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P
Hallo zusammen,
hoffe, ich bin hier richtig mit meinem Thema.
Am besten erst kurz zu meinem Background. Ich bin 45 Jahre(m). Habe bis vor 8 Jahren eine vernünftige Karriere in einem großen Unternehmen (mit viel Kundenkontakt) hinter mir (gelassen) - danach selbstständig. Ich war seit ich ca. 18 bin immer in einer Beziehung (nicht derselben) und hatte!? einen intakten Freundeskreis.
Jetzt fragen wahrscheinlich die Ersten „Junge, was willst du denn eigentlich, ist doch alles ok..“.
Eben nicht. Vor ca. 4-5 habe ich dann nämlich zum ‚Sturzflug‘ angesetzt. Privates und Berufliches sehr schnell immer mehr vernachlässigt (die Gründe dafür sind aufgearbeitet). Ich habe mich von meinem Freundeskreis quasi komplett abgeschottet (Adresse, E-Mail und Telefon geändert). Es gab nie Streit oder so und ich war (bin?), denke ich, sogar recht beliebt. Es hat aber niemand von dem ‚Absturz‘ etwas mitbekommen (können), wie auch, s.o. Die Scheidung war damals natürlich auch nicht mehr zu vermeiden, was dann zur fast totalen Isolation geführt hat, da ihre Bekannten und Freunde ja auch weg waren. Es ist praktisch nur noch meine Familie da, die aber voll hinter mir stand und steht.
Der ‚Crash‘ ist zwar schon länger überwunden und beruflich geht es wieder voran, ABER das Zwischenmenschliche kriege ich einfach nicht mehr auf die Reihe. Ich schaff es nicht die Kontakte zu meinem ‚alten‘ Freundeskreis wieder herzustellen, da ich über diese ganze Zeit nicht sprechen möchte und ich sie auch nicht belügen will. Mit neuen Bekanntschaften tu ich mich im Moment auch sehr schwer, da ich ein eher zurückhaltender Mensch bin und alleine irgendwo hin zu gehen ist eben auch nicht so amüsant. Aber wem sage ich das.
Ihr seht, welch 'schöner Teufelskreis' sich hier aufgebaut hat. Ich kann gerade einfach nicht auf irgendwelche Menschen zugehen (eher meide ich sie) und das brennt in meiner Seele.

Vielleicht hat jemand einen ähnlichen Weg hinter sich, oder steckt gerade auch mitten drin?!
Ich freue mich auf Anregungen, Kommentare (natürlich auch kritische).
Auch würde mich interessieren, wie Ihr mit den (meinen) Freunden in meiner Situation umgehen würdet?
Viele Grüße aus dem regnerischen Süden
pathfinder

08.07.2012 12:14 • 09.07.2012 #1


6 Antworten ↓


P
Hallo Pathfinder,

es gibt sonst keine Parallelen zu Deiner Situation, aber ich habe mich auch von meinem früheren Freundeskreis getrennt. Das hatte maßgeblich mit der Beschäftigung mit mir selbst, die meine Erkrankung notwendig gemacht hatte, zu tun.

Mit tut es manchmal leid, dass es so gekommen ist, aber ich meine nach wie vor, dass es nötig war. Das ein oder andere hätte ich im Nachhinein vielleicht anders gemacht. Was neue Kontakte angeht, habe ich ganz ähnliche Schwierigkeiten. Ich bin auch eher zurückhaltend, außerdem fällt es mir schwer, wie früher mal völlig unbeschwert zu sein. Weil ich aber auch keine Lust habe, mich vor anderen verstellen zu müssen, finden Freizeitaktivitäten bei mir alleine statt. Ideal ist es nicht, aber für den Moment passt es so.

Vielleicht hast Du einfach keine Lust, mit Deinen ehemaligen Freunden zu reden, weil Du befürchtest, nicht von ihnen verstanden zu werden. Ob das wirklich so ist, weiß ich natürlich nicht. In dem Fall wäre es vielleicht wirklich das Beste, es auf sich beruhen zu lassen.

Grüße

pc

08.07.2012 14:58 • #2


A


Sackgasse

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A
Hi Pathfinder,
ich befinde mich leider auch gerade in so einer Sackgasse, die allerdings noch um einiges schwieriger zu lösen ist.
Durch meine sozialen Ängste und die Depressionen habe ich einen völligen sozialen und finanziellen Absturz erleben müssen, um dann eine sehr lange und dunkle Zeit in sozialer Isolation durchzumachen. Insgesamt sind es bei mir schon über 15 Jahre, wo mein Leben völlig neben der Spur läuft. Ich bin schon sehr sehr lange arbeitslos, einen Freundeskreis habe ich schon mehr als 12 Jahre nicht mehr und eine Beziehung hatte ich nie.
Meine Depressionen habe ich inzwischen überwunden und meine sozialen Ängste sind deutlich zurück gegangen, aber von einem normalen Leben bin ich unendlich weit entfernt.
Ich kann zwar inzwischen auf Menschen zugehen und mich mit ihnen ohne Angst unterhalten, aber ich vermeide es sie persönlich näher kennen zu lernen.
In meinem Leben ist kaum etwas, was vorzeigbar wäre oder worüber ich mit anderen Menschen sprechen könnte. Ein näheres Kennenlernen würde immer dieses Geheimnis aufdecken und Fragen heraufbeschwören, die ich nicht beantworten kann und mag, weil dies eh niemand verstehen würde.
Vor kurzem war ich beispielsweise auf der Webseite von stayfriends.de, wo man alte Schulfreunde usw. wiederfinden kann. Kurz nach der Anmeldung bekam ich sogar gleich drei Anfragen von ehemaligen Schulfreunden und Arbeitskollegen. Meine Reaktion war nach anfänglicher Freude, dass ich mich wider abgemeldet habe, weil ich mich eben zu sehr für mein Leben schäme, obwohl ich es inzwischen für mich persönlich akzeptiert habe.
Leider führt diese Sackgasse bei mir dazu, dass ich sogar bereits wieder erreichte soziale Kontakte wieder zurückgenommen habe. Es macht einfach keinen Spaß sich mit Menschen zu treffen, wenn man immer aufpassen muss, dass nur niemand Interesse an mir entwickeln darf und mich näher kennenlernen möchte. Es ist hart, wenn man merkt, dass andere mich scheinbar mögen, aber man sie dann auf Abstand halten muss.
Früher habe ich versucht dieses Problem mit lügen zu umgehen, aber das macht es alles nur noch schlimmer und vor allem schwieriger.
Einen Rat kann ich dir eigentlich nicht geben, außer dass du darauf achten solltest, dass du dir wegen dieser Gefühle keine Selbstvorwürfe usw machst.

08.07.2012 16:41 • #3


P
Hallo und vielen Dank für Eure Rückmeldungen

Zitat von panicchief:
Mit tut es manchmal leid, dass es so gekommen ist, aber ich meine nach wie vor, dass es nötig war. Das ein oder andere hätte ich im Nachhinein vielleicht anders gemacht.

Gab es irgendwie Ärger bei Dir im Freundeskreis?

Ich hatte, wie schon gesagt, keinerlei Probleme mit meinem Freundeskreis und möchte den Kontakt eigentlich auch wieder herstellen, aber es ist so viel Zeit vergangen und ich suche noch nach einem Ansatzpunkt. Die ganze Situation ist um so schizophrener, als dass da mindestens zwei Freunde dabei sind, die mir nie etwas nachtragen würden. Etwas 'strange' das Ganze.
Vielleicht fange ich einfach mal mit einem Geburtstagswunsch an, dann seh ich ja ob und was zurück kommt.


Zitat von Avalon:
Hi Pathfinder,
einen Freundeskreis habe ich schon mehr als 12 Jahre nicht mehr und eine Beziehung hatte ich nie.

Hast Du noch eine Familie, Geschwister etc.?

Zitat von Avalon:
Leider führt diese Sackgasse bei mir dazu, dass ich sogar bereits wieder erreichte soziale Kontakte wieder zurückgenommen habe.

Das ist natürlich sehr schade. Hast Du viele schlechte Erfahrungen gemacht oder willst Du die Situation einfach nur vermeiden?
Ich denke jeder Mensch hat Dinge in seinem Leben, die er gerne verschweigt und dann muss er ja auch nichts dazu sagen. Es gibt genug Themen über die man sich sonst noch unterhalten kann, jedenfalls am Anfang. Wenn man sich dann näher kennen lernt, merkt man ja dann schnell, ob man sich sympathisch ist und dann relativieren sich viele Dinge sehr schnell.
Sicherlich steckst Du in keiner schönen Situation, aber ich lese doch auch Positives heraus. Ich wünsche Dir in jedem Fall, dass es bei Dir bald auch mal nähere Kontakte gibt, die sich entwicklen und bleiben.

Ich muss und will mich in jedem Fall wieder öffnen. Das geht sicher nicht von heute auf morgen, aber ich muss damit anfangen und ein erster Schritt ist hier zu schreiben.

Schönen Sonntag noch...

08.07.2012 19:57 • #4


A
Zitat von pathfinder:
Zitat von Avalon:
Hi Pathfinder,
einen Freundeskreis habe ich schon mehr als 12 Jahre nicht mehr und eine Beziehung hatte ich nie.

Hast Du noch eine Familie, Geschwister etc.?

Ja, Familie, also Eltern und Geschwister, habe ich noch, was mir auch sehr bei dieser Situation hilft. Allerdings hat meine Familie auch kaum eine Vorstellung davon, wie es diesbezüglich in mir aussieht - worüber ich auch sehr froh bin, weil ich weder Verständnis noch Hilfe suche.

Zitat von pathfinder:
Zitat von Avalon:
Leider führt diese Sackgasse bei mir dazu, dass ich sogar bereits wieder erreichte soziale Kontakte wieder zurückgenommen habe.

Das ist natürlich sehr schade. Hast Du viele schlechte Erfahrungen gemacht oder willst Du die Situation einfach nur vermeiden?

Vor allem habe ich noch keine Lösung für dieses Problem gefunden, so dass ich immer nur bis zu einem bestimmten Punkt komme, wo es dann nicht mehr weiter geht. Besonders dann, wenn ich merke, dass andere tatsächlich Interesse an mir haben und mich nicht ablehnen, dann werde ich unsicher, weil ich weiß, dass die Wahrscheinlichkeit für Ablehnung durch mehr Offenheit extrem ansteigen würde.

Dazu kommt aber auch, dass ich auch schon schlechte Erfahrungen mit mehr Offenheit gemacht habe und daher genau weiß, wie sehr mir dies immer noch zusetzt.

Zitat von pathfinder:
Ich denke jeder Mensch hat Dinge in seinem Leben, die er gerne verschweigt und dann muss er ja auch nichts dazu sagen. Es gibt genug Themen über die man sich sonst noch unterhalten kann, jedenfalls am Anfang. Wenn man sich dann näher kennen lernt, merkt man ja dann schnell, ob man sich sympathisch ist und dann relativieren sich viele Dinge sehr schnell.

Ich denke,dass du trotz deines Absturzes noch Glück gehabt hast, so dass dein Leben nicht völlig davon geprägt worden ist, weil du es sonst besser wissen würdest - dafür solltest du dankbar sein.

Zitat von pathfinder:
Sicherlich steckst Du in keiner schönen Situation, aber ich lese doch auch Positives heraus. Ich wünsche Dir in jedem Fall, dass es bei Dir bald auch mal nähere Kontakte gibt, die sich entwicklen und bleiben.

Es gibt trotz allem sehr viel Positives
Danke, dass du mir dies wünscht, aber momentan habe ich das Thema Kontakte bewusst wieder auf Eis gelegt, weil ich erst andere positive Entwicklungen weiter ausbauen will. Ich will es einfach nicht erzwingen, weil dies nur das Gefühl der Einsamkeit in mir wecken würde.

Zitat von pathfinder:
Ich muss und will mich in jedem Fall wieder öffnen. Das geht sicher nicht von heute auf morgen, aber ich muss damit anfangen und ein erster Schritt ist hier zu schreiben.

Sich wieder mehr zu öffnen ist ein richtiger und ein wichtiger Schritt, aber lass dir Zeit dabei und bereite dich auch auf die unvermeidlichen Rückschläge vor und versuche Verständnis dafür zu entwickeln, dass die Menschen auf deine Offenheit nicht immer so reagieren, wie du es dir erhoffst. Für manche ist dabei eine Selbsthilfegruppe hilfreich, weil man dies dort mit anderen Betroffenen in einem geschützten Umfeld üben kann.

08.07.2012 23:51 • #5


P
Zitat von pathfinder:
Gab es irgendwie Ärger bei Dir im Freundeskreis?

Hallo Pathfinder,

teilweise ja, aber bei der Mehrzahl meiner ehemaligen Freundschaften lag es daran, dass diese Beziehungen nur funktionierten, weil ich fehlende Gemeinsamkeiten übersehen habe oder wegen Überangepasstheit übersehen wollte. Z.B. hatte ich das Gefühl, über bestimmte Themen einfach nicht reden zu können. Und trotzdem fehlen mir diese Leute manchmal, weil man eben doch Einiges miteinander erlebt hat. Außerdem war der Rückzug meinerseits für sie möglicherweise ziemlich verletzend. Bei anderen musste ich feststellen, dass ich nicht mehr bereit war, bestimmt Eigenschaften einfach zu tolerieren, bei dieser Gruppe stehe ich zu meiner Entscheidung.

Zitat:
Ich hatte, wie schon gesagt, keinerlei Probleme mit meinem Freundeskreis und möchte den Kontakt eigentlich auch wieder herstellen, aber es ist so viel Zeit vergangen und ich suche noch nach einem Ansatzpunkt. Die ganze Situation ist um so schizophrener, als dass da mindestens zwei Freunde dabei sind, die mir nie etwas nachtragen würden. Etwas 'strange' das Ganze.
Vielleicht fange ich einfach mal mit einem Geburtstagswunsch an, dann seh ich ja ob und was zurück kommt.

Wenn der Kontaktabbruch wirklich nur mit Deiner damaligen Situation zu tun hatte, Du Ihnen aber an sich vertraust, dann hört sich das gut an.

Grüße

pc

09.07.2012 17:08 • #6


P
Zitat:
@Avalon
Ich denke,dass du trotz deines Absturzes noch Glück gehabt hast, so dass dein Leben nicht völlig davon geprägt worden ist, weil du es sonst besser wissen würdest - dafür solltest du dankbar sein.

Du hast Recht . Es war ein relativ kurzer Zeitraum (2 Jahre) in dem ich nicht so gut da gestanden bin. Aber es war eben ein großer Scherbenhaufen, mit dem ich bezüglich der eingangs angesprochenen Probleme eben noch zu tun habe.
Zitat:
Sich wieder mehr zu öffnen ist ein richtiger und ein wichtiger Schritt, aber lass dir Zeit dabei und bereite dich auch auf die unvermeidlichen Rückschläge vor und versuche Verständnis dafür zu entwickeln, dass die Menschen auf deine Offenheit nicht immer so reagieren, wie du es dir erhoffst.

Deine Bedenken sind sicherlich angebracht, allerdings sehe ich in einer Vorbereitung auf mögliche Rückschläge für mich nicht den richtigen Weg, denn dann bleibe ich ja da wo ich jetzt bin. Dann wäge ich immer ab, was passieren könnte obwohl es dann aber vielleicht ganz anders kommt. Dann vermeide ich den Kontakt und verpasse vielleicht ein Chance und das will ich nicht mehr. Aber du hast natürlich Recht, dass es dauert und ich sicherlich auch schmerzliche Erfahrungen machen werde. Ich kann mir eine Zukunft ohne Freundeskreis und vielleicht auch eine neue Beziehung aber nicht vorstellen.

@panicchief
Deine Haltung gegenüber Deinem Freundeskreis kann ich vollkommen nachvollziehen. Wahrscheinlich hätte ich ähnlich gehandelt, bzw. werde ich ähnlich handeln, wenn ich den Kontakt wieder suche. In den beiden von mir angesprochen Fällen glaube ich das aber nicht. Wenn doch keine Gemeinsamkeiten mehr vorhanden sind, wäre dies allerdings eine sehr bittere Geschichte. Denn die beiden kenne ich schon 30 Jahre. Naja, ich werde es sehen.

Schönen Abend
pathfinder

09.07.2012 21:52 • #7





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