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Hallo Zusammen,

ich möchte mich kurz Vorstellen: Ich bin männlich, 27 Jahre jung, verheiratet und hab eine wunderschöne Tochter. Beruflich hab ich wohl den Zenit meiner Karriere erreicht, ich sitze im Management eines gehobenen mittelständischen Unternehmens. Von Geburt an leide ich an einem seltenen Gendefekt, die Lebenserwartung wurde bis vor wenigen Jahren auf 10 bis max. 20 Jahre diagnostiziert - ich war also eigentlich schon über das Verfallsdatum. Vor ca. 10 Jahren aber diagnostizierte man mir eine mildere Verlaufsform, dass die Wahrscheinlichkeit relativ hoch sei den Ruhestand zu erreichen - aber so genau kann das wohl niemand sagen, auch bei gesunden Menschen nicht. Ich denke, dass diese Erkrankung mit ein Grund ist für mein psychisches Leiden ist - der endgültige Auslöser war meiner Meinung nach aber der Stress in der Arbeit.

Soweit ich mich in meine Kindheit zurückerinnern kann, war ich schon immer geplagt von Zukunftsängsten - hatte auch in meiner früheren Jugend die ein oder andere Angstattacke, allerdings war das Ganze immer überschaubar und hatte meine Lebensqualität nie sonderlich eingeschränkt (gefühlt jedenfalls). Anfang 20 hatte ich Mal eine leicht depressive Episode, bekam dann über einen längeren Zeitraum Amitriptylin (trizyklisches Antidepressiva) - als sich alles wieder stabilisierte setzte ich dieses Medikament schließlich wieder ab. Ein Jahr lang lebte ich vollkommen beschwerdefrei, kaum Zukunftsängste oder sonstige Sorgen. Vor einem halben Jahr aber ist von jetzt auf gleich die Welt untergegangen, ich hatte DIE Angstattacke meines Lebens - viel Intensiver als jegliche zuvor erlebten Attacken.

Typische Symptome: Herzklopfen, Atemnot, Hyperventilieren, das Gefühl den Verstand zu verlieren, Todesangst. Der Krankenwagen wurde alarmiert, im Krankenhaus hatte ich anschließend meine erste Begegnung mit Tavor (Lorazepam). Am nächsten Tag ging es mir wieder gut, ich wollte sowas nur nie wieder erleben müssen - natürlich hab ich es dennoch wieder erleben dürfen. Von dem Moment weg hatte ich täglich zwei bis vier Angstattacken, Tavor wurde über einen Zeitraum von vier Wochen zum unverzichtbaren Begleiter. Auch mit Amitriptylin fing ich wieder an, leider ohne Wirkung. Nun kam dank der vielen Attacken auch noch eine extreme Derealisation hinzu, ich fühlte mich völlig fremd (auch im eigenen Körper) - immer und überall, teilweise wie in einer parallel Welt. Dieses Gefühl hat die Spirale der Angst weiter angefeuert, so bin ich schließlich nach ca. acht Wochen voller Angst und Schrecken in der Klinik gelandet. Zu erwähnen ist, ich hab mich trotz der Angst und der damit verbundenen Attacken nie versteckt - ich hab stets so gut es geht weitergelebt.

In der Klinik wurde das Amitriptylin von jetzt auf gleich abgesetzt. Anschließend wurde ich auf Seroquel (Quetiapin) eingestellt, meiner Meinung nach völlig daneben gegriffen - nach drei Tagen verweigerte ich die Einnahme. Als nächstes wurde Citalopram (SSRI) versucht. Da ich das tägl. Sportprogramm der Klinik nutzte, was von den Ärzten vollkommen falsch interpretiert wurde - setzten die Ärzte das Citalopram wieder ab. Weiter ging es ohne Medikation, Schlafprobleme summierten sich. Nach zwei Wochen hab ich die Klinik verlassen, es ging mir ein wenig besser und ich sah dort für mich keinen Mehrwert mehr. Tavor nehme ich seit der Klinik keine mehr, zu hohes Suchpotential - ich will ja nicht noch eine weitere Baustelle öffnen. Nach insgesamt vier Wochen auszeit hab ich auch mit dem Arbeiten wieder angefangen, nebenbei mach ich nun ein Mal wöchentlich Verhaltenstherapie. Um das durchschlafen zu fördern nehme ich Abends 15 mg Mirzazapin (tetrazyklisches Antidepressiva), leider wirkt sich das trotz Sport auf mein Gewicht aus.

Im Moment bin ich wieder an einem Punkt, wo ich einfach nicht mehr weiter weiß. Die Zukunftsängste übernehmen wieder vollkommen die Kontrolle, ständig hab ich Angst an einer schlimmen Krankheit zu sterben. Angstattacken hab ich nur noch selten, aber diese durchgehend stetige Angst schränkt mich fast noch mehr ein als die Attacken selbst. Es gibt eigentlich keine ruhige Minute, meine Konzentration lässt stark zu wünschen übrig - ich bin nur noch am Grübeln. Die Derealisation hält sich in Grenzen, ist aber dennoch leicht vorhanden. Ich weiß nun nicht, ob ich das Mirtazapin absetzen und was vollkommen neues ausprobieren soll - oder es sich lohnt zu probieren die Dosis zu steigern. Vielleicht versuche ich es auch nochmal ganz ohne Medikation, aber dann bekomme ich vermutlich wieder kein Auge zu.

Das war es erst Mal zu meiner Person, nun lese ich mich hier Mal etwas ein - gemeinsam schaffen wir das!


Liebe Grüße bis Bald

xXsleeplessXx

08.01.2015 13:33 • 09.01.2015 #1


4 Antworten ↓


nele-1966
hallo xXsleeplessxX
ich bin auch neu hier, bin mich auch am durchlesen, soeben dein beitrag gelesen, da machst du ja jede menge mit,das ist bestimmt schwer mit solchen aengsten zu leben und ich finde das du stolz sein kannst wie weit du es beruflich gebracht hast.fühlst du dich bezüglich deine aengste getragen von deinem persönlichen umfeld,z.b.deine partnerin, arbeitskollegen, oder bist du nebst narürlich den aerzten auf dich alleine gestellt? beste grüsse nele 1966

09.01.2015 14:27 • #2


A


Generalisierter Angststörung durch Gendefekt - Tipps?

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Hi,

vielen Dank für deine Antwort. Ja, auch die Psychiater/Therapeuten wundern sich wie weit ich trotz allem gekommen bin - aber das ist doch der Beweis dafür, dass jeder von uns alles erreichen kann. Ich hab trotz der Belastung eine unwahrscheinlich große Willenskraft, welche mich oft Berge versetzen lässt - diese hält mich auch irgendwie im Leben.

Leider versteht weder meine Frau, noch der Rest warum es mir so geht - die Anderen sehen immer nur was ich alles hab, schlussfolgern daraus dass ich ja Glücklich sein MUSS. Aber ich kann verstehen warum Sie das nicht nachvollziehen können, denn an guten Tagen verstehe ich mich selbst nicht.

Wichtig ist, sich niemals aufzugeben! In der Klinik hab ich gelernt, dass wir nicht alleine sind - das macht Mut.

Liebe Grüße

sleepless

09.01.2015 16:01 • #3


nele-1966
hallo, danke für deine rückmeldung. wie gehst du denn damit um das vor allem deine frau es nicht nachvollziehen kann?leidet eure beziehung darunter oder ist das was dich belastet losgelöst ,wie abgekoppelt aus der partnerschaft?ich persònlich habe meine liebe mühe wenn mich was beschäftig oder so sehr belastet und mein mann so gar kein verständnis dafür hat, ich schreibe dem dann ein fehlendes einfühungsvermògen zu und habe dadurch gelernt das es in der ehe nicht immer traute zweisamkeit gibt,loyalität und solidariteit unterschiedlich gelebt werden.

09.01.2015 16:22 • #4


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Hi,

naja, bedingt durch meine Störung würde ich sagen bin eher ich der weniger gefühlvolle Part unserer Beziehung - über die Jahre bin ich ziemlich kalt geworden. Eigentlich bin ich auch eher der Einzelgänger, kann meinen Freundeskreis an weniger als einer Hand abzählen - aber das sind dann dafür intensive Freundschaften. Um genau zu sein, reicht es mir mit meiner Therapeutin darüber zu sprechen, also im Stich gelassen fühl ich mich von meinem Umfeld nicht - im Gegenteil, dass meine Frau trotz allen Höhen und Tiefen zu mir steht stimmt mich Glücklich.

...leider ist Glück für mich aktuell Wissen, kein Gefühl - sofern man(n) das so sagen kann. Ich spüre Gefühle nicht wirklich, es ist eher wie ein Wissen diese zu haben. Schwer zu beschreiben, aber auch das hab ich mir auf die Fahne geschrieben in den Griff zu bekommen.

Liebe Grüße

sleepless

09.01.2015 16:55 • #5






Mira Weyer