ist mein einziger Gedanke, wie ich meinem Mann nicht zeigen muss, wie schlecht es mir geht. Er versteht mich nicht. Ich kann mit ihm nicht darüber reden. Dafür müssen meine Eltern und meine Schwester herhalten.

Ich liebe meinen Mann, möchte mich nicht von ihm trennen. Auch, weil soviel dran hängt: das Kind, unser Haus, etc. Auch hätte ich das Gefühl, vor den Problemen davon zu laufen. Ich will es mit ihm schaffen, denn eigentlich verstehen wir uns gut.

Nun sind meine Gedanken aber manchmal so, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass die Psyche soooo stark ist, dass ich nur mein Leben in Ordnung bringen muss und dann hört es auf. Kennt Ihr das? Ich habe im Gegenteil, Angst davor, dass es nie aufhört und ich langsam bekloppt werde. Ist es wirklich nur die Psyche?

Wär schön, wenn Ihr Eure Erfahrungen dazu schreibt.

Danke,
Julia

20.02.2015 08:48 • 21.02.2015 #1


3 Antworten ↓


shg-admos
Hallo Julia,

ich kenne das, bei Uns war es auch der Hausbau, der für einen massiven, zweijährigen Einbruch gesorgt hat. Es kann aufhören, ganz sicher, aber es bedeutet harte Arbeit und Umstellungen. Auch Akzeptanz ist dabei wichtig, und zu seinen Gefühlen stehen.

Das Leben ist Umschwung und Wechsel, nichts im Leben ist so
zuverlässig wie Veränderung. Vermutlich kann eine Veränderung erst
dann eintreten, wenn man den ganzen Mist, das ganze Elend, erstmal
akzeptiert. Wenn es doch für den Augenblick keine Alternative gibt.
Kämpfen, gegen etwas, was (noch) zu stark in einem wohnt, ist
sicherlich sinnlos. Der Frustfaktor einer Niederlage, die dann gesichert
kommen muss, ist einfach zu groß. Man reißt sich selber den Boden
unter den Füßen weg, dadurch, dass man immer wieder scheitert.
Akzeptanz der Angst kann zunächst zu einer gewissen
Gelassenheit und Erleichterung führen. Durch Akzeptanz der Angst kann
man vielleicht in einen Zustand der Bewegung und Veränderung
gelangen.

20.02.2015 09:35 • #2


A


Meine Gedanken zur Angst

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EsIstJuli
Danke, shg-admos, für Deine Gedanken dazu. Ja, manchmal muss es vielleicht erst mal der Stillstand sein. Wobei ich nach fast einem Jahr Psychotherapie endlich was bewegen will.

Bewegen kann ich mich allerdings im Moment nur, wenn mein Mann sich auch bewegt. Wir haben jetzt zum Glück am 06.03. einen Termin zur Paarberatung bekommen. In einer moderierten Umgebung können wir vielleicht besser reden. Ich wünsche es mir so sehr.

Mein Mann ist mit Sicherheit nicht an meinen Problemen schuld, dass bin ich schon selber. Viel zu lange habe ich zugelassen, dass mich die Gedanken zu seinen Aktionen und Reaktionen immer mehr ins Abseits gedrängt haben. Und für ihn war es sicherlich bequem, eine Frau zu haben, die nicht aufmuckt.

Es gibt schon einige Dinge, die ich hier gelesen habe, die mich da echt weiter bringen und in guten Momenten bin ich sehr zuversichtlich. Aber dann kommt irgendwann wieder irgendetwas, was mich runterzieht, an dem ich zu knabbern habe und dann denke ich, ich schaffe es nie.

21.02.2015 11:01 • #3


shg-admos
Das ist ein Stück weit glaub ich normal. Heilung braucht seine Zeit, und vor allen Dingen ist diese Zeit nicht ganz einfach, weil gerade die Änderungen nicht leicht fallen, der neue Weg des Denkens....

Wichtig und schwierig ist auch die „Entscheidung für einen neuen Weg.“
Aus alten Mustern und Verhaltensweisen ausbrechen, einen neuen Weg
ins Dickicht schlagen, ab ins Ungewisse. Den Dschungel stutzen, die
Lianen abschlagen und versuchen, einen Weg der Angstfreiheit zu
erreichen. Auf dem alten Pfad, mit den alten Denkmustern geht das nicht,
das habe ich nun 20 Jahre lang erfahren. Es geht nur über einen neuen
Weg. Ich trage die volle Verantwortung für mein jetziges Leben! Die
Vergangenheit ist vorbei. Sicherlich habe ich einen schweren Rucksack
mitbekommen, aber es liegt nun an mir, wie ich der Last begegne. Ich
bin selbst verantwortlich, ich möchte niemandem mehr die Schuld für die
Phobie und die Depressionen geben. Ich nehme die Bürde jetzt an.
Radikale Akzeptanz. Ich versuche, Last loszuwerden und verbleibenden
Ballast zu akzeptieren. Das Leben ist so wie es ist. Es ist unumgänglich,
sein eigenes Leben in die Hand zu nehmen. Und gleichzeitig bedeutet
das, achtsam mit sich umzugehen. Man kann eine Verhaltensänderung
nicht allein mit dem Willen herbeiführen. Mit dem Kopf durch die Wand
funktioniert nicht. Ist man völlig k.o., hat man kaum noch Energie, dann
sollte man sich tunlichst nicht zwingen, wieder in eine angstauslösende
Situation hineinzugehen. Das geht schief, man leidet und braucht wieder
eine Weile um aufzustehen. Rücksichtsvolles Umgehen mit sich selbst,
das ist wichtig.

21.02.2015 22:44 • #4





Mira Weyer