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regenshine
Hallo,
vorab: ich versuche gerade, aus meiner sozialen Angst herauszukommen.

ich bin einiges über 30 und hatte im Leben kleinere Freundschaften oder zumindest gute Bekannte. Die zu finden, war sehr schwer. Denn aufgrund negativer Erfahrungen in der Kindheit und Schulzeit habe ich eine selbstunsichere / ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung entwickelt. Begünstigt wurde das sicher, weil ich mit Autismus geboren wurde. Das allein ist noch kein Urteil über den Verlauf eines Lebens. Aber offenbar war ich Menschen oftmals zu anders und wurde dadurch ausgegrenzt. Das hatte zur Folge, dass ich mich irgendwann von mir aus isoliert habe und dadurch den Großteil meines Lebens allein verbrachte. Umfangreiche Therapien konnten wenig gegen die Angst ausrichten. Auch wenn mir später im Erwachsenenalter Menschen offenbar gezeigt haben, dass sie mich dabei haben wollen, war die Angst in meinem Kopf größer.

Letztes Jahr hatte ich schließlich eine heftige persönliche Krise und habe fast alle Beziehungen, die ich in den letzten Jahren mit Mut gefunden habe, über den Haufen geworfen. Das geschah in einer heftigen Überreaktion. Im Nachhinein wurde mir aber dadurch erst bewusst, wie viel mir diese Menschen bedeutet haben. Und dass ich es nicht geschafft habe, daraus wirkliche Freundschaften zu machen. Ich war emotional verschlossen, hab wenig von mir preisgegeben. Obwohl mich mit den Menschen einige Jahre verbanden, konnte ich so keine wirklich nahe Beziehung aufbauen. Und jetzt ist die Chance dafür vertan.

Wie auch immer. Ich will hier gar nicht klagen. Denn es ist vielmehr so, dass ich (mit einigen Monaten Verzögerung) durch die Krise einen Schub bekommen habe. Jetzt versuche ich, neue Kontakte und Freundschaften zu knüpfen. Und siehe da, es scheint zu klappen. Mit einer Person treffe ich mich seit einigen Monaten regelmäßig für verschiedene Aktivitäten, das scheint auf Gegenseitigkeit zu beruhen (wie stellt man das eigentlich fest? Die Angst macht es mir schwer, das zu erkennen). Über einen Spieletreff hab ich eine andere Person getroffen und gefragt, ob da eine Unternehmung möglich ist. Im Moment weiß ich aber nicht, ob sich da was ergibt. Und heute habe ich jemanden aus meiner alten Umschulklasse angeschrieben, mit dem mich damals kurz Kontakt hatte. Ich gehe davon aus, dass ich das habe ausschleifen lassen. Jedenfalls hat die Person positiv auf meinen Kontaktversuch reagiert, auch wenn es natürlich so kurzfristig keinen genauen Plan gibt. Die Möglichkeit einer Radtour wurde aber schon besprochen. Im Grunde stellt sich das also positiv dar und ich glaube, ich kann dran bleiben, neue Menschen kennenzulernen.

Aber hier kommt die Vergangenheit ins Spiel. Dass ich es so viele Jahre nicht geschafft habe, die Angst zu überwinden, lässt mich jetzt glauben, mein bisheriges Leben verloren und verpasst zu haben. Ich hab viel liegen gelassen. Freundschaften, Beziehungen, Erlebnisse, Erfahrungen. Ich habe mein Leben gar nicht richtig gelebt, so kommt es mir jedenfalls vor. War kaum im Ausland oder der Welt unterwegs. Hab Jahre am PC verbracht (und das im Singleplayer). Es haben sich ab und an Chancen für Freundschaften ergeben, aber ich hab diese Menschen liegen gelassen, weil meine Angst größer war. Ich bin nicht schuld daran, aber ich hab mich von der Angst beherrschen lassen. Da entsteht ein Gefühl der Scham. Und weil ich so wenig erlebt habe, komme ich mir anderen Menschen gegenüber unzulänglich vor (eine der Personen, die ich kontaktiert habe, war gerade 2 Monate in Europa unterwegs). Vor Kurzem ist meine Therapie ausgelaufen, deshalb muss ich allein damit klarkommen.

Hat jemand von euch das auch durchgemacht? Habt ihr Tipps, wie ich mit dem Gefühl eines verpassten Lebens umgehen kann? Wie ich mit mir Frieden schließen kann? Denn den brauche ich ja, um die Zukunft endlich schön zu gestalten.

14.09.2023 19:20 • 21.09.2023 x 1 #1


3 Antworten ↓


SweetButPsycho1
Zitat von regenshine:
Hallo, vorab: ich versuche gerade, aus meiner sozialen Angst herauszukommen. ich bin einiges über 30 und hatte im Leben kleinere Freundschaften oder ...

Fest steht, an der Vergangenheit können wir nichts mehr ändern.

Auch ich versuche, das erlebte zu verarbeiten und im hier und jetzt das beste aus allem zu machen, mal gelingt es, mal wieder nicht.

Wenn du glaubst etwas verpasst zu haben, dann hast du nur die Chance, es jetzt nachzuholen, du bist noch so jung und kannst sicher noch einiges erleben und natürlich auch Freundschaften schließen

14.09.2023 20:16 • x 1 #2


A


Versuch, die Angst überwinden - Vergangenheit aufarbeiten

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Hotin
Hallo regenshine,

willkommen hier im Forum.

Zitat von regenshine:
Jetzt versuche ich, neue Kontakte und Freundschaften zu knüpfen. Und siehe da, es scheint zu klappen.

Das ist wunderbar, wenn Du es schaffst neue Kontakte aufzubauen.

Zitat von regenshine:
Dass ich es so viele Jahre nicht geschafft habe, die Angst zu überwinden, lässt mich jetzt glauben, mein bisheriges Leben verloren und verpasst zu haben.

Mach Dir keine großen Gedanken darüber. Du hast noch jede Menge Chancen, so vieles und auch
sehr schönes zu erleben.

Zitat von regenshine:
Und weil ich so wenig erlebt habe, komme ich mir anderen Menschen gegenüber unzulänglich vor (eine der Personen, die ich kontaktiert habe, war gerade 2 Monate in Europa unterwegs).

Du brauchst da keine Bedenken zu haben. Man muß nicht die ganze Welt bereist haben um
ein glücklicher und zufriedener Mensch zu sein.

Zitat von regenshine:
Ich hab viel liegen gelassen. Freundschaften, Beziehungen, Erlebnisse, Erfahrungen. Ich habe mein Leben gar nicht richtig gelebt, so kommt es mir jedenfalls vor. War kaum im Ausland oder der Welt unterwegs.

Du hast jede Menge Zeit, jetzt und in den nächsten Jahren Freundschaften und Beziehungen
aufzubauen. Ich an Deiner Stelle, würde mir da nicht so viele Gedanken machen.

Zitat von regenshine:
Habt ihr Tipps, wie ich mit dem Gefühl eines verpassten Lebens umgehen kann? Wie ich mit mir Frieden schließen kann?

So allgemein ist das nicht einfach zu sagen. Wenn ich es richtig sehe, hast Du Dein bisheriges
Leben schon eher bewusst gelebt.
Dies bewusst leben wünsche ich Dir auch in der kommenden Zeit.

Viele Grüße

Bernhard

15.09.2023 12:18 • #3


H
Ich schließe mich meinen Vorrednern an. Ich kann deine Situation ganz gut verstehen. Ich war früher immer unter Leuten bis ich in der 8-10 klasse von angeblich Freunden quasi wegen nichts gemobbt wurde. Diese beiden Freunde schlossen sich lieber den mobbern an anstatt einem beizustehen. Nach der 10. Klasse kam eine andere Schulform und dort war es einfach toll. Aber dort war es die Zeit mit Führerschein, Auto, parties, Alk.. Ich war nie der Party Typ, wahrscheinlich weil meine Eltern das nie wollten, dass ich das mache. Die Freunde dort waren toll, aber es verstrichen die 3 Jahre, wie im Flug und auf einmal waren alle weg. Und ich Idiot anstatt Anschluss zu suchen habe ich mich in der Welt des Onlinegamings und PS2 Spiele verloren. Der Grund war sicherlich der Vertrauensverlust in der 8-10 in angebliche Freunde und ich dachte ich brauche niemand. Aber vor Konsolen findet man keine echten neuen Freunde. Die Familie/Eltern werden irgendwann sterben und dann steht man dar. Später dann auch im Studium zwar mit neuen Leute studiert aber wirklich was davon hängengeblieben ist nichts. Du siehst, auch mir und das obwohl ich ohne Autismus geboren wurde ist es nicht so toll ergangen.

Aber. Irgendwann habe ich beschlossen ich will Leute wieder Kennenlernen. Es gibt eine App dort kannst du versuchen dich zu Aktivitäten zu melden, die dir auch Spaß machen. Dabei lässt es sich Freunde finden. Versuche es Mal.
https://gemeinsamerleben.com/

21.09.2023 15:59 • x 1 #4





Dr. Reinhard Pichler