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Hallo zusammen.
Ich möchte euch einfach mal schildern, was mich zur Zeit beschäftigt, und sehen ob jemand vielleicht einen Tipp für mich hat, wie ich mit diesem Problem fertigwerden kann.
Es geht um das Pflegen und Aufrechterhalten von Kontakten, was mir in den letzten Jahren zunehmend schwer fällt und ich gerate immer wieder in so eine Verhaltenschleife, aus der ich nicht weiß, wie ich wieder herauskommen soll. Und das, obwohl einem in unserer modernen Gesellschaft so viele Möglichkeiten geboten werden, um angeblich ganz unkompliziert seine Freundschaften zu pflegen, aber gerade das belastet mich.
Ich habe keinerlei Schwierigkeiten Kontakte zu knüpfen oder im Umgang mit Leuten, wenn ich ihnen gegenüberstehe. Aber sobald ich zuhause bzw. allein bin ist es, als ob ich in einen anderen Modus verfallen würde. Ich fühle ich mich durch Post, Anfragen, Termine etc. immer unheimlich unter Druck gesetzt, schrecke zusammen und werde nervös, sobald das Telefon oder die Tür klingelt. Es kostet mich immer viel Überwindung, wenn ich jemand anrufen oder sonstwie mit jemandem in Kontakt treten muss. Ich fühle mich dabei dann wie unter Strom gesetzt. Phasenweise ist es schlimmer, dann geht es bis hin zu Angstgefühlen beim Gedanken daran, mit jemand in Kontakt zu treten oder zu einem Termin hinzugehen.
Als ich jünger war bezog sich das hauptsächlich auf Offizielles, wie Behördengänge, Arzttermine, etc. In den letzten Jahren haben diese Empfindungen mehr und mehr Einzug in mein Privatleben gehalten. Im Gegensatz zu den offiziellen Angelegenheiten, die ich trotz Stress und Angstgefühlen irgendwie noch geregelt bekomme (vielleicht weil die Angst vor den Konsequenzen noch größer ist), bereiten mir diese Gefühle im Privaten immer öfter Ärger und Probleme, denn Mittel der Wahl ist meist die Vermeidung. Ich lasse Briefe und Emails Ewigkeiten ungeöffnet oder lese sie und antworte nicht, ignoriere SMS, gehe nicht ans Telefon und logge mich monatelang nicht in Internet-Communities ein.
Ich habe viele Kontakte, Bekannte, Freunde in der ganzen Welt und darunter viele Leute, an denen mir wirklich etwas liegt, mit denen ich eigentlich gern Zeit verbringe und bei denen ich wissen möchte, was so in ihrem Leben passiert. Gleichzeitig belastet mich der ständige Strom von Informationen, besonders in den Internet-Communities, weil ich ständig das Gefühl habe, auf etwas reagieren zu müssen.
Und so nimmt die Schleife ihren Lauf: Ich fühle mich von der Kontaktaufnahme anderer unter Druck gesetzt (egal ob sie das tatsächlich tun oder nicht). Ich habe Schwierigkeiten spontan zu reagieren und schiebe es auf. Dann habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich mich lange nicht gemeldet oder auf eine Kontaktaufnahme nicht reagiert habe. Oft verpassen ich so für die jeweilige Beziehung Wichtiges (Einladungen, Informationen, etc.). Ich weiß dann nicht, wie ich meinen Ausfall erklären, wieder gutmachen oder überhaupt den Kontakt wieder aufnehmen soll und habe Sorge, dass andere durch mein Verhalten gekränkt sind und den Kontakt nun nicht mehr wollen. Die Angst, abgelehnt zu werden oder mich erklären zu müssen setzt mich dann wiederum unter Druck und macht es mir noch schwerer, zu reagieren...
Irgendwann geben manche Leute es tatsächlich auf und ich fühle mich dann natürlich allein und abgelehnt, und bin letztlich sauer auf mich, weil ich das ja selbst verschuldet habe. Und das ganze kommt mir so bescheuert vor, denn wenn es Nachrichten von Freunden sind, habe ich ja nichts zu befürchten - warum also zögern, einen Brief zu öffnen, ich dem wahrscheinlich nur erfreuliche Dinge stehen? Warum die Angst vor einem Anruf, der wahrscheinlich zu einer Verabredung führen würde, bei der ich Spaß hätte?
Da ich generell zu Selbstvorwürfen und Selbsthass neige ist das dann meist das Ticket für die nächste Depression.
Ich bin zwar in Therapie, habe aber noch keine guten Mechanismen gefunden, um mein Verhalten und meine Empfindungen zu ändern. Das blöde ist auch, dass ich ja selbst merke, was abläuft, aber es einfach nicht schaffe, das zu durchbrechen. Aber vielleicht hat ja jemand einen entscheidenden Rat für mich, oder ich stelle einfach fast, dass ich damit nicht ganz allein bin...
LG vom Blatt.im.Wind

27.01.2012 19:07 • 31.01.2012 #1


5 Antworten ↓


Hallo,

kann ich nachvollziehen und würde das einfach so einordnen, dass Du Dich in einem Konflikt zwischen dem Wunsch nach menschlicher Nähe, aber auch ausreichend Autonomie befindest. Jedenfalls würde ich es bei mir (trotz anderer Reaktion auf Kontaktaufnahmen durch Bekannte als bei Dir) so beschreiben und für mich war der Rückzug von einem großen Teil meiner Beziehungen die richtige Lösung hierfür.

Wahrscheinlich dauert es einfach noch, bis Du Dir erlauben kannst, Deine Beziehungen so zu gestalten, wie es Deinen Bedürfnissen entspricht - die Therapie kann dabei eine wertvolle Hilfe sein. Das Vermeidungsverhalten (Nicht-Lesen von Briefen, SMS usw.) erübrigt sich, sobald es Dir keine Angst mehr macht, darauf so zu reagieren, wie Du es eigentlich willst.

Grüße

pc

A


Belastet durch Kontakte

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Ich glaube, dass die Unzahl an Kontakten, Kontaktwünschen und sonstigen Informationen, denen man heute ausgesetzt ist (v.a. durch die social networks und die Medien), für die meisten Menschen auf Dauer psychisch (und auch zeitlich) nicht zu bewältigen ist.

Dass man daher doch stark aussieben muss.

Und dass man nicht denken darf, dass es einem alleine so geht, sondern ruhig zugeben kann, dass man zu viel um die Ohren hatte oder die Kontaktmenge und -häufigkeit ein wenig reduzieren muss(te), um nicht unter Stress zu kommen, o.ä. Ich glaube, dafür hat heute jeder gestig gesunde Mensch Verständnis.

hallo blatt im wind

ich habe mir gerade mal deinen beitrag durchgelesen und bin noch erschrockener,
als nach dem lesen deiner antwort in meinem thread.

das mit dem briefe öffnen und dem klingeln an der tür kenne ich auch.
dieses gefühl zieht durch den ganzen körper und irgendwie ist man, wie fremgelenkt.

wie ich in meinem beitrag zuletzt schrieb, haben meine ängste ganz verschiedene gründe.
dass ich mich unwohl fühle wenn es klingelt, sogar wenn ich weiß, dass besuch kommt, liegt daran, dass meine mutter damals nie die tür öffnen wollte wenn unangemeldet jemand kam. das war für mich als kind immer eine angespannte situation.
naja und da meine mutter ziemlich viele schulden hat kamen auch gerichtsvollzieher oder unangenehme post. das hat sich bei mir alles sehr eingebrannt.
und es gibt auch ein zwei unschöne ereignisse die nach dem klingeln einer tür passierten.
meine ängste basieren also auf ganz frühen erfahrungen. richtig ausgebrochen sind sie erst vor fast 4-5jahren.
bis dahin hätte ich nicht gedacht, dass meine gefühle oder sonstiges was mit meiner vergangenheit zu tun haben.

deshalb soltest du vllt auch nochmal zurückblicken ob es situationen gab die sich bei dir festgefressen haben.
manchmal sind das kleingkeiten.
jetzt nachdem ich mich immer mehr mit mir beschäftige fallen mir immer mehr sehr prägende dinge ein, die ich damals niemals so gesehen hätte.

vielleicht hilft dir ja dieser kleine hiwnweis.
ich drücke dir die daumen, dass du irgendwann deine ängste los wirst.

Danke für eure Antworten und Denkanstöße.
Ich glaube, mir fehlt eine gesunde Portion Egoismus und Gelassenheit im Umgang mit anderen Menschen. Ich versuche immer, anderen gegenüber verständnisvoll zu sein und ihren Ansprüchen an mich gerecht zu werden (oder dem, was ich meine, was von mir erwartet wird), und stelle dabei meine eigenen Bedürfnisse zurück. Dahinter steckt natürlich auch immer die Angst, negativ bewertet und letztlich abgelehnt zu werden.
Dazu kommen auch bei mir konkrete schlechte Erfahrungen aus der Vergangenheit, also z.B. schlechte Neuigkeiten, das Versäumen von für mich eigentlich wichtigen Ereignissen, oder negative Reaktionen und Vorwürfe von Personen.
Ich denke auch, dass es hilfreich für mich wäre, bestimmte Kontakte einfach „auszusortieren“, gewissermaßen tue ich das auch schon, aber es ist mit einem extrem schlechten Gewissen verbunden. Ich überlege dann automatisch, wie weh es mir tun würde, wenn mich jemand aussortieren würde und möchte das dann niemandem antun (obwohl mir bewusst ist, dass die meisten es wahrscheinlich gar nicht so wahrnehmen würden).
Obwohl ich weiß, dass es nicht so ist, habe ich immer das Gefühl, dass andere Leute mit den Anforderungen, die Kontaktpflege an sie stellt, locker umgehen und das so nebenher regeln.
Doof nur, dass Egoismus und Gelassenheit so schwer zu lernen sind, besonders wenn man sich selbst nichts verzeihen kann.
Lg vom Blatt.im.Wind

hallo du

kontakte aussortieren ist gut, aber nur die, die dir auch weh tun.
nicht aussortieren, weil sie mit fragen stressen. denn es sind nun mal freunde.
und sich zu fragen ob man sich sieht ist eigentlich normal.
deshalb tut es mir auch immer so weh abzusagen. weil ich ja weiß, dass es lieb gemeint ist und weil es auch schön ist, dass man mich dabei haben möchte.

wie ich dir in meiner letzten antwort schrieb habe ich den leuten die mir wichtig waren
teilweise erzählt was mit mir los ist und das es nicht an denen liegt.
bei einigen hab ich mich abends einfach an ne mail gesetzt ohne dass vorher etwas war. den anderen sagte ich es nachdem eine absage wieder zu nem streit führte.
natürlich hat es kaum was geändert. die leute waren irgendwann wieder enttäuscht, trotz wissen und ich selber kam dadurch auch nicht besser aus mir heraus.
aber es war erleichternd. denn die leute wussten bescheid, auch dass es nicht an denen liegt. ich will ja keinen streit mit diesen menschen. ich brauche nur erstmal zeit.
mir war es wichtig, dass man sich nicht hasst weil dinge falsch rüberkommen, sondern dass die fronten klar sind. denn das macht einen evtl. neustart möglich.
eine art puffer auch wenn das hart klingt.
und den versuch dir auch aufzubauen. sag den menschen die dir wichtig sind, was los ist, dass du es nicht böse meinst und du auch irgendwann wieder zur normalität zurückkehren willst. nur gerade ist es schwer.
so kannst du bei dir auch innerlich alles erstmal auf null setzen und dir stein für stein wieder aufbauen mit ein bisschen weniger druck.





Dr. Reinhard Pichler
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